In einem erstaunlich ereignislosen Nachtrennen holte sich Greg Biffle seinen ersten Saisonerfolg, beendete damit die seit 2010 andauernde sieglose Serie und zementierte seine Führung in der Meisterschaft. Neben Roush-Fenway Racing war aber auch Hendrick Motorsports eine Bank in Texas, auch wenn es bei Jimmie Johnson am Ende nicht ganz zum Sieg reichte.
Das nebenstehende Bild von Chad Knaus spricht irgendwie Bände, denkt man an das Samsung Mobile 500 aus der Nacht von Samstag auf Sonntag zurück. Ähnlich wie der Crew-Chief von Jimmie Johnson wird wohl so mancher Zuschauer seinen schweren Kopf zur besten Schlafenszeit mit der Hand zusätzlich gestützt haben. Eigentlich hätte alles passieren können in Texas, wo bekanntlich in den letzten Jahren ordentlich die Post abging (siehe Vorschau). Sogar die Nationwide Series hatte am Vortag mit einer teilweise streikenden Flutlichtanlage zu kämpfen, doch im Cup-Rennen passierte genau gar nichts! Das vorherrschende stürmische Wetter brachte zwar einige Fahrer etwas aus dem Konzept, letztendlich bekam man das Rennen aber mit läppischen zwei Gelbphasen wegen Debris durch.
„Aber vielleicht habe ich ja etwas übersehen“, dachte ich zunächst. Doch auch die erneute Lektüre des Lap-by-Lap-Tickers auf NASCAR.com brachte für die Anfertigung dieser Analyse nicht den erhofften Durchbruch. Außerdem zeigt auch die Ergebnisliste ganz deutlich, was los war: Sieger Greg Biffle (90), der knapp geschlagene Jimmie Johnson (156), Martin Truex Jr (69) und Matt Kenseth (15) teilten sich 330 der 334 möglichen Führungsrunden in Texas brüderlich untereinander auf. Mit Jeff Gordon (2), Marcos Ambrose und David Ragan (je 1) kamen durch die übliche Rotation bei den Boxenstopps unter Grüner Flagge lediglich drei andere Fahrer in den Genuss eines zusätzlichen Bonuspunktes.
Im Prinzip war es das, denn die vier Spitzenkandidaten plus Gordon wurden in Front des Feldes nur durch einen ebenfalls starken Mark Martin sowie die endlich mal solide aufgetretenen Kasey Kahne und Carl Edwards herausgefordert. Die Führung wechselte unter Grün teilweise munter hin und her, bis Jimmie Johnson die zweite Rennhälfte fast nach Belieben dominierte und einem sichergeglaubten 200. Hendrick-Sieg entgegen fuhr. Dann trumpfte allerdings Greg Biffle nach einer starken Anfangsphase noch ein weiteres Mal auf und entriss Johnson 30 Runden vor Schluss den Platz an der – natürlich künstlichen – Mitternachtssonne.
15 Umläufe hielt der Dauermeister im Verfolgermodus gegen den Anwärter durch, bis er entweder die Nerven verlor oder ihm der starke Seitenwind ein Schnippchen schlug. Ganz so klar war das nicht zu sagen, als Johnson die Mauer zwischen Turn 3 und 4 mit einem kurzen Besuch ehrte. Er konnte danach zwar das Rennen ohne Positionsverlust fortsetzen, der Sieg war allerdings dahin. Den holte sich nämlich Greg Biffle (1.), welcher für die Truppe von Roush-Fenway Racing ein Musterergebnis einleitete, da sich auch seine beiden Teamkollegen Matt Kenseth (5.) und Carl Edwards (8.) in den Top10 klassifizieren konnten.
Überrascht hat mich das Ergebnis nicht, denn bereits im Vorfeld bestimmte ich Biffle sowie das Team von Jack Roush zu den Favoriten für das Wochenende. Schön, dass ich in der Lotterie 1 aus 43 noch mal richtig liege. Ich habe oft das Gefühl, dass ich mit meinen Prognosen bis zur Halbzeit oder Schlussphase meist gar nicht so schlecht liege, bis dann die Hölle losbricht. Martinsville ist da ein sehr gutes Beispiel, denn unter normalen Umständen hätte wohl ein Hendrick-Pilot gewonnen. In Texas blieb alles ruhig und der vermutete Favorit setzte sich durch.
Ganz schwach aufgestellt zeigte sich allerdings das Team von Stewart-Haas Racing, denen ich nach den letzten beiden Rennen eindeutig mehr zugetraut hatte, denn Ryan Newman (21.) und Tony Stewart (24.) hatten zu keinem Zeitpunkt im Rennen irgendetwas mit der Rennentscheidung – geschweige denn einem Top10-Resultat – zu tun.
Stattdessen zeigte endlich mal das Mutterschiff von Hendrick Motorsports wieder gehörig auf, denn das Team brachte in Texas alle vier Wagen in den Top10 ins Ziel: So platzierten sich hinter Jimmie Johnson (2.) noch Jeff Gordon (4.), Kasey Kahne (7.) sowie Dale Earnhardt Jr (10.). Gerade bei Kahne war es höchste Zeit für ein brauchbares Ergebnis und das problemlose Rennen mit Erfolgserlebnis könnte für ihn so etwas wie der notwendige Befreiungsschlag gewesen sein. Vielleicht kann er die Leistung ja schon am Wochenende in Kansas fortsetzen.
Diese starke Vorstellung der beiden wertvollsten NASCAR-Teams konnte Michael Waltrip Racing mit Mark Martin (3.) und Martin Truex Jr (6.) stören. Da Denny Hamlin (11.) und Kyle Busch (12.) das Rennen aber jeweils nur knapp außerhalb der Top10 beendeten, holte MWR wieder einmal einen kleinen Erfolg gegen Joe Gibbs Racing in Form des besten Toyotas des Tages bzw. der Nacht.
Der Erfolg von Greg Biffle zementierte seine Führung in der Meisterschaft mit einem Vorsprung von recht entspannten 19 Punkten, nun allerdings vor Teamkollege Matt Kenseth anstatt Dale Earnhardt Jr. Letzterer befindet sich nach dem guten Saisonstart allerdings immer noch in einer sehr komfortablen Situation. Ein äußerst konstanter Martin Truex Jr sowie Kevin Harvick komplettieren die Top5 der Fahrerwertung, wobei Harvick (9.) übrigens den verbliebenen Top10-Platz in Texas abgriff.
Weitere Chase-Teilnehmer sind momentan Denny Hamlin, Tony Stewart, Jimmie Johnson, Ryan Newman und Clint Bowyer auf den Plätzen 6-10, während Brad Keselowski die erste der beiden Wildcards nach seinem Bristol-Sieg besetzt. Nachrücker ist derzeit Carl Edwards auf Rang 11. Außerhalb der Playoff-Positionen befinden sich noch so Garanten wie Kyle Busch (14.), Jeff Gordon (17.) und natürlich Kasey Kahne (27.). Hier kann man dann wohl auch schon sagen, dass stattdessen Michael Waltrip Racing die Sache in diesem Jahr wesentlich enger machen wird, denn mehr Chase-Plätze wird es natürlich auf keinen Fall geben. Mehr erwartet hätte ich mir 2012 bisher von AJ Allmendinger (19.) und Marcos Ambrose (24.).
Die gesamten offiziellen Ergebnisse können hier inklusive weiterer Statistiken noch einmal bei Jayski.com nachgeschaut werden. Zum Abschluss folgt wie gewohnt die Übersicht zu den Punkteständen bei den Fahrern und in der Owner-Wertung (Achtung: Alles PDF-Dateien!).