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Formula Nippon: Nakajima gewinnt taktischen Saisonauftakt in Suzuka

von geinou
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Eine neue Saison, ein weiterer Tom’s-Fahrer in der Mitte des Podiums. Anders als im letzten Jahr stand allerdings nicht André Lotterer ganz oben, sondern sein Teamkollege Kazuki Nakajima, der mit seinem zweiten Karrieresieg seine Ambitionen für dieses Jahr unterstrich.

Der Suzuka Circuit bedarf keiner Einführung: 5.807km, 17 Kurven, davon legendäre wie die 130R, die Löffelkurve oder die Degner befeuchten die Augen der Fans nun schon seit 50 Jahren. Das am letzten Wochenende ausgetragene Event hieß offiziell „Suzuka 2&4 Race“, weil neben der Formula Nippon auch die Japanese Formula 3, der Honda CR-Z-Markenpokal sowie die JSB1000-Klasse der japanischen Superbike-Meisterschaft unterwegs waren. Eine interessante Mischung, die bei anderen Fan-Gruppen sicherlich auf weniger Akzeptanz stoßen würde. Die Qualifikation wurde im Knock-out-Format ausgetragen, die mit Takuya Izawa (1:39.583) sowie Koudai Tsukakoshi (1:39.681) beide Docomo-Dandelion-Autos in der ersten Startreihe sah.

Beide Fahrer bestätigen damit die schon im Vorfeld starke Leistung des Teams, das in diesem Jahr deutlich besser aufgestellt scheint. Hinter ihnen folgte Kazuki Nakajima (1:39.705), gefolgt von Kazuya Oshima (1:40.362) und Rückkehrer Tsugio Matsuda (1:40.336). André Lotterer hatte die Chance auf eine bessere Startposition in der Degner-Kurve mit einem Fehler verpatzt, während Joao Paulo de Oliveira in der Löffelkurve seinen Wagen um die eigene Achse drehte. Die Champions von 2011 und 2010 starteten somit von Position 6 und 7. Die Qualifikation war aufgrund der zu Beginn des ersten Segments leicht feuchten Strecke ein wenig chaotisch, weil einige Fahrer wie Daisuke Nakajima zuerst noch auf Regenreifen ihre schnelle Runde antraten, allerdings relativ zügig eingestehen mussten, dass Slicks doch die deutlich bessere Wahl gewesen wären. Die Frage am Samstagabend war zudem, in wie fern sich das neue Reglement auf das Renngeschehen auswirken würde. Im Gegensatz zum letzten Jahr wurde, bis auf den letzten Lauf der Saison, die allgemeine Renndistanz auf standardmäßige 250km angepasst. Zudem wurden die zweimaligen Pflichtreifenwechsel abgeschafft, gleichzeitig aber der maximale Tankinhalt begrenzt, so dass sichergestellt ist, dass die Fahrer auf jeden Fall mindestens einmal zum stoppen in die Box kommen. Davon erhofft man sich flexiblere Team-Strategien und keine Benzinkrimis, die mitunter in den letzten Jahren entstanden sind, weil einige Fahrer bei ihren Stopps nur die Reifen wechselten, um Zeit zu sparen.

Das 43-Runden-Rennen wurde pünktlich um 14 Uhr Ortszeit gestartet. Takuya Izawa kam aufgrund durchdrehender Hinterreifen nur schlecht vom Fleck und wurde bereits bei der Anfahrt zur ersten Kurve von seinem Teamkollegen Koudai Tsukakoshi überholt. Kazuki Nakajima tat es ihm gleich, als er außen in den S-Kurven an Izawa vorbeiging. Ebenfalls keinen guten Start erwischte Tssgio Matsuda, weshalb sich André Lotterer in der ersten Kurve von Position 6 auf Position 5 verbessern konnte. In der Löffelkurve kamen sich dann Matsuda und Naoki Yamamoto, der beim Start vor Joao Paulo de Oliveira setzte, in die Quere. Durch die daraus resultierende, leichte Berührung, fuhren beide die berühmt-berüchtigte DTM-Linie und wichen auf die teilweise asphaltierte Auslaufzone aus. Nebeneinander flogen sie anschließend auf die 130R zu, wo Matsuda auf der Außenseite dann letztlich nachgab und Yamamoto ziehen ließ. Ebenfalls einen hervorragenden Start hatte Takashi Kogure, der über das gesamte Wochenende stärker als sein Teamkollege Daisuke Nakajima wirkte und sich in nur einer Runde von Startposition 11 auf Platz 9 vorarbeitete. Im vorderen Feld verlief es in der Anfangsphase ruhig. Tsukakoshi war der einzige Fahrer, der ohne Vordermann durchgehend mittlere bis hohe 1:43er-Zeiten fahren konnte, während Izawa aber auch Oshima und Lotterer mit Zeiten im 1:44er-Bereich Zeit verloren. Lediglich Nakajima fuhr mit niedrigen 1:44er-Rundenzeiten eine ähnlich schnelle Pace wie Tsukakoshi und ließ den Abstand nie größer als 5-6 Sekunden anwachsen. Dahinter übte Lotterer Druck auf Oshima aus. Der Deutsche wirkte zeitweise deutlich schneller als der Team-LeMans-Fahrer, konnte trotz des kurzzeitig einsetzbaren „Boosts“ Oshima allerdings nicht überholen. Pech hingegen für Yuji Kunimoto, der von Position 10 ins Rennen ging, und bereits in Runde 5 mit einem schleichenden Plattfuß einen Notstopp einlegen musste.

Im Kampf um Position 15 berührten sich in Runde 10 in der Schikane vor Start/Ziel Ryo Orime und Daisuke Nakajima jeweils an den Hinterreifen. Nakajima war beim Anbremsen auf die Schikane zwar auf der Innenseite, stach bei seinem Angriff allerdings etwas zu ungestüm in eine viel zu kleine Lücke hinein. Orime sah ihn nicht und schlitzt sich deshalb bei der Berührung seinen rechten Hinterreifen auf. Eine Runde später erwischte es auch Nakajimas linken Hinterreifen, der ihm kurz vor der 130R platzte. Er rettete den Wagen in die Box, kam am Ende des Rennens nicht höher als Position 16 (Orime wurde 17. und damit letzter) mit einer Runde Rückstand hinaus. Ein weiteres, enttäuschendes Ergebnis für den jüngeren Bruder von Kazuki Nakajima, von dem Vater Satoru Nakajima einst behauptete, er hätte mehr Talent als sein älterer Bruder. Derweil verlor Takuya Izawa auf Position 3 mehr und mehr Zeit und bildete, dicht verfolgt von Kazuya Oshima, eine Art „Izawa-Train“. In Runde 13 leiteten Loic Duval sowie Takashi Kogure die Boxenstopps ein. Neben Benzin gab es selbstredend auch frische Pneus. Duval fuhr etwas zu früh vom Stopp wieder los, musste deshalb kurz anhalten, blieb aber trotzdem noch vor Kogure. Eine Runde später taten es Oshima und Lotterer ihnen gleich. Der Vorjahres-Champion machte bei der Boxeneinfahrt einige Meter auf Oshima gut, die Tom’s-Truppe konnte aber nicht wie im letzten Jahr einen deutlich flinkeren Stopp als die Mechaniker von Team LeMans einlegen. In unveränderter Reihenfolge verließen beide wieder die Boxengasse. In Runde 15 reagierte dann Dandelion Racing auf die Stopps der Konkurrenz, und holte Izawa rein. Die früheren Stopps von Oshima und Lotterer zahlten sich allerdings aus – beide überholten den von der Pole gestarteten Izawa. Weil JP de Oliveira noch nicht zum Stopp war und ohne Verkehr einige schnelle Runden auf den Asphalt brannte, befand sich Izawa nun auf Position 6 wieder, wo er am Ende auch ins Ziel kam. Zu keiner Zeit konnte er mit Rundenzeiten im 1:44er-Bereich die Pace der Top 5 gehen. Das Rennen hatte sich der Japaner sicherlich anders vorgestellt.

Große Verwirrung um den Wagen von Koudai Tsukakoshi, der just als Izawa an die Box ging, mit weniger gesunden Geräuschen um den Suzuka Circuit fegte. Die Kommentatoren von J Sports haben zuerst an ein Motorenproblem gedacht, tatsächlich brach aber der Auspuff an seinem Wagen. Unbeeindruckt davon blieben Tsukakoshis Rundenzeiten allerdings stabil, im Interview nach dem Rennen gab er jedoch zu, dass sich der Wagen merkwürdig angefühlt habe. Durch einige schnelle Runden sowie einen flinken Boxenstopp, konnte hingegen Naoki Yamamoto von Team Mugen in Runde 16 Tsugio Matsuda und Loic Duval überholen, während JP de Oliveira konstant niedrige 1:43er-Rundenzeiten fuhr. Bedingt durch die schnellen Rundenzeiten sowie seiner flotten Inlap und einer flinken Stoppzeit von 18,3 Sekunden, kam der Brasilianer in Runde 20 nach dem Service knapp vor Kazuya Oshima sowie André Lotterer heraus, und eroberte damit Position 3. Während Lotterer kurz nach dem Stopp nicht ganz mit Oshima mithalten konnte, erhöhte sein Teamkollege Kazuki Nakajima den Druck auf den durch den gebrochenen Auspuff leicht gehandicapten Koudai Tsukakoshi. Mit einem Abstand von knapp 4,8 Sekunden bog der Dandelion-Racing-Pilot in Runde 23 zum Service ab. Der Reifenwechsel sowie das Auftanken verliefen allerdings nicht nach Plan: Erst nach 22,6 Sekunden verließ Tsukakoshi wieder seine Mannschaft. Nakajima, der durch die langsamere Pace zu Beginn des Rennens ein bisschen Benzin sparte, brannte nun ein Feuerwerk von mehreren Qualifikations-Runden am Stück ab. Am Ende der 26. Runde bog der Ex-Formel-1-Pilot schließlich ebenfalls zum Service ab – und kam nur wenige Meter vor Tsukakoshi wieder auf die Strecke zurück. Da in der Formula Nippon Reifenwärmer verboten sind, musste sich Nakajima in der ersten Runde sehr breit machen. Leider hielt das Duell nur eine Runde, mit der größten Chance für Tsukakoshi, als er einen Angriff auf der langen Geraden vor der 130R einleitete, Nakajima in der Schikane vor der Start- und Zielgeraden jedoch geschickt auf der Innenseite verteidigte. Die zweite Hälfte des Rennens verlief dann hingegen ruhig. Tsukakoshi konnte den Speed des Tom’s-Piloten nicht mitgehen, verlor mehrere Sekunden und geriet zum Ende hin sogar noch in Bedrängnis von Joao Paulo de Oliveira, der zum diesem Zeitpunkt sogar der schnellste Mann auf der Strecke war. Keine Genugtuung hingegen bei Nakajima Racing. Der sich in Runde 27 aussichtsreich in den Punkten befundene Takashi Kogure musste zum zweiten Mal mit einem Problem in die Box – und wurde bis auf Position 15 zurückgereicht, wo er mit einer Runde Rückstand auch letztlich das Rennen beendete. Erneut kein gutes Wochenende für Nakajima Racing, wenn auch Kogure deutlich flotter als sein Teamkollege Daisuke Nakajima unterwegs war. Es bleibt zu hoffen, dass man den zumindest einseitigen, positiven Trend aus der Qualifikation das nächste Mal auch im Rennen umsetzen kann.

Im letzten Renndrittel wurde es zumindest auf dem Zeitenmonitor dann noch mal spannend, als de Oliveira weiterhin auf Tsukakoshi aufholte, während Lotterer schnellere Rundenzeiten als Oshima fuhr und Loic Duval im Diffusor von Tsugio Matsuda hing. Lotterer kam zum Ende hin sogar bis auf 0.675 Sekunden an Kazuya Oshima heran, wie allerdings auch Duval im Zweikampf mit Matsuda, konnte der Deutsche seinen Vordermann nicht überholen. Nett anzuschauen waren beide Zweikämpfe aber dennoch. In Runde 38 sorgte Yuji Kunimoto noch für eine kurze Schrecksekunde, als ihm in den S-Kurven das Heck ausbrach und er über die Wiese bretterte; sieben Runden zuvor setzte er eine neue Bestzeit. Diese wurde allerdings zum Ende hin von Joao Paulo de Oliveira erneut unterboten. Der Impul-Fahrer sah eine Chance, in den letzten Runden den Abstand von 3,6 Sekunden auf Tsukakoshi zu verkürzen, musste aufgrund von Motorenproblemen aber drei Runden vor Schluss die Verfolgungsjagd aufgeben. Breits im Training am Sonntagmorgen vor dem Rennen, hatte Team Impul ein Problem bei seinem Toyota-Aggregat festgestellt. Um nicht das Podium zu gefährden und wichtige Punkte für die Meisterschaft mitzunehmen, nahm er etwas an Fahrt heraus.

Nach 43 Runden überquerte Kazuki Nakajima als erster die Ziellinie – und unterstrich damit seine Ambitionen, in diesem Jahr um die Meisterschaft mitzukämpfen. Es war für den Vizemeister des vergangenen Jahres zwar erst der zweite Formula-Nippon-Sieg gewesen, dafür ein umso süßerer, schließlich fuhr bei seinem Triumph in Autopolis im Jahr 2011 André Lotterer aufgrund seines Audi-Engagements beim 1000-Kilometer-Rennen in Spa nicht mit. Es war somit nicht nur das erste Mal, dass Nakajima seinen Teamkollegen aus eigener Kraft schlug, er war außerdem, abgesehen von der Trainingseinheit am Sonntagmorgen, am gesamten Wochenenden stets schneller als der Deutsche unterwegs. Der Weg zum Sieg war erneut eine perfekte Strategie seitens Petronas Team Tom’s, aber auch die fehlerlose Fahrt des Japaners. Interessant wird zu beobachten sein, in wie fern Docomo Team Dandelion Racing die, vom im Rennen komplett abfallenden Takuya Izawa abgesehen, gute Bilanz aus dem Suzuka-Wochenende in die kommende Saison übertragen kann. Der Trend deutet jedenfalls in eine auch im Rennen positive Richtung. Joao Paulo de Oliveira, für mich persönlich der Mann des Rennens (von Position 7 auf Position 3 sowie die schnellste Rennrunde), analysierte das Rennen als Indikator für eine interessante und spannende Saison. Es scheint, als haben einige Teams über den Winter ihre Hausaufgaben gemacht. Erfreulich ist der vierte Platz von Kazuya Oshima für die Veteranen-Mannschaft von Team LeMans, während das erste Saisonrennen für André Lotterer (Platz 5) nicht unbedingt nach Plan verlief. Letztlich fehlte es dem Titelverteidiger ein wenig an Speed (insbesondere zu seinem Teamkollegen), wenn auch Oshima mit ein paar Runden mehr durchaus knackbar gewesen wäre. Eine positive Bilanz können Tsugio Matsuda sowie Loic Duval ziehen. Matsuda, der nach 2008 sein Comeback gab und das erste Mal im FN09 unterwegs war, eroberte einen respektablen achten Platz, wenn auch das Ergebnis nach Startposition 5 einen leicht bitteren Nachgeschmack hat. Duval bestätigte mit Platz 9 hingegen seine Qualifikationsleistung und demonstrierte, dass er Team Kygnus Sunoco in die richtige Richtung geleitet hat und wohl auch weiterhin leiten wird.

Nach dem ersten Rennen gelten allerdings Kazuki Nakajima sowie Joao Paulo de Oliveira als heiße Meisterschaftskandidaten, während hinter Koudai Tsukakoshi wie bereits erwähnt ein kleines Fragezeichen steht. André Lotterer darf nach dem ersten Rennen natürlich nicht abgeschrieben werden,  während Teams wie LeMans oder Mugen (die aufgrund eines Unfalls von Naoki Yamamoto im ersten Freien Training am Wochenende nicht ganz in Fahrt kamen), mitunter um einige Siege, vielleicht sogar um die Meisterschaft mitreden können. Sollte allerdings Kazuki Nakajima in der Lage sein, seine konstante Saison aus dem letzten Jahr weiter zu verbessern, so könnte 2012 tatsächlich sein Jahr werden. Das nächste Rennen findet am 13. Mai am Twin Ring Motegi statt. Dann hoffentlich mit ein paar Überholmanövern mehr, an denen es trotz einiger netter Zweikämpfe sowie der spannenden ersten Rennhälfte leider nahezu komplett gemangelt hat. In wie fern der „Taktikklassiker“ in Suzuka dem neuen Boxenstopp-Reglement geschuldet ist, wird sich selbstverständlich erst in den kommenden Monaten herauskristallisieren. Mehr zum Motegi-Rennen erfahrt ihr in unserer Vorschau in der Woche vor dem Rennen.

Rennergebnis Round 1 Suzuka

Punktestand Formula Nippon

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