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WEC: Vorschau 6h von Spa-Francorchamps

von StefanTegethoff
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Ohne Toyota und den neuen Pescarolo, aber mit großem Starterfeld geht die World Endurance Championship am Samstag in ihr zweites Event, die Generalprobe für die 24h von Le Mans.

Sowohl die Enttäuschung als auch die Verwirrung war groß, als das Toyota-Werksteam Anfang April bekannt gab, dass man bei dem so wichtigen Rennen in Spa nicht werde antreten können. Ein Testunfall, den Nicolas Lapierre unverletzt überstand, beschädigte das Monocoque des Test-Autos. Und das, so musste die Mannschaft um Pascal Vasselon zugeben, war das einzige, das bis dahin gebaut worden war. Die Folge: Tests in Aragon und am Lausitzring sowie eben das anstehende WEC-Rennen mussten abgesagt werden. Das wirft das Toyota-Team in seiner Vorbereitung auf Le Mans weit zurück, weil neben vielen Testkilometern gerade auch die Rennerfahrung fehlt, die sich als so wichtig herausgestellt hat. Doch warum gab es nur das eine Monocoque?

Toyotas ursprünglicher Plan war es, diese Saison als Test zu nutzen. Hinter dem Zweikampf Peugeot vs. Audi hätte man in Ruhe Erfahrung sammeln und den Wagen weiterentwickeln können für den Angriff auf den Gesamtsieg 2013. Ein Sieg im ersten Jahr gegen zwei erfahrene Konkurrenten schien von vornherein kaum möglich. Der plötzliche Rückzug von Peugeot durchkreuzte diesen Plan der Japaner. Plötzlich wurden sie zum großen Audi-Gegner hochgeschrieben, die Erwartungen stiegen. Dem ACO gelang es, Toyota zur Teilnahme an der WEC-Saison zu überreden, ansonsten hätte man den Hersteller-WM-Titel gar nicht ausschreiben können.

Das allerdings hat nichts an der Planung oder dem Budget des Projekts geändert: ein neues Fahrzeug dürfte Ende April fertig gestellt worden sein, genau so, wie es ursprünglich vorgesehen war. Das dritte soll im Mai folgen. Auch ein neues Aero-Paket gibt es, für das nun allerdings wichtige Test-Zeit verloren gegangen ist. Sicherlich ist es ungünstig, dass ein zweites bzw. Ersatz-Fahrzeug schon früher aufgebaut wurde – bedenkt man allerdings die Umstände, kann man Toyota keinen allzu großen Vorwurf machen. Auch mit massiver Budget-Erhöhung hätte man wohl kaum im ersten Jahr echte Chancen, Audi aus eigener Kraft zu schlagen.

LMP1

Denn Audi tritt in Spa wie in Le Mans mit allem an, was man aufbieten kann: zwei der neuen Hybrid-R18 mit dem schönen Namen „e-tron quattro“ (eine neue, aber sicher keine schlechte Interpretation der quattro-„Marke“, denn das Schwungrad-getriebene KERS treibt die Vorderräder an, macht den Wagen also temporär zum Allrad) und zwei R18 „ultra“, die konventionelle Variante. Die beiden Modelle sind weitestgehend identisch, um den Hybrid-Antrieb unterzubringen, musste ein neues Monocoque gebaut und das Gewicht gesenkt werden, z.B. durch ein Getriebegehäuse aus Carbon; diese Weiterentwicklungen kommen auch dem „ultra“ zugute, der nötige Ballast, um auf das Mindestgewicht von 900kg zu kommen, kann freier verteilt und die „ultra lightweight“-Werbekampagne vorangetrieben werden. Einige Detail-Unterschiede gibt es dennoch.

Da Timo Bernhard nach seinem Testcrash in Sebring, bei dem er sich zwei Nackenwirbel brach, noch in der Reha ist, hat Audi den Ex-Peugeot-Mann Marc Gené als Ersatz engagiert – zunächst nur für Spa, doch falls Bernhard nicht wieder fit wird, könnte er auch in Le Mans zum Einsatz kommen. Gené steuert mit Dumas/Duval den „ultra“ mit der #3, den anderen mit der #4 die beiden Prototypen-Neulinge Marco Bonanomi (im Vorjahr allerdings schon Testfahrer) und Oliver Jarvis. Der dritte Mann Mike Rockenfeller ist an diesem Wochenende DTM-bedingt verhindert. Die beiden Hybrid-Wagen werden von Fässler/Lotterer/Tréluyer (#1) und Capello/McNish/Kristensen (#2) pilotiert.

Einer von den vieren dürfte wohl mangels Werks-Konkurrenz siegen – die spannende Frage ist: Hybrid oder nicht? Glaubt man denen, die in Sebring mit der Stopp-Uhr anwesend waren, ist der e-tron quattro 1-2 Sekunden schneller auf eine Runde. Sollte sich das in Spa bewahrheiten, werden wir imposante Rundenzeiten in Le Mans sehen.

Ein Haken am neuen Hybrid-Reglement des ACO liegt in der Tatsache, dass der erlaubte Energieausstoß auf 0,5 MJ für die Strecke „between 2 braking“ begrenzt ist, wobei als „braking“ nur solche Bremsmanöver gelten, an denen für mindestens eine Sekunde bei einer Kraft von mindestens 2G verzögert wird. Auf Basis von Simulationen haben die Regelhüter nun festgelegt, dass dies in Spa für fünf „Bremszonen“ gilt. Diese sind: La Source, Les Combes, Rivage (oder Bruxelles, wie sie mittlerweile heißt), Fagnes und die Schikane vor Start/Ziel.

In kurzen Zonen (Les Combes, Start-Ziel) kann der Fahrer entsprechend viel Energie auf einmal einsetzen, während diese in längeren Zonen, die auch Kurven beinhalten, für die jedoch nur leicht gebremst oder gelupft werden muss, mehrere kleinere Energieschübe möglich sind (z.B. ausgangs Rivage und im Bereich Fagnes/Stavelot). Da Audi die gespeicherte Energie zum Antrieb der Vorderräder nutzt, kann diese erst ab 120 km/h freigesetzt werden – ausgangs der Schikane und La Source könnte das zu einer Turbo-Loch-ähnlichen Verzögerung führen, doch wie sich das im Detail auswirkt, bleibt abzuwarten. Da das System nicht auf Knopfdruck funktioniert, sondern automatisch, dürfte das richtige Setup des Systems eine zusätzliche Herausforderung für die Audi-Mechaniker sein. Die Fahrer haben sich nach den Tests in Sebring positiv über die Fahrbarkeit des Autos geäußert, doch der vorhergesagte Regen dürfte die Aufgabe kaum einfacher gestalten.

Ebenso heiß erwartet wie die neuen (Hybrid-)Werksautos waren die zwei neuen Fahrzeuge, die Henri Pescarolo in Le Mans einsetzen will. Doch sein eigenes Projekt, der auf dem Chassis des Aston Martin AMR-One basierende Pescarolo 03, ist noch nicht rennfertig. Pescarolo hat sich anscheinend wieder einmal bei der Wahl eines Geschäftspartners vergriffen: Geld wurde nicht gezahlt, darum sind noch nicht alle Teile geliefert worden und der Wagen steht halbfertig in der Garage. So bleibt nur noch der von seinem Team betreute Dome, dessen Rückkehr ein Racheplan an Toyota ist, die sich auf halber Strecke gegen ein gemeinsames Le Mans-Projekt mit Dome entschieden. Die beiden Peugeot-Asse Bourdais/Minassian werden das S102.5 genannte Coupé steuern, das von 2008 stammt, aber nach 2012er Regeln auf den neuesten Stand gebracht wurde.

Problematisch dürfte für Pescarolo wie für Oak Racing (Moreau/Kraihamer/Baguette) der Judd-Motor werden: der V8 hat weder genügend Leistung, noch hat er sich in Sebring als besonders zuverlässig erwiesen. Sebastien Bourdais zeigte sich nach ersten Tests im Dome öffentlich unzufrieden. Das Judd-Aggregat findet sich in der LMP1 im Kampf gegen Motoren von Audi, Toyota und Honda wieder – allesamt werksseitig entwickelte Aggregat, gegen die das Budget des britischen Tuners winzig wirken dürfte, entsprechend die schwächere Performance und die beim Versuch, diese nach oben zu schrauben, verloren gegangene Zuverlässigkeit.

Rebellion wird (im Lotus-Gewand) versuchen, motorenseitig die Toyota-Ehre zu retten. Für Belicchi/Primat und Prost/Jani/Heidfeld (letzterer übte am Wochenende in der VLN das Fahren im Verkehr) wird es aber auch darum gehen, den neuen Lola B12/60 unter Rennbedingungen kennen zu lernen. Testfahrten hat das Team bereits im Motorland Aragon hinter sich gebracht.

Die HPDs von JRM (Brabham/Dumbreck/Chandhok) und Strakka (Leventis/Kane/Watts) waren in Sebring schon die schnellsten Audi-Verfolger, aber es mangelte noch an der Zuverlässigkeit. Spa ist allerdings keine solche Rüttelpiste, insofern sollte die Haltbarkeit des Wirth-designten Chassis weniger Sorgen machen.

LMP2

Die Pro/Am-Prototypen-Klasse ist im Vergleich zum Saisonauftakt von neun auf 18 Wagen gewachsen, auch dank der Absage des ELMS-Laufs In Zolder und der fehlenden LMP1-Teams. Zwar ist das LMP2-Feld damit genauso groß, wie es in Le Mans sein wird, doch es ist nicht ganz deckungsgleich: Level 5 aus der ALMS, Thiriet by TDS (Auftaktsieger der ELMS) und der zweite Greaves-Zytek mit den Brundles fehlen noch in Spa. Es wird spannend sein, wie sich die WEC-Teams gegen die ELMS-Teams schlagen, auch wenn letztere für die Punktwertung komplett ignoriert werden.

Das stärkste unter den aus der ELMS kommenden Teams dürfte Status GP (Lola-Judd mit Sims/Buurman/Iannetta) sein, die mit dem Podiumsplatz in Le Castellet ein starkes Debüt hatten. Der vierfache Le Mans-Teilnehmer Romain Iannetta ersetzt den schwachen Dean Stirling. Murphy Prototypes (Oreca-Nissan mit Firth/Hughes), Jota (Zytek-Nissan mit Dolan/Hancock), Race Performance (Oreca-Judd mit Frey/Meichtry/Hirschi) und Boutsen-Ginion (Oreca-Nissan mit Brière/Clarke/Petersen) sind etwas weniger stark einzuschätzen, allerdings noch vor dem Norma-Judd von Extreme Limite.

Den WEC-Auftakt gewann Starworks Motorsport, trotz des starken Lineups mit Dalziel/Sarrazin/Potolicchio, leicht überraschend mit seinem HPD ARX 03-b, leider dem einzigen Wagen dieses Typs, der in der WEC bzw. in Europa eingesetzt wird. Weitere Erfolge dürften die beste Promotion für den einzigen Turbo-LMP2 sein. Der Greaves-Zytek ist in der WEC ebenfalls ein Unikat (nicht so in Spa und Le Mans), war in Sebring mit Zugel/Gonzalez/Julian allerdings gut unterwegs.

Oak Racing hatte in der LMP2 bislang mehr Erfolg als in der LMP1 und wird versuchen, mit seinen zwei Morgan-Judds (#24 mit Nicolet/Lahaye/Pla und #35 mit Heinemeier/Hansson/Leinders) daran anzuknüpfen, wobei die Besetzung des zweiten Wagens neu zusammengestellt wurde.

Unter den zahlreichen Oreca-Nissan-Teams der WEC ist Pecom Racing mit Kaffer/Ayari/Perez-Companc weiterhin die Speerspitze. Signatech setzt neben seinem WEC-Trio Tresson/Mailleux/Lombard wie in Le Mans einen zweiten Wagen für Ragues/Pantiatici/Rusinov ein. ADR-Delta wird mit Martin/Kerr/Graves versuchen, seinem überraschend guten Debüt ein weiteres starkes Resultat folgen zu lassen, was allerdings in dem großen Feld schwierig werden dürfte.

Die je zwei Lola-Coupés von Gulf Racing Middle East und Lotus dürften schwächer einzuschätzen sein als das Schwesterauto von Status GP. Beide Teams gaben in Sebring kein gutes Bild ab und sind in Spa mit auch für diese Klasse bestenfalls durchschnittlichen Fahrertrios unterwegs, auch wenn Gulf Racing sich die Dienste von Stefan Johansson gesichert hat und bei Lotus Werksfahrer James Rossiter hinzustößt.

Bemerkenswert: der ACO hat die im Vorjahr vorgenommenen Restriktor-Vergrößerung für den Judd in der LMP2-BoP wieder zurückgenommen. Wie sich diese Änderung, die sieben der 18 Fahrzeuge betrifft, auf das Kräfteverhältnis auswirkt, bleibt abzuwarten.

GTE-Pro

Die GT-Top-Klasse hat leider keinen Zuwachs aus der ELMS bekommen – ob sich kein Team gemeldet hat, oder Bewerbungen wegen des Maximums von 42 Autos abgewiesen werden mussten, ist unbekannt. Ein Team wie Le Castellet-Sieger JMW wäre eine willkommene Ergänzung für das kleine Feld gewesen. So sind nun lediglich fünf Fahrzeuge am Start, allesamt Full-Time-WEC-Nennungen.

In Sebring zeigte sich, dass der Ferrari F458 das stärkste der in der WM vertretenen GTE-Fahrzeuge ist – BMW und Corvette fehlen hier schließlich. Da auch der ACO mittlerweile leider auch ein zur Balance of Performance hin tendierendes Reglement hat, wurden für den zweiten Lauf Anpassungen an selbiger vorgenommen: Ferrari, Corvette und BMW müssen 15kg Ballast zuladen, alle Porsches dürfen weitere 10kg leichter (also insgesamt 35kg unter dem Mindestgewicht) antreten. Der Aston Martin Vantage genießt weiterhin seine Privilegien (-50kg, anderer Heckflügel, größerer Tank).

Dennoch dürften die drei Ferraris (2x AF Corse mit Fisichella/Bruni und Bertolini/Beretta sowie Luxury Racing mit Makowiecki/Melo) wieder die Favoriten sein, in den schnellen Kurven von Spa sollte der Mittelmotor-Wagen seine Vorzüge trotz Extra-Ballast ausspielen können. Felbermayr Proton mit Lieb/Lietz dürfte allerdings deutlich näher dran sein als noch in Sebring. Wo genau der AMR-Werkswagen mit Mücke/Turner/Fernandez einzuordnen ist, ist nach nur einem Lauf noch schwer zu sagen.

Dass ein GT-Rennen auch mit so wenigen Startern spannend sein kann, hat die ELMS gezeigt, in der sich zwei der drei GTE-Pro-Wagen bis zur letzten Runde duellierten. Auf selbiges kann man auch für die 6g von Spa hoffen.

GTE-Am

Stärker besetzt (und schwerer vorherzusagen) ist wie bei den Prototypen die Pro/Am-Kategorie mit neun Fahrzeugen und auch hier gab es Änderungen an der Einstufung: Die Porsche 911 von Felbermayr-Proton (Ried/Roda/Ruberti), IMSA Performance Matmut (Narac/Armindo/Pons) und JWA-Avila (Camathias/Palttala/Daniels) dürfen 25kg Ballast ausladen, und das obwohl das Felbermayr-Proton-Trio in Sebring den Klassensieg einfuhr.

Allerdings hatte die Quali dort aufgezeigt, dass wie in der Pro-Klasse der Ferrari das schnellere Auto war, doch die F458 schieden im Rennen allesamt aus oder wurden zumindest zeitweilig durch Probleme aufgehalten. Da für Luxury Racing allerdings nicht mehr Dominik Farnbacher antritt, sondern Ehret/Montecalvo/Jeannette, sollte dieser Wagen nicht mehr so hervorstechen wie in der Sebring-Quali mit fast einer Sekunde Vorsprung.

Ganz neu dabei ist NASCAR-Pilot Brian Vickers im AF Corse-Waltrip-Ferrari als Ersatz für Michael Waltrip, der für FOX die NASCAR kommentieren muss. Vickers wird ihn auch in Le Mans vertreten! Der zweiter AF Corse-Wagen (Perazzini/Cioci/Griffin) sowie Krohn Racing mit Krohn/Jönsson/Rugolo verstärken die Ferrari-Front um zwei siegfähige Wagen.

Doch auch die beiden Larbre-Corvettes sollte man nicht unterschätzen, denn diesen wurde eine Restriktor-Vergrößerung um weitere 0,4mm zugestanden, im Austausch für einen 25mm niedrigeren Heckflügel. Patrick Bornhauser und Julien Canal waren bereits im Vorjahr in Spa gut unterwegs und sicherten sich einen Podiumsplatz. In Sebring war der starke Pedro Lamy der dritte Pilot in diesem Wagen, in Spa wird es der Brasilianer Fernando Rees sein.

Wann und wo?

Das Rennen startet am Samstag um 14:30 Uhr und geht über sechs Stunden, also ansatzweise in die Abenddämmerung hinein. Eine entscheidende Rolle könnte – wie so oft in Spa – das Wetter spielen: für alle Tage des Events ist Regen vorhergesagt. Nach aktuellem Stand könnte der allerdings am Samstag gegen Abend nachlassen. Wechselnde Bedingungen werden also vermutlich den Verlauf des Rennens bestimmen.

MotorsTV überträgt die vollen sechs Stunden live, Eurosport 2 die Schlussphase ab 19 Uhr. Außerdem wird das Rennen auf fiawec.com live gestreamt, allerdings war der Stream beim Auftakt in Sebring nicht besonders hochwertig. Radio Le Mans überträgt wie gewohnt ebenfalls live, aber ohne Bild.

(Bilder: Audi, Ferrari, Porsche)

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