Eine Offenbarung war auch das Rennen am Wochenende nicht, denn einem frühen Big-One folgten die Jimmie-Johnson-Festspiele von Dover. Satte 289 von 400 Runden lag der Hendrick-Pilot in Führung und konnte letztlich von niemandem ernsthaft in Verlegenheit gebracht werden, da den Kontrahenten Jeff Gordon und Mark Martin vorher die Puste ausging.
Wie im Nachgang zu Dons Reifenmeldung befürchtet, entpuppte sich auch das FedEx 400 in Dover als Einschlafhilfe. Jimmie Johnson hatte das Rennen auf dem Weg zu seinem zweiten Saisonsieg zu jeder Zeit klar im Griff und konnte drei Viertel aller Runden an der Spitze des Feldes absolvieren. Geholfen hat das der Spannung zwar nicht, jedoch ist mit der #48 wenigstens verdient das stärkste Auto am Ende des Tages in der Victory-Lane gelandet. Die Pneus machten lediglich bei Carl Edwards Probleme, ansonsten schien die Monster-Mile an diesem Wochenende eher die Motoren über ihre Belastungsgrenze zu bringen. Bevor wir jedoch einen genaueren Blick auf die Erlebnisse des übrigen Feldes während der Jimmie-Johnson-Show werfen, kommt an dieser Stelle aber wie so oft in letzter Zeit zunächst das Bild des Tages:
Da Boxengassen-Reporter Dick Berggren sich am Wochenende mit seinen nunmehr 70 Lenzen zum letzten Mal vor seinem verdienten Ruhestand ins Getümmel zwischen den 43 Pitcrews geworfen hatte, entschied sich die Mehrheit der FOX-On-Air-Riege für eine nette Ehrdarbietung zum Abschied: Fast alle Kommentatoren und Moderatoren ließen sich die berühmte Kappe stehen, die Berggren seit Jahren in der Boxengasse spazieren führt. Eine schöne Sache, auch wenn Mike Joy, Larry McReynolds und Darrell Waltrip dabei eher aussehen wie die 3 von der Tankstelle. Nicht zum Bild des Tages hat es in dieser Woche für Jeff Hammond gereicht, den man zum Saisonabschluss von FOX lieber in das CoT in Monster-Miles‘ Hand hätte setzten sollen.
Ok, vom Bild des Tages zur Szene des Rennens: Diese fand direkt nach dem Start in Runde 9 statt, als der Spotter von Landon Cassill offensichtlich Tony Stewart übersehen hatte. Letzterer schickte die #83 daraufhin in einen Dreher, welcher vermutlich für den Rest des Feldes glimpflicher ausgegangen wäre, wenn Stewart beim Einfangen des eigenen Wagens nicht an Geschwindigkeit verloren hätte. Es kam wie es kommen musste und der nachfolgende Regan Smith drehte Smoke um und in gleichnamigem verirrte sich dann noch fast ein Dutzend Autos. Neben vielen Start-&-Park-Teams erwischte der Big-One übrigens auch Juan Pablo Montoya, der den Preis für das ramponierteste Auto des Tages dafür bekommt.
Aber auch die anderen Piloten hatten am Sonntag nichts zu lachen, denn gegen die #48 und Fahrer Jimmie Johnson war wirklich kein Kraut gewachsen:
– Polesitter Mark Martin konnte sich nur im ersten Fuel-Run an der Führung festhalten und das auch nur mit Unterbrechungen durch (boxenstoppbereinigt) Johnson. Dann verschwand er ein wenig von der Bildfläche, war aber immerhin noch in den Top5 unterwegs. Die letzte Gelbphase knapp 40 Runden vor Schluss nutzte Martin dann zum Nachfassen von frischen Reifen, die sich aber nicht mehr bezahlt machten und ihn auf Platz 14 zurückwarfen. Ein taktischer Fehlgriff, denn wie gut die Wagen von Michael Waltrip Racing eigentlich waren, zeigten seine Teamkollegen Clint Bowyer (5.) und Martin Truex Jr (7.) in den Top10.
– Als zweiter großer Konkurrent von Johnson stellte sich gegen Halbzeit Jeff Gordon heraus, der zu diesem Zeitpunkt seinerseits immerhin 31 Führungsrunden abspulen konnte. An der Spitze des Feldes liegend traf ihn dann allerdings sein Saisonfluch und ein nicht gänzlich fest montiertes Rad machte sich in einer Vibration bemerkbar. Der notwendige Boxenstopp unter Grüner Flagge kostete Gordon fast zwei Runden. Von da an war die #24 zwar gezwungenermaßen auf einer versetzten Sprit-Strategie unterwegs, doch diese erwies sich als Glück im Unglück: Nachdem das Feld ebenfalls zum Tanken kam, übernahm Gordon wieder die Führung und hängte noch einmal 26 Umläufe dran, bis er vergeblich auf eine Caution wartend seinerseits tanken musste.
Die nächste Gelbphase kam dann knappe 16 Runden zu spät für ihn, allerdings war er in der Lage, den Wavearound zu seinem Vorteil nutzen zu können. Da nur eine Runde nach dem folgenden Restart direkt die nächste Caution anstand, konnte Gordon am Ende der Führungsrunde bei weniger als 20 Fahrern in der Lead-Lap die alternative Taktik aufgeben und mit frischen Reifen sowie vollem Tank wieder in die Hauptsequenz zurückkehren. Genauso wie Martin nutzte er ebenfalls die letzte Gelbphase für einen Boxenstopp, doch mehr als Platz 13 war auch für Gordon nicht drin. Immerhin ließ sich zwar einigermaßen Schadensbegrenzung betreiben, auf dem Weg zur Chase-Qualifikation hat ihm dieses Rennen aber überhaupt nicht geholfen.
– Im Finale war dann Kevin Harvick der erklärte Gegner von Johnson, wobei dem RCR-Pilot der letzte Restart nicht mehr zur Übernahme der Führung reichte. Harvick war in der ersten Hälfte des Rennens konstant in den Top5 unterwegs, bis ihm ein Malheur in der Boxengasse viele Positionen kostete: Er verpasste in der Anfahrt schlicht und ergreifend seine Mannschaft, die ihm anschließend wohl eher humorvoll gedacht das Pit-Sign farbig aufpeppte. Das Missgeschick konnte Harvick jedoch in einer wahnsinnigen Aufholjagd während der letzten drei Restarts wieder wettmachen und am Ende Platz 2 nach Hause fahren.
– Den einzigen Reifenschaden des Tages erlebte Carl Edwards (26.), der danach saftig in die Mauer abbog.
– In Dover schienen dagegen eher die Motoren Probleme zu bereiten, denn mit David Reutimann (31.), Kyle Busch (29.) sowie Kurt Busch (24.) und Jeff Burton (22.) mussten gleich vier Piloten ihre Wagen vorzeitig abstellen.
– Ford brachte mit Matt Kenseth (3.), Aric Almirola (6.), Marcos Ambrose (10.) und Greg Biffle (11.) gleich vier Fahrzeuge in die Top11. Bei Richard Petty Motorsports bestätigt sich das gute Ergebnis aus der Qualifikation zum Coca-Cola 600, vielleicht kann das Team ja eine kleine Sommer-Serie hinlegen. Für Roush-Fenway Racing hatte lediglich Kenseth ein Top-Auto, immerhin konnten Biffle und er die beiden Top-Positionen in der Meisterschaft halten.
– Bester Fahrer für Joe Gibbs Racing wurde ausgerechnet Joey Logano (8.), der im Moment nur die Nationwide Series aufrütteln kann. Von Denny Hamlin (18.) sah man außer zwei Führungsrunden nicht viel und das Schicksal von Kyle Busch habe ich ja schon erwähnt. Wie erwartet konnte JGR auf dem kurzen Oval nicht mit der Toyota-Konkurrenz bei Waltrip mithalten.
– Bei Hendrick Motorsports waren neben Johnson und Gordon natürlich auch noch Dale Earnhardt Jr (4.) und Kasey Kahne (9.) unterwegs. Während Kahne nach dem Sieg im Coca-Cola 600 seine Top10-Serie fortsetzen konnte, war für Junior am Ende sogar der Sieg kurzzeitig greifbar. Leider konnte er die finalen drei Restarts nicht nutzen und verlor noch zwei Plätze. In der Meisterschaft ist Earnhardt nach wie vor starker Dritter mit den meisten Top10-Resultaten (10x) aller Piloten. Wer hätte das gedacht?
Bemerkenswert waren am Wochenende die nur sehr spärlich gefüllten Zuschauerplätze: Obwohl der Dover International Speedway im näheren Einzugsgebiet (weniger als 150km) von Philadelphia, Baltimore und sogar New York sowie Washington, D.C. liegt, gelang es dem Sprint Cup nicht, mehr als die Hälfte der Plätze zu besetzen. Schon beim Truck-Rennen am Freitag reichte es lediglich für eine halbvolle Haupttribüne. Das Nationwide-Rennen habe ich nicht gesehen, jedoch wird die Zuschauerzahl vermutlich irgendwo zwischen Truck und Sprint Cup gelegen haben.
Ob die Fans nun allerdings nicht mehr gewillt sind, ihre hartverdienten Dollars für die momentan eher schwache NASCAR-Performance auszugeben oder ob viele bei der schlechten Wirtschaftslage vielleicht gar keine andere Möglichkeit mehr haben, als die Rennen vor dem TV-Bildschirm zu verfolgen, wage ich nicht zu beurteilen. Warum die F-16 für den Flyover extra aus Texas bestellt werden mussten, bleibt natürlich ebenso ein Rätsel. Die gleichen Flugzeuge hätte man sicherlich auch vom weniger entfernten 177th Fighter Wing der Air National Guard aus Atlantic City, New Jersey bekommen können.
Lediglich als kleine Randnotiz möchte ich dagegen die nächste Verfehlung von Kurt Busch und deren Folgen anführen, um solch einem Verhalten nicht die große Bühne zu bieten: Busch hatte es vor einigen Wochen in Darlington tatsächlich geschafft, den nächsten Reporter vollzuquaken und wurde dafür von NASCAR bis Mitte Sommer auf Bewährung gesetzt. In Dover folgte dann direkt der dritte Ausraster innerhalb eines halben Jahres gegenüber einem Kollegen unserer Zunft. Die klare Folge ist nun eine Sperre für das Pocono-Rennen am nächsten Wochenende und eine Verlängerung der Bewährungsfrist bis zum Ende des Jahres. Langsam reicht es, lieber Kurt! Man kann seinen Unmut auch subtiler verpacken, siehe Tony Stewart nach dem Talladega-Rennen.
Die gesamten offiziellen Ergebnisse können hier inklusive weiterer Statistiken noch einmal bei Jayski.com nachgeschaut werden. Zum Abschluss folgt wie gewohnt die Übersicht zu den Punkteständen bei den Fahrern und in der Owner-Wertung (Achtung: Alles PDF-Dateien!).