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Formel Eins: Analyse GP Valencia 2012

von DonDahlmann
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Auf einer langweiligsten Strecken der Saison gab es eines der bizarrsten Rennen des Jahres. Und ein sehr starkes Ferrari-Team.

Es ist schon so eine Sache, mit der diesjährigen Formel Eins Saison. Valencia, eine Strecke, auf der ein Rennen normalerweise für einen sehr schnellen und gemütlichen Nachmittagsschlaf sorgt, lieferte ohne Reifenpoker und vernünftige DRS-Zone ein grandioses Rennen mit Überholmanövern en gros und vielen Dramen. Man konnte sehen, dass es eben nicht nur Reifen und DRS sind, die das Rennen bestimmen, sondern die sehr engen Abstände zwischen den Teams plus die richtigen Entscheidungen in der Strategie. Gleich drei Fahrer hätten das Rennen gewinnen können, wobei Sebastian Vettel mit Sicherheit die besten Karten hatte. Red Bull hat in Valencia eine neuen Unterboden und ein leicht verändertes Heck angeschleppt, was für mehr Abtrieb sorgen soll. Und offenbar funktioniert das tadellos, denn Vettel war auf einer Strecke, die auch nicht gerade für den RB8 gemacht ist, quasi unschlagbar.

In der Quali nahm er der Konkurrenz 4 Zehntel ab, was in der F1 diesen Jahrgangs eine halbe Ewigkeit ist. Denn zwischen P2 und P9 war der Abstand ebenso groß. Wie erwartet konnte sich Vettel am Start auch schnell absetzen. Das ist ein Phänomen, dass man bei vielen Rennen beobachten konnte, denn der RB8 bringt die Reifen schneller auf Temperatur. Normalerweise bringt das Vettel in den ersten Runden rund 5 Sekunden, dafür bezahlt er aber am Ende eines Stint mit erhöhten Verschleisswerten. Daher nahm man in der Mitte des Stints etwas den Druck raus und versuchte den Vorsprung zu verwalten, während die Konkurrenz hinten Druck machte.

Vettel war unschlagbar

Doch Valencia sah auf einem sehr fordernden Asphalt und bei hohen Temperaturen etwas völlig anderes: Vettel konnte seinen Vorsprung mit Leichtigkeit ausbauen. Teilweise fuhr er 2 Sekunden schneller als der hinter ihm platzierte Hamilton, der allerdings aus taktischen Gründen seine Reifen schonte und das Feld hinter ihm auf hielt. Der Red Bull konnte die Pace auch konstant gehen, ohne einen massiven Drop-Off am Ende, was dann schon etwas erstaunlich war. Der neue Unterboden scheint da viel zu helfen. Es gibt noch keine genaue Analyse, aber scheinbar schafft eine Falte im Boden auf Höhe des Auspuffs eine Art Unterdruck, der Richtung Diffusor wirkt und für den nötigen Abtrieb sorgt. So konnte Vettel auch weniger Flügel als die Konkurrenz fahren, ohne an Abtrieb zu verlieren, und er hatte aus den engen Kurven heraus einen erheblichen Besschleunigungsvorteil. Gleichzeitig werden die Reifen nicht mehr so beansprucht, was die langen Stints erklären kann. Niemand hätte Vettel gefährden können, auch nach der umstrittenen Safety Car Phase nicht.

Vettel deute nach seinem Ausfall an, dass das SC vielleicht auch deswegen gekommen sei, weil er zu weit in Führung gewesen sei. In der NASCAR heißt so etwas „mystery debris caution“, die Rennleitung also eine Papiertüte auf der Strecke entdeckt hat, die weggeräumt werden muss, wenn das Rennen gerade langweilig ist. Sagen wir mal so: Es lag schon jede Menge Schrott auf der Strecke, weil Vergne nach einer überflüssigen Kollision mit Kovalainen massiv Kohlefaser verteilt hatte. Die Entscheidung der Rennleitung ist vertretbar. Vermutlich trafen sich Wunsch und Anlass zum richtigen Zeitpunkt. Die F1-Kommissare sind nicht gerade bekannt dafür einfach mal so das Rennen zu unterbrechen.

Für Vettel war das Rennen dann nach dem Restart schnell beendet. Die Lichtmaschine am Renault-Motor stellte den Dienst ein, was dann Alonso und Grosjean nach vorne spülte. Grosjean hatte nach dem Ausfall von Vettel sehr gute Chancen auf den Sieg. Er hatte die gleiche Strategie wie Alonso, der Renault geht aber bekanntermaßen besser mit den Reifen um. Ein Lotus-Sieg wäre möglich gewesen, wenn auch bei ihm nicht die Lichtmaschine den Geist aufgegeben hätte. Offenbar ein Problem mit einem Zulieferer, bzw. der Qualitätssicherung bei Renault.

Wie ist Alonso eigentlich so weit nach vorne gekommen?

Ferrari hatte die Quali massiv vermasselt. Weil man einen Reifensatz sparen wollte, beließ man es in Q2 bei nur einem Versuch mit weichen Reifen. Das ging in die Hose, Alonso kam nur auf P11, startete das Rennen dann mit einem neuen Satz weicher Reifen. Schumacher, der neben ihm auf P12 stand, nahm harte Reifen, was sich als Nachteil herausstellen sollte. Eventuell hat ihm das sogar den Sieg gekostet. Denn während Alonso nach der ersten Runde auf P8 über die Linie fuhr, konnte Schumacher seinen Platz gerade so halten. Da um Schumacher alle auf weichen Reifen waren, hatte er dabei also auch noch Glück.

Alonso quetschte den Ferrari dann im ersten Stint massiv aus. In Runde 12 schnappte er sich Hülkenberg, in Runde 14 Maldonado. Vor ihm gingen viele Fahrer an die Box, so dass er in Runde 15 an dritter Stelle liegend an die Box kam. Es gelang ihm in der Box an Räikkönen vorbei zu ziehen. Er schnappte sich die auf einem langen Stint fahrenden Mark Webber, Michael Schumacher und Paul di Resta. Da war er Vierter, hinter Vettel, Grosjean und Hamilton. McLaren versaute mal wieder den Stopp von Hamilton während der SC-Phase, da war Alonso auf P3. Grosjean schnappte sich der Spanier nach dem Restart in einem guten Manöver am Ende der ersten Restart-Runde. Als Vettel und Grosjean weg waren, hatte er zwar noch Hamilton und vor allem Räikkönen zu fürchten, da diese aber miteinander beschäftigt waren und der Finne erst sehr spät am McLaren vorbei kam, war der Sieg von Ferrari damit besiegelt. Tatsächlich war geplant, dass Alonso noch mal zum Stopp sollte, aber weil das Rennen sich so entspannt entwickelte, verzichtete man darauf. Lotus hätte das Rennen vielleicht gewinnen können, wäre Räikkönen im Mittelstint aggressiver unterwegs gewesen.

Klar: ein sensationelles Rennen von Ferrari. Die richtigen Startegie-Calls, ein perfekter, fehlerloser Alonso, keine technischen Fehler. Besser kann man es nicht machen. Ferrari sprach nach dem Rennen von einem „monumentalen Sieg“, was vielleicht etwas übertrieben ist, wenn man den Ausfall von Vettel bedenkt. Dennoch ist eine grandiose Leistung von P11 auf P1 zu fahren.

Für Mercedes sah es lange düster aus. Schumacher steckte im Mittelfeld fest, vor ihm sein schlecht gestarteter Teamkollege Rosberg. Beide waren in Runde 19/20 drin gewesen, nach dem SC splittete Ross Brawn die Strategie, und man holte Schumacher in Runde 41 rein. Das war eine Reaktion auf den von hinten heranstürmenden Mark Webber, der in Runde 38 drin war. Schumacher kam gerade so vor dem Australier raus und zusammen schnitten beide dann durchs Feld. Auf den Plätzen P5 und P6 wäre dann allerdings Schluss gewesen.

Wäre – wenn es denn nicht Pastor Maldonado gegeben hätte. Der hatte in den letzten Runden Hamilton eingeholt, dessen Reifen komplett hinüber waren. Statt aber auf eine Gerade zu warten, probierte es Maldonado in der engen S-Kurve des letzten Sektors. Er wollte aussen vorbei, was beim britischen Ex-Meister ein müdes Lächeln zauberte. Er drückte Maldonado, völlig fair, etwas weiter raus, aber der Williams-Pilot blieb auf seiner Linie und ging nicht vom Gas. Er hatte nicht mal die Chance, an Hamilton vorbei zu gehen und rammte den McLaren. Wie weit Maldonado neben der Spur war, sieht man in diesem Bild:

Maldonado bekam nach dem Rennen eine 20 Sekunden Strafe, was ihn auf P12 zurück wirft, während Senna seinen zehnten Platz erbt.

Mercedes überrascht also mit einem dritten Platz, der nach dem Rennen noch kurz gefährdet war, weil Red Bull die Kommissare meinte, dass Schumacher in einer Gelbphase das DRS benutzt hätte, was nicht erlaubt ist. Dem war dann aber nicht so, meinte zumindest die FIA. So schön das Podium von Schumacher ist, es kann aber auch nicht über ein teilweise maues Rennen hinwegtäuschen. Der Wagen fehlt vor allem Quali-Speed, auch wenn man hier über 2 bis drei Zehntel spricht. Aber bessere Rennergebnisse bekommt man eben dann, wenn man weiter vorne steht, oder einen Wagen hat, dem im Rennen eine enorme Pace hat (siehe Ferrari). Vor allem letzteres ist bei Mercedes nicht über die gesamte Renndistanz sichtbar.

Fernando Alonso wird dies alles sehr gefreut haben. Vettel raus, Hamilton, raus, Webber auf P4, der Rest nicht Reichweite. Und plötzlich beträgt sein Vorsprung in der WM satte 20 Punkte auf Webber. Ferrari und Alonso sind auf einem gutem Weg, was die WM angeht.

Aber – wie schon am Anfang erwähnt, Red Bull scheint im Moment den deutlich besseren Wagen zu haben. Man hat den Reifenverschleiß, zumindest bei den Medium/Soft, im Griff, man einen aerodynamischen Vorteil und die Konkurrenz ist nicht so richtig aussortiert. Ferrari hat einen guten, aber keineswegs perfekten Wagen, bei McLaren bekommt man den Reifenverschleiß nicht in den Griff und Mercedes versemmelt bessere Chancen in der Qualifikation. Mit Silverstone kommt eine Strecke, auf der Red Bull der absolute Favorit sein wird. Die Konkurrenz wird auf Regen hoffen.

Was sonst noch war:

– Force India war in Valencia überraschend stark und Nico Hülkenberg landete auf P5. Und die Hälfte des Rennens war der Deutsche ohne KERS unterwegs, was seine Leistung noch mal unterstreicht. Damit war man immerhin „best of the rest“. Paul di Resta war in Spanien etwas schwächer unterwegs, hatte allerdings auch die schwierigere Strategie zu bewältigen, weil er einen sehr langen ersten Stint fuhr. P7 ist aber dennoch ein sehr gutes Ergebnis.

– Sauber hatte dagegen ein schlechtes Wochenende. Perez kam zwar auf P7 ins Ziel, doch da wäre mehr drin gewesen. Kobayashi lag sogar auf P4 zu Beginn des Rennens, hatte dann aber erst Pech, als er von Senna eingequetscht wurde und sein Frontfügel hinüber war. Dann folgte ein schlecht getimtes Überholmanöver gegen Massa und der zweite Flügel war hin. Sein Rennen war damit beendet, er darf in England 5 Plätze weiter hinten starten. Sauber wurde, laut eigener Aussage, von der SC-Phase auch im schlechtesten Moment erwischt.

– Jenson Button war mal wieder nicht zu sehen. Er tummelte sich zwischen P8 und P16, ohne Chance sich nach vorne zu arbeiten. Schwer zu sagen, was bei ihm im Moment nicht stimmt, aber offenbar hat es etwas mit einer veränderten Aerodynamik am McLaren zu tun.

– Caterham konnte sich ein paar Runden lang über P10 freuen. Nachdem Kovalainen recht rüde von Vergne entsorgt wurde, rüpelte sich dann der zweite Toro Rosso Fahrer am Russen vorbei. Ricciardo konnte nach einem Fast-Überschlag sogar weiterfahren, Petrov kam auf P13 ins Ziel. Sein Teamkollege konnte sogar noch P14 retten. Vergne bekam für seine Aktion nach dem Rennen eine Strafversetzung von 10 Plätzen beim nächsten Rennen aufgebrummt.

– Felippe Massa landete am Ende auf P16. Also wieder weit hinten, allerdings hatte Pech, weil er gleich zweimal unverschuldet in Probleme geraten war. Dennoch etwas unschön, wenn Alonso ein derartiges Rennen hinlegt.

STREETS OF LAS VEGAS, UNITED STATES OF AMERICA - NOVEMBER 17: Sergio Perez, Red Bull Racing RB19 during the Las Vegas GP at Streets of Las Vegas on Friday November 17, 2023, United States of America. (Photo by Mark Sutton / LAT Images)
Foto: NASCAR Media / James Gilbert/Getty Images

Bilder: FerrariF1, Daimler AG, McLarenF1, SauberF1, CaterhamF1, Red Bull/Gepa, Toro Rosso/Gepa, Force India, Marussia, WilliamsF1

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1 Kommentare

nona 25 Juni, 2012 - 20:47

Re: SC-Phase, Danner meinte nach Vettels Ausfall-Interview, die Trümmer auf der Strecke von Vergne-Kovalainen seien nicht nur irgendwelches Karbon gewesen, sondern auch recht grosse Felgenteile, also Metall. Wenn’s denn so war, muss da natürlich ein SC raus um sie entsorgen zu können, denn da will man nun wirlich nicht drüber oder gegen fahren. Warum bei der späteren Entsorgung von Vettels gestrandetem Wagen dann allerdings lediglich lokal gelb war und das restliche Feld den Marshalls ewig lange in quasi Renntempo buchstäblich um die Ohren gefahren lassen wurde, wird im Nachklapp hoffentlich nochmal angesprochen, denn das war echt garnicht okay.

Re: Schumachers P3 – ist natürlich auch glücklich, und reflektiert nicht die aktuelle MercedesGP-Stärke. Ohne die vier Ausfälle vorne und ein paar andere Umstände weniger wäre er dort nicht hingekommen, sondern in realistischeren Mercedes-Gefilden.

Re: DRS unter gelb, das wird uns noch öfters beschäftigen wenn einige Details da nicht vorher geklärt werden (ohne dass ich die Regel jetzt im Detail kenne… :). Es ist natürlich ein qualitativer Unterschied ob man mit aktiviertem DRS in eine Gelbzone reinfährt, oder DRS unter Gelb erst aktiviert. In ersterem Fall müsste man auf die Bremse treten um das DRS zu deaktivieren, und das macht ein Fahrer eher nicht, sondern man lupft zwecks Temporeduzierung. (DRS hin oder her, Schumacher konnte nachweisen dass er vom Gas gegangen war und das Gelb somit korrekt gewürdigt hat, deswegen keine Strafe gegen ihn.)

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