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WEC: Analyse Silverstone 2012

von DonDahlmann
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Audi gewinnt zwar in Silverstone, aber das Ergebnis sah knapper aus, als man erwartet hatte. Aber hat Audi alle Karten auf den Tisch gelegt?

© FIA WEC

Audi gewinnt, Toyota kann sich mit einem Wagen zwischen die beiden R18 schieben und das Rennen war bis in die letzte Stunde richtig spannend. Eigentlich können alle zufrieden sein. Die Hersteller, die Piloten und die Zuschauer, die ein gutes und abwechslungsreiches Rennen gesehen haben. Doch ein paar offene Fragen bleiben am Ende doch. Warum hat Toyota einen derartig hohen Verbrauch? Und haben die Audi eine sehr konservative Strategie eingeschlagen, ohne den R18 wirklich auszuquetschen? Auch in der LMP2 ging es spannend zu, wenn auch nicht so, wie man erwartet hatte.

Audi vs Toyota

Vom Start weg übernahm der Audi mit Tréluyer, Fässler und Lotterer das Kommando an der Spitze. Alex Wurz schob sich nach der ersten Kurve von auf den zweiten Platz und sprengte die Audi-Phalanx. Doch in den ersten Runden konnten sich die Le Mans Sieger leicht von Wurz absetzen. Der Vorsprung betrug teilweise mehr als sechs Sekunden, doch gegen der Verkehr sorgte dafür, dass Wurz schnell wieder im Heck des R18 klebte. Es gelang ihm sogar die Führung zu übernehmen und sich leicht vom e-tron abzusetzen. Der R18 Ultra konnte den Speed der beiden Führenden derweil nicht mitgehen. Die Vermutung lag schon in diesem Moment nahe, dass der Ultra, der mit Kristensen und McNish besetzt war, eine andere Stratege einschlagen würde.

Ab Runde 25 hatte man die ersten Boxenstopps erwartet und hier sollte sich dann das weitere Rennen entscheiden. Doch zur Überraschung aller kam Alex Wurz schon Ende Runde 22 an die Box und musste sich neuen Sprit holen. Die Audi blieben im ersten Stint 5, bzw 6 Runden (Ultra) länger draussen. Dazu kam, dass die Standzeit des Toyota ca. 5 bis 7 Sekunden länger war, als bei beiden R18. Vielleicht wollte Toyota ja auch Nummer Sicher gehen, erster Check in einem bislang extrem schnellen Rennen. Doch als die zweiten Stopps anstanden wiederholte sich das Spiel. Der Toyota kam pünktlich wie die japanische Eisenbahn nach 44 Runden an die Box, die erst um Runde 53 und später. Und so zog sich das dann auch über das gesamte Rennen. 23 Runden für den Toyota, 26 Runden für den e-tron, 27 Runden für den Ultra. Man konnte sich ausrechnen, dass am Ende ein Stopp mehr für die Toyota auf dem Papier stehen würden. Tatsächlich waren es sogar zwei. Bei den sieben Stopps der #1 ist eine Stopp & Go dabei.

Spätestens nach dem zweiten Stopp wusste Audi also, wie Sache laufen würde, man konnte sich auf eine schnelle Pace einlassen, musste aber nicht all zu sehr drücken. Auffällig ist dabei, dass die #1 ihre schnellste Runde (1.44.5min) schon in Runde 2 drehte, also mit vollen Tanks. Im späteren Verlauf des Rennens drehte nur der Ultra auf (1.44.6 min), als dieser wegen eines platten Reifen einen unplanmäßigen Boxenstopp einlegen musste. Der Toyota fuhr seine schnellste Runde (1.44.0 min) in Runde 139, eine Runde vor Ende des Stints.

Man kann ziemlich sicher davon ausgehen, dass Audi nicht volles Risiko gegangen ist, sonst wären die Zeiten deutlich unter 1.44 gelandet. Allerdings stellt sich die Frage, was dann mit dem Verbrauch und dem Reifenverschleiss gewesen wäre. Wie schon in Le Mans konnte man beobachten, dass der e-tron zwar zu Beginn eines Stints den Vorsprung halten, bzw. ausbauen konnte, ihn gegen Ende des Stints aber verlor. Je leichter der Toyota wurde, desto schneller wurde er auch, gleichzeitig schien beim Audi der Speed wegzugehen. Doch der Eindruck täuscht ein wenig.

Die Stintzeiten des e-tron sahen meist so aus (Runde 28 bis Runde 54)

46.6, 47.5, 46.3, 48.5, 46.4, 50.4, 47.7, 47.2, 47.8, 46.7, 46.3, 46.3, 47.0, 47.9, 46.8, 50.2, 47.9, 47.1, 48.2, 47.2, 48.6, 48.7, 46.7, 47.9, 48.2

Toyota (Runde 24 bis 22)

47.9, 47.4, 45.3, 44.8, 47.1, 47.2, 46.8, 46.4, 47.6, 48.6, 45.4, 46.1, 46.4, 46.0, 47.4, 45.2, 46.7, 46.5, 47.1, 47.0, 46.4

Einige Schwankungen sind dem Überrundungsverkehr geschuldet, aber es wird deutlich, wie das Rennen lief. Toyota holte konstant Zeit auf, aber viel zu wenig, um sich den Vorsprung heraus fahren zu können, den man gebraucht hätte. Zu dem verteilten sich Glück und Pech gleichermaßen. Der e-tron bekam eine Durchfahrtsstrafe, weil einen Ferrari abgeschossen hatte, Toyota hatte während der zweiten SC-Phase Pech, dass man hinter dem zweiten Safety-Car hing und nicht hinter dem Führenden. So verlor man ein paar Sekunden, wäre es anders gelaufen, hätte man fast 40 Sekunden gut gemacht. Aber selbst das hätte das Ergebnis des Rennens nicht verändert. Toytoa war schnell, aber Standzeiten und Effizienz vernichteten alle Siegchancen. Dass man am Ende auf P2 landen konnte, war auch noch Glück. Der Ultra hatte sich nach seinem zweiten Stopp einen platten Reifen hinten rechts eingefangen und musste noch mal rein. Beim Stopp verlor man ca. 30 Sekunden man lag am Ende aber nur 18 Sekunden hinter dem Toyota, dem wiederum 55 Sekunden auf den e-tron fehlten.

Dennoch: Man darf nicht vergessen, dass das erst das zweite Rennen des Toyota TS030 war und Toyota sowieso dieses Jahr eigentlich gar nicht voll mitfahren wollte. Dazu fehlte der zweite Wagen, mit dem man eventuell die Strategie hätte aufteilen können. Bei den beiden Asien Rennen in Fuji und Shanghai werden wohl zwei Toyota an den Start gehen. Gerade in Fuji könnte das Rennen dann deutlich anders aussehen. Toyota muss dringend am Verbrauch des Wagens arbeiten, aber es ist leichter, einen schnellen Wagen effizient zu machen. Tatsache ist, dass man an Audi dran ist.

Sonstige LMP1

Auch das Rennen hinter den beiden Top Teams gestaltete sich extrem spannend. Die beiden Rebellion Lola übernahmen zunächst die Spitze. Der Strakka HPD blieb aber auf Tuchfühlung, nur der JRM HPD hatte mal wieder Pech. In der ersten Runde kam man sich mit dem Greaves LMP2 der Brundle Familie ins Gehege und fiel gleich 40 Sekunden zurück. Aber alle Fahrzeuge blieben während des Rennens innerhalb von einer Runde. Der nominell stärkste Rebellion mit der #12 und der Besetzung Jani/Prost konnte sich auf Platz 4 behaupten, bekam aber später eine Stopp and Go, weil man mit einem Krohn Ferrari kollidiert war. Den Unfall kann man auch genau anders herum sehen, aber seis drum. Damit ging das Schwesterauto in Führung, das mit Belicchi/Primat besetzt war. Im letzten Stint holte Danny Watts im Strakka dann plötzlich mächtig auf und radierte einen Rückstand von 16 Sekunden aus. In der letzten Runde lag Watts hinter dem Rebellion, konnte aber keinen Überholvorgang mehr setzen. Am Ende trennten Watts ganze 0,6 Sekunden vom Rebellion. Dahinter lag der zweite Rebellion vor dem JRM.

LMP2

In der Quali lagen 10 LMP2 innerhalb von einer Sekunde und es versprach ein spannendes Rennen zu werden. Tatsächlich wechselte die Führung sehr häufig. Das favorisierte OAK Morgan-Nissan Team mit der #35 und der Besetzung Kraihammer, Heinermeier-Hanson und Baguette fiel jedoch früh mit Problemem am Anlaser zurück. Auch der zweite OAK mit Nicolet, Lahaye und Pla hatte Pech. Man war gerade an der Box, als die zweite SC-Phase fiel und musste dann an der roten Ampel warten, bis das halbe Feld vorbei gezogen war.

Probleme hatte auch das Team von Murphy Motorsport. Erst platzte ein Reifen, dann gab es Probleme mit dem Motor, was das Team weit zurück warf. Bei Greaves sah es mit dem Glück nicht besser aus. Der Brundle Wagen fiel wegen einer Kollision schon in der ersten Runde weit zurück, später ereilte die Mannschaft eine Stopp and Go.

Wie erwartet, war das Starworks Team mit Dalziel, Sarratin und Potolicchio extrem stark unterwegs. Die Mannschaft lag eine gute zeitlang in Führung, wurde aber ebenfalls von der SC-Phase auf dem falschen Fuss erwischt. Man musste sich erneut durch das halbe Feld kämpfen. Im Verlauf des Rennens kristallisierte sich dann etwas überraschend das ADR-Delta Team auf einem Oreca-Nissan als stärktes Team heraus. Die Besetzung Martin, Charout und Graves hielt sich zu dem aus allen Scharmützeln heraus und konnte vor allem im letzten Stint, als der Starworks Wagen auf P2 lag und Druck machte, das Tempo mitgehen. Am Ende gewann man mit 5 Sekunden Vorsprung. Auf Platz 3 landete der zweite Signatech-Nissan mit Panciatici, Ragues und Rusinov, die während des Rennens einen starken Eindruck hinterliessen. Jota und Pecom waren nicht ganz so stark wie erwartet.

GTE-Pro

Die Pro-Kategorie sah in den ersten Runden einen sehr heftigen Zweikampf zwischen dem AF Corse (Fisichella/Bruni) und dem Felbermayr Porsche (Lieb/Lietz). Doch auch hier war schon nach dem ersten Stint die Musik raus. Der RSR konnte zwar das Tempo des Ferrari F458 mithalten und sich an die Spitze setzen, doch dann kamen die Boxenstopps. Der Porsche musste in Runde 29 an die Box, der Ferrari kam erst ganze 5 Runden später. Das ist, bei ähnlichen Konzepten in der Serie, schon ziemlich erstaunlich. Der Porsche ist zwar so schnell wie der F458, beim Verbrauch sieht die Sache aber deutlich anders aus. Was Porsche nicht gefallen wird. Die Spannung war dann vollends raus, als der RSR einen Schaden an der Hinterradaufhängung hatte und rundenlang in der Box stand. Damit war der Sieg des AF-Corse zemtiert. Etwas überraschend konnte sich der JMW-Ferrari auf P2 festsetzen.

Der Aston Martin war nicht ganz so stark, wie man das erwarten konnte, zu dem musste auch deutlich früher an die Box, als die Ferrari. Stefan Mücke prügelte den Wagen im letzten Stint aber um den Kurs und nahm dann den zweiten AF Corse mit Bertolini/Beretta auf P3 ins Visier. In der letzten Kurve der letzten Runde gingen beide nebeneinander in die Bremszone. Leider konnte man nicht genau sehen, was dann passierte, aber plötzlich steckte der Ferrari im Kies. Ob es eine Berührung gab, oder Bertolini den Wagen selber weg geworfen hat, wurde nicht klar. Einen Protest gab es jedenfalls nicht. Bitter für Bertolini: Auch beim 6 Stunden Rennen muss man über die Ziellinie fahren. Da man ca. 100 Meter vor der Linie im Kies steckte wurde man als „nicht gewertet“ klassifiziert.

GTE-Am

Wegen der vielen Ereignisse in den anderen Klassen habe ich die Am-Kategorie nur so halb verfolgt. Bilder gab es auch kaum zu sehen. Um die Spitze stritten sich die meiste Zeit der Felbermayr Porsche und der AF-Corse-Waltrip Wagen. Wie in der Pro-Klasse konnte sich der Ferrari wegen der längeren Stints am Ende durchsetzen. Auf Platz 3 landere der Krohn Ferrari.

Es stehen noch vier Rennen der WEC auf dem Programm, als nächstes folgen die 6 Stunden von Sao Paulo am 15. September. Die vorläufige Entry-List nennt 30 Autos, was etwas weniger als in Silverstone ist. Da scheuen einige britische LMP2 Teams die weite Reise, was verständlich ist. Das Duell Audi vs. Toyota wird auf dem engen Kurs in Sao Paulo vermutlich nicht ganz so dramatisch ausfallen, wie in England. Die Piste ist Sachen Verbrauch keine gute Angelegenheit für die Japaner.

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