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Formel Eins: Analyse Singapur 2012

von DonDahlmann
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Die Lichtmaschine hielt, das Getriebe nicht. Das Rennen in Singapur reduzierte die Menge der Titelanwärter auf genau zwei Fahrer.

Das Bild sprach Bände. Wie ein Sonntagsspaziergänger, die Hände hinter dem Rücken verschränkt, trotte Lewis Hamilton von der Strecke in Singapur. Ein letzter Blick, so als ob er sagen wollte „Das war es“, und er verschwand im Dunkel. Ein zerstörtes Getriebe reduzierte die Titelchancen des Briten in den Bereich „So gut wie aussichtslos“ und dabei hatte er das Rennen relativ gut im Griff, während Alonso um P5 herum gondelte und hinter Maldonado steckte. Das Rennen war geprägt von Unsicherheiten: Wie lange würden die rot makerierten Supersoft halten, wie lange die härtere Variante. Zwei Stopps, drei Stopps oder gar vier? Doch zwei Safety Car Phasen sorgten dafür, dass die Strategie mehr oder weniger aus dem Spiel blieb. [Update: Strafen für Schumacher und Webber, siehe Ende des Artikels]

Singapur hat zwar eine wundervolle Kulisse, für spannende Rennen ist der Kurs aber nicht bekannt. Und so plätscherte das Rennen bis knapp zur Halbzeit auch mehr oder weniger ereignislos vor sich hin. Hamilton hatte den Start locker gewonnen, Vettel konnte Maldonado bezwingen, der offenbar von Williams die Maxime mit ins Rennen bekommen hatte: „Immer 30 cm Platz lassen.“ Das führte dazu, dass er auch Button vorbei lassen musste. Alonso biss sich allerdings die Zähne aus und so fuhren die Top 5 im braven Respektabstand die ersten 10 Runden.

Red Bull holte Mark Webber schon in Runde 8 an die Box, ganz offensichtlich wollte man versuchen ihn nach vorne zu bugsieren. Doch die Strategie mit dem frühen Stopp ging für Webber nicht auf, weil er viel Zeit im Mittefeld verlor, durch das er sich kämpfen musste. Vettel kam etwas später, erwischte aber eine Lücke im Verkehr, Ferrari und McLaren reagierten ebenfalls, was nicht überraschend war. Lotus versuchte eine andere Strategie und ließ Kimi Räikkönen lange draussen. Man wollte so versuchen an Michael Schumacher vorbei zu kommen, hinter dem der Finne die meiste Zeit steckte. Aber auch diese Strategie klappte nicht, bzw. man verpasste das Fenster um ca. 3 Runden.

Lotus enttäuschte in Singapur auf der ganzen Linie. Vor dem Rennen hatte man sie (ich auch) als extrem stark eingeschätzt, aber offenbar passte der Abtrieb nicht. Was etwas überraschend ist, denn Valencia, wo es etwas flotter um die Strecke geht, passte dem E20, aber da nutzte man auch andere Reifen von Pirelli. Räikkönen beschwerte sich das gesamte Wochenende über mangelnden Grip und musste sich von Grosjean in der Qualifikation eine Ohrfeige abholen. Im Rennen sah es dann wieder anders aus, Grosjean rutschte nach hinten und musste den Finnen auf Anweisung des Teams dann auch noch passieren lassen. Mehr als P6 kam aber nicht raus, die WM-Chancen dürften auch nur minimal sein. Allerdings hat man in der Team-WM Ferrari im Visier.

Vorne bewegte sich auch nach dem Ausfall von Hamilton nichts. Das Getriebe hatte sich verabschiedet, und McLaren wusste offenbar schon seit Samstag, dass da was faul war. Unverständlich ist mir dann, warum man nicht eine Rückversetzung um 5 Plätze in Kauf genommen hat. Mit dem Speed des McLaren wäre ein Podium immer noch möglich gewesen. [Update: McLaren hat erklärt, dass man keine Hinweise auf einen Getriebeschaden hatte] Ein Grund mag die Curfew-Regel in der F1 sein. Man darf nicht mehr rund um die Uhr arbeiten, die Teams haben vier Mal im Jahr die Möglichkeit außerhalb der normalen Arbeitszeiten (7-22 Uhr) in der Nacht von Samstag auf Sonntag zu arbeiten. Die Curfew-Ausnahmen will man nicht zwingend für einen Fall verbrauchen, in dem man sich nicht sicher ist.

Die beiden Safety Car Phasen änderten die Strategie der Teams massiv. Die erste, ausgelöst durch den HRT von Karthikeyan, der unter der Tribüne stand, warf die Strategien bei Ferrari und Red Bull in größtmögliche Hektik, weil sich das Fenster öffnete, rund 30 Runden auf den „Soft“ zu fahren. Ferrari hatte klar geplant, noch einmal zu kommen, die SC-Phase eleminierte aber die Abstände und plötzlich lag die Möglichkeit in der Luft, dass Alonso weit zurückfallen könnte. Der Unfall zwischen Schumacher und Vergne nebst der anschliessenden zweiten SC-Phase relativierte die Ängste aber wieder und spielte allen Teams in den Top 5 in die Hände.

Ferrari hatte am ganzen Wochenende Probleme, man war einfach nicht schnell genug. Dabei lag es nicht am Reifenverschleiss, offenbar passte das gesamte Paket nicht. Vor dem Rennen war man sicher, dass man um einen Sieg mitfahren würde können, doch das relativierte sich schon am Freitag, als Red Bull und McLaren Fabelzeiten ablieferten. Immerhin war der Rennspeed mal wieder besser und dank der Ausfälle von Hamilton und Maldonado, rutschte Alonso auf P3, was die maximale Schadensbegrenzung darstellte. Lob hat auch mal Massa verdient. Die Quali versemmelte er, in der ersten Runde hatte er zu dem noch einen Plattfuss. Man stellte auf eine Zwei-Stopp-Strategie um, die zu dem perfekt zur ersten SC-Phase passte. Massa rutschte nach vorne, holte sich neue Supersoft und räuberte beherzt durch das Feld. Das Überholmanöver gegen Senna auf der Brück, als man sich berührte und Massa mehr schlingernd als bremsend die Kurve noch bekam, gehörte zu den besten, was man von ihm in diesem Jahr gesehen hat. Am Ende fuhr er von P23 auf P8. Was seinen Sitz bei Ferrari wieder etwas sicherer machen sollte.

Mercedes hatte, wie bereits vermutet, mit dem Rennausgang wenig zu tun. Das Doppel-DRS hatte man im Gepäck gelassen, das neue Heck nebst Auspuff funktionierte, aber noch nicht so, wie man sich das erhoffte. Man kämpfte im Rennen die gesamte Zeit mit beiden Lotus und beiden Force India, die sich mal wieder stark zeigten. Rosberg steckte lange um P8 herum, profitierte aber von der SC-Phase, weil man schnell in der Box war und man beide Lotus hinter sich halten konnte. Das half aber nicht gegen Paul di Resta, dessen Stopps ebenfalls in die SC-Phasen passte. Force India gelang das Kunststück Di Resta auf P4 zu schieben, wobei der Schotte sehr unauffällig unterwegs war. Hülkenberg, der sich in der Quali wieder Di Resta beugen musste, hatte eine andere Strategie, die nicht passte. Am Ende steckte er in einer Kampfgruppe im Mittelfeld, und schnitt sich den Hinterreifen auf.

Pech hatte auch Williams. Nach der Überraschung in der Qualifikation ging man es im Rennen ruhig an. Maldonado lag auf P4, auch wenn Alonso von hinten massiv Druck machte. Doch dann starb die Hydraulik im FW34 und die Sache war erledigt. Senna hatte wie immer eine sehr schwache Qualifikation, aber dafür ein umso besseres Rennen. Er schob sich von ganz hinten in die Punkte, musste sich gegen Ende aber Mark Webber geschlagen. Zu allem Überfluss ging dann auch noch sein Motor sein. Williams zeigte sich aber sehr konkurrenzfähig und die kommende Strecke in Suzuka sollte dem Team ebenfalls liegen.

Sauber blieb hinter den Erwartungen zurück. Perez kämpfte offenbar mit stumpfen Waffen, Kobayashi erholte sich nie wirklich von seiner katastrophalen Quali-Performance. Der Japaner kam mit dem Kurs in Singapur nicht klar, beklagte massives Übersteuern und steckte permanent im Mittelfeld fest.

Ein großes Lob geht in Richtung Timo Glock und Marussia. Fürs Team für die Strategie und die Tatsache, dass die Hinterradaufhängung des Wagens offenbar unzerstörbar ist. Glock hatte den Wagen unter der Tribüne kräftig in die Streckenbegrenzung gepfeffert, allerdings ohne das was kaputt ging. Im Rennen hielt man den Speed des Mittelfeldes und dank einer guten Strategie konnte man P12 erobern. So weit war noch kein Marussia vorne.

Update: Nach dem Rennen bekam Schumacher eine +10 Strafe für Japan, weil er Vergne abgeschossen hatte. Webber bekam eine Zeitstrafe von 20 Sekunden, weil er außerhalb der weißen Linie, die die Strecke begrenzt, überholt hat.

Ein Wort noch zu sky. Die Vorberichte bis zu halben Stunde vor dem Rennen sind schon eher schlecht, dieses Mal leistet man sich aber einen richtig dicken Bock nach dem Rennen. Die Sieger-Interviews auf dem Podium mit Eddie Jordan, blendete man einfach aus um in die Werbung zu gehen. Danach plauderte man aus dem Studio mit Marc Surer, erst dann folgte ein Ausschnitt aus der offiziellen PK. Das ist für den selbst erklärten Premiumsender ein Armutszeugnis.

Das Rennen war, dank der zwei SC-Phasen, relativ abwechslungsreich. Was hauptsächlich an den Zweikämpfen im Mittelfeld lag. Der Grand Prix bleibt uns auch bis 2017 erhalten, so lange wurde der Vertrag mit dem Land Singapur verlängert.

In der WM hat es durch das Rennen einige Verschiebungen gegeben, der Stand ist nun folgender:

Alonso 194
Vettel 165
Räikkönen 149
Hamilton 142
Webber 129
Button 119

29 Punkte sind sicher aufholbar, die 52 Punkte Rückstand von Hamilton eher nicht. Er bräuchte einen Doppelausfall von Alonso und Vettel. Das kann bei noch sechs ausstehenden Rennen durchaus passieren, aber aus eigener Kraft dürfte Hamilton nicht mehr die WM-Spitze erreichen. Gleiches gilt für Räikkönen und Lotus, obwohl unter günstigen Umständen 45 Punkte in sechs Rennen aufholbar erscheinen.

In der Team-WM sieht es dagegen so aus:

Red Bull 296
McLaren 261
Ferrari 245
Lotus 231

Lotus ist vermutlich raus, liegt aber knapp hinter Ferrari. Da Massa gerne mal keine Punkte holt, beide Lotus aber oft in die Punkte kommen, sieht das eng aus. Ebenso zwischen Red Bull und McLaren.

Für das nächste Rennen wird man wieder eine Nacht- bzw. Frühschicht einlegen müssen. Das Rennen in Suzuka startet gegen 07.00 Uhr morgens und schon jetzt kann man sagen, dass die Favoriten eng zusammenliegen werden. Sowohl McLaren, als auch Red Bull und Ferrari sollte der Kurs in Japan liegen. Das wird ein sehr enges Rennen werden, so viel ist sicher.

George Russell, Mercedes F1 W15, leads Lando Norris, McLaren MCL38 during the Brazilian GP at Autódromo José Carlos Pace
Oliver Bearman, Haas VF-24, leads Sergio Perez, Red Bull Racing RB20 during the Brazilian GP at Autódromo José Carlos Pace

[Bilder: Ferrari, McLaren, Sauber, Caterham, Red Bull/Gepa, DaimlerAG, Force India, Lotus, Marussia, HRT]

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3 Kommentare

Guest1 23 September, 2012 - 19:58

Hallo Don,

Klugscheißermodus ON:

1. Absatz: „Ein zerstörtes Gettriebe reduzierte die Titelchancen des Briten in den Bereich“ beim Getriebe ist ein „t“ zuviel.
3. Absatz: „Renault versuchte eine andere Strategie und ließ Kimi Räikkönen lange draussen“
Renault sollte doch Lotus sein.
8. Absatz: „Man kämpfte im Rennen die gesamte Zeit mit beiden Renault und beiden Force India“ auch hier sollte Renault doch Lotus heißen.

Klugscheßermodus OFF

DonDahlmann 23 September, 2012 - 19:59

Ächz, diese Lotus/Renault Sache werde ich wohl nie los :) Danke.

Sloan 24 September, 2012 - 15:05

Was Sky in Sachen Vor- und Nachbericht dieses Jahr abliefert, ist wirklich nicht zu vertreten. Ich frage mich wirklich, was man sich dabei denkt.

So wird man kaum neue Kunde für das Sportpaket bekommen, da ist RTL (leider) um einiges besser.

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