Da am Montag aus Zeitgründen kein Artikel von mir erscheinen konnte, gibt es zum Wochenende die volle Ladung NASCAR: Zuerst analysieren wir den Benzinkrimi aus Dover, bevor wir einen Ausblick auf die Restrictor-Plate-Schlacht in Talladega wagen. Immerhin geht es bergauf im Sprint Cup, denn das letzte Rennen war besser als erwartet und zudem wartet eines der letzten Saisonhighlights auf Fans und Fahrer. Dabei werden die Erstgenannten sicherlich mehr Vorfreude verspüren.
Analyse Dover
Das Rennen vom vergangenen Wochenende stand ganz im Zeichen von Joe Gibbs Racing, deren beiden Piloten Kyle Busch (302) sowie Denny Hamlin (39) insgesamt 341 Runden – und damit mehr als drei Viertel des Tages – in Führung lagen. Der Sieg ging am Ende aber an Brad Keselowski, weil sich ein ansonsten eher ruhiges Rennen kurz vor Schluss noch zu einem spannenden Spritpoker entwickelte. Der Benzinverbrauch der Penske-Dodge-Motoren war einfach klar überlegen und so fand Busch noch während des Rennens die üblichen klaren (und im TV zensierten) Worte. Toyota gefiel das übrigens gar nicht, doch man tat bei TRD dann wirklich übertrieben beleidigt. Man muss auch mal erkennen können, wo die eigene Fuel-Mileage steht – und das ist eben nicht die Victory-Lane. Über den ersten, längeren Teil des Dover-Rennens gibt es jetzt eigentlich nicht viel zu sagen, da die Gibbs-Fahrer das Heft durchgehend fest in der Hand hielten. Eine große Ausnahme sorgte jedoch für einen ungewohnten und andersartigen Rennverlauf:
Inmitten der ersten Serie von Green-Flag-Pitstops in Runde 69 platzte ein Reifen am Auto von JJ Yeley, wobei einige sichtbare Trümmerteile auf der Strecke verblieben. NASCAR hatte keine andere Wahl, als eine Caution auszurufen. Weil mit Kyle Busch, Denny Hamlin, Clint Bowyer, Jeff Gordon, Brad Keselowski und Jimmie Johnson nur sechs Piloten innerhalb der Führungsrunde noch nicht zum Nachfassen gekommen waren, brachte das viele Fahrer in arge Bedrängnis. Der Grund ist folgender: Aufgrund der geringen Streckenlänge verliert man in Dover während eines Boxenstopps unter Grün gleich zwei Runden, wovon man anschließend mittels des Wavearounds unter Gelb nur eine Runde zurückgewinnen kann.
Fortan war also der Großteil des Feldes mit größerem Rückstand abgeschlagen und die weiteren vier Gelbphasen brachten zwischenzeitlich nur noch Carl Edwards, Kasey Kahne, Mark Martin sowie Martin Truex Jr zusätzlich in die Führungsrunde zurück. Dabei versuchten die NASCAR-Offiziellen eigentlich alles, um wieder mehr Autos nach vorne zu bringen: Die zweite Caution fiel in Runde 180 sehr günstig nur 20 Umläufe nach den nächsten Green-Flag-Stops – als Wink mit dem Zaunpfahl natürlich wegen unsichtbarem Debris. Allerdings nutzte kein einziges Team diese Gelegenheit, die sich im Nachhinein als die richtige erwies, denn bei einem Spritfenster von knapp 80 Umläufen war die nächste Gelbphase (erneut aufgrund unsichtbarer Trümmer) in Runde 247 zum Greifen nah. Diesen NASCAR-Braten hätten die Crew-Chiefs eigentlich riechen müssen!
Danach war das Rennen gefühlt gegessen und Kyle Busch schickte sich an, nach verpasster Chase-Qualifikation wenigstens einen Sieg in den letzten zehn Saisonläufen herauszufahren. Allerdings kam es in Runde 310 ganz anders als geplant, weil die Aufhängung von Matt Kenseth unerwartet den Dienst quittierte. Caution #4 war die Folge und zudem auch der Auftakt des Benzinkrimis, da noch 90 weitere Umläufe beim erwähnten Spritfenster von knapp 80 Runden zu absolvieren waren.
Bei Roush-Fenway Racing nahm man es an der #17 unterdessen nicht so genau mit der Verkehrssicherheit und wird vermutlich den gebrochenen Teil der Aufhängung geschweißt haben (:D), was keine so gute Idee war. Nur drei Runden nach dem Restart fuhr Kenseths Wagen nämlich endgültig in die ewigen Jagdgründe, was wiederum die Strategen auf den War-Wagons richtig in Fahrt brachte. In der sehr ausgedünnten Spitzengruppe entschieden sich die Crew-Chiefs von Jeff Gordon (2.), Mark Martin (3.) und Kasey Kahne (15.) als einzige für einen zusätzlichen Boxenstopp und lagen damit goldrichtig. Gordon und Martin konnten anschließend durchfahren und sich einen Platz in den Top3 sichern, während man bei Kahne demnächst vermutlich einen Tire-Changer beerben kann: Erst wurde eine Radmutter nicht richtig angezogen, was die #5 mit einer Vibration erneut an die Box brachte, wo man dann eine weitere Lugnut gleich ganz vergaß aufzuziehen!
An der Spitze ging es derweil beim Verbrauch extrem eng zu, so wurde zum Beispiel Jimmie Johnson angewiesen, nur 80% Gas zu geben, was am Ende immerhin für Platz 4 reichen sollte. Den besten Verbrauch hatte jedoch der Dodge von Brad Keselowski, welcher mit nahezu Vollgas in die Victory-Lane vordringen konnte und im Gegensatz zur #48 auch nicht direkt nach der Zieldurchfahrt stehen blieb. Die blaue #2 verfügte sogar noch über genügend Benzin für eine ausgiebige Donut-Show. Der große Ärger staute sich unterdessen bei Kyle Busch (7.) und Denny Hamlin (8.) auf, die unter normalen Umständen die eigentlichen Sieganwärter waren, aufgrund der unterlegenen Fuel-Mileage aber noch zu einem Splash-&-Dash kommen mussten und somit wertvolle Platzierungen aufgaben.
Weitere Platzierungen:
– Carl Edwards wurde guter Fünfter vor Martin Truex Jr, profitierte allerdings stark von seinem früh erreichten Lucky-Dog.
– Clint Bowyer (9.) und Joey Logano (10.) komplettierten die Top10.
– Dahinter liefen Dale Earnhardt Jr (11.), Ricky Stenhouse Jr (12.) und Kevin Harvick (13.) ein, wobei letzterer Pilot mal wieder knapp an den Top10 vorbeischrammte.
Brad Keselowski mausert sich so langsam zu einem echten Titelkandidaten, zumal er die Fahrerwertung nun auch wieder mit fünf Punkten vor Jimmie Johnson anführt. Keselowski scheint 2012 über das notwendige Glück zu verfügen, welches man für eine Meisterschaftsentscheidung benötigt. Da fragt man sich doch gleich, ob die Strähne in Talladega halten wird, womit wir schon zum nächsten Thema kommen:
Vorschau Talladega
Am Wochenende steht nämlich Chase-Rennen #4 von 10 auf dem Plan und der 2,66 Meilen lange Talladega Superspeedway wird die Meisterschaftswertung als Schauplatz mit Sicherheit gehörig durchschütteln. Oft ist die Restrictor-Plate-Lotterie für den einen oder anderen Big-One gut, welcher einen Playoff-Piloten wertvolle Punkte kosten kann, wenn er in eine dieser typischen Massenkarambolagen verwickelt ist. Für die Neueinsteiger sei kurz gesagt, dass Talladega deswegen so besonders ist, weil auf dieser Strecke genau so wie in Daytona mit Luftmengenbegrenzern für den Motor gefahren wird. Die Leistung der Aggregate wird aus Sicherheitsgründen von 850 PS auf etwa die Hälfte gedrosselt, damit die Fahrzeuge auf dem wahnsinnigen Banking von 33° nicht mehr als vertretbare 200 mph erreichen. Weiteres kann man dazu auch im verlinkten Streckenartikel nachlesen.
Aus dem Einsatz der Restrictor-Plates ergibt sich die besondere Fahrweise des Bump-Drafting, die seit dem diesjährigen Daytona 500 mit Hilfe einiger Kniffe wieder auf ihre ursprüngliche Form getunt wurde: NASCAR begrenzte die Maximaltemperatur des Kühlkreislaufs mit Hilfe eines kleineren, ungünstiger positionierten Kühlergrills sowie einem früher nachgebenden Überdruckventil und verkleinerte zudem den Heckspoiler für weniger Grip auf der Hinterachse, um Two-Car-Drafts zu erschweren und das gewohnte Fahren im riesigen Paket mit 43 Autos zu forcieren.
An dieser Stelle kann man durchaus unterschiedlicher Meinung sein und wir haben das Thema hier ja schon zur Genüge durchexerziert. Am Sonntag sollten wir eher ein großes Feld sehen und ernsthafte Ausreißversuche zweiter Partner werden wohl nur im Finale anzutreffen sein. Das Gute ist, dass die Teams bei den niedrigeren Temperaturen im Herbst vermutlich weniger Probleme mit dem Kühlwasser bekommen als noch bei den ersten Ausgaben von Daytona und Talladega in diesem Jahr. Das dürfte die Lage zusätzlich etwas entspannen, aber wer weiß, was die Crew-Chiefs wieder für Neuigkeiten ausgetüftelt haben, um die Wagen länger zusammen zu halten. Das Fahren zu zweit ist immerhin um gute 5 mph schneller als im großen Paket, von daher lohnt sich bei den großen Teams jede Investition, auch wenn die NASCAR natürlich sehr schnell nachjustieren wird.
Zum Ausgang des Rennens kann man so gut wie nichts sagen, da ein unglücklicher Big-One das gesamte Bild innerhalb eines Augenblicks wieder drehen kann. Auch die Taktik, sich bis zum Rennende am Rattenschwanz des Feldes aufzuhalten, um einer Massenkarambolage zu entgehen, hat sich oft nicht als überlegen herausgestellt. In den letzten Runden wird nämlich viel härter gefahren, so dass die Gefahr eines Unfalls für alle Beteiligten enorm steigt. Da nützt es dann auch nichts, wenn man 150 Umläufe am Ende des Feldes verbracht hat, nur um zehn Runden vor Schluss auf Platz 8 liegend abgeräumt zu werden. Vielleicht übersteht man so den Langstreckenteil besser, doch im Finale ist eh jeder wieder auf sich alleine gestellt, auch wenn der Teamkollege ihn noch bis zur Einfahrt auf die Zielgerade angeschoben hat.
Die gesamten offiziellen Ergebnisse aus Dover können hier noch einmal nachgeschaut werden, dazu gibt es die Entry-List für das Talladega-Rennen. Zum Abschluss folgt wie gewohnt die Übersicht zu den Punkteständen bei den Fahrern und in der Owner-Wertung (Achtung: Alles PDF-Dateien!) sowie ein Zeitplan für das TV-Programm vom Wochenende:
Freitag, 05.10.
20:30 Uhr, Sprint Cup Series Practice, SPEED
22:00 Uhr, Sprint Cup Series Final Practice, SPEED
23:00 Uhr, Truck Series Qualifying, SPEED
Samstag, 06.10.
18:00 Uhr, Sprint Cup Series Qualifying, SPEED
21:30 Uhr, Truck Series Rennen (fred’s 250), SPEED / RaceBuddy
Sonntag, 07.10.
19:00 Uhr, Sprint Cup Series Rennen (Good Sam Roadside Assistance 500), Motorvision TV / ESPN / RaceBuddy