Das Rennen war nach der ersten Kurve vorbei und danach relativ öde. Dafür ist die Meisterschaft wieder richtig spannend.
Am Ende war Christian Horner etwas sauer. „Wir müssen darüber reden“, sagte er gegenüber RTL. Gemeint war Sebastian Vettel, der mehr oder weniger zum Sieg gecruist war und vor lauter Langeweile in der vorletzten Runde noch die schnellste Runde hingeknallt hatte. Im perfektionistischen Red Bull Team sieht man das nicht gerne, schon gar nicht, wenn der Vorsprung auf P2 mehr als 18 Sekunden beträgt. Vettel war das egal. Es sei das beste Auto gewesen, dass er seit langem gehabt habe, da konnte er nicht anders, sagte er. Hinter Vettel landeten zwei Fahrer, die auch das beste Rennen seit langem gehabt haben: Felippe Massa und ein frenetisch gefeierter Kamui Kobayashi. Zu diesem Zeitpunkt saß Fernando Alonso aber schon im Wagen zum Flughafen.
Das Rennen war für den Spanier nach wenigen Momenten schon vorbei. Gestartet von P6 suchte er einen Weg vorbei an Perez und Grosjean. Dabei klemmte er allerdings Kimi Räikkönen ein, der seinen Flügelspitze schon im Heck von Alonso hatte. Der Finne versuchte auszuweichen, kam dabei leicht auf den Dreck und berührte beim Einscheren dann ganz leicht den linken Hinterreifen von Alonso. Der Ferrari drehte sich sofort und drohte sogar quer zurück ins Feld zu rauschen, was gerade noch vermieden wurde. Das Rennen war für den WM-Leader allerdings vorbei.
Ferrari behauptete nach dem Rennen, dass man P2 oder gar den Sieg im Auge gehabt habe. Angesichts des Ergebnisses von Massa scheint das nicht unwahrscheinlich, der Sieg allerdings dann schon. Zu deutlich dominierte Vettel das Rennen, der zu keiner Zeit echten Druck von hinten hatte. Selbst wenn Alonso nach seinem ersten Stopp auf P2 gewesen wäre, selbst wenn man Alonso schnellere Rundenzeiten als Massa zutraut – der Sieg wäre vermutlich weit weg gewesen.
Red Bull dominierte das gesamte Wochenende deutlich. Nicht wie erwartet McLaren sondern Red Bull gab die Pace vor. Das kam etwas überraschend, die Auflösung könnte aber ein neuer Heckflügel sein, den man einsetzte. Dort findet sich in den Seitenflächen eine Art Kanal, der dann geöffnet ist, wenn das DRS aufgeht. Durch den Kanal wird Luft auf die unteren Elemente des Flügel geführt die dann zum gewünschten „Stall“ Effekt führt. Das erhöht den Topspeed, was wiederum dazu führt, dass man etwas mehr Flügel fahren kann. Während Renault und Mercedes an offenbar komplizierten Systemen arbeiten (beide setzten das D-DRS in Suzuka nicht ein), hat Adrian Newey wohl eine einfachere Lösung gefunden, die ähnlich effektiv ist. Und in Suzuka passte alles zusammen: Reifen, Aerodynamik und die Fehler der Konkurrenz. Wie gut das alles funktioniert zeigte auch Mark Webber, der am Start von Grosjean abgeschossen wurde. Er fiel weit zurück und setzte auf eine Ein-Stopp-Strategie. Am Ende kam zwar „nur“ P9 raus, aber das war dennoch eine sehr gute Leistung, wenn man Reifenverschleiss bedenkt.
McLaren verzockte sich dagegen offenbar bei der Abstimmung. Zumindest Lewis Hamilton gab zu, dass man am Freitag in Sachen Setup irgendwann falsch abgebogen sei. Den richtigen Weg hat man dann am Samstag auch nicht mehr gefunden, dazu kam, dass Hamilton seine schnellste Runde in den letzten Minuten der Quali fahren wollte, dort aber durch den Ausrutscher von Kimi Räikkönen ausgebremst wurde. Aber auch die Rennpace stimmte nicht, Hamilton beklagte massives Untersteuern. Jenson Button ging es nicht besser. Er berichtete nach dem Rennen, dass er alles versuchte habe, mehr sei nicht drin gewesen. P4 und P5 ist nicht das, was man erwartet hat. Warum die sonst so dominanten McLaren in Japan so schlecht waren wusste das Team so genau auch nicht.
Ferrari war nach dem Ausfall von Alonso auf Felippe Massa angewiesen. Und der löste seine Aufgabe sehr gut. Von P10 gestartet rutschte er durch das Chaos am Start schnell auf P3 vor. Weil er schon in Q2 ausgefallen war, startete er auf einem neuen Satz weicher Reifen, was ihm einen deutlichen Vorteil im ersten Stint verschaffte. Er konnte schneller und länger fahren als die Konkurrenz und schnappte sich Kobayashi. Danach versuchte er mit sehr schnellen Runden Vettel unter Druck zu setzten, was aber zu keiner Zeit gelang. Immerhin dürfte sich Massa mit dem Rennen seinen Platz für 2013 gesichert haben. Warum sollte Ferrari das Risiko eines neues neuen Piloten eingehen, der Team und System bei Ferrari erst kennenlernen muss, wenn Massa wieder liefert? Fernando Alonso sieht das wohl ähnlich, er twitterte nach dem Rennen recht euphorisch seinen Glückwunsch an Massa.
Sauber war nach Red Bull und Ferrari das drittschnellste Team. Das hatte sich schon in der Qualifikation angekündigt, im Rennen lieferte beide Sauber-Piloten ein gutes Rennen. Sergio Perez leistete sich allerdings einen Fehler, als er Hamilton außen in der Haarnadel überholen wollte. Er kam auf die schmutzige Spur und drehte sich unglücklich ins Kiesbett. Die Aktion war ebenso mutig wie dumm. Perez war klar schneller, er hätte Hamilton in der DRS-Zone holen können. So blieb nur Kobayashi im Rennen, der vor heimischen Publikum ein fantastisches Rennen fuhr. In den letzten Runden rückte ihm Jenson Button auf den Pelz, der frischere Reifen auf seinem Auto hatte. Aber Kobayashi hielt den Abstand und konnte einen viel bejubelten dritten Platz einfahren. Ob ihm das seinen Platz bei Sauber rettet ist allerdings nicht klar.
Lotus hatte ein zähes Wochenende. Grosjean erlaubte sich mal wieder einen seiner Startcrashs. Er rauschte in der zweiten Kurve Mark Webber ins Heck und zerstörte so dessen Rennen. Dafür brummten ihm die Kommissare eine 10 Sekunden Stop & Go auf, was aber auch niemanden wirklich half. Webber verlangte nach dem Rennen, dass man den Franzosen mal wieder in den „Urlaub“ schicken sollte, Grosjean selber verteidigte den Unfall. Er habe auf Perez geachtet, der neben ihm war, da sei ihm der in die Kurve bremsende Webber nicht aufgefallen. Komisch, alle andere Fahrer schaffen es, sich in der Startphase auf mehr als ein Auto zu konzentrieren. Lotus sollte sich wirklich was überlegen. Nicht nur, weil der Franzose andere Fahrer gefährdet, immerhin kostet er auch da Team wichtige Punkte. Ohne die dauernden Unfälle wäre man in der Team-WM näher an Ferrari dran. Räikkönen hatte ebenfalls kein leichtes Rennen und musste sich beide McLaren passieren lassen. Mehr war einfach nicht drin, wie er nach dem Rennen sagte. Seine WM-Chancen sind aber durchaus noch da, er liegt nur 37 Punkte hinter Alonso. Damit das weniger wird braucht er aber wohl einen Doppel-Ausfall der beiden Führenden.
Mercedes war in Suzuka schlecht. Das war zu erwartet, auch, dass beide Fahrer in Q2 hängen bleiben würden. Rosberg wurde im Startchaos unabsichtich von Senna abgeschossen, der dafür auch noch eine Durchfahrtsstrafe kassierte. Wer drauf fährt, hat halt meist Schuld, aber in dem Fall war die Sache doch eher unübersichtlich und Senna ist nicht gerade für solche Manöver bekannt. Rosberg war damit raus, Schumacher musste sich von P23 aus durchs Feld wühlen, was ihm auch nicht leicht fiel. In den letzten Runden war endlich an P10 dran, doch Daniel Ricciardo im Toro Rosso verteidigte sich mit allem, was er hatte. Dazu kam, dass Schumacher in der DRS-Zone in den Begrenzer lief und ihm die nötigen paar km/h fehlten.
Unauffällige, aber gute Rennen fuhren Nico Hülkenberg und Pastor Maldonado. Hülkenberg kämpfte sich von P15 auf P8 vor, profitierte aber sicherlich von den Ausfällen von Alonso, Rosberg und dem weit zurück gefallenen Mark Webber. Immerhin hing der Force India am Ende Kimi Räikkönen im Genick und Paul di Resta konnte er auch mal wieder schlagen. Für Force India waren das wichtige Punkte. Maldonado kam von P12, der Williams lief aber in Japan nicht so, wie man es erwartet hatte. Grund waren wohl die harten Reifen, die dem FW34 nicht wirklich liegen. Maldonado zeigte aber, dass er auch Rennen fahren kann, in denen er einfach Punkte sammelt.
Weiter hinten ging es hoch her. Durch den Start waren Timo Glock und Heikki Kovalainen an den Punkterängen dran, aber im Verlauf des Rennens musste man sich der schnelleren Konkurrenz beugen. Der Finne landete auf P15, Glock nur 8 Sekunden dahinter, was den Aufwärtstrend von Marussia unterstreicht.
Es war teilweise ein wirklich ödes Rennen, dass am Ende nur von der Spannung lebte, ob Kobayashi seinen dritten Platz würde verteidigen können. Das gelang zum Glück, denn das heimische Publikum drehte für japanische Verhältnisse quasi durch und feierte ihren Fahrer mit minutenlangen „Kamui, Kamui“ Rufen. Kobayhashi ist nach Aguri Suzuki 1990 erst der zweite Japaner, der ein Podium erreichen konnte.
Die WM macht die Sache natürlich spannend Vettel liegt nur noch vier Punkte hinter Alonso, damit gleichen die letzten 5 Rennen der Saison einem Shootout. Mit deutlichen Vorteilen für Red Bull, die im Moment das bessere Auto haben. Bei Ferrari scheint die Entwicklung still zu stehen, was sicher auch mit den veralteten Windkanal zu tun hat. Den hat man mittlerweile geschlossen, weil man ihn (nicht zum ersten Mal) neu kalibrieren muss. Im Moment ist man in den Kanal von Toyota ausgewichen, was man früher schon mal gemacht hat.
Das bedeutet aber auch, dass Ferrari einen Entwicklungstau hat und der angewachsene Rückstand daraus resultiert. Die Aussichten für Alonso sind also nicht sonderlich gut, er muss darauf hoffen, dass McLaren wieder in Schwung kommt und die ersten Plätze belegt. Hamilton liegt 42 Punkte zurück, dass sollte weit genug entfernt sein. Dass Ferrari aus eigenem Antrieb in Korea etwas bewegen kann, ist eher unwahrscheinlich. Man wird hoffen, dass es regnet, das sollte den momentanen Vorteil von Red Bull einigermaßen ausbremsen. Die Chancen, dass Vettel seinen dritten Titel in Folge holen kann sind jedenfalls so hoch, wie noch nie in dieser Saison.
Bilder: Ferrari, McLaren, Red Bull/Gepa, Toro Rosso/Gepa, Williams, Sauber, Force India, Daimler AG, Marussia, Caterham
6 Kommentare
bei den japanischen Podien hast du aber Takuma Sato vergessen, USA ’04 3. Platz im BAR ;)
Ich meinte Japaner in Japan ;)
achso okay
schade, wenn eine WM so entschieden wird. Erst Spa, nun Japan. Wobei man (leider) sagen muss, dass Alonso sicherlich auch etwas Schuld heute trägt.
Ich fürchte, das wars nun für Ferari, bis Korea werden sie wohl kaum eine C Variante gebaut haben.
@ hwk:
Würde ich nach dem Rennen auch sagen. Aber auf der anderen Seite haben alle vor dem Rennen gedacht, dass McLaren alle schlagen wird. Im Moment sind die Formkurven der Teams sehr schwer einzuschätzen, zu mal Korea eine völlig andere Strecke ist.
Mhhh ich bin nicht so überzeugt ob Alonso schneller als Massa gewesen wäre,
dieses Wochenende war der kleine Brasilianer doch meist ebenbürtig.
Der schlechtere Startplatz von ihm geht nach Teamaussagen auf einen schlechten Satz in Q2 zurück.
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