Das letzte Rennen des Jahres wird die Entscheidung in der WM bringen. Eigentlich spricht alles für Sebastian Vettel, wäre da nicht das Wetter.
Die Wettervorhersage für Sao Paulo ist mies. Zumindest für den Rennsonntag ist jede Menge Regen angesagt. Was auf der eher alten Strecke meist für interessante Rennen sorgt, wie die letzten Jahre immer wieder gezeigt haben. Die Frage wird sein, wie viel Regen fällt und ob das Rennen zwischenzeitlich nicht per Safety Car eingebremst werden muss. Die Strecke in Interlagos steht schnell unter Wasser, es bilden sich Pfützen in den Kurven und ganze Bäche laufen über die Straße. Das ergibt dann schnell das tückische Aquaplaning, das jeden treffen kann. Auf der anderen Seite: Es ist nicht gesagt, dass es während des gesamten Rennens regnet, was die Abstimmung zu einem Glücksspiel macht. Ferrari kann das alles relativ gelassen sehen, die sind eh davon abhängig, wo Vettel am Ende landen wird. Alonso muss auf Podium, sonst ist der Titel weg.
Die Rechnung für Ferrari und Alonso ist ganz einfach.
Wenn der Spanier P1 belegt, darf Vettel nicht besser als P5 sein.
Wenn er P2 belegt, darf der Deutsche nicht besser als P8 sein.
Erreicht er P3, darf Vettel nicht besser als auf P10 liegen oder muss ausfallen.
Wird Alonso nur vierter, hat Vettel den Titel auch dann, wenn er ausfällt.
Die Chance, dass Alonso im Regen nach sehr weit vorne landet, sind relativ hoch. Man weiß vom Spanier, dass er im Regen gut ist. Das gilt allerdings auch für Vettel. Dazu kommt, dass der Red Bull eh hohe Abtriebswerte und eine gute Traktion hat, was im Regen sehr hilfreich ist. Auch wenn der Abtrieb bei hohen Geschwindigkeiten im Regen nicht zum tragen kommt, liegen die Vorteile noch bei den Österreichern. Immerhin sollte der Kurs dem F2012 deutlich besser liegen, gibt es in Interlagos doch kaum schnelle Kurvenkombinationen.
Schwierig wird die Entscheidung, wie man sich auf das Rennen vorbereitet. Für Freitag und Samstag ist kein Regen angesagt, man kann also auch keine Regenabstimmung fahren. Wann und wie viel es am Sonntag regnen wird, ist auch schwer zu sagen. Es kann komplett nass sein, es können Mischverhältnisse herrschen. Man kann volles Risiko gehen, und schon Samstag den Wagen auf eine Regenabstimmung mit mehr Abtrieb und weicheren Federn setzten. Das kann aber dazu führen, dass man weit zurückfällt und eventuell sogar Q3 verpasst. Wenn der Rest vor einem am Sonntag auf eine Trockenabstimmung setzt, kann man das wieder aufholen, wenn es aber zum Start trocken ist, fällt man rettungslos zurück. Und überholen ist in der Interlagos auch nicht immer so einfach. Dementsprechend werden die Meteorologen am Wochenende belagert werden.
Dennoch – alles andere als eine Entscheidung für Vettel wäre eine riesige Überraschung. Es gibt keinen Grund, warum Red Bull nicht in den ersten drei Reihen stehen sollte, es gibt auch keinen Grund, warum Vettel nicht in Podiumsnähe unterwegs sein sollte. Die meisten Sorgen macht da noch die Lichtmaschine, die bei Webber in den USA mal wieder ihren Dienst versagte. Ein Ausfall ist immer drin, auch ein Ausrutscher bei schlechtem Wetter. Aber wie schon beschrieben muss Alonso erst einmal auf Podium fahren, bevor man überhaupt über den WM-Titel nachdenken kann.
Das angesagte schlechte Wetter ist zumindest für Mercedes ein Lichtblick. Im Regen geht der Wagen gut, Schumacher ist bekannt für seine Fähigkeiten im Nassen. Vielleicht bekommt er beim seinem letzten F1-Rennen ja noch die Chance auf ein Podium oder gar einen Sieg. Es wäre ein für ihn wünschenswerter Abschluss eines nicht sonderlich überzeugenden Comebacks.
Mercedes muss sowieso aufpassen, denn Sauber ist in ihnen in der Team-WM auf die Pelle gerückt. Ganze 12 Punkte fehlen den Schweizern auf P5, was wiederum sehr viel Geld bedeutet. Mercedes ihrerseits werden sich ungern von Sauber schlagen lassen, zu mal sie dieses Jahr schon Lotus haben ziehen lassen müssen.
Auch zwischen McLaren und Ferrari geht es noch um viel Geld. Im Moment liegen die Italiener 14 Punkte vor den Briten in Sachen Vizetitel. Neben dem Geld geht es hier natürlich auch um das Prestige. Ich gehe aber davon aus, dass Ferrari den schmalen Vorsprung verteidigen wird. Zum einen, weil Alonso immer für ein Podium gut ist, zum anderen, weil Massa in seiner Heimat selten schlechte Rennen abliefert. Aber wie in der Fahrer-WM gilt auch hier, dass das Wetter eine entscheidende Rolle spielen kann.
Die restlichen Plätze in der WM sind bezogen, interessant könnte es nur noch um Platz 10 der Team-WM werden. Da liegt momentan Marussia vor Caterham, was sich aber in einem chaotischen Rennen auch wieder ändern kann. Caterham muss allerdings einen Piloten mindestens auf P12 bekommen um Marussia abfangen zu können. Das wird selbst im Regen nicht leicht.
Siegchancen haben bei dem unsicheren Wetter sehr viele Piloten: die Fahrer der fünf Topteams sowieso, Überraschungen durch Sauber, Force India und Williams möchte ich bei einem wilden Verlauf des Rennens mal nicht ausschließen. Von daher ist es schwer, eine Vorhersage zu treffen.
Strategie
Pirelli hat sich auch für Brasilien für die sehr konservative Medium/Hart Variante entschieden. Das ist aus zwei Gründen verständlich: Erstens schafft es Chancengleichheit im WM-Kampf, zweitens wusste man vorher auch nicht, ob man bei 35 oder 15 Grad unterwegs sein würde.
Sollte es trocken bleiben, wird es wieder zu einem Ein-Stopp-Rennen kommen. Die Zeit für den Boxenstopp in Interlagos ist verhältnismäßig kurz, da An- und Abfahrt recht flott sind. Man könnte also mit einer Zwei-Stopp-Strategie spielen, aber das Rennen in den USA hat gezeigt, dass das wenig Sinn macht. Die harten Mischungen halten ewig und können bis zum Schluss konkurrenzfähige Zeiten abliefern. Der Vorteil der Medium ist auf einer eingefahrenen Strecke nicht sehr hoch. Sinn würde ein zweiter Stopp nur bei sehr hohen Asphalttemperaturen machen, sollte der harte Reifen in dem Fall unter Graining leiden.
Aber es steht ja Regen an, das macht die Strategie eh hinfällig. Spannend wird es halt, wenn Mischverhältnisse herrschen, denn dann steht die Entscheidung zwischen Slicks und Intermediates, bzw. Intermediates und Monsunreifen auf dem Programm.
Wie auch immer das Wetter sein wird – spannend wird das letzte Rennen des Jahres in jedem Fall. Die Übertragungszeiten sind gewohnt angenehm, man sollte sich den frühen Abend freihalten.