Die Motorsportsaison geht so langsam los, was bedeutet, dass man wieder PR-Material bekommt. Inhaltlich sind die Mails meistens unbrauchbar, aber daran hat man sich gewöhnt.
Es gibt viele Dinge, für die man Kimi Räikkönen schätzen kann. Seinen Fahrstil, zum Beispiel. Aber die meisten Fans lieben den Finnen für seine meist latent schlecht gelaunten und passiv-aggressiven Interviews. Meist sagt der Finne ja wenig, wenn er was sagt, und dann meist Sachen wie „I don’t care“. Das ist jetzt aus Journalistensicht nicht so ergiebig, aber immerhin ehrlich. Denn das, was man von anderen so hört, ist bei Weitem schlimmer als alles, was Kimi jemals sagen könnte. Es ist einstudiertes, mit PR-Agenten, Rechtsanwälten und Sponsoren vorgeschriebenes und abgestimmtes Gelaber, das soviel Inhalt hat, wie einer dieser Reiscracker, die Models gerne als Wochenhauptmahlzeit verspeisen. Es gibt Sätze, die mittlerweile berühmt sind, wie der vom leider nun abwesenden Norbert Haug. Der Satz „Wir hatten/haben den Speed“ spielte in Pre- wie Postrace Interviews immer eine so große Rolle, dass man ein Trinkspiel damit hätte machen können. Was zum Kult fehlte, war das YouTube-Video mit allen „Wir haben den Speed“-Aussagen der letzten 20 Jahre. Andere Dinge kann man aber wirklich nicht mehr hören. Allerdings sind die Fahrer auch nicht immer schuld.
Hier eine willkürliche Auswahl:
„Das Team kann ganz vorne mitfahren.“ (irgendein Toppilot irgendeines Topteams)
„JA WO DENN SONST“, will man verzweifelt sagen. Hinten? Da bei Marussia? Natürlich soll es VORNE mitfahren, nicht hinten, sonst würde der Toppilot auch nicht drölfzig Millionen Euro pro Saison bekommen und eine riesige Horde von Buchhaltern die Finanzen so verbiegen, dass das eh nutzlose Kostenreduktionsabkommen eingehalten wird. Auf dem Papier.
Wobei man natürlich auch fair sein muss, die bescheidene Antwort ist oft nur die Reaktion auf eine ebenso bescheidene Frage. Gerne solch eine:
„Hallo Topfahrer, was erwartest Du in dieser Saison“.
Die richtige Antwort wäre natürlich „Uhh… also das wird schwer gegen Marussia, wir haben leider den ganzen Winter gesoffen und gekifft, daher sind wir echt etwas hinter dem Zeitplan, aber für die Quali sollte es reichen.“
„Wir müssen in einigen Bereichen schauen, wo wir noch Entwicklungsbedarf haben.“
Das ist meist die Antwort auf die Frage: „Was für ein Gefühl hast Du beim neuen Auto?“
Die ehrliche Antwort wäre: „Keine Ahnung, ich hab erst ein paar Stunden drin gesessen, die Kiste bockt wie Sau, die ersten Entwickler wollen sich das Leben nehmen. Wir haben keine Ahnung, was die Ingenieure bei dem Chassis schon wieder verbockt haben, es fährt sich wie ein betrunkener Elefant auf Koks.“
„Wir sind sehr zufrieden, wie das Rennen gelaufen ist.“
Die logische Antwort auf: „Wie war das Rennen für Dich?“
Richtig wäre: „Langweilig, ich habe versucht ein paar Autos zu überholen, aber die waren schneller. Dann habe ich mit meiner Mutter telefoniert, die Wäsche gemacht und meinem Ingenieur gesagt, er soll das Grid-Girl für heute Abend ins Hotel einladen.“
(Sonderbonusfrage: „Hallo Timo, wie lief die Quali?“ – „Top. Mehr ging nicht“ statt „Leider habe ich in T8 einen kleinen Fehler drin gehabt, da habe ich 3.5 Sekunden verloren, sonst wäre die Pole drin gewesen“. Aber Timo ist ja leider 2013 nicht mehr dabei)
„Morgen ist ein neuer Tag, das Rennen hat seine eigenen Gesetze, wir werden das Beste daraus machen.“
Antwort auf: „Was erwartest Du Dir vom Rennen?“
Ehrlich wäre: „Ich starte, dann fahren viele Autos vor und hinter mir, am Ende fragt Du mich, wie es gelaufen ist.“
„Die Techniker werden die Daten nun in Ruhe auswerten.“
Antwort auf: „Habt ihr das Problem schon gefunden?“
Es muss natürlich heißen: „Ach Du Scheiße, nein. Wir versuchen gerade die 700 GB Daten nach Hause zu senden, da wir keine Ahnung haben, was eigentlich los ist. Zu Hause drehen alle durch und schreien sich an, und Schuld will auch wieder keiner gewesen sein.“
Im Fall von Ferrari heißt das „Luca hat angerufen, ich muss seinen Fernseher bezahlen und ich soll am Montag meinen Ferrari-Schlüssel abgeben, wenn wir bis dahin keine Antwort haben. Und meine Mutter hat er auch als Geisel.“
„Es ist schwer, diesen Sieg einzuordnen, aber er ist schon was besonderes.“
So heißt es meist auf die Frage: „Wie wichtig ist Dir dieser Sieg?“
Wir kennen natürlich die ehrliche Antwort: „Geil, geil, geil. Ich habe alle verblasen, vroooommmm, 25 Punkte. FUCK IT, yeah. Ist nicht mein erster Sieg, ist mein XXster Sieg, also relativ wurscht, Hauptsache 25 Punkte.“
Gerne wird auch gefragt: „Wie fühlst Du Dich, jetzt, so kurz nach dem Sieg?“
Da sollte es auch heißen: „Beschissen, ich könnte heulen. Geh jetzt aus dem Weg oder stell vernünftige Fragen.“
„Wir kommen gut miteinander aus.“
So heißt es oft, wenn nach dem Teamkollegen gefragt wird.
Die richtige Antwort würde so lauten: „Wer? Den seh ich bei Promo-Sachen, keine Ahnung, was der sonst macht.“
Oder: „Ja, ne. Kann ich nicht leiden. Ich besteche seinen Telemetrie-Mann, damit der falsche Daten in die Excel-Sheets schreibt und der Kerl verzweifelt.“
„Mein Management verhandelt mit dem Team. Wir sind auf einem guten Weg und ich bin sehr zuversichtlich.“
Gerne gehört nach der Frage: „Dein Vertrag läuft dieses Jahr aus, wirst Du beim Team bleiben?“
Und so wäre es richtig: „Ich will XX Millionen, wenn ich die nicht bekomme, gehe ich woanders hin.“
Oder: „Wir reden nicht miteinander. Ich bleibe nur, wenn die XX Millionen zahlen und meine Freundin First Class zu allen Rennen fliegt.“
Oder: „War bei Ferrari, aber die wollten mich nicht. Bleib ich halt hier, fahr ein wenig hinterher und schau, dass ich so viel Geld wie möglich aus der Sache raushole.“
„Natürlich, jeder möchte mal Weltmeister werden. Ich weiß, dass das nicht leicht werden wird, aber ich werde jeden Tag dafür kämpfen.“
Als Antwort auf: „Möchtest Du mal Weltmeister werden?“
Das muss natürlich so lauten: „Nein, ich fahre hier rum, weil ich grad nichts Besseres zu tun habe und meine Freundin mir zu Hause die Hölle heißt macht, weil sie nicht schon wieder schwanger werden will.“
Oder: „Nein, ich werde gerne Zweiter, oder fünfter. Hauptsache dabei und geile Gridgirls.“
Freuen wir uns also auf eine neue Saison mit vielen spannenden Fragen und Antworten. Reaktionen wie diese ;)
9 Kommentare
Hier hat wohl jemand Langeweile? Ziemlich unnötiger Artikel…
Sehr unterhaltsamer und leider wahrer Artikel ^^ spricht mir in PKs und Interviews aus der Seele.
Unnötig? Ja irgendwie scho! Aber sehr lustig! :-D
Danke für den Artikel!
Geil ;-)
Ich habe mich köstlich amüsiert…..
netter Artikel ;-)
Hatte Spaß beim Lesen
Hihhi … DAS war dann doch mal lustig. Sehr schön.
Hab auch selten einen witzigeren Artikel gelesen. Ich wäre fast vom Stuhl geflogen.
Leider wahr, wenn ich so die Interviews außerhalb von den USA höre, wo es zumindest noch ein paar nicht von Sponsoren gekastete Fahrer gibt.
Der Artikel war zwar vollkommen unnötig, aber auch schon irgendwie wieder genial.
Sollte aber bitte nicht zur Gewohnheit werden.;)
Nicht schlecht…könnte man auf die Präsentation der neuen Autos ausdehnen…ich würde mir mal ein Team wünschen, welches bei der Präsentation des neuen Autos nicht vollkommen zuversichtlich für die neue Saison ist.
Ein Team, das nicht beteuert, es habe diesen Winter so hart gearbeitet wie nie zuvor und dass es den Erfolg verdiene wie nie zuvor.
Fahrer, die nicht behaupten, sie seien so motiviert wie nie zuvor und bessere Fahrer als vergangene Jahre.
Ein Team, welches nicht behauptet, es gebe keinen Grund, warum die kommende Saison nicht die erfolgreichste der Teamgeschichte werden könnte.
Ein Team, welches nicht jedes Jahr make-or-break-mässig die Forderung an sich selbst stellt: „Ab jetzt gibt es keine Entschuldigungen/Ausreden mehr“.
Ein Team, welches bei der Präsentation nicht üppig voll des Lobes für seine Partner & Sponsoren ist.
Ein Team, welches nicht dutzende Fotos von seinem dümmlich grinsenden Personal machen lässt.
Fahrer, die (wohlwissend, dass der vollzogene Teamwechsel einen klaren sportlichen Abstieg bedeutet) nicht behaupten, sie haben eine neue Herausforderung gesucht und die nicht beteuern, sich ganz bewusst für Team XY entschieden zu haben.
Testfahrer, die nicht behaupten, sie brennen darauf, mitzuhelfen, um den Wagen zu verbessern (obwohl sie für ein anderes F1-Stammcockpit ihre Grossmutter verkauft hätten).
Teamkollegen, die von guter Zusammenarbeit schwadronieren, obwohl beiden klar ist, der Schlechtere von beiden wird Ende des Jahres gefeuert werden.
Wird es so ein Team jemals geben?
@ Rosso:
Wirklich lustiger Artikel und deinem Kommentar Rosso kann ich 1:1 zustimmen, aber das wird wohl niemals der Wahrheit entsprechen ;)
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