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NASCAR: Analyse Bristol März 2013

von KristianStooss
4 Kommentare

„{Enter winner here} hat das Rennen in Bristol gewonnen.“ So austauschbar klingt quasi der Sieger vom Sonntag. Dass Kasey Kahne am Ende in der Victory-Lane gelandet ist, hat er sich zwar selbst herausgefahren, allerdings gab es noch eine ganze Reihe weiterer ernsthafter Kandidaten. Diese wurden aber durch unterschiedliche Faktoren um den Sieg gebracht. Eine wichtige Rolle spielten dabei die Reifen, denn Goodyear hat sich nicht mit Ruhm bekleckert.

2013 Bristol March Kasey Kahne Victory Lane„Heißes Blut und heiße Reifen“ lautete das Motto des Tages, denn außer einer neuen Fehde zwischen Denny Hamlin und Joey Logano überschattete zusätzlich die unterirdische Performance der Goodyear-Reifen eine souveräne Fahrt von Sieger Kasey Kahne im letzten Rennabschnitt. Die Veranstaltung auf dem Bristol Motor Speedway war jedoch ein äußerst gelungener Shorttrack-Einstand des Gen6, welcher eine Menge Spannung bot. Meiner Meinung nach konnte das Rennen sogar die Sommer-Ausgabe des vergangenen Jahres übertrumpfen. Im Verlauf des Nachmittags kamen und gingen die Siegkandidaten förmlich; an der Spitze tauschte man bei 17 Führungswechseln munter untereinander durch. Neben dem späteren Gewinner hatten so auch Denny Hamlin, Matt Kenseth, Jeff Gordon, Kyle Busch und Brad Keselowski eine ernsthafte Chance auf eine Fahrt in die Victory-Lane. Warum es bei den anderen Piloten am Ende aber nicht reichte, schauen wir uns in diesem Artikel mal genauer an.

Für einige Fahrer begann das Elend schon ziemlich früh, so verabschiedete sich Tony Stewart (31.) bereits in Runde 10 mit einem geplatzten linken Hinterreifen in die Mauer. Bei FOX konnte man anschließend auflösen, dass der beschädigte Schlappen wohl von einem Kontakt mit Martin Truex Jr (12.) beim Rennstart herrührte. Für den Teamchef begann damit ein „langer Tag im Büro“, wie man im NASCAR-Jargon dann gerne sagt. Mit 36 Umläufen Rückstand nach einer Reparatur in der Garage war für Smoke natürlich kein Blumentopf mehr zu gewinnen.

Kurz darauf verabschiedete sich Jeff Burton (32.) nach einem Kontakt mit Carl Edwards (18.) in die Mauer, wobei am RCR-Chevy zudem das Gaspedal unten hängen blieb; auch so eine Erfahrung aus der Rubrik „Möchte ich nicht gerne erleben!“. In diesen Unfall waren außerdem die beiden Petty-Fords von Marcos Ambrose (19.) und Aric Almirola sowie Clint Bowyer und Joe Nemechek (29.) verwickelt. Für alle Piloten außer Burton und Nemechek sollte das Rennen aber zunächst „normal“ weitergehen.

Bis zum Ende des ersten Fünftels begab sich dann auch Earnhardt-Ganassi Racing in den wöchentlichen „Debakel“-Modus, als sich zunächst Jamie McMurray (10.) in Runde 72 ausgangs von Turn 4 drehte. Im Zuge der Gelbphase legte Teamkollege Juan Pablo Montoya (30.) zudem eine Reparaturpause in der Garage ein, da es bei ihm ein Problem mit der Benzinzufuhr gab. Zuvor hatte er kurzfristig eine Menge Plätze verloren. Während es bei McMurray nach einem tollen Comeback immerhin noch für ein Top10-Ergebnis reichte, musste Montoya am Ende der Top30 satte 13 Umläufe Rückstand hinnehmen. Die McMurray-Performance zeigte, wie viel am Wochenende mal wieder für das Team drin gewesen wäre, hätte nicht der Technik-Teufel zugeschlagen.

Danach ging das Rennen in eine längere Grünphase über, in welcher es ein paar sehenswerte Duelle auf der Strecke zu beobachten gab und auch um die Führung wurde erbittert gekämpft. Polesitter Kyle Busch hielt es 56 Runden an der Spitze aus, bis ihn eine Speeding-Strafe unter Gelb zum Restart ans Ende der längsten Schlange zurückwarf. Dass es dann trotz zwischenzeitlichem Rundenrückstand noch bis auf Platz 2 nach vorne ging, dürfte er u. a. einer guten Strategie seines Crew-Chiefs Dave Rogers zu verdanken haben.

Die Führung übernahm unterdessen sein Teamkollege Denny Hamlin, welcher die Grundstärke von Joe Gibbs Racing früh offenbarte. Zum Ende des langen Green-Flag-Runs in Runde 153 musste Hamlin allerdings zunächst Kasey Kahne erstmals die Spitzenposition überlassen, welcher seinerseits durch Kurt Busch im Furniture-Row-Chevy unter Druck gesetzt wurde. Ein vierter Platz des älteren Busch-Bruders unterstrich am Ende die tolle, besonnene Fahrt des oft geschmähten Piloten im neuen Team. Zwar gilt man inoffiziell als vierte RCR-Mannschaft, doch ein Top5-Resultat muss man so auch erstmal holen.

Nach Gelbphase #4 – ausgelöst durch einen Reifenplatzer bei David Gilliland (24.) in Runde 153 – setzte sich zunächst wieder Denny Hamlin in Führung. Von hinten holte allerdings Kasey Kahne mit Sieben-Meilen-Stiefeln auf, welcher bei den Boxenstopps während der Caution etwas zurückgefallen war. Zuerst krallte er sich den Teamkollegen Kyle Busch und übernahm in Umlauf 190 schließlich den Platz an der wolkenverhangenen Sonne. Sein Run ganz vorne endete jedoch wieder während eines Boxenstopps, hier hatte die Hendrick-Truppe der #5 am Sonntag noch etwas Nachholbedarf. Das Feld ging in Gelbphase #5 nach einem Mauerkontakt von Landon Cassill (33.) in Runde 237 geschlossen zum Tanken, wobei am Ende Matt Kenseth im dritten Gibbs-Toyota zu ersten Mal die Führung übernahm.

Kenseth hielt sich auch über Gelbphase #6 hinweg bis hin zu Caution #7 (wieder Reifenplatzer, dieses Mal bei Aric Almirola (37.) und Dave Blaney (36.)) in Runde 322 an der Spitze. Bei den folgenden Boxenstopps pokerten Jeff Gordon und Crew-Chief Alan Gustafson besonders hoch und statteten die #24 im Gegensatz zum Rest des Feldes mit nur zwei neuen Reifen aus. Diese, angesichts der vielen Reifenschäden sehr mutige Entscheidung sollte sich allerdings schon wenige Runden später rächen. Bevor es dazu kam, stand aber noch die Geburt der vielleicht nächsten großen NASCAR-Fehde im Raum:

In Runde 349 kamen sich die ehemaligen Teamkollegen Denny Hamlin (23.) und Joey Logano (17.) beim Kampf um Platz 2 hinter Gordon etwas zu nahe. Hamlin erwischte den oben fahrenden Logano am Heck und schickte diesen in einen Dreher. Da er sich direkt danach per Funk entschuldigte, ist wohl von einem Versehen auszugehen, zumal für beide Piloten danach das Handling ihrer Autos im Eimer war. Drama-Queen Logano war natürlich „not amused“, konnte sich mit etwaigen Vergeltungsaktionen aber immerhin bis zum Rennende zurückhalten. Nach dem Schwenken der karierten Flagge fand man ihn jedoch recht schnell am Hauler der #11, wo er sich beinahe einen Kampf mit der Hamlin-Crew lieferte. Deren Fahrer zog es vor, mit aufgesetztem Helm im Auto zu bleiben, was ihm einigen Spott bei Twitter einbrachte. Diese Meinungsverschiedenheit ist jedenfalls noch nicht ausgeräumt.

Nun stand die bereits erwähnte Goodyear-Rache am führenden Chevy von Jeff Gordon (34.) an, welchem in Führung liegend in Runde 391 der rechte Vorderreifen ohne Vorwarnung explodierte. Zu allem Überfluss fuhr er in der Kurve wirklich ganz unten, so dass er scharf in die Außenmauer abbog, was wiederum den Weg für Matt Kenseth (35.) auf Platz 2 versperrte. Die Top2 waren somit durch den folgenden, harten Crash aus dem Rennen – zudem ein absoluter Wendepunkt in der Geschichte des Nachmittags.

Während Caution #9 überlegten sich Brad Keselowski und Crew-Chief Paul Wolfe, draußen zu bleiben. Angesichts des gerade Geschehenen wirkte das zwar nicht sonderlich klug, allerdings war die #2 als eines der wenigen Teams in der Hamlin-Logano-Gelbphase an der Boxengasse und konnte bereits dort das Spritfenster schließen. Letzteres stand unterdessen für den Rest des Feldes an. Bei Keselowski hielten die Vorderreifen jedoch stand, wobei er sich trotz der älteren Pneus sogar ziemlich gut behaupten konnte. Die blaue #2 wurde recht schnell eng von Kasey Kahne verfolgt, zwischen welchen nun in einem ansehnlichen Finish bzw. Sprint über die letzten gut 100 Runden der Sieg ausgefahren wurde.

Die Führung wechselte zwischen Brad Keselowski und Kasey Kahne mehrfach hin und her, doch am Ende waren die Gummis des Champions dann doch zu abgefahren. In den letzten Runden gab er sogar noch seinen zweiten Platz an Kyle Busch ab, wenn auch nicht ganz kampflos. Kahne musste ordentlich für seinen Sieg ackern, immerhin verlor er hart am Limit fast sein Auto und durfte Keselowski daraufhin die Führung ein weiteres Mal abjagen. Wie überlegen er in der Schlussphase aber auch dem Rest des Feldes auf gleichfrischer Bereifung war, zeigt seine Margin-of-Victory von 1,7 Sekunden.

Unterbrochen wurde diese Jagd übrigens lediglich durch Caution #10, da auch Jimmie Johnson (22.) ein Reifen platzte. Johnson war zu diesem Zeitpunkt zwar unauffällig unterwegs im von ihm so wenig geliebten Bristol, allerdings auf dem Weg zu einem sicheren Top5-Resultat.

Zum Rest vom Schützenfest:

– Hinter den ersten drei Fahrern komplettierten wie erwähnt Kurt Busch und Clint Bowyer die Top5.

– Die Top10 rundeten Dale Earnhardt Jr., Ryan Newman, Brian Vickers, Paul Menard und Jamie McMurray ab. Für die ersten vier der genannten Piloten war es ein eher ruhiger Tag, der mit einem guten Resultat belohnt wurde. Vor allem Earnhardt holte ein weiteres Spitzenergebnis für die Meisterschaft und liegt dort nun auf Platz 2 hinter Keselowski. Bei den anderen Fahrern in den Top10 bin ich mir aber nicht sicher, ob diese auch ohne die Schwierigkeiten der Konkurrenz so weit vorne gelandet wären.

Danica Patrick kam unter „ferner liefen“ auf Platz 28 an. Ricky Stenhouse Jr wurde seinerseits 16. und gewann damit in Bristol den Kampf der beiden Rookies.

Schauen wir nun noch einmal auf die Performance der Goodyear-Pneus zurück, welche mich absolut erschreckt hat. So viele Reifenschäden mussten wir seit langem nicht mehr sehen und offensichtlich hat sich der Einheitslieferant etwas mit der Abstimmung auf das Gen6 verschätzt. Kurz zur Erklärung: Das Gen6 ist durch die Carbon-Teile in Form von Motorhaube und Kofferraumdeckel um etwas mehr als 70 kg leichter geworden. Aus diesem Grund werden im Moment auch so viele Rundenrekorde gebrochen, die Speeds haben teilweise deutlich zugenommen. Sobald die Geschwindigkeit steigt, erhöht sich logischerweise auch die Hitzeentwicklung in den Reifen. Im Falle von Bristol dürften dann noch die extrem heißen und größeren Shorttrack-Bremsen für ein zusätzliches Aufheizen der Pneus gesorgt haben.

Der Schwachpunkt der Reifen war laut Goodyear zumindest in den beiden Hendrick-Motorsports-Fällen der Reifenwulst, welcher von innen an der Felge anliegt und durch den inneren Luftdruck quasi das Gummi auf der Felge hält. Dieser Wulst habe der hohen Hitzebelastung einfach nicht standgehalten. Erschwerend kam bei einigen Teams sicherlich noch hinzu, dass sich das hartnäckige Untersteuern während des gesamten Rennens oft nur mit neuen Reifen auf der linken Fahrzeugseite beheben ließ. Dadurch wurden die äußeren Pneus dann natürlich über die längere Zeit auf den Autos zusätzlich belastet.

Nun mag man von Goodyear halten, was man will, aber anscheinend überstehen jetzt schon nicht mal mehr die härtesten aller Holzreifen die resultierenden Kräfte und Temperaturen. Wie jede Woche kann ich nur wiederholen, dass man hier schleunigst reagieren sollte, aber ich bin mir sicher, dass ich nach Fontana wieder dasselbe schreiben werde.

Die gesamten offiziellen Ergebnisse können hier inklusive weiterer Statistiken noch einmal bei Jayski.com nachgeschaut werden. Zum Abschluss folgt wie gewohnt die Übersicht zu den Punkteständen bei den Fahrern und in der Owner-Wertung (Achtung: Alles PDF-Dateien!).

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4 Kommentare

littleskill 19 März, 2013 - 10:13

In Runde 349 kamen sich die ehemaligen Teamkollegen Denny Hamlin (23.) und Joey Logano (23.)

Hier ist wohl ein Fehler unterlaufen. Logano wurde glaub ich 17.
Außerdem soll er sich mal nicht so anstellen und solch ein Theater machen, so etwas kann leicht passieren, vor allem in Bristol.

Daniel 19 März, 2013 - 19:59

@ littleskill:
Korrekt, ist korrigiert. Danke für den Hinweis.

KristianStooss 19 März, 2013 - 20:48

Super, ich danke euch beiden!
Tagsüber musste ich die Brötchen verdienen, da konnte ich den Tippfehler nicht korrigieren. ;o)

Chaos 20 März, 2013 - 23:57

„wöchentlicher Debakelmodus“ gnihihihi

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