Saisonrennen #5 der NASCAR findet an diesem Wochenende auf dem Auto Club Speedway statt, welcher jetzt bekanntlich nicht für Jubelschreie sorgen wird. In den letzten Jahren gab es nach den üblichen 190 Runden Vorgeplänkel aber zumeist sehr gute Finishes zu sehen – mit Ausnahme der regenverkürzten 2012er-Ausgabe, denn dort galt lediglich: „Man ist gefahren!“
Der Auto Club Speedway ist eher nicht das Oval, welches den eingefleischten NASCAR-Fan hinter dem Ofen hervorlockt. Es bietet meist Rennen, in welchen der Langstrecken-Charakter des Sprint Cups so richtig extrem zum Vorschein kommt. Die langen Prozessionsfahrten im zäh auseinandergezogenen Kaugummifeld zwangen die Offiziellen dann schließlich dazu, die Renndistanz ab Ende 2010 auf 400 Meilen zu verkürzen. Diese Entscheidung sorgte übrigens nicht nur bei den Zuschauern für Erleichterung, denn „lange Tage im Büro“ gehören seitdem auch für die Fahrer der Vergangenheit an. Ab 2011 gibt es jetzt nur noch ein jährliches Rennen in Fontana, da die NASCAR zusätzlich das mehr als überflüssige Chase-Rennen einstellte. Die ersten Ausgaben nach den Änderungen boten zumindest spannende Finishes und es bleibt zu hoffen, dass das Gen6 die Renndistanz bis dahin etwas erträglicher gestalten kann.
Das Intermediate-Oval in Fontana, Kalifornien, ist mit seinen 2 Meilen Länge bei einem Banking in Höhe von lediglich 14 Grad nicht speziell für NASCAR-Rennen gebaut und ausgestattet. Die Stockcars besitzen einfach nicht genügend Abtrieb für eine aggressive Herangehensweise. Der Fahrer muss in den meisten Fällen einfach auf das Handling seines Autos zu vertrauen und es „durch die Kurve rollen lassen“, wie man so schön sagt. Die Strecke verlangt daher eher nach einem besonnenen Mediator als einem Fahrer im eigentlichen Sinne. Zudem ist Clean-Air und damit auch Track-Position sehr wichtig, denn wer vorne wegfährt, hat bei den langen Kurvenfahrten viel mehr Anpressdruck zur Verfügung. Lässt man sich diese Bemerkungen mal auf der Zunge zergehen und fügt ein wenig Gen6-PR hinzu, dann sollte dies nun eigentlich der Vergangenheit angehören.
Mit den neuen Silhouetten wurde uns ein niedrigerer Schwerpunkt bei geringerem Gesamtgewicht versprochen, welcher mit Hilfe neuer, weicherer Reifen zu ansehnlicheren Fahrten auf den Intermediate-Ovalen führen soll bzw. sollte. Der in der Theorie zusätzlich verfügbare Grip würde dafür sorgen, dass die Fahrer z. B. in Fontana wieder stärker angreifen können. Jetzt konnte man zuletzt aber sehen, dass diese Agenda an zwei Punkten zu scheitern droht: Zum einen sind das die hinlänglich diskutierten Holzreifen von Goodyear, welche bei den nun zumindest höheren Kurvengeschwindigkeiten auf dem 2-Meilen-Oval doch bitte wenigstens halten sollten. Von weicheren Ausgaben brauchen wir – denke ich – vorerst gar nicht zu sprechen. Zum anderen bringt das Gen6 (bisher) nicht die erwartete Aerodynamik-Verbesserung, was man u. a. daran erkennen kann, dass die NASCAR auf den größeren Ovalen zwischen 1 und 2 Meilen auf die Dachkameras verzichten muss.
So ganz traue ich dem Braten daher noch nicht, lasse mich am Wochenende aber gerne eines Besseren belehren. Ich bin allerdings recht positiv gestimmt, dass wir wie so oft in den letzten Jahren ein spannendes Finale sehen werden. Blickt man zurück, dann erscheinen hinter der regenverkürzten 2012-Ausgabe („Man ist gefahren!“) einige interessente Duelle/Trielle am Horizont. 2010 beharkten sich zunächst Kevin Harvick und Jeff Burton hinter dem lachenden Dritten Jimmie Johnson etwas zu sehr, später im Jahr siegte dann Tony Stewart in einem auch sonst sehr spannenden Rennen vor Clint Bowyer. 2011 lieferte sich Johnson einen schönen Dreikampf mit Kyle Busch und Kevin „Where did he come from?“ Harvick. Neben den Finishes bieten in Fontana allerdings auch die jeweils ersten Runden nach einem Restart Action, da man die enorme Streckenbreite gerne auf vier oder mehr Spuren ausnutzt.
Schaut man auf die vergangenen Sieger und dominanten Hersteller, dann führt am Wochenende eigentlich kein Weg an Jimmie Johnson im Hendrick-Chevrolet vorbei. Der fünffache Meister führt die Liste auf dem Auto Club Speedway mit ebensovielen Erfolgen deutlich vor Kevin Harvick und Jeff Gordon (noch in jüngeren Jahren) an, welche ihrerseits bereits drei Mal in die Fontana-Victory-Lane fahren konnten. Tony Stewart gewann in jüngster Zeit zwei Mal, während Mark Martin (noch 1998), Kurt Busch (noch 2003), Greg Biffle, Carl Edwards, Kevin Harvick, Kasey Kahne und Kyle Busch jeweils einen Sieg holten.
Bei den Herstellern muss man die Dominanz von Chevrolet anerkennen, die seit 2010 alle vier Fontana-Ausgaben für sich entscheiden konnten, während die Strecke in den Jahren zuvor und vor allem im Frühjahr eher eine Ford-Domäne war. Interessant wird es daher zu sehen sein, wie sich Fontana-Spezialist Matt Kenseth in einem Toyota schlägt, zumal die TRD-Truppe in ihrem Heimrennen bis dato sieglos geblieben ist. Ebenfalls bin ich auf die Performance der Top2 in der derzeitigen Meisterschaftstabelle gespannt, denn dort führen die 2013 bisher sehr konstanten Piloten Brad Keselowski und Dale Earnhardt Jr. Beide Fahrer sind mehr als hungrig auf eine Rückkehr in die Victory-Lane und könnten dies auch jederzeit packen.
Insgesamt gesehen nehmen die Driver-Points im Moment eine konkrete Form an, auch wenn noch einige Überraschungen darin zu finden sind, die sich im Saisonverlauf nivellieren sollten. Die Top10 bilden hinter Brad Keselowski und Dale Earnhardt, Jr. nach vier Rennen Jimmie Johnson, Clint Bowyer, Greg Biffle, Denny Hamlin, Kasey Kahne, Carl Edwards, Paul Menard und Kyle Busch. Gerade bei Menard kennt man ja diese Stärkeperiode in der ersten Jahreshälfte, während alle anderen Piloten bereits genau dort sind, wohin sie auch müssen: auf direktem Kurs in den Chase.
Auf selbigem befinden sich auch die drei „Wechsler“ Ricky Stenhouse Jr, Joey Logano und Matt Kenseth in direkter Verfolgung der Top10. Gerade die Position von Stenhouse überrascht mich in seinem ersten Sprint-Cup-Jahr doch ein klein wenig. Bei Logano sieht man unterdessen, dass ihm der Wechsel zu Penske Racing offensichtlich sehr gut getan hat. Kenseth verfügt zwar schon über einen Saisonsieg, fuhr allerdings in den anderen drei Rennen nur einmal in die Top10, da fehlt wohl doch noch etwas Eingewöhnungszeit für den Gibbs-Neuzugang.
Weit von ihrer eigentlichen Form entfernt sind derweil Kevin Harvick (17.), Martin Truex Jr (18.), Jeff Gordon (21.) und Tony Stewart (24.) unterwegs. Da haben also gleich einige Schwergewichte einen komplett miserablen Saisonstart hingelegt. Allerdings konnte man 2012 bei Kasey Kahne sehen, dass sich auch ein solcher Rückstand noch in eine Chase-Teilnahme ummünzen lässt. Weiterhin keinen Anschluss finden Jeff Burton (25.) und Juan Pablo Montoya (26.), wobei man sich bei diesen Piloten mittlerweile fragen muss, wie sie das als Rennfahrer noch aushalten können, ohne sich jedes Wochenende komplett schwarz zu ärgern.
Die angesprochene Fahrer-Wertung sowie die aktuellen Owner-Points kann man sich hier zum Abschluss wie gewohnt noch als PDF anschauen. Außerdem gibt es wie üblich die Entry-List und einen Zeitplan für das TV-Programm vom Wochenende:
ACHTUNG: Aufgrund der bereits erfolgten Sommerzeit-Umstellung in den USA beträgt die Zeitverschiebung bis Ende März nur 5 statt der gewohnten 6 Stunden. Die Übertragung zum Sprint-Cup-Rennen beginnt also bereits um 19:30 Uhr, ist aber in dieser Woche lediglich per Stream LIVE zu sehen, da Motorvision TV eine erste kleine Pause einlegt.
Freitag, 22.03.
19:30 Uhr, Sprint Cup Series Practice, SPEED
21:30 Uhr, Nationwide Series Final Practice, SPEED
00:00 Uhr, Sprint Cup Series Qualifying, SPEED
Samstag, 23.03.
17:30 Uhr, Sprint Cup Series Practice, SPEED
18:30 Uhr, Nationwide Series Qualifying, nicht im TV
20:30 Uhr, Sprint Cup Series Final Practice, SPEED
21:30 Uhr, Nationwide Series Rennen (Royal Purple 300), ESPN
Sonntag, 24.03.
19:30 Uhr, Sprint Cup Series Rennen (Auto Club 400), FOX
1 Kommentare
Verdammt gute Analyse Herr Stooss! Die Zusammenfassung vom Fontana 2013 gibt es am Montag um 22.15 Uhr mit deutschem Kommentar auf Motorvision TV, schönes Wochenende!
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