Am Ende standen am Salzburgring wie zu erwarten war in beiden Rennen Chevroletpiloten ganz oben. Doch der große Spaß begann schon im Qualifying.
Dort passierte nämlich etwas, was selbst in der WTCC eher selten vorkommt. Man befahl 14 Fahrern nach der Quali wegen verschiedener Sachen (hauptsächlich Aufhalten von anderen Fahrern), sich vor der Rennleitung zu erklären. Die illustere Liste las sich so: Rob Huff, Gabriele Tarquini, Norbert Michelisz, Mikhail Kozlovskiy, Alex MacDowall, Yvan Muller, James Nash, Tom Coronel, Tiago Monteiro, Hugo Valente, Tom Chilton, Stefano D’Aste, Pepe Oriola und Darry O’Young. Ich vermute mal, dass die anderen (mehrheitlich) BMW-Piloten einfach grundsätzlich zu langsam sind, um jemanden gewollt aufzuhalten.
Am Ende bestraft wurden (Name + Anzahl der versetzten Startplätze): Valente (+5), Chilton (+12), Muller (+12), Monteiro (+12), Tarquini (+24), Coronel (+15) Michelisz (+12), Huff (+10), Oriola (+16), MacDowall (+8), D’Aste (+5) und O’Young (+5). Zusätzlich gab es für alle noch Geldstrafen. Aber die Party war noch nicht vorbei. Später wurden dann auch noch alle Honda an das Ende des Feldes strafversetzt, weil der Heckflügel ein paar Millimeter außerhalb der Reglementbegrenzungen lag. Mal abgesehen davon, dass man mit der Strafenorgie den Samstag sportlich komplett wertlos gemacht hat, sollte man sich überlegen, ob eine Strafversetzung von zwölf Piloten wegen Aufhaltens anderer Fahrer wirklich sinnvoll ist oder man sich damit nicht eher lächerlich macht.
Das ziemlich durchgewürfelte Grid, das sich daraus für Lauf 1 ergab, sorgte für ein gutes Rennen, zumindest vorne entwickelte sich aber recht schnell wieder alles zugunsten der Chevrolet. Am Ende hieß es ganz vorne Nykjaer, Nash und Muller. Dahinter kam der eine sehr starke Saison fahrende Bennani ins Ziel, gefolgt von einem weiteren Chevrolet von MacDowall. Danach folgte Freddy Barth, der kämpfte wie ein Löwe, um die anderen Fahrzeuge hinter sich zu halten. Allgemein fiel auf, dass die BMW in den langsamen Passagen ganz gut gingen, aber auf den Geraden und in der Fahrerlagerkurve ihren Gegnern hoffnungslos unterlegen waren, weil einfach der Top-Speed fehlt.
Ganz im Gegensatz zu den meisten Chevrolet, die mit erwarteter Leichtigkeit trotz der Strafen ihre zahlreichen Gegner überholen konnten, so auch Chilton, der hinter Barth ins Ziel kam. Auf Platz 8 kam mit Rob Huff endlich der erste Seat ins Ziel, die an diesem Wochenende nicht viel zu melden hatten. James Thompson komplettierte zusammen mit Tom Coronel die Top 10. Erfreulich für die Ladamannschaft, dass sie zum zweiten mal Punkte holen konnten. Weniger erfreulich war zu sehen, dass beide Autos dank der ganzen Strafversetzungen viel weiter vorne starteten als es das ursprüngliche Qualiergebnis hergab und es für beide doch recht schnell nach hinten ging. Da fehlt einfach jede Menge Speed.
Speed fehlte auch den Honda. Auch wenn sie von ganz hinten starten mussten, hatte ich zumindest mit den Werkshonda in den Punkten gerechnet. Am Ende standen jedoch für die drei Hondafahrzeuge nur die Plätze 12 bis 14. Da lief es im zweiten Rennen auch dank wesentlich besser Startplätze für die Honda schon besser. Michelisz konnte immerhin aufs Podium fahren, dahinter kam Monteiro auf 4 und Tarquini auf Platz 8 ins Ziel. Dennoch hatte man auch im zweiten Rennen keine gute Performance, was natürlich auch an den 40 kg Zuladung lag, die dem Fahrzeug wohl absolut nicht gut tun, speziell natürlich auf Strecken mit schnellen Kurven wie dem Salzburgring.
Gewonnen wurde das zweite Rennen von Nash, der aber wohl noch vom bärenstarken Muller abgefangen worden wäre, wenn das Rennen nur etwas länger gewesen wäre. Nykjaer und MacDowall komplettierten die „4 aus 6“ Chevrolets in den Top 6. Oriola, der leider aus der Spitzengruppe etwas unsanft rausgerempelt wurde, und Huff konnten immerhin auf den Plätzen 7 und 9 ein bisschen was für die Seat retten, während Tom Coronel den letzten Punkt holte.
Alles in allem kann man aus dem Rennwochenende mitnehmen, dass mit dieser Gewichtsverteilung die Chevrolet wie erwartet praktisch nicht schlagbar sind, da muss sich unbedingt was ändern. Aber ich könnte auch genau so gut gegen eine Wand reden. Das wäre vielleicht sogar effektiver. Das Gewichtsreglement frustriert trotz dem weksseitigem Ausstieg von Chevrolet immer mehr. Weiter geht es in drei Wochen in Moskau.
4 Kommentare
„Aber ich könnte auch genau so gut gegen eine Wand reden.“
Das glaube ich wohl gerne. Ob irgendein kleiner deutscher Blogger gegen die FIA pissen will oder ob in China ein Sack Reis umfällt, kommt wohl aufs gleiche raus.
Die WTCC ist eben eine Serie mit viel Schatten, aber eben auch viel Licht! Die Duelle auf der Strecke im Mittelfeld haben mir auch dieses Mal wieder sehr gefallen. Wo sieht man das noch so? Ohne DRS (oder Klappflügel), einfach nur faires Racing. Und vor allem: Auch ohne viel Einmischung der Rennleitung. Die Fahrer wissen genau was geht und was nicht. Das schätze ich schon sehr an der WTCC und daher bin ich bereit viel zu verzeihen, was sonst so in der WTCC schief läuft und hier auch immer wieder völlig zu Recht kritisiert wird.
Art Vandelay schrieb:
Komisch. Das sehe ich ganz anders. Ich finde, manche Fahrer wie Tarquini, Coronel oder Michelisz haben einen Freifahrtschein punkto Rempeln, während etwa Yvan Muller bei jeder Kleinigkeit eine Strafe bekommt. Und dann noch diese ständigen Änderungen beim Reglement – ich blicke da nicht mehr richtig durch. Aber den Vogel hat die Rennleitung ja am Salzburgring abgeschossen. Lächerlicher geht’s wirklich nicht mehr.
Für mich hat die WTCC jeden sportlichen Wert verloren.
Stellt sich natürlich die Frage, inwiefern die WTCC überhaupt schonmal wirklichen „sportlichen Wert“ verglichen mit anderen Serien und verglichen mit dem eigenen Top-Anspruch hatte. Eine *Weltmeisterschaft* mit gerade mal so eben knapp 20 Minuten pro Lauf, bei der sie es noch nichtmal hinkriegen, die Nationalhymnen für die Sieger auszuspielen. Das ist schon echt unwürdig und ziemlich armselig. „Real cars, real racing“ my ass.
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