Für Martin Tomczyk beginnt das Wochenende am Samstag mit der ersten Pole seit zwei Jahren. Beim offiziellen Wiegen stellt sich allerdings heraus, dass sein Schnitzer-BMW 0,5 kg zu leicht in der Quali unterwegs war, weswegen er am Sonntag am Ende der Startaufstellung ins Rennen gehen muss. Nutznießer ist Mike Rockenfeller, der mit seinem Audi die Pole Position erbt, gefolgt von den BMW von Augusto Farfus und Joey Hand. Der erste Mercedes startet mit Gary Paffett hinter dem Steuer erst von Platz 11.
Direkt vom Start weg attackiert Farfus in den ersten beiden Runden den Audi von Rockenfeller. Weiter hinten kann sich sein Markenkollege Tomczyk vom 22. bis auf den 15. Platz vorarbeiten. Paffett und Ekström fahren bereits nach vier Runden an die Box und wechseln von den harten auf die Optionsreifen, ihnen folgen Vietoris, Werner und Tambay. Die Idee hinter dieser Taktik ist, nach dem Stopp hinter dem Feld Zeit aufzuholen und dann nach dem ersten Stopp der anderen Fahrer nach vorn gespült zu werden.
Unterdessen stellt sich Roberto Mehri bei Timo Glock vor und schickt den ehemaligen Formel-1-Fahrer bei einem Überholmanöver auf die Wiese, was dem zu diesem Zeitpunkt ganz gut liegenden Glock gehörig das Rennen versaut. Wenige Runden später nimmt sich Tambay ein Vorbild an Mehris Aktion und zwing Priaulx bei einem ganz ähnlichen Manöver in einen Dreher. Dafür kassiert Tambay direkt eine Durchfahrtstrafe. Um Tambay aber noch mal richtig zu zeigen, wie man einen Konkurrenten in die Wiese befördert, demonstriert Mehri ihm noch mal dasselbe Manöver an Martin Tomczyk, diesmal erhält auch Mehri seine Durchfahrtstrafe, auf die er es offensichtlich abgesehen hatte. Nach dem Rennen beschweren sich wenig überraschend Mehris Opfer im Interview, Glock ist gar der Meinung, dass Mehri nichts in dieser Serie zu suchen hat.
An der Spitze kann Rockenfeller nach den ersten Stopps seine Führung vor Farfus problemlos halten und im Mittelfeld zeigt sich, dass die Taktik von Paffett und Ekström aufzugehen scheint. Nach rund 40 Runden liegen die beiden, die von Startplatz 11 und 12 ins Rennen gingen, auf Platz 6 und 8. In Runde 44 wechselt Paffett bei seinem zweiten und letzten Stopp wieder auf harte Reifen.
Die einzige Gelbphase des Rennens gibt es in Runde 66. Farfus bekommt Elektronikprobleme, doch statt die Box anzusteuern, fährt er an der Boxeneinfahrt vorbei – weit kommt er jedoch nicht mehr. Auf der Start-Ziel-Geraden bleibt der BMW gegenüber der Boxengasse liegen, Farfus versucht vergebens seinen M3 wieder in Gang zu setzen. Statt nun jedoch das Safetycar auf die Strecke zu bringen, gibt es nur eine Gelbphase, die später übrigens Paffett zum Verhängnis werden soll. Ein etwas übermotivierter Fahrer eines Streckenfahrzeugs fährt zum liegen gebliebenen BMW von Farfus und sorgt kurz darauf für das vermutlich gefährlichste Manöver des ganzen Rennens. Das Steckenfahrzeug nimmt den BMW ins Schlepptau, um ihn von der Strecke zu bergen, und zieht ihn dabei in einem, vorsichtig ausgedrückt, wagemutigen Manöver einmal quer über die Piste auf die andere Fahrbahnseite zum Ende der Boxenausfahrt. Im Kamerabild sieht man von hinten schon herannahende Rennfahrzeuge. Vielleicht sah das Ganze in der Perspektive etwas enger aus, als es tatsächlich war, jedoch war dies mit Abstand das dümmste und unnötigste Manöver des Rennens.
Gegen Ende des Rennens kommt es zum nächsten Aufreger. Der auf Platz 4 liegende Robert Wickens ist als Einziger in der Spitzengruppe noch mit den schnellen Optionsreifen unterwegs. Jedoch darf er nicht den vor ihm liegenden Paffett angreifen, der nun schon seit etwas mehr als 40 Runden mit demselben Reifensatz unterwegs ist. Über Funk sagt man ihm, er solle auf seine Reifen achten und „seinen Job machen“. Teamorder ist zwar in der DTM nicht verboten, aber so offen demonstriert von keinem gern gesehen. Das Rennen endet unspektakulär mit Rockenfeller als Start-Ziel-Sieger und Bruno Spengler auf Platz zwei. Als Dritter geht Gary Paffett über die Ziellinie, seine Taktik mit dem frühen ersten Stopp hat sich also ausgezahlt, doch auf den Treppchen landet er heute trotzdem nicht. Kurz nach Rennende erhält er eine 5-Sekunden-Strafe. Eine neue Regel besagt, dass eine Runde unter Gelb mindestens eine halbe Sekunde langsamer sein muss als die vorherige Runde des Fahrers, sonst gibt es eine 5-Sekunden-Strafe. Genau dies war bei Gary Paffett der Fall, der Brite (nun nur noch Sechster) zog also wutschnaubend von dannen, während Wickens nun joggenderweise zur Siegerehrung spurtet und sich seine späte Wiedergutmachung in Form des dritten Platzes abholen durfte. Auch in Brands Hatch zeigte sich einmal mehr das Optionsreifen und DRS (wie umstritten auch immer) für einige Überholmanöver sorgen konnten, gerade auf der engen Strecke von Brands Hatch ist das schon bemerkenswert.