Nach einer knapp zweimonatigen Pause bestreitet die Super Formula an diesem Wochenende in Autopolis ihr zweites Saisonrennen. Tabellenführer Takuya Izawa sowie Titelverteidiger Kazuki Nakajima gelten als die großen Favoriten. Nach der Nichtteilnahme in Suzuka geben André Lotterer und Loic Duval ihr Saisondebüt.
Die meisten Motorsportserien nehmen sich eine kleine Auszeit in den Sommermonaten. Diese hat die Super Formula bereits hinter sich: Anstatt wie im letzten Jahr im Juni zu pausieren, ruhten die Motoren 2013 bereits im Mai. Dummerweise direkt nach dem Saisonstart in Suzuka. Inwiefern die Entscheidung sinnig war, bereits nach dem ersten Rennen des Jahres eine kleine Auszeit einzulegen, darüber lässt sich streiten. Geschuldet war die Kluft im Kalender wohl aber auch dem für Mitte Mai geplanten Einladungsrennen der Super GT auf dem Grand-Prix-Kurs in Südkorea, das kurzfristig wegen einer Unstimmigkeit mit dem Veranstalter vor Ort abgesagt wurde.
Bis zum Saisonende findet nun aber immerhin nahezu jeden Monat mindestens ein, im August sogar gleich zwei Rennen statt. Die Überbrückung nach dem Saisonstart in Suzuka zum zweiten Lauf in Autopolis fiel dennoch langatmig aus, denn nennenswerte Neuigkeiten gab es keine. Interessant wurde es erst letzte Woche, als die Super Taikyu auf dem neuen Kurs in Inje (Südkorea) gastierte. Ironischerweise zelebrierte die Serie auf der von „Autopia“ in „Inje Speedium“ umbenannten Strecke ihren Saisonstart, nachdem dieser im April im Sportsland Sugo wegen schwerer Schneefälle abgesagt werden musste. Die Strecke in Inje wird auch als Austragungsort für den fünften Saisonlauf der Super Formula im August dienen, weshalb selbstredend eine Delegation der JRP (Japan Race Promotion) dem Super-Taikyu-Event beiwohnte. Der erste Eindruck des Inje Speedium ist positiv. Da die Super Taikyu die allererste Rennserie auf der Strecke war, war der Asphalt noch entsprechend „grün“, sprich sehr rutschig. Die erste Resonanz der Piloten war allerdings durchweg positiv. Das Interesse der Zuschauer vor Ort war hingegen noch relativ verhalten. Die Tribünen waren relativ leer und die Fans beim Pitwalk konnte man wohl auch allesamt einzeln per Handschlag begrüßen. Dabei darf man allerdings nicht vergessen: Korea ist, ganz im Gegensatz zu Japan, keine Motorsportnation. Eine „Motorsportkultur“ muss dementsprechend erst aufgebaut werden.
Dies geschieht nicht über Nacht und gewiss auch nicht, wenn man, wie etwa die Grand-Prix-Bahn, direkt im Sumpf im Nirgendwo baut und hofft, irgendwann eine kleine Stadt mit Hochhäusern um den Kurs zu errichten. Das Inje Speedium ist hingegen schön in die Natur eingebunden und liegt knapp zwei Autostunden von der Hauptstadt Seoul entfernt. An der Strecke wird es zudem einen Auto-Theme-Park geben, der die „Motorsportkultur“ weiter fördern könnte. Hotelräume und Meeting-Säle werden das Angebot rund um die Strecke abrunden. Die Hotels haben selbstredend den Vorteil, dass Zuschauer von weiter weg direkt an der Strecke übernachten könnten. Die Chancen für eine rosige Zukunft sind also gegeben, vorausgesetzt (internationale) Serien gastieren auch dort. Anfang August soll, sofern sie überhaupt stattfindet, die Asia Le Mans Series in Inje ihren Saisonstart feiern. Am 25. August folgt dann die Super Formula. Laut den JRP-Delegierten wird an der Strecke noch fleißig weitergebaut. Auch die Abnahme durch die FIA stehe noch aus. Die JRP ist sich allerdings sicher, dass dies bis August aber ohne Probleme erfolgen wird. Eine erste Onboard-Runde vom Neuseeländer Jono Lester (Petronas Synthium AMG SLS GT3 in der Super Taikyu) auf dem neuen Kurs findet ihr hier.
Autopolis ist eine Rennstrecke nahe der Kleinstadt Kamitsue (Ōita-Präfektur in Kyūshū), direkt im Nationalpark von Aso Kujiyu. Kamitsue liegt rund 30km nordöstlich von Kumamoto und ist mit 1258 Einwohnern (Stand 2003) relativ klein, was sich wie auch beim Twin Ring Motegi in einer schlechten örtlichen Infrastruktur widerspiegelt. Um die Strecke herum sowie in Kamitsue gibt es nur wenige Hotels, weshalb die Besucher sich auf längere An- und Abfahrten einstellen müssen. Die Situation hatte sich nach der Eröffnung der Strecke 1990 zwar ein wenig gebessert. Das Ziel, die Formel 1 nach Autopolis zu holen, ist den Streckenbetreibern allerdings nie geglückt, obwohl man sogar in den Jahren 1990 und 1991 die Wagen von Benetton als Sponsor verzierte. Als bisher einzige, international sehr große Rennserie fuhr die FIA Sportwagen-Weltmeisterschaft 1991 als finalen Saisonlauf ein 430km-Rennen in Autopolis, das Michael Schumacher und Karl Wendlinger in einem Mercedes-Benz C291 gewannen.
Seitdem machte die Strecke viele finanzielle Krisen durch, bis sie letztlich 2005 von Kawasaki gekauft wurde. Neben der Super Formula sind jährlich auch die Super GT (abgesehen von 2010) sowie der D1 Grand Prix, die Super Taikyu und die MJF Superbike in Autopolis unterwegs. Ähnlich wie in Suzuka haben sich Super Formula sowie die MJF Superbike zusammengeschlossen und tragen einen gemeinsamen Event namens „Super 2 and 4 Race“ aus. Anders als zum Saisonstart ist neben der JB1000- auch die ST600-Klasse der MJF Superbike dabei. Die Strecke ähnelt wie viele der japanischen Kurse einer kleinen Achterbahnfahrt, schön eingebettet in die Natur mit einem hübschen Ausblick. 19 Kurven ergeben auf 4,673km 54 technisch anspruchsvolle Runden. Da die Strecke im Hochland der Insel Kyūshū angesiedelt ist, ist die Luft relativ dünn, zudem besitzt die Berg- und Talfahrt Höhenunterschiede von bis zu 52 Metern. Während der erste Teil des Kurses quasi bergab führt, geht es im zweiten Teil wieder etwas hinauf. Die Strecke gilt zudem als sehr reifenmordend.
Aufgrund fehlender Super-Formula-Onboard-Aufnahmen in Autopolis folgt eine Cockpit-Aufnahme von Satoshi Motoyama im Nissan GT-R aus dem Jahr 2009:
Der Charakter der Strecke sollte für die neuen Pneus von Bridgestone eine erste Belastungsprobe sein. In Suzuka fiel der Serien-interne Streckenrekord. Ähnliches ist auch in Autopolis zu erwarten. Gleichzeitig steht hinter der Lebensdauer der Reifen ein großes Fragezeichen. Nach Angaben des Herstellers ist diese ähnlich hoch wie bei den Reifen aus dem Vorjahr. In Suzuka war, trotz der 50km längeren Renndistanz, zumindest kein höherer Verschleiß feststellbar. Nach Angaben von Toyota wird die Rennstrategie eine entscheidende Rolle spielen. Obwohl Autopolis am Ende der 902m langen Start- und Zielgeraden sowie im letzten Sektor zwei gute Überholmöglichkeiten bietet, sind Überholvorgänge eher schwierig. Die technisch-anspruchsvolle Berg- und Talfahrt fordert zudem ihren Tribut, weshalb das „Zurechtlegen“ des Gegners zur Herausforderung wird. Den Teams ist es allerdings möglich, die Strategie entsprechend zu splitten. Eine gute Qualifikation ist fast schon Pflicht. Im letzten Jahr verkorksten sowohl Joao Paulo de Oliveira als auch André Lotterer jene. Das Ergebnis: Der Brasilianer war in einen Startunfall mit Ryo Orime und Koki Saga verwickelt, Lotterer schied hingegen mit einem Aufhängungsschaden aus. Kazuki Nakajima besaß mit Startposition 7 ebenfalls keine gute Ausgangsposition, konnte sich aber insbesondere durch einen starken Schlussspurt noch auf Rang 5 verbessern. Das Rennen gewann hingegen Koudai Tsukakoshi. Takuya Izawa komplettierte den Doppelsieg von Docomo Dandelion Racing. Letzterer ist nicht nur aufgrund seines Auftakterfolgs der heißeste Anwärter auf den Sieg am Sonntag. Izawa wirkt seit dem letzten Jahr wie ausgewechselt und könnte in diesem Jahr seine bisher stärkste Super-Formula-Saison fahren. Koudai Tsukakoshi dürfte dagegen nach dem Wechsel zu seinem alten Team HP Real Racing am Sonntag lediglich Chancen auf die verbleibenden Punkteränge haben.
Neben Titelverteidiger Kazuki Nakajima ist insbesondere auch Tsugio Matsuda ein starker Anwärter auf den Sieg respektive eine Podiumsplatzierung. Der Champion von 2007 und 2008 kommt immer besser in Fahrt und bestritt Ende April in Suzuka sein bisher bestes Rennen nach seinem Comeback im letzten Jahr. Ebenfalls auf der Rechnung haben muss man selbstredend auch Matsudas Teamkollegen Joao Paulo de Oliveira. Inwieweit Takashi Kogure eine Rolle bei der Vergabe der Podiumsplatzierungen spielen wird, ist noch fraglich. In Suzuka (Platz 3) wurde der Nakajima-Racing-Pilot lediglich durch einen technischen Defekt ausgebremst. Ähnlich wie Izawa wirkt Kogure in diesem Jahr wie ausgewechselt und extrem stark. Wie er und sein Team aber in Autopolis mithalten können, wird sich spätestens im Rennen zeigen. Mit einem guten Ergebnis würde der dienstälteste Fahrer im Feld jedenfalls seine Form bestätigen und seine Titelambitionen unterstreichen. Nachdem André Lotterer und Loic Duval aufgrund ihres WEC-Engagements bei Audi den Auftakt in Suzuka auslassen mussten, geben die Champions von 2011 respektive 2009 in Autopolis ihr Saisondebüt. Duval beendete das Rennen im letzten Jahr auf einem sehr guten dritten Platz; Lotterer war zuletzt 2010 in Autopolis siegreich. Team Mugen wird wie bereits zum Saisonstart auch dieses Mal wieder zwei Wagen einsetzen. Teamkollege von Stammfahrer Naoki Yamamoto ist Takashi Kobayashi. Die nahezu komplette mediale Aufmerksamkeit wird hingegen erneut auf Ryo Hirakawa liegen. Die Erwartungen an den von der Presse schon als „Goldjungen“ bezeichneten Rookie, der in Suzuka sein allererstes Super-Formula-Rennen auf einem guten achten Platz beendete, sind hoch.
Für zusätzliche Spannung könnte am Wochenende das Wetter sorgen. Zumindest für Samstag ist für die Qualifikation Regen vorausgesagt, was die Startaufstellung gehörig durcheinanderwürfeln könnte. Die Voraussage für Sonntag ist zwar etwas besser, dennoch könnte das Rennen von vereinzelten, kleineren Regenschauern heimgesucht werden.
TV-Zeiten Autopolis
Wie gehabt muss die mehr oder weniger beliebte Graualternative bemüht werden, um das Rennen am Sonntag zu schauen. J Sports 2 überträgt ab 7:15 Uhr deutscher Zeit. Der Rennstart erfolgt eine halbe Stunde später um 7:45 Uhr.