Die Formel 1 lieferte am Nürburgring ein spannendes Rennen ab. Am Ende konnte Vettel seinen ersten Sieg in Deutschland feiern, doch die Lotus lieferten ihm ein hartes Duell. Leider gab es auch einen verletzen Kameramann.
Zunächst einmal zur durchaus schockierenden Szene des Rennens: Bei einem Boxenstopp von Mark Webber gab es hinten rechts Probleme beim Reifenwechsel. Aufgrund von fehlherhafter Kommunikation innerhalb der Boxencrew wurde Webber von der Box losgelassen, obwohl das Rad noch nicht fest montiert war. Webber fuhr los, das Rad löste sich vom Auto und rollte unkontrolliert durch die Boxengasse. Zwei Kameramänner standen unglücklicherweise in der Rollbahn des Reifens. Einer von beiden sah das Rad kommen, warf seine Kamera weg und konnte sich retten. Unglücklicherweise nutzte das Rad genau diese Kamera als „Sprungschanze“ und traf den zweiten Kameramann Paul Allen.
Dieser blieb zunächst benommen auf dem Boden liegen. Glück im Unglück auf einer Rennstrecke ist natürlich, dass sehr schnell ärztliche Hilfe vor Ort ist. Allen wurde zunächst ins Streckenhospital und dann weiter ins Krankenhaus nach Koblenz gebracht. Durch den Schlag mit dem Reifen erlitt er eine Gehirnerschütterung und mehrere Knochenbrüche, zum Glück jedoch keine schlimmeren Verletzungen. Red Bull zeigte sich nach dem Zwischenfall natürlich schockiert und wurde nach dem Rennen mit einer Geldstrafe von 30.000€ belegt.
Solche Fehlkommunikation an der Box darf natürlich nicht passieren. „Freilaufende“ bzw. fliegende Räder sind immer noch eine der größten Gefahrenquelle überhaupt in der Formel 1. Vielleicht sollte man sich ein System überlegen, wie man beim Boxenstop das Losfahren mit losen Rädern verhindert oder zumindest härtere Strafen ausspricht. Ich halte 30.000€ ehrlich gesagt für einen schlechten Witz. Des Weiteren sollte man erwägen, ob nicht auch Kameramänner feuerfeste Anzüge und sofern möglich einen Helm tragen sollten.
Nach dem Desaster mit dem Reifen konnte man Webber zurückschieben, diesmal das Rad richtig befestigen und so Webber immerhin noch den siebten Platz ermöglichen. Viel besser lief es da für Sebastian Vettel, der seinen ersten Sieg beim Heimrennen feiern konnte. Das war jedoch alles andere als einfach. Der Red Bull ging ganz gut und wie schon in Silverstone hatte man das Gefühl, dass Vettel das Rennen, wenn auch nicht deutlich, kontrollierte. Doch dann kam es zu einer Safety-Car-Phase.
Ausgelöst wurde diese durch einen Marussia, der sich mit einem fulminanten Motorschaden verabschiedete. Das Auto stand zunächst recht gut am Streckenrand geparkt, als jedoch die Marshalls ankamen, um das Auto zu sichern, rollte es einmal zurück über die ganze Strecke, was auch keine ganz ungefährliche Situation war. Die Rennleitung entschied sich daraufhin, das Safety Car auf die Strecke zu schicken. Dadurch wurde Vettels bis dahin herausgefahrener Vorsprung egalisiert. Vettel kam in Runde 41 in die Box und zog die harten Reifen auf um durchzufahren. Zu diesem Zeitpunkt hatte sich Lotus direkt hinter Vettel liegend dazu entschieden, die Strategien zu splitten.
Grosjean war in der 40. Runde reinkommen und Räikkönen drehte zunächst vorne recht einsam seine Runden. Räikkönen hätte 35 Runden auf den harten Reifen durchfahren müssen. Der Lotus kam mit den neuen Reifen recht gut zurecht, speziell mit der härteren Mischung. Doch für 35 Runden war man selbst bei Lotus nicht mutig genug und entschied sich Räikkönen elf Runden vor Schluss reinzuholen, um ihm weiche Reifen für einen letzten Angriff auf Vettel zu geben, da Grosjean der Undercut bei seinem früheren Stopp nicht gelungen war und er so keine Chance hatte, an Vettel vorbeizukommen. Räikkönen schaffte es erst in der letzten Runde ins DRS-Fenster und konnte Vettel so leider nicht mehr ernsthaft attackieren, was sicherlich ein spannendes Duell geworden wäre.
Der Taktiksplit von Lotus war eine gute Idee, doch ich frage mich immer noch, ob man es nicht mit 13 Sekunden Vorsprung elf Runden vor Schluss hätte riskieren können, Räikkönen draußen zu lassen. Dass man sich dagegen entschied, lag wohl sowohl an den schlechten Erfahrungen mit den Pirellis sowie daran, dass man mit Raikönnen nur in zwei Kurven Funkverkehr aufnehmen konnte. Dennoch zeigt die Formkurve von Lotus auch dank der geänderten Reifen nach oben. Vettel baute durch den Rennsieg seine Führung in der WM weiter aus.
Vettels härtester Konkurrent, Fernando Alonso, fuhr ein sehr unauffälliges Rennen, man wählte bei Ferrari jedoch einen interessanten taktischen Kniff. Alonso startete von Rang 8 und nahm die harten Reifen mit und konnte somit einen langen ersten Stint hinlegen. Doch die Peformance der Reifen war nicht ganz so gut, wie man bei Ferrari erwartet hatte. Als man Alonso gegen Ende des Rennen nochmal reinholte, um ihm die weichen Reifen zu geben, sah es so aus, als könnte er Grosjean noch überholen, aber am Ende klappte das dann doch nicht ganz. Dennoch muss man festhalten, dass Ferrari den Speed von Lotus und Red Bull nicht ganz mitgehen konnte. Für Alonsos Teamkollegen Massa war der Arbeitstag nach einem Dreher früh im Rennen schnell beendet.
Für Mercedes war das Heimrennen mal abgesehen von der Pole durch Hamilton ziemlich enttäuschend. Erst verspekulierte man sich im Qualifying, wodurch Rosberg in Q2 hängenblieb, im Rennen wurde man mal wieder böse von den Reifenproblemen erwischt. Bei heißen Temperaturen hat der Mercedes einfach große Probleme mit den Reifen, die man wohl auch nicht in den Griff bekommt. Am Ende kam Hamilton auf Platz 5 und Rosberg auf Platz 9.
Einen Lichtblick gab es im Rennen Mclaren, die mit Button auf Platz 6 und Perez auf Platz 8 beide Piloten in die Punkte brachten und das jeweils auf einer 2-Stopp-Strategie. Es wäre für Button wohl sogar noch Platz 5 drin gewesen, doch er verlor beim Überrunden der Caterhams in den letzen Runden einige wichtige Sekunden, sodass er Hamilton nicht mehr angreifen konnte.
Bei Force India fragt man sich, wo der Speed hin ist. Keiner der beiden Piloten kam in die Punkte, da hilft auch die Entschuldigung, dass das Safety Car ihnen die Strategie verhagelte, nicht viel weiter. Es fehlte an diesem Wochenende einfach der Speed. Bei Sauber gibt es in sportlicher Hinsicht immerhin die erfreuliche Nachricht, dass Hülkenberg einen Punkt holen konnte. Doch heute kamen auf Twitter erste Gerüchte auf, dass Hülkenbergs Management wegen ausstehender Gehaltszahlungen den Vertrag mit Sauber aufgelöst habe. Hülkenberg wird aber wohl zunächst beim Team bleiben, bis sich für ihn ein freies Cockpit ergibt.
Toro Rosso hatte ein enttäuschendes Wochenende, Vergne musste sein Auto abstellen, Ricciardo wurde nur 12. Die Williams sind immer noch verdammt langsam, und das Duell im Hinterfeld konnten die Caterham-Piloten für sich entscheiden. Weiter geht es in zwei Wochen mit der vermutlich nächsten Hitzeschlacht in Ungarn.
Fotos: RedBull, Mercedes, Force India, Lotus, Mclaren
6 Kommentare
Das Zusammentreffen von Reifen und Kameramann in der Boxengasse war meines Wissens der erste derartige Vorfall. Man sollte jetzt nicht überreagieren und die Kameramänner in Helme etc. zwingen. Die Fahrt mit dem Auto zum Arbeitsplatz ist immer noch gefährlicher.
Man könnte das aber zum Anlass nehmen, darüber nachzudenken, ob der Motorsport diese künstlichen Boxenstopps überhaupt braucht. Wenn ein Großteil der Spannung aus mehr oder weniger schnell abbauenden Reifen und ständigen Stopps kommt, ist irgendwas grundverkehrt. Ein Satz Reifen, den sich die Fahrer wie früher gut einteilen müssen … man nenne mich Nostalgiker, aber das wäre ein Schritt in Richtung richtiger Motorsport Dann noch das lächerliche DRS abschaffen, und die F1 wäre wieder satisfaktionsfähig.
Es gab vor 1 oder 2 Jahren bei Rosberg einen ganz ähnlichen Vorfall, wo ein Rad auch außer Kontrolle durch die halbe Boxengasse rollte und hochkatapultiert wurde, damals (galub ich) glücklicherweise blos niemanden traf. Helme, wie geschrieben nur so weit es geht, Helme behindern die Kameramänner sicherlich auch bei Ihrer Arbeit. Allerdings halte ich ehrlich gesagt feuerfeste Anzüge für fast unerlässlich, es ist zwar lange nix mehr passiert, aber der Teufel ist ein Eichhörnchen. In le Mans müssen alle Leute in der Boxengasse komplettes Sicherheitsequipment tragen, dort sind es aber auch weitaus mehr. Naja das Problem des eventuell nicht festen Rads bleibt ja auch bei weniger Boxenstopps, die Wahrscheinlichkeit, dass es passiert, wird nur geringer ;)
Für jeden losen Reifen sollte man erhebliche Ownerpoints-Strafen aussprechen, äh Konstrukteures-WM-Stand-Strafen. Ernsthaft. Vor allem, 30.000 für was? Dafür das Webber noch wichtige Punkte für die Konstrukteurs-WM einfuhr? Dafür, dass die Crew von Webber bereits zum 2. mal schlampig arbeitete dieses Jahr? In Malaysia (oder wars China?) fuhr er ebenfalls nach einem Boxenstop als 3. Rad durch die Gegend.
Der besagte Rosberg-Vorfall verletzte übrigens einen Williams-Angestellten, da das ausgerechnet in einer SC Phase mit viel Traffic in der Box passierte!
Wurde nicht sogar ein Force India von dem Reifen auch noch getroffen, das weiß ich jetzt aber nicht sicher…
@SpeedWriter33: Sie sind nicht zufällig Chef einer Motorsportzeitschrift?
@ xeniC:
Nein, leider nicht.
Aber wie kommen Sie zu diesem Verdacht?
In Le Mans sind Helme für alle Journalisten Pflicht, nachdem mal einer von bei einem Vorfall mal schwer verletzt wurde. Warum sollte das nicht in der F1 gehen? Das aber ein Journalist getroffen wurde, ist auch nur Zufall. Da laufen normalerweise auch andere Menschen zwischen den Boxen und den Boxenmauer hin und her. Die Frage ist eher, wie man solche Vorfälle in Zukunft vermeiden kann. Bei der NASCAR stehen Offizielle neben den Autos und zählen die Radmutter und wehe es fehlt eine. Die F1 will technologisch an der Spitze stehen, aber ein System, dass ein Auto erst dann weiterfahren lässt, wenn alle Reifen sicher aufgezogen sind, gibt es es nicht. Kann aber eigentlich nicht so schwer sein, sollte sich doch mit Sensoren und Kontakten erledigen lassen.
@ Speedwriter33: Nur so ;-). Klang ein wenig nach „unvermeidbarer“ Unfall ;-). Aber ich bin still. Jetzt.
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