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NASCAR: Analyse New Hampshire Juli 2013

von KristianStooss
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Das Rennen in New Hampshire war definitiv besser als erwartet, was zum einen an den diversen Zwistigkeiten auf der Strecke lag. Zum anderen verfolgte Tony Stewart eine mehr als gewagte Benzinstrategie, welche den Weg für einen Außenseitersieg ebnete. So fuhr schließlich der Teilzeitpilot Brian Vickers in die Victory-Lane.

Brian_Vickers_Loudon_Lobster_Victory_Lane_71413_NSCSWer hätte schon damit gerechnet, dass Brian Vickers am Sonntag in die Victory-Lane fährt? *räusper* Ich, denn der (noch) Teilzeitfahrer von Michael Waltrip Racing stand in der Vorschau als Dark-Horse auf meiner Favoritenliste. Auf den Shorttracks muss man ganz einfach mit Vickers rechnen, welcher in der Schlussphase eine sehr überzeugende Vorstellung bot. In Martinsville und Bristol lieferte er bei seinen Gasteinsätzen stets gute Resultate ab. Spätestens mit diesem Erfolg hat Brian sich für einen Vollzeiteinsatz im nächsten Jahr empfohlen, wenn Mark Martin das Cockpit der #55 abgeben wird. Diese Übernahme kann als nahezu sicher angesehen werden, immerhin äußerte sich Teamchef Michael Waltrip zuletzt schon entsprechend. Im Folgenden wollen wir uns anschauen, warum Brian das Rennen gewonnen hat und zusätzlich die kleinen Privatfehden des NASCAR-Wochenendes beleuchten.

Die 300 und eine Meile schlugen schon extrem früh eine turbulente Richtung ein, weil bei Joey Logano bereits in Runde 5 ein Reifen explodierte. Weil das natürlich nicht aufgrund von erhöhtem Verschleiß geschehen sein konnte, muss wohl ein Materialfehler vermutet werden. Diese Caution sollte auch nicht die einzige bleiben, im Verlauf des Rennens kam es insgesamt deren zwölf. In Umlauf 15 bekam Marcos Ambrose von Kevin Harvick die Quittung für sein angeblich zu hartes Racing, was in der Folge auch den unschuldig verwickelten Piloten Casey Mears und AJ Allmendinger ondulierte Autos bescherte. So richtig die feine englische Art war das Revanchemanöver von Harvick dann irgendwie auch nicht: Sich erst aufregen, dass zu früh zu hart gefahren wird und dann direkt mal Unbeteiligten den ganzen Tag ruinieren.

Auch nach der anfänglichen Aufregung hatte das Rennen überhaupt keine Chance, in einen vernünftigen Rhythmus zu kommen, weil NASCAR ständig wegen Debris die gelbe Flagge herausholte. Bis weit in das letzte Renndrittel hinein folgte spätestens nach 50 Runden die jeweils nächste Caution. Zwischenzeitlich platzte zu allem Überfluss bei Denny Hamlin zum x-ten Mal in den letzten paar Rennen ein Reifen, was seine eh schon sehr geringen Chase-Ambitionen nun endgültig zu begraben droht.

Durch die vielen Gelbphasen wechselte bei den Boxenstopps aufgrund unterschiedlicher Reifenstrategien auch gerne mal die Führung, obwohl es mit insgesamt nur zehn Wechseln unter lediglich sechs Fahrer doch recht übersichtlich blieb. Kurt Busch (102), Tony Stewart (84), Kyle Busch (53), Matt Kenseth (33), Brian Vickers (16) und Brad Keselowski (14) teilten die (aufgrund einer Green-White-Checkered-Verlängerung) 302 Runden unter sich auf. Wer vorne liegend an der Box die falsche Strategie verfolgte, dem drohte entweder der Verlust von äußerst wichtiger Track-Position oder ein konkurrenzloses Fahrzeug auf alten Reifen, mit dem sich die Spitzenposition nicht verteidigen ließ.

Das beste Beispiel für die erste Variante lieferte Kurt Busch ab, der über das konstanteste Auto im Feld verfügte und endlich die langersehnten Früchte in Form eines Sieges einholen wollte, nachdem er in den letzten Rennen schon durch die Bank weg an der Spitze des Feldes zu sehen war. Das Team der #78 traf zu Beginn des letzten Renndrittels aber die falsche Entscheidung und nahm im Gegensatz zum Rest der nur einseitig neu bereiften Meute gleich vier frische Pneus mit auf die Reise. Das Resultat: Kurt verschwand im Mittelfeld, wo mit harten Bandagen gekämpft wurde.

Nicht mal 20 Runden später kam es dann für ihn zu einem klassischen Rennunfall mit Beteiligung von Matt Kenseth und einem laut Kyle Busch nicht ganz unschuldigen Ryan Newman. Das ist jetzt noch nett formuliert, denn während Kurt anschließend keine Schuldzuweisungen unternehmen wollte, wich sein jüngerer Bruder auf Beleidigungen aus. Da Newman bereits zurückfeuerte, sollte man ihn und die Busch-Brüder in den nächsten Wochen genau im Auge behalten.

Probleme mit kaltverformtem Blech bekam später auch Danica Patrick, die am Sonntag gleich zwei Gelbphasen auslöste. Erst drehte sie sich ohne Fremdbeteiligung in Turn 2 und anschließend räumte Danica ausgerechnet Ricky Stenhouse Jr. sowie Travis Kvapil ab. Der Vollständigkeit der Vorfälle halber: Die vorletzte Caution kam gut 40 Runden vor Schluss unter Beteiligung von Jeff Gordon und Paul Menard zustande. Beide Piloten konnten das Rennen jedoch anschließend noch in der Führungsrunde beenden.

So viel zu den diversen Scharmützeln auf der Strecke. Schauen wir uns nun noch an, warum Brian Vickers das Rennen gewinnen konnte: Nachdem Kurt Busch aus der Entscheidung gefallen war, übernahm vorne Tony Stewart das Kommando, verzichtete jedoch im Nachgang des Führungswechsels auf weitere Tankstopps. Bei mehr als 90 noch zu fahrenden Runden stellte dies aufgrund des wesentlich kleineren Benzinfensters eine nicht haltbare Strategie dar. Smoke probierte es trotzdem und kam zu jedermanns Erstaunen tatsächlich 301 Runden weit. Dumm nur, dass drei Umläufe vor Schluss noch etwas Debris auf der Strecke gefunden wurde und das Rennen auf – für Stewart unhaltbare – 302 Runden verlängert wurde.

Die engsten Verfolger von Tony Stewart lauteten Brian Vickers und Kyle Busch, die jeweils in den beiden Cautions nach dem Stewart-Stopp noch einmal zum Nachfassen kamen und trotzdem ihre Track-Position halten konnten. Warum man bei der #14 nicht auch einen Tankstopp einlegte, fragte sich wohl jeder Beobachter. Dass es ging, machten Vickers und Busch doch vor. Für diese beiden Piloten war somit schon während des finalen Stints die Bahn nach vorne frei. Vickers überholte einen benzinsparenden Stewart in Umlauf 287, während Kyle ein bisschen Pech mit der Abstimmung des Autos hatte. Die #18 war lediglich auf den Short-Runs extrem überzeugend, sobald aber das Rennen nach einem Restart ein paar Runden lief, war Busch machtlos. Dass er die sehr späte Caution nicht besser nutzen konnte, kam dann allerdings doch sehr überraschend.

So gewann schließlich Brian Vickers das Rennen, allerdings war das kein zufälliger Glücksgriff. In jeder Woche hat die #55 das Potenzial, am Ende ganz oben zu stehen und Vickers agierte den gesamten Nachmittag über souverän und fuhr den Sieg unter hohem Druck von z.B. Kyle Busch heraus, speziell als plötzlich eine Verlängerung anstand. Von daher: Hut ab! Hinter Vickers und Busch klassifizierten sich Jeff Burton, Brad Keselowski und Aric Almirola. Vor allem Burton und Almirola können ein solch gutes Ergebnis für ihre eigene Motivation sicherlich gut gebrauchen. Die Top 10 komplettierten unterdessen Jimmie Johnson, Kevin Harvick, Carl Edwards, Matt Kenseth sowie Jeff Gordon.

Die gesamten offiziellen Ergebnisse können hier inklusive weiterer Statistiken noch einmal bei Jayski.com nachgeschaut werden. Zum Abschluss folgt wie gewohnt die Übersicht zu den Punkteständen bei den Fahrern und in der Owner-Wertung (Achtung: Alles PDF-Dateien!).

Am nächsten Wochenende macht der Sprint Cup seine zweite und letzte Pause für dieses Jahr. Zeit also, vor dem Brickyard 400 in Indianapolis und dem nahenden Chase noch einmal durchzuschnaufen.

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