In Pocono fand am Sonntag ein Rennen statt, das aufgrund vieler Vorfälle spannender ausfiel als zunächst erwartet. Neun Cautions sorgten dafür, dass sich das Feld nie zu weit auseinanderzog. Dazu kamen ein nervenaufreibendes Finale sowie Crashes einiger hochkarätiger Piloten. Am Ende holte sich Kasey Kahne nach einem sauberen Kampf gegen Jeff Gordon seinen zweiten Saisonerfolg.
Eigentlich sollte der Sieger Jimmie Johnson lauten, doch dieser wurde das Opfer seiner Goodyear-Reifen. Gegen Rennmitte machte sein rechter Vorderreifen schlapp und beförderte die #48 in Runde 78 unsanft in die Außenmauer. Bis dahin hatte Johnson immerhin satte 43 Führungsumläufe in den Asphalt gebrannt und war der große Favorit. Zur Schadensbegrenzung legte man bei Hendrick Motorsports daraufhin einen sagenhaften Sportsgeist an den Tag und brachte Johnson in der Führungsrunde ins Ziel. Überraschenderweise konnte der fünfmalige Champion in der Meisterschaft sogar noch zwei Pünktchen auf seinen direkten Verfolger Clint Bowyer herausfahren, weil sich dieser direkt hinter Jimmie (ohne Führungskilometer) die karierte Flagge abholte.
Nach diesem Vorfall war der Weg frei für Kasey Kahne und Brad Keselowski, welche sich als die aussichtsreichsten Nachfolger des dominanten Johnson herausstellten. Keselowskis Team pokerte später leider in der Boxengasse falsch und schickte den amtierenden Meister mit vier neuen Reifen zurück ins Renngeschehen, während die Konkurrenz sich nur zwei frische Pneus abholte. Zwar brachte Bad Brad später noch einen versöhnlichen sechsten Rang ins Ziel, doch der Sieg war in unerreichbare Ferne gerückt. Darum stritten sich in der Schlussphase nämlich die drei verbliebenen Hendrick-Teamkollegen:
Nach den letzten Boxenstopps unter grüner Flagge um Runde 135 lag wieder Kasey Kahne in Führung, der schnell Gesellschaft in Person seiner Mitstreiter Jeff Gordon und Dale Earnhardt Jr. bekam. Wer hätte vor dem Rennen schon geglaubt, dass plötzlich drei Hendrick-Chevrolets an der Spitze des Feldes liegen würden und Jimmie Johnson wäre keiner davon? Ungefähr 15 Umläufe hielt diese Paradefahrt an und Kahne schien mit sieben Sekunden Vorsprung bei noch zehn zu fahrenden Runden quasi enteilt. In Umlauf 150 von 160 fanden die NASCAR-Offiziellen dann allerdings Debris auf der Ideallinie und lösten folgerichtig eine weitere Caution aus.
Jetzt ging es eigentlich nur noch darum, wer denn den besseren Restart erwischen und zudem das schnellere Auto auf dem letzten Short-Run besitzen würde. Jeff Gordon reagierte besser und holte sich Kasey Kahne auf der Innenbahn. Schnell hatte er sich einen kleinen Vorsprung erarbeitet und setzte zum ersten und so dringend benötigten Saisonsieg an – zudem noch an seinem 42. Geburtstag. Doch wer glaubte, hier war das Rennen nun entschieden, der irrte gewaltig: Matt Kenseth bugsierte sich und seinen Gibbs-Toyota drei Runden vor Schluss zum dritten Mal in die Schlagzeilen (dazu gleich mehr), als er in Turn 2 einen Dreher hinlegte und daher die letzte Gelbphase des Tages ausgerufen werden musste.
Der entscheidende Restart zwei Umläufe vor dem Ende begann also mit umgedrehten Vorzeichen, da nun Jeff Gordon vor Kasey Kahne den Takt angeben musste. Gordon war eigentlich schlau genug, die für ihn zuvor erfolgreiche Innenbahn zu wählen, allerdings hatte er nicht mit der Entschlossenheit von Kahne gerechnet. In einem wahnsinnigen Manöver schob die #5 sich im sehr schwierigen Tunnel-Turn bzw. Turn 2 AUSSEN an der #24 vorbei. Dabei sah es wirklich aus, als wenn Kahne überhaupt nicht vom Gas gegangen wäre. Gordon war wohl derart perplex, dass er schnell noch weiteren Boden auf seinen Teamkollegen verlor und die Entscheidung somit gefallen war.
Für Kasey Kahne bedeutet der zweite Saisonsieg die fast sichere Chase-Qualifikation, denn zumindest per Wildcard sollte er jetzt über sehr gute Chancen verfügen, würde er denn aus den Top10 herausfallen. Das ist jetzt nicht ganz so unwahrscheinlich wie man zunächst denkt, da Kahne als Achter lediglich 18 Punkte Vorsprung auf den Cut besitzt.
Schade ist es für Jeff Gordon, der sicherlich gerne seinen ersten Saisonerfolg gefeiert hätte und das nicht hauptsächlich wegen seines Geburtstags: Zwar brachte ihn sein zweiter Platz auf Rang 9 in der Meisterschaft, aber ohne Sieg sind die acht Punkte Vorsprung auf den Cut natürlich wahnsinnig gefährlich. Entweder Gordon gewinnt demnächst oder er bleibt zumindest konstant am Ball. Ansonsten darf Jeff nach Richmond zuschauen, wenn der neue Champion ermittelt wird.
Hinter dem Hendrick-Duo positionierte sich ein wieder mal sehr stark auffahrender Kurt Busch, der derzeit bei seinem Farmteam Furniture Row Racing das eigentliche Mutterschiff von Richard Childress Racing gewaltig auf Trab sowie deutlich auf Distanz hält. Für die Chase-Qualifikation könnte auch Busch endlich einen – inzwischen sehr verdienten – Sieg gebrauchen. In der Fahrerwertung liegt er nämlich nur auf Rang 13, hinter dem ebenfalls noch sieglosen Brad Keselowski und vor Martin Truex J.r, der momentan die zweite Wildcard nach Tony Stewart besetzt. Auch hier kommt es derzeit jede Woche zu Verschiebungen.
Die Top7 sind weiterhin ziemlich safe, lediglich Matt Kenseth ist mit 44 Zählern Vorsprung etwas zurückgefallen. Das lag wohl an seinem katastrophalen Tag, welcher schon in Runde 1, Turn 1 begann. Juan Pablo Montoya wurde beim Rennstart von hinten angeschoben und kam deshalb etwas ungestüm in die erste Kurve gefahren, wo er neben Kenseth auch noch Ricky Stenhouse Jr. das Rennen versaute. Kenseth machte danach noch mit einer zu spät abgesessenen Durchfahrtsstrafe von sich reden, weshalb ihn die NASCAR-Offiziellen sogar kurzzeitig von der Zeitnahme ausschlossen. Seine verlorene Runde bekam Matt jedoch anschließend durch einen Lucky-Dog zurück. Der letzte Incident mit „Mad Kansas“ war dann die bereits erwähnte, finale Caution drei Umläufe vor Schluss. Kein guter Tag also für den meiner Meinung nach größten Johnson-Konkurrenten in diesem Jahr.
Weitere nennenswerte Zwischenfälle:
– Danica Patrick und ihr mittlerweile ja schon „persönlicher Freund“ Travis Kvapil trafen sich mal wieder auf der Strecke. Patrick wurde im side-by-side loose und kassierte bei ihrem Dreher noch das RCR-Duo Jeff Burton und Paul Menard. Schade, denn sie lag in Reichweite eines Top20-Resultats. Es war aber ein ganz normaler Rennunfall.
– Pechvogel Denny Hamlin erlebte durch einen weiteren Reifenschaden das dritte DNF der letzten fünf Rennen. Ich weiß nicht, ob vielleicht Goodyear eine Wette platziert hat, wann Hamlin sich den Rest der Saison frei nimmt, um seine anhaltenden Rückenschmerzen ärztlich behandeln bzw. operieren zu lassen? Auf jeden Fall ist der Chase für ihn nun außerhalb realistischer Reichweite: Bis zu Rang 20 müsste Denny 118 Punkte aufholen und dabei noch mindestens zwei Siege in den verbleibenden fünf Rennen einfahren. Ja ne, is klar…
Der Vollständigkeit halber kurz noch zum Endergebnis: Die Top5 komplettierten hinter dem Führungstrio Ryan Newman und Dale Earnhardt Jr. Ein Top10-Resultat ließen sich Brad Keselowski, Joey Logano, Kyle Busch, Tony Stewart sowie Greg Biffle gutschreiben.
Die gesamten offiziellen Ergebnisse können hier inklusive weiterer Statistiken noch einmal bei Jayski.com nachgeschaut werden. Zum Abschluss folgt wie gewohnt die Übersicht zu den Punkteständen bei den Fahrern und in der Owner-Wertung (Achtung: Alles PDF-Dateien!).