Der Titelverteidiger ist zurück: Am vergangenen Sonntag meldete sich Kazuki Nakajima mit seinem allerersten Sieg auf dem Twin Ring Motegi eindrucksvoll im Meisterschaftskampf zurück. In einem für Motegi typisch statischen, zu Beginn aber sehr wilden Rennen verdrängte Nakajima seinen Teamkollegen André Lotterer sowie den Franzosen Loic Duval auf die weiteren Podiumsplätze.
Den Grundstein für seinen Erfolg legte Kazuki Nakajma bereits in der Qualifikation am Samstag. Diese wurde, anders als bei den bisherigen Rennen in diesem Jahr, nicht im normalerweise üblichen, dreiteiligen KO-Format ausgetragen. Stattdessen gab es eine einzige, 20-minütige Session mit allen Fahrern. Die acht schnellsten Fahrer qualifizierten sich dabei für das anschließende Einzelzeitfahren. In diesem „Special Stage“ genannten zweiten Teil brannte Kazuki Nakajima mit 1:32.839 eine Fabelzeit in den Asphalt. Da das Überholen aufgrund der Streckencharakteristik des Twin Ring Motegi nur schwer möglich ist, war die erste Pole-Position des Jahres für den Titelverteidiger Gold wert. Loic Duval positionierte seinen gelben Boliden auf dem zweiten Rang. Joao Paulo de Oliveira fuhr die drittschnellste Zeit und ließ damit Yuji Kunimoto sowie André Lotterer auf den Plätzen Vier und Fünf hinter sich.
Für Kunimoto war es nach Fuji (Startplatz Zwei) erneut ein hervorragendes Qualifying. Ähnlich dem Lauf auf dem Fuji Speedway konnte der Cerumo-Pilot im Rennen allerdings nicht ganz den Speed seiner direkten Konkurrenten mitgehen. Am Ende reichte es dennoch zu einem für ihn und das Team guten sechsten Platz. Aufgrund der wenigen Überholmöglichkeiten war bereits im Vorfeld klar, dass Kazuki Nakajima das Startduell gegen Duval gewinnen musste, um seine Chancen auf den Rennsieg zu wahren. Bereits im ersten Freien Training kristallisierte sich nämlich heraus, dass erneut die Top-Favoriten (Lotterer, Duval sowie JP de Oliveira) den Ton angeben würden. In der morgendlichen Trainingseinheit am Sonntag hatten die Fahrer jedoch mit veränderten Streckenbedingungen zu kämpfen. Nakajima verriet im Sieger-Interview nach dem Rennen beispielsweise, dass er mit der Balance seines Wagens überhaupt nicht zufrieden war und einige wichtige Änderungen vorgenommen wurden. Ähnliche Aussagen trafen auch André Lotterer sowie Loic Duval. Joao Paulo de Oliveira hatte hingegen mit anderen Problemen zu kämpfen: Aufgrund eines technischen Defekts musste der Brasilianer relativ früh seinen Impul-Boliden abstellen, womit ihm wertvolle Trainingszeit verloren ging.
Eine wilde Startphase des 52-Runden-Rennens war programmiert, als sich pünktlich beim Kommando zum Anlassen der Motoren — angesagt durch den ehemaligen schwedischen Formel-1-Fahrer Stefan Johansson — der Himmel über dem „Zwillingsring“ öffnete und es leicht zu regnen anfing. Da zu diesem Zeitpunkt keine Reifenwechsel auf dem Grid erlaubt waren, konnte kein Team das Risiko eingehen undeventuell mit Intermediate-Reifen starten. Allerdings war zu diesem Zeitpunkt auch klar, dass wenn die Regenintensität nicht zunehmen würde, die Strecke bei 32 Grad Asphalttemperatur nur minimal nass und relativ schnell wieder abtrocknen würde. Für die Fahrer bedeutete dies eine wilde wie auch rutschige Anfangsphase auf Slicks – eine Aufgabe, die sie bereits im letzten Jahr am Fuji Speedway sowie vor wenigen Monaten in Autopolis zu bewältigen hatten. Bei solchen Bedingungen glänzen insbesondere André Lotterer sowie Loic Duval. Duval war es beispielsweise, der trotz des Regens beim zweiten Saisonrennen in Autopolis auf Slicks startete und nach wenigen Runden das Feld anführte, weil seine Konkurrenten wieder von den Intermediates auf die Trockenreifen umrüsten mussten.
Einen besonders guten Start legte André Lotterer hin. Der Champion von 2011 krallte sich bereits in der ersten Kurve Yuji Kunimoto und legte sich anschließend Joao Paulo de Oliveira sowie Loic Duval zurecht. Letzteren überholte der Duisburger gleich in der dritten Kurve, als Duval aufgrund des Regens leicht ins Rutschen geriet. Die Chance nutzt auch Joao Paulo de Oliveira. Sein Triumph über den Franzosen hielt allerdings nur kurz an, als dieser nach der ersten Unterführung konterte. Dahinter entbrannte ein Zweikampf zwischen dem Meisterschaftsdritten Naoki Yamamoto und Takuya Izawa. Yamamoto konnte zwar vor Izawa bleiben, kam allerdings bei der Anfahrt auf die drittletzte Kurve leicht ins Rutschen, weshalb der Vize-Champion des vergangenen Jahres innen durchschlüpfte. Yamamoto gab allerdings nicht auf und blies direkt bei der Anfahrt auf die vorletzte Kurve zum Angriff, wo es zur Berührung zwischen den beiden kam. Das Ende vom Lied: Izawa rutschte mit einem verbogenen Heckflügel ins Kiesbett, während Naoki Yamamoto trotz Beschädigung weiterfahren konnte. Am Ende reichte es für den Mugen-Fahrer lediglich für den achten und damit den letzten Punkterang. Für Takuya Izawa war es nach Autopolis hingegen der zweite unverschuldete Ausfall in diesem Jahr. Die Kollision zwischen den beiden kann als Rennunfall abgestempelt werden. Izawa ließ innen eine kleine Lücke offen, in die Yamamoto hineinstach. Hinzu kam die nasse Fahrbahn. Für Izawa ist es jedoch besonders ärgerlich. Denn mit dem zweiten „Nuller“ in diesem Jahr rücken seine Meisterschaftsambitionen weiter in die Ferne. Für Yamamoto war es nach dem vierten Platz in Suzuka sowie zwei dritten Plätzen in Autopolis und Fuji das schlechteste Resultat in dieser Saison.
Während vorne André Lotterer den Führenden Kazuki Nakajima jagte, ereignete sich in der vierten Runde im hinteren Feld erneut eine Karambolage. Beim Anbremsen auf die erste Unterführung verlor Koki Saga die Kontrolle über seinen Boliden, wodurch er mit Hironobu Yasuda kollidierte. Ähnlich dem Yamamoto/Izawa-Vorfall konnte Saga trotz Beschädigung weiterfahren, während für Yasuda das Rennen im Kiesbett endete. Auch bei diesem Zwischenfall kann von einem Rennunfall gesprochen werden. Besonders ärgerlich: Saga hatte zu diesem Zeitpunkt ganze sieben Positionen gut gemacht, was für ihn und sein Hinterbänkler-Team zu einem der besten Ergebnisse hätte führen können. Einen weiteren Zwischenfall gab es zwischen dem zweiten Mugen-Piloten Takashi Kobayashi und Kohei Hirate, als sich Hirate im Getümmel der Startphase den Frontflügel leicht beschädigte und anschließend im zwölften Umlauf letztlich austauschen ließ.
An der Spitze jagte Lotterer hingegen seinen Teamkollegen Kazuki Nakajima. Der Deutsche schien mit den feuchten Streckenbedingungen deutlich besser zurechtzukommen, während Nakajima sichtliche Mühe hatte, den Abstand nicht unter eine Sekunde fallen zu lassen. Loic Duval befand sich direkt hinter den beiden Tom’s-Fahrzeugen, während Joao Paulo de Oliveira bereits relativ früh nicht den Speed der Top-3 gehen konnte und diese dementsprechend ziehen lassen musste. So schnell der wenige Regen kam, so schnell verschwand er auch wieder. Ab der zehnten Runde war die Strecke komplett abgetrocknet, wodurch sich Nakajima erstmals etwas von Lotterer absetzte. Eine ausgezeichnete Anfangsphase legte Rookie Ryo Hirakawa hin. Der letztjährige japanische Formel-3-Meister war nach seinem 13. Startplatz in der Qualifikation sichtlich enttäuscht, katapultierte sich in den ersten Runden aber bereits auf die siebte Position. Auf dieser sollte er das Rennen dann auch beenden. Damit bestätigte Hirakawa sein bisher bestes Saisonergebnis (ebenfalls Rang Sieben in Autopolis). Gleichzeitig bedeutet dies, dass er, abgesehen von Fuji, bei bisher jedem Rennen in dieser Saison punkten konnte. Das große Talent des 19-jährigen Japaners scheint auch im Ausland bereits Anklang gefunden zu haben. IndyCar-Teambesitzer Dale Coyne bestätigte vor kurzem, dass es Pläne gäbe, Hirakawa einen IndyCar-Test am 21. August in Sonoma zu ermöglichen. Tatsächlich könnte Hirakawa sogar schon eine Woche später, am 25. August, sein USA-Renndebüt auf der kalifornischen Rennstrecke geben. Eigentlich war an jenem Wochenende das Super-Formula-Rennen in Inje, Südkorea, geplant. Da dieses aber bekanntlich abgesagt wurde (wir berichteten), mehrten sich die Gerüchte im IndyCar-Fahrerlager vergangenes Wochenende in Mid-Ohio, dass Hirakawa bereits beim nächsten Lauf in Sonoma für Dale Coyne ein Gastspiel geben könnte.
Kurz vor der Halbzeit begann letztlich die zu erwartende, statische Phase des Rennens. Nakajima baute den Vorsprung auf seine beiden Verfolger bis zur 29. Runde sukzessive auf über 4,7 Sekunden aus, während im Mittelfeld bereits die ersten Boxenstopps absolviert wurden, wobei kein Fahrer sich für einen „Gamble“ entschied und lediglich die Vorder- respektive Hinterreifen wechselte. Für ein Ausrufezeichen sorgte Richard Bradley, der bis zu seinem Stopp auf Position Zwölf im Klassement auftauchte. Da die Betankung bei seiner KCMG-Crew allerdings länger als bei der Konkurrenz dauerte, wurde er anschließend wieder nach hinten durchgereicht – am Ende reichte es zu einem für das sich normalerweise auf den letzten Plätzen tummelnde Team relativ soliden 14. Rang. Die Boxenstopps der Spitzengruppe eröffneten André Lotterer (Standzeit 15,6 Sekunden) sowie Loic Duval (Standzeit 15,1 Sekunden) in der 34. respektive 35. Runde. Zwei Umläufe später steuerte Kazuki Nakajima seine Mannschaft zum Service an. Obwohl es kurzzeitig beim Festziehen des rechten Vorderreifens klemmte, fertigten die Tom’s-Mechaniker den Titelverteidiger in 15,8 Sekunden ab, weshalb er die Führung vor Lotterer und Duval behauptete. Deutlich spannender ging es hingegen im direkten Duell um Position Fünf zwischen Yuji Kunimoto und Takashi Kogure zu, deren Abstand vor den Stopps lediglich rund 1,5 Sekunden betrug. Im 38. Umlauf steuerte zunächst Takashi Kogure seine Nakajima-Racing-Mannschaft an, die ihn nach 15,7 Sekunden wieder auf die Strecke ließ. Bereits eine Runde später folgte Kunimoto, dessen Stopp mit 17 Sekunden jedoch deutlich länger dauerte. Zwar kam Kunimoto direkt vor seinem Konkurrenten wieder auf die Strecke. Weil Reifenwärmer in der Super Formula allerdings verboten sind, hatte Kogure den Vorteil der bereits aufgewärmten Pneus. Dies nutzt er und attackierte Kunimoto erfolgreich in Kurve Zwei. Im Schlepptau befand sich Ryo Hirakawa, der bereits in der 17. Runde stoppte. Trotz des Einsatzes des Zusatz-Boosts durch den Overtake-Button blieb Hirakawa aber hinter Kunimoto.
In der Spitzengruppe hielt Kazuki Nakajima den Abstand zu seinem Teamkollegen André Lotterer konstant zwischen 2 und 4 Sekunden. Lediglich wenige Runden vor Schluss, als er Probleme mit dem Überrundungsverkehr bekam, konnte Lotterer den Abstand auf unter zwei Sekunden reduzieren. Nakajima ließ sich davon allerdings nicht beeindrucken, behielt die Ruhe und überquerte letztlich erstmals in dieser Saison vor André Lotterer und Loic Duval als Erster die Ziellinie. Zugleich war es Nakajimas Premierensieg auf dem Twin Ring Motegi sowie der erste Triumph eines japanischen Piloten auf Hondas Haus- und Teststrecke seit Takashi Kogure im Jahr 2009. Joao Paulo de Oliveira sowie Takashi Kogure komplettierten die Top 5, während die verbliebenen Punkteränge an Yuji Kunimoto, Ryo Hirakawa und Naoki Yamamoto gingen. Trotz einer sehr guten Leistung im Rennen verfehlte Koudai Tsukakoshi auf Platz Neun erneut nur knapp die Punkteränge, holte allerdings das Maximum aus dem Wagen heraus – mehr scheint für HP Real Racing derzeit nicht möglich.
Kazuki Nakajimas Comeback auf die Siegerstraße erfolgte zum richtigen Zeitpunkt. Nach einem enttäuschenden fünften Platz zum Saisonstart in Suzuka sowie dem zwölften Platz in Autopolis (nach Kollision) und dem achten Rang in Fuji schien die Titelverteidigung in weiter Ferne. Mit der Pole-Position (ein Bonuspunkt) und dem Sieg (zehn Punkte) am vergangenen Wochenende katapultierte sich der ehemalige Formel-1-Fahrer nun mit 16 Punkten auf den vierten Platz in der Meisterschaft. Zwar sind es noch immer 13 Punkte Rückstand auf seinen Teamkollegen André Lotterer. Wie so häufig erwähnt wird dieser wie auch Loic Duval aufgrund seines WEC-Engagements bei Audi jedoch nicht am Finale in Suzuka teilnehmen. Dadurch ist für die weiteren Titelaspiranten noch alles offen, sofern es Lotterer nicht gelingt, vor dem letzten Rennen mit mindestens 16 Punkten (bei Gleichstand würde dann die Anzahl der einzelnen Rennsiege entscheiden) respektive 17 Zählern die Tabelle anzuführen. Grund hierfür ist, dass der letzte Lauf in Suzuka in zwei Sprintrennen unterteilt wird, in denen jeweils die Hälfte der üblichen Meisterschaftszähler vergeben wird. Die Ausnahme stellen dabei die Punkte für den Sieger dar, der pro Sprint acht Punkte (fünf plus drei Bonuspunkte) erhält. Dadurch sind zum Finale maximal 16 Meisterschaftszähler möglich.
Mann der Stunde bleibt jedoch zunächst André Lotterer (zwei Siege, ein zweiter Platz in den vergangenen drei Rennen). Der Duisburger führt in der Meisterschaft nun mit 29 Punkten vor Loic Duval (20 Punkte) und Naoki Yamamoto (18 Punkte). Gleich dahinter teilen sich Kazuki Nakajima und Joao Paulo de Oliveira den vierten Rang mit 16 Zählern. Takuya Izawa (15 Punkte), Tsugio Matsuda (12 Punkte) und Takashi Kogure (10 Punkte) komplettieren die Top-8. Matsuda erlebte in Motegi ein unglückliches Wochenende, als er direkt am Start den Motor abwürgte und erst mit Sekundenrückstand dem Feld hinterherjagte. Am Ende erreichte er dank seiner Aufholjagd zwar noch den 13. Platz, trat die Heimreise jedoch wie bereits beim vergangenen Rennen am Fuße des Fuji-san ohne Punkte auf dem Konto an. Ohne einen größeren Patzer der direkten Konkurrenten scheinen Matsuda und Kogure somit aus dem Meisterschaftsrennen ausgeschieden zu sein.
Wie es allerdings in der Super Formula weitergeht, ist fraglich. Nach der Absage des Rennens in Inje (Korea) fehlt der Serie die fünfte Saisonstation, was sich selbstredend auf den Meisterschaftskampf auswirkt. Hiroshi Shirai (Präsident der JRP) verkündete auf einer Pressekonferenz in Motegi jedoch, dass man weiterhin fieberhaft nach einem etwaigen Ersatzrennen suche. Anders als bei Absagen nach Naturkatastrophen (dies war aufgrund eines Taifuns zuletzt im September 2011 der Fall), die in die Kategorie „höhere Gewalt“ fallen und in der Regel nicht nachgeholt werden, hat die Super Formula nach Aussage von Hiroshi Shirai die Aufgabe, das abgesagte Korea-Rennen zu ersetzen. Zusätzlich wird die Super Formula durch den Weltmotorsportverband FIA sanktioniert, in deren Kalender sieben Saisonrennen eingetragen sind. Ein Status quo, der mit der Ausnahme von Naturkatastrophen und dergleichen eingehalten werden soll. Gleichzeitig wäre man dies den Fans sowie allen Beteiligten schuldig, schließlich fahre man eine in diesem Jahr sieben Rennen umfassende Meisterschaft aus, so Hiroshi Shirai. Nach Angaben des JRP-Präsidenten soll, sofern ein geeigneter Termin gefunden wird, das Ersatzrennen noch vor dem Saisonfinale am 10. November in Suzuka stattfinden. Aufgrund der Zwangspause findet das nächste reguläre Super-Formula-Rennen demnach erst am 29. September auf der wunderschönen Naturrennstrecke im Sportsland Sugo statt. Im letzten Jahr gewann dort im strömenden Regen Takuya Izawa.
Rennergebnis Round 4 Twin Ring Motegi
Aktueller Meisterschaftsstand
Aktuelle Team-Wertung
Ebenfalls in Motegi im Gepäck hatte die Super Formula den neuen SF14-Boliden von Dallara, der im Vorfeld bei weiteren Testfahrten erprobt wurde. Neben Kazuki Nakajima und Takuya Izawa war erstmals auch André Lotterer im neuen Wagen unterwegs. In einem offiziellen Interview sprach er über einige sehr interessante Details des Boliden: