Kein Regen, wenig Spannung an der Spitze und alles lief für Vettel. Der GP von Belgien in Spa war für viele Teams eine Enttäuschung.
Besser hätte es für Sebastian Vettel in Spa nicht laufen können. Die Gegner hatten sich teilweise mit der Abstimmung verzockt, ein Hauptkonkurrent fiel gleich ganz aus und hinter ihm nahmen sich die Gegner die Punkte gegenseitig weg. Bei noch acht zu fahrenden Rennen hat der Deutsche nun 46 Punkte Vorsprung. Das ist zwar noch aufzuholen, aber wenn Red Bull in Spa schon so schnell ist, wer soll das Team dann noch stoppen? Die Gegner haben die Hoffnung dennoch nicht aufgegeben und bauen vor allem auf die beiden folgenden Rennen.
Wir hatten im Podcast schon gesagt, dass die ersten drei Rennen nach der Sommerpause vermutlich über die WM in diesem Jahr entscheiden werden. Und es sieht ganz so aus, als ob sich Red Bull das auch gedacht hat, denn das Team zeigte bei trockenen Verhältnissen in Spa eine Pace, an die kein anderes Team herankam. Zeitweilig konnte Vettel seinen Gegnern eine Sekunde pro Runde abnehmen und man hatte nicht das Gefühl, dass er sich dabei auch noch besonders anstrengen musste. Sein Start/Ziel-Sieg war mit einer Leichtigkeit herausgefahren, wie man es lange nicht mehr gesehen hat.
Ein wenig Glück hatte der Deutsche allerdings. Man hatte auf eine Abstimmung mit wenig Abtrieb gesetzt, was den RB9 zu einem der schnellsten Fahrzeuge auf der langen Vollgasstrecke zwischen La Source bis zum Ende der Kemmel-Geraden machte. Auf der anderen Seite wäre diese Abstimmung für Misch- und Regenverhältnisse nicht gut gewesen. Und genau auf eine solche Abstimmung hatte Mercedes gebaut. Man hatte die Flügel etwas höher gestellt, die Dämpfer vermutlich etwas weicher, was dazu führte, dass der Mercedes im Rennen zu den langsamsten Autos in Sachen Topspeed gehörte. So war es kein Wunder, dass Vettel und Alonso an den beiden Silberpfeilen vorbei ziehen konnten. Hamilton und Rosberg blieb nichts anderes übrig, als im Rennen Schadensbegrenzung zu betreiben, was ihnen auch gut gelang.
Denn von hinten übte nur Mark Webber auf Nico Rosberg Druck aus, aber der Australier hatte nicht den Speed seines Teamkollegen. Das mag daran gelegen haben, dass Webber vielleicht auf eine etwas andere Abstimmung gesetzt hatte, oder daran, dass der Red Bull im Verkehr bekanntermaßen nicht so gut geht. Es ist schon ein paar Mal auffällig gewesen, dass der RB9 seine Stärken nur dann zeigen kann, wenn er vorne in „clean air“ fährt. Liegt er in einer Kampfgruppe, fällt es beiden Fahrern schwer, nach vorne zu kommen.
Für Mercedes gab es also nur Ferrari als Gegner und die waren zumindest mit Fernando Alonso überraschend stark. Den Grundstein für seinen zweiten Platz hatte der Spanier schon am Start gelegt, als er von P9 auf P5 vorstoßen konnte. Dann zeigte Alonso, dass die Arbeit am Ferrari über den Sommer wohl nicht ganz umsonst war. In schneller Folge schnappte er sich Button, Rosberg und Hamilton und lag nach dem ersten Stint nur knapp fünf Sekunden hinter Vettel. An diesem Punkt sah es so aus, als könne Ferrari ein wenig Druck ausüben, aber Vettel stellte mit einer Serie von schnellen Runden schnell klar, wer in Belgien die Nase vorne haben würde. Wenn man sich die Rundenzeiten genau anschaut und analysiert, sieht man, dass Vettel mit den frischen neuen Reifen deutlich schneller war:
Vettel (Stopp Runde 14)
2:07.144, 1:52.804, 1:53.091, 1:52.915, 1:53.138, 1:52.996, 1:53.022, 1:53.090 (Runde 22)
Alonso (Stopp Runde 13, ich lass die Out-Lap weg)
1:53.905, 1:53.289, 1:53.943, 1:53.559, 1:53.181, 1:53.309, 1:53.358, 1:53.369 (Runde 22)
Es fehlten also rund vier Zehntel pro Runde, was bei einer Strecke mit einer Länge von sieben Kilometern vielleicht nach nicht so viel klingt, aber am Ende entscheidend war, dass Vettel sich absetzen konnte. Nach dem zweiten Stopp klafften die Zeiten noch weiter auseinander. Während Vettel nach dem Wechsel auf die „Hard“-Mischung in seinem letzten Stint in insgesamt vier Runden eine Zeit von unter 1.51 min fahren konnte, gelang Alonso das nicht ein Mal. Was zeigt, dass der Ferrari immer noch Probleme mit den harten Reifen hat und die Reifen insgesamt nur langsam auf Temperatur bringt. Das kühle Wetter in Spa dürfte den Italienern auch nicht geholfen haben.
Vorne blieb es auch ruhig, weil Lotus in Spa ein rabenschwarzes Wochenende hatte. In der Quali konnte man sich zwar noch vor Ferrari platzieren, im Rennen kam man aber keinen Schritt vorwärts. Kimi Räikkönen kämpfte stark und zeigte mal wieder ein paar interessante Überholmanöver, aber sein Wagen war einfach zu langsam. Ob Lotus auch auf eine Regenabstimmung gesetzt hatte, war nicht so klar festzustellen. Es kann auch einfach sein, dass der Lotus nicht schneller konnte. Das Bremsversagen am Auto des Finnen kam auch nicht gerade zu einem guten Zeitpunkt, aber nach 38 Zielankünften hintereinander kann man Lotus sicher keinen Vorwurf machen.
Lotus wird auch nachrüsten, und zwar richtig. Für Monza hat man quasi ein B-Chassis angekündigt, das über einen längeren Radstand verfügt. Man hat wohl die Aufhängungspunkte am Monocoque versetzt, um mehr Spielraum bei der Abstimmung zu haben. Die Sache war nicht billig, denn dafür mussten die FIA-Crashtests neu gemacht werden. Das Problem ist jetzt, dass der Punkteabstand von Räikkönen zu Vettel schon so groß ist, dass er allerhöchstens mit einer Siegesserie noch Weltmeister werden kann. Für Lotus war der Ausflug nach Belgien also eher unschön.
Für McLaren hingegen nicht. Der sechste Platz von Button ist jetzt auch weit von dem entfernt, was man sich beim Team sonst so erwartet, aber für diese Saison war es ein echtes Highlight. In den ersten Runden nach dem Start schaffte es Button sogar, auf P3 zu liegen, und durch seinen längeren ersten Stint lag er sogar für ein paar Runden in Führung. So gut war man in diesem Jahr noch nie unterwegs, was auch zeigen könnte, dass die letzten Updates dann doch funktioniert haben. Es wäre dem Team zu wünschen, dass man für die restlichen Rennen der Saison noch ein Podium anvisieren könnte.
Zweiter Mann des Rennens war Daniel Ricciardo, der von Startplatz 19 noch in die Punkte fahren konnte. Da die Kameras sein Rennen nicht eingefangen hatten, musste ich ein wenig in die Zahlen steigen, um zu sehen, was genau da passiert ist. Klar ist, dass er Chilton, Pic, Bianchi und van der Garde leicht hinter sich lassen konnte, was ihn allerdings zunächst nur auf P16, hinter seinen Teamkollegen spülte. Dort steckte er lange fest, da man ihn aber etwas später stoppen ließ (Runde 16), gelang ihm ein erster Schritt nach vorne. Entschieden wurde sein Rennen aber zwischen seinen Boxenstopps, denn hier gelang es ihm, die beiden Sauber und seinen Teamkollegen zu überholen. Durch den Ausfall von Paul di Resta wurde er dann in die Punkte gespült.
Aber das ist genau das, was man bei Red Bull sehen will: Einen Fahrer, der auch aus einer schlechten Situation mit einem nicht so guten Auto das Maximum rausholen kann. Zwar bestreiten Horner und Marko weiterhin jede Verpflichtung, aber Mark Webber sagte gegenüber unserem Kolumnisten James Allen vor dem Start des Rennens:
„The decision is made. We all know who it is. I’m happy with that decision. It’s good for him and it’s good for Australia.“
(Die Entscheidung ist getroffen. Wir wissen alle, wer es ist. Ich freue mich über diese Entscheidung. Es ist gut für ihn und es ist gut für Australien)
Ein ebenfalls gutes Rennen legten Sutil und beide Sauber hin. Zwar kam Sauber nicht in die Punkte, aber die Form scheint doch ansteigend zu sein. Jedenfalls war man lange in der Lage, um P10 herum mitfahren zu können. Sutil musste sich regelrecht durchbeißen, aber dem Deutschen gelang es, zwei wichtige Punkte für Force India zu holen.
In der WM spricht nun alles für Vettel. Noch nie hatte der Weltmeister zu diesem Zeitpunkt in einer Saison einen so großen Vorsprung. Und mit Suzuka, Korea, Indien und Austin kommen noch mindestens vier Strecken, auf denen Vettel sehr große Siegchancen haben sollte. Monza, Singapur, Abu Dhabi und Brasilien könnten eher Mercedes oder Ferrari liegen. Da aber die Konkurrenz sich vermutlich die Punkte gegenseitig wegnimmt, wird Vettel seinen Vorsprung, vorausgesetzt er fällt nicht zweimal aus, lange verteidigen können.
Vettel 197
Alonso 151
Hamilton 139
Räikkönen 134
Als nächstes Rennen steht die Höchstgeschwindkeitsorgie in Monza auf dem Programm.
1 Kommentare
In Spa sind zwei unterschiedliche Setups – mit mehr und weniger Downforce – denkbar, die im Trockenen zur theoretisch gleichen Rundenzeit führen.
Die Variante mit weniger Downforce führt zu besserem Topspeed zwischen La Source und Les Combes sowie zwischen Stavelot und der neuen Bus-Stop. Mit dieser Variante kann im Rennen gut überholt werden. Sie wird üblicherweise im Spa eingesetzt.
Die Variante mit mehr Downforce führt zu einer besseren Zeit in der Bergab Passage von Malmedy bis Stavelot. Diese Variante wird im Regen von Vorteil sein, ich würde jedoch nicht von einem Regen-Setup sprechen. Zusätzlich kann diese Variante bei Teams von Vorteil sein, die mit einem erhöhten Reifenverschleiß zu kämpfen haben. Mehr Abtrieb führt zu weniger Rutschen und somit zu weniger Reifenverschleiß. Von daher kann ich die Wahl von MGP nachvollziehen.
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