In einem turbulenten Rennen konnte sich Will Power seinen ersten Sieg in dieser IndyCar-Saison sichern. Sieben Gelbphasen zeugen von vielen Unfällen auf der Strecke, die größte Aufregung gab es aber in der Boxengasse.
Ungefähr ab Runde 30 zeichnete sich ein Kampf zwischen Will Power und Scott Dixon um den Sieg ab. Eine besondere Brisanz bekam das Duell durch die Tatsache, dass Dixon der gefährlichste Verfolger von Powers Teamkollegen Helio Castroneves in der Meisterschaft ist. Castroneves hatte einige Probleme im Rennen und kam nur auf Platz 7 ins Ziel. In der virtuellen Meisterschaftswertung lag Dixon dadurch zeitweise nur noch sechs Punkte hinter ihm.
In Runde 64 fuhren Dixon und Power auf den Plätzen 1 und 2 liegend zu ihrem letzten Stopp in die Boxengasse. Die beiden Boxen lagen dabei direkt hintereinander. Als Dixon losfuhr, kollidierte er mit dem Mechaniker, der Powers rechtes Hinterrad zur Boxenmauer trug. Dieser stürzte auf einen weiteren Kollegen, aber alle blieben mehr oder weniger unverletzt. Für diese „Pit Safety Infraction“ bekam Dixon in Runde 70 eine Drive-Trough-Penalty aufgebrummt und damit war der Sieg dahin. Am Ende rettete er sich auf Platz 15.
Bei Chip Ganassi Racing war man natürlich ziemlich sauer. Sowohl Dixon als auch sein Rennstratege gingen von einer Absicht des Penske-Mechanikers aus. Auch die Kommentatoren bei NBC-Sports teilten diese Ansicht. Tim Cindric, Präsident von Penske Racing, hat gestern allerdings nochmals bestätigt, dass das Verhalten des Mechanikers, auch nach Vergleich der Boxenstopps in Mid-Ohio mit denen in Sonoma, absolut normal war. Von einem absichtlichen Behindern bzw. der Provokation der Strafe könne keine Rede sein.
Nach dem Rennen erklärte Rennleiter Beaux Barfield, wie er die Situation gesehen hat. Dixon fuhr demnach durch den Boxenbereich von Power, in dem der Mechaniker seinem gewohnten Ablauf nachging. Durch die Boxenmarkierungen der NASCAR, die für die IndyCar keine Bedeutung haben, und die schwer sichtbaren Markierungen der IndyCar konnte man dies am Fernsehschirm nicht erkennen. Sollte Dixon durch die Box von Power gefahren sein, ist die Strafe natürlich absolut korrekt.
Nachdem Dixon seine Strafe abgesessen hatte, musste sich Will Power beim letzten Restart des Rennens in Runde 80 noch gegen Justin Wilson durchsetzten. Dies gelang ihm und er konnte dann die letzten Runden ungefährdet zum Sieg fahren. In den 17 Saisonrennen gibt es jetzt somit zehn verschiedene Sieger. Das müssen andere Serien der IndyCar erst einmal nachmachen. Während der CART-Saison 2001 gab es elf verschiedene Sieger in 20 Rennen. Diese Marke könnte in diesem Jahr übertroffen werden, denn es gibt mit Marco Andretti und Justin Wilson noch zwei aussichtsreiche Siegkandidaten.
Justin Wilson war auf den langsameren schwarzen Prime-Reifen von Platz 7 aus gestartet. Die zweite Gelbphase ab Runde 7 löste EJ Viso aus, der ihn in Turn 7 umdrehte. Leittragender war auch James Hinchcliffe, der aufgehalten wurde. Diese Caution nutzten Wilson und Hinchcliffe, um auf die deutlich schnelleren roten Option-Reifen zu wechseln. Mit den neuen Reifen waren sie im Vorteil und Wilson konnte in Runde 24, als alle anderen Fahrer auch ihren ersten Boxenstopp absolviert hatten, die Führung übernehmen. Ab Runde 30 hatte er aber mit abbauenden Reifen zu kämpfen und musste in Runde 37 seinen zweiten Stopp absolvieren. Im Feld verlor er Zeit auf Dixon und Power. Ein zweiter Platz ist aber ein hervorragendes Ergebnis und auch die beste Platzierung für ihn und Dale Coyne Racing in diesem Jahr. In Runde 25 gab es eine leichte Berührung zwischen Saavedra und Hinchcliffe, der dabei sein Auto nur mit großer Mühe ohne Dreher auf der Strecke halten konnte. In der Folge verlor er einige Plätze und musste in Runde 31 seinen zweiten Stopp absolvieren. Die folgenden langen Stints kosteten Zeit, sodass er nur auf Platz 8 ins Ziel kam.
Auf Platz 3 kam Dario Franchitti ins Ziel. Er war von Platz 1 ins Rennen gegangen, verlor die Führung aber beim ersten Boxenstopp. In der Folge konnte er sich zwar immer in den Top 5 halten, zu einem Angriff nach vorne fehlte es aber ein wenig an Geschwindigkeit. Für den Schotten ist es das fünfte Top-5-Ergebnis in Serie. Hinter ihm kamen nach recht unauffälligen Rennen Marco Andretti und Simon Pagenaud ins Ziel. Beide bestätigten so wieder ihre große Konstanz was Top-10-Ergebnisse angeht.
Vor Helio Castroneves, der mit einem nicht perfekten Auto zu kämpfen hatte und nur auf Schadensbegrenzung aus war, konnte sich Ryan Hunter-Reay platzieren. Bei Andretti Autosport beging man einen Fehler, als man ihn während der dritten Gelbphase auf Platz 3 liegend nicht mit den anderen Spitzenfahrer zum ersten Stopp in die Box holte. Nach seinem Stopp in Runde 25 fiel er ins Mittelfeld zurück und konnte sich nicht wieder ganz nach vorne fahren. So konnte er nur drei Punkte auf Castroneves gutmachen, was eindeutig zu wenig ist.
Charlie Kimball war von Platz 6 gestartet, drehte sich aber direkt beim Rennstart und würgte dabei den Motor ab (Caution 1). Er verlor eine Runde, konnte sich diese aber mit einem sehr gelungenen Manöver bei einem Restart in Runde 18 zurückholen, in dem er Ryan Hunter-Reay überholte. Leider war er beim letzten Unfall in Turn 7 unschuldig involviert, als Ryan Briscoe ihn von hinten abschoss (Caution 7). Ed Carpenter und Takuma Sato waren weitere Opfer dieser Kollision. Kimball musste den beschädigten Dallara abstellen und so blieb nur Platz 20.
Turn 7, die Spitzkehre am Ende der längsten Geraden, war Schauplatz von insgesamt vier Unfällen und noch vielen kleinen Kollisionen. Neben EJ Viso und Ryan Briscoe räumte dort auch Sebastien Bourdais in Runde 16 Simona de Silvestro und Tony Kanaan in Runde 21 JR Hildebrand ab. Alle Schuldigen durften eine Drive-Through-Penalty aufgrund von „Avoidable Contact“ antreten. Entsprechend war nicht nur das Rennen der meisten Opfer, sondern auch der Täter gelaufen. Simona de Silvestro und Sebastian Bourdais konnten sich immerhin auf die Plätze 9 und 10 vorfahren. Beide zeigten dabei einige schöne Überholmanöver, vor allem in Turn 7.
Graham Rahal konnte sich in der Qualifikation Platz 8 sichern. Nach gutem Start hatte er sich sogar in die Top 6 gefahren. Beim Restart in Runde 18 kollidierte er aber mit Takuma Sato und beide mussten zur Reparatur an die Box. Ohne Rundenverlust, aber am Ende des Feldes nahm Rahal das Rennen wieder auf und konnte sich noch auf Platz 11 bis zum Ende verbessern. Ohne den Unfall wäre eine Top 10 Platzierung möglich gewesen. Bei Takuma Sato musste die rechte Vorderradaufhängung getauscht werden und mit 18 Runden Rückstand blieb wieder nur ein Platz außerhalb der Top 20. Dem Japaner klebt das Pech gerade richtig an den Hacken.
Auf Platz 12 kam Tristan Vautier ins Ziel. Damit ist er zwar weiterhin deutlich schlechter als sein Teamkollege Simon Pagenaud, aber er hat als Rookie auch keinen Unfall gebaut, wie einige seiner viel erfahreneren Mitstreiter. James Davison, Rookie bei Panther Racing, war deutlich auffälliger. Durch sehr gute Runden konnte er sich in der ersten Rennhälfte in die Top 10 vorfahren. Nach seinem zweiten Boxenstopp, bei dem er auf die härteren Option-Reifen wechselte, ging sein Auto nicht mehr so gut. In Runde 81 kollidierte er auch noch mit Sebastian Saavedra vor Turn 9 und mit dem beschädigten Auto konnte er sich nur auf Platz 18 ins Ziel retten. Saavedra hatte in Folge einen heftigen Unfall und musste das Rennen auf Platz 21 liegend beenden.
Lucas Luhr war bei seinem ersten IndyCar-Wochenende immer der langsamste Fahrer. Auf dem Straßenkurs-Antispezialisten Ed Carpenter verlor er aber nur wenige Zehntel Sekunden. Luhr fehlte zum einen einfach Zeit zur Gewöhnung, zum anderen ist Sarah Fisher Racing sicherlich auch kein Topteam. Stammfahrer Josef Newgarden schied mit mechanischem Defekt in Runde 63 (Caution 6) aus, nachdem er durch einen Reparaturstopp zu Beginn des Rennens schon sechs Runden verloren hatte. Mit einem Schaden am Antrieb schied schon James Jakes in Runde 28 (Caution 5) aus. Luhr zeigte ein eigentlich blitzsauberes Rennen und hielt sich aus allen Scharmützeln raus. In Runde 81 musste aber auch seinen Dallara mit technischem Defekt abstellen.
Das ganze Ergebnis findet man hier auf der Seite der IndyCar Series.
In der Meisterschaft führt weiterhin Helio Castroneves (479 Punkte) vor Scott Dixon (440). Die Strafe hat ihn mächtig Punkte gekostet und wird wahrscheinlich noch für viel Gesprächsstoff sorgen. Auf Platz 3 folgt Titelverteidiger Ryan Hunter-Reay (417), der nur magere drei Punkte gutmachen konnte. Marco Andretti (409) verteidigt weiterhin Platz 4 vor Simon Pagenaud (380) Dahinter folgen ganz knapp Dario Franchitti (379) und Justin Wilson (361). Mit seinem ersten Saisonsieg konnte sich Will Power (356) auf Platz 8 vor James Hinchcliffe (350) und Charlie Kimball (335) verbessern.
Auf der Statistikseite der IndyCar findet man die komplette Meisterschaftswertung, sowie die getrennten Wertungen für Straßen- und Ovalkurse.
Weiter im Kalender der IndyCar Series geht es schon am nächsten Wochenende mit dem Grand Prix of Baltimore.