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WEC: Vorschau Interlagos / Reflektionen: Le Mans mit Michelin / ALMS: Vorschau Baltimore

von StefanTegethoff
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P1130241aFast zweieinhalb Monate lang war es ruhig um die Langstrecken-Weltmeisterschaft, nun geht es in den langen Herbst. Interlagos ist erst das vierte von acht Saisonrennen und seit dem tragischen Saisonhighlight war es ruhig um die Serie. Die wenigen News waren selten gut, zumindest soweit es die laufende Saison betrifft. Sowohl Toyota als auch Rebellion Racing und Strakka konzentrieren sich auf die neuen Autos für die Saison 2014 und haben ihre Programme für das aktuelle Jahr gekürzt. Strakka, imerhin bester Privatier bei den 24h von Le Mans, lässt die verbleibenden Rennen ganz aus; Rebellion reduziert sein Engagement auf ein Auto für Prost/Heidfeld/Beche und ist einziger verbliebener Privatier.

Toyota allerdings hat kürzlich überraschend verlautbaren lassen, dass man für Interlagos, wo man auch nur noch ein Auto einsetzen wird, ein Update für den TS030 bringt. Aero-Änderungen sorgen für mehr Downforce und der Antriebsstrang wurde für die anstehenden 6h-„Sprints“ optimiert, nachdem die 24h von Le Mans als längstes Saisonrennen überstanden sind. Getestet wurden die Neuerungen am Lausitzring. Vor einem Jahr hat Toyota in Interlagos den ersten Sieg seit dem Wiedereinstieg einfahren können; diesen Erfolg zu wiederholen wäre ein großer Erfolg, immerhin wäre es auch der erste Sieg in dieser Saison.

Denn in diesem Jahr hat bislang Audi dominiert. Sowohl in Le Mans als auch bei den beiden 6h-Rennen in Silverstone und Spa haben die Ingolstädter keinen Zweifel daran gelassen, dass sie ihren Weltmeistertitel verteidigen wollen, den sie im Vorjahr wohl nur gewinnen konnten, weil Toyota verspätet eingestiegen war. In der Teamwertung steht es nach Le Mans 102:67 für Audi, in der Fahrer-WM liegen McNish/Kristensen/Duval (94 Punkte) vor Fässler/Lotterer/Treluyer (64) und Davidson/Sarrazin/Buemi (63). Diese drei Trios treten auch in Sao Paulo unverändert an.    

In der LMP2 ist ebenfalls vieles beim Alten geblieben: Neun Fahrzeuge (sieben mit Nissan-Motor und die zwei Lotus T128) kabbeln sich in der engen Klasse. Gerade bei den beiden Lotus wird es spannend sein zu sehen, ob sie in der langen Pause einen Sprung machen konnten, nachdem der brandneue Wagen in Spa und Le Mans bereits nicht so schlecht lief. Top-Favoriten in der Klasse dürften wieder Brundle/Pla/Heinemeier-Hansson im Oak-Morgan-Nissan mit der #24 sein.

Ganz neu im WEC-Feld dabei ist der Schwede Björn Wirdheim, den vor allem SuperGT-Fans (und vielleicht auch F1-Fans mit gutem Gedächtnis für Testfahrer) kennen dürften. Wirdheim wurde von Greaves für Interlagos engagiert, denn der bisherige dritte Fahrer, Ricardo Gonzalez, ist neuerdings für Oak Racing im Wagen von Bertrand Baguette und Martin Plowman am Start. Wirdheims Verpflichtung gilt zunächst nur für dieses eine Rennen, doch wenn er sich beweisen kann, könnten weitere Starts folgen.

Sieben Fahrzeuge starten in der GTE-Pro: Die zwei Werks-/Manthey-Porsche 911, zwei Ferrari 458 von AF Corse und drei Aston Martin Vantage, wobei die #98 mit Paul Dalla Lana zwischen den Vollprofi-Lineups wieder etwas aus dem Rahmen fällt. Die Ferraris waren in Le Mans aufgrund einer unfreundlichen Balance of Performance erschreckend chancenlos, darum hat das Endurance Committee von ACO und FIA nachgebessert: Sowohl Porsche als auch Aston Martin müssen mit um 0,3mm verengten Luftmengenbegrenzern antreten. Der in der Vorjahren so starke Ferrari bleibt jedoch weiterhin benachteiligt: Er hat dennoch weiterhin die kleinsten Lufteinlässe, muss als einziger mit dem vorgeschriebenen Mindestgewicht antreten und darf nur einen kleineren Tank einsetzen als die Konkurrenz. Vermutlich wird sich der Kampf um den Sieg also wieder zwischen den Porsches und zwei der drei Aston Martins abspielen.

Für die GTE-Am blieb die Balance of Performance unangetastet; doch in dieser Klasse kommt es ohnehin mehr auf die Fahrer-Zusammensetzung und besonders auf die Fähigkeiten der zwei vorgeschriebenen Gentleman Driver an als auf die schiere Performance des Fahrzeugs. Zu den Favoriten auf den Klassensieg dürften gerade aufgrund der Fahrerpaarungen die Ferraris von AF Corse (Gerber/Griffin/Cioci) und 8Star (Potolicchio/Aguas/Rigon) sowie die Porsche von Proton Competition (Roda/Ried/Ruberti) und IMSA Performance-Porsche (Narac/Vernay/Bourret) gehören.

Im Aston Martin mit der #95 nimmt Nicki Thiim den Platz des in Le Mans verstorbenen Allan Simonsen ein.

Das 6h-Rennen startet am Sonntag um 17 Uhr deutscher Zeit und wird im Livestream auf live.fiawec.com sowie auf MotorsTV übertragen. Eurosport zeigt lediglich eine halbstündige Zusammenfassung am Dienstagmorgen um 9:15 Uhr.

Reflektionen: Le Mans 2013 mit Michelin

P1130207aIch habe mich bislang schwer getan, einen Bericht zu den diesjährigen 24h von Le Mans zu schreiben, bei denen ich auf Einladung von Michelin vor Ort sein durfte. Der Grund dafür ist der Tod von Allan Simonsen. Nun bin ich schon einige Jahre Motorsport-Fan, doch dies war der erste tödliche Unfall, den ich live mitbekommen habe. Von Henry Surtees und Dan Wheldon habe ich erst gehört, nachdem es passiert war, die Rennen selbst habe ich in beiden Fällen nicht live gesehen. 2008 glaubte ich, dass Robert Kubica seinen Unfall in Montreal nicht überlebt haben kann, zum Glück gab es nach relativ kurzer Zeit die Entwarnung. Es ist etwas anderes, einen schweren Unfall live (ob vor Ort oder am TV) zu erleben und dann nach Stunden der Ungewissheit die traurige Nachricht zu hören.

An der Strecke zu sein, macht das Ganze vermutlich noch einmal schwieriger. In der Startphase, und damit auch zum Zeitpunkt des Unfalls, saß ich auf der Haupttribüne und konnte das Geschehen auf der Großbildleinwand verfolgen. Während der Gelbphase machte ich mich auf den Weg zur Michelin Hospitality; es gab die Meldung, Simonsen sei ansprechbar, was mich etwas erleichterte, doch insgesamt blieb es still. Die schlechte Nachricht erreichte mich über das Handy, als ich gerade nach zwei wunderschönen Runden über die Rennstrecke aus dem Hubschrauber ausgestiegen war. Auf dem Rückweg aufs Streckengelände begegnete man vielen bitter dreinschauenden Gesichtern.

P1130307aVon dem Zeitpunkt an ist es selbstverständlich schwierig, so ein Rennwochenende noch wirklich zu genießen. Der Kampf um die Sieg muss in Gesprächen immer wieder der Ursachenforschung weichen, schließlich ist in so einer Situation ein großes Bedürfnis vorhanden zu verstehen, was da eigentlich passiert ist und wie es dazu kommen konnte. Nach Mitternacht kam ich in der Michelin-Hospitality mit einem britischen Gast ins Gespräch; er sprach von Schuldgefühlen und ich konnte sie nachvollziehen. Ich versuche zwar stets die Position zu vertreten, dass Kern des Sports – auch des Motorsports – der Wettbewerb ist und nicht die Show; aber Profi-Sport existiert nun mal, weil es ein Publikum für den Wettbewerb gibt. Und die Zeiten, in denen Menschen zur Unterhaltung eines Publikums sterben müssen, sollten wir eigentlich hinter uns haben.

Die Nacht habe ich – im Gegensatz zum Vorjahr, als ich verschlafen habe – durchgemacht. Erst beim Morgengrauen wird einem so richtig klar, was ein 24h-Rennen bedeutet. Es wird wieder hell – und die fahren immer noch! Regenschauer, lange Gelbphase und die Gedanken über den vergangenen Tag machten die Nacht ungemütlich, dennoch möchte ich die Erfahrung nicht missen. Bei Nacht ist Le Mans noch einmal intensiver und beeindruckender als am Tage, gerade weil man als wach gebliebener Zuschauer auch etwas einsamer ist, da der Großteil der 250.000 Menschen schläft oder feiert.

P1120856aAnders als viele der 250.000 bin ich nach wie vor ein großer Fan der Diesel-LMPs. Gerade der dezentere Sound lässt den Audi viel flinker erscheinen als die Benziner-Konkurrenz. Der Zeitunterschied mag gering sein, doch der Audi scheint – zumindest für mich – mit einem deutlich höheren Tempo durch die Ford-Schikanen (an denen die Hospitalities aufgereiht sind) zu „gleiten“, während der Toyota und alle anderen zwischen den beiden Schikanen noch einmal „träge“ aufs Gas gehen müssen. Das ist selbstverständlich eine Sinnestäuschung, aber für mich funktioniert sie jedes Mal wieder, wenn ich bei einem LMP-Rennen an der Strecke stehe.

Die Arbeit von Michelin – die in diesem Jahr wieder einmal den Großteil der Teams in Le Mans und auch in der WEC beliefern – ist wirklich beeindruckend. 25 Techniker kümmerten sich in diesem Jahr um die Reifen für 37 der 56 Fahrzeuge und beraten die Teams auch. Michelin folgt dem Lebenszyklus jedes Reifens von Anfang bis Ende, auch defekte Reifen werden an der Strecke eingesammelt und analysiert.

P1120801Mit 200.000 Bestandteilen ist ein Rennreifen zwar komplexer als ein Serienreifen, doch die im Rennsport gewonnenen Erkenntnisse werden in die Serie übertragen. Laut Sportchef Pascal Couasnou ist das wichtigste Kriterium bei der Auswahl der Rennserien, die man beliefert, dass eine Relevanz für die Entwicklung der Technologie gegeben ist, die man auch in die Serienfertigung einbringen kann. In diesem Jahr gehörten die profillosen Intermediates zu den augenscheinlichsten Neuerungen: Auch die Teams und Fahrer mussten erst einmal Vertrauen zu diesen Reifen gewinnen, in denen das Wasser durch eine poröse Gummimischung und die Bewegung nach außen gedrängt wird.

Die größten Herausforderungen sind Wettbewerb und Regeländerungen. Wettbewerb fehlt – zumindest in der LMP1 – zurzeit leider, doch auch die Entwicklung der Reifen für die kommende Saison ist ein schwieriges Unterfangen: 2014 werden vergleichbare Belastungen und Kräfte auf schmalere Reifen wirken, sodass auf diesem Gebiet ein Schritt nach vorn gemacht werden muss.

Auch der Marketing-Aufwand, der betrieben wird, ist selbstverständlich groß, gerade in Le Mans. Die neue Anzeigetafel mit dem Michelin-Männchen war 2013 unübersehbar. In den Fachzeitschriften setzt man verstärkt auf „content-haltige“ Anzeigen, die durchaus auch einen Informations- oder Unterhaltungswert haben. So wird zum Beispiel die siegbringende Entscheidung von Audi im Jahr 2011 zum Thema gemacht, als man sich für einen Fünffach-Stint auf einem Reifensatz entschied und so die entscheidenden Sekunden herausfahren konnte. Beiden Hersteller – Audi und Peugeot – wurde von den Reifentechnikern die Möglichkeit aufgezeigt, fünf Stints zu fahren. Nur Audi ergriff die Chance.

P1120767Überhaupt wird das Thema Gleichbehandlung groß geschrieben. Bekanntlich treten die großen Hersteller in der WEC mit unterschiedlichen Reifen an. Doch weder die Reifen selbst, noch die Informationen über sie werden unter Verschluss gehalten. Audi hätte ebenso die Chance, die mit Toyota entwickelten Mischungen zu testen und im Rennen einzusetzen wie auch umgekehrt. Das macht (zumindest aktuell) wenig Sinn, da die Bedürfnisse durch die verschiedenartigen Hybridsysteme sehr unterschiedlich sind, doch zumindest zeigt es, dass es in diesem Teil des Wettbewerbs sehr fair zugeht.

Einen Wettbewerber auf dem Reifensektor würde man bei Michelin dennoch gerne sehen und das wäre auch aus meiner Sicht wünschenswert. In der LMP2 steigt Michelin langsam wieder ein, nachdem im Vorjahr Dunlop Alleinausrüster war. Und leider ist auch in den GT-Klassen nicht mehr die Vielfalt vergangener Jahre vorhanden. Dass sich (fast) alle Teams für einen Hersteller entscheiden, wird seine Gründe haben, doch Konkurrenz belebt das Geschäft und auch den Rennsport.

ALMS: Vorschau Baltimore

Noch weniger Neues als in der WEC gibt es in der American Le Mans Series, die am Wochenende zum dritten Mal die IndyCars auf dem Stadtkurs im Zentrum von Baltimore unterstützt. Die Strecke ist ganz hübsch geworden, auf alle Fälle besser als manche Parkplatz-Kurse, die die ALMS in ihrer Geschichte schon besucht hat. Ob man in diesem Jahr wieder die Schikane auf der Start/Ziel-Geraden nutzen muss, um allzu brutale und gefährliche Sprünge über die Straßenbahn zu vermeiden, oder ob die Situation anderweitig entschärft werden konnte, weiß ich noch nicht.

Der Kampf in der LMP1 dürfte diesmal wenigstens wieder etwas härter werden als in den vergangenen Rennen, denn statt von Paydrivern greifen diesmal wieder Chris Dyson und Guy Smith für Dyson Racing ins Lenkrad. Zwar schienen auch diese beiden im Lola-Mazda dem Muscle Milk-HPD in der ersten Saisonhälfte stets unterlegen zu sein, doch gerade hakelige Stadtkurse wie der in Baltimore sind immer wieder für eine Überraschung gut. Der Delta Wing setzt in Baltimore aus. In der LMP2 wird es den zuletzt meist engen Kampf zwischen den je zwei HPDs von Extreme Speed und Level 5 geben, in der Meisterschaft nach wie vor mit dem Vorteil für Scott Tuckers erfahreneres Level-5-Team.

In der GT-Klasse könnte der Falken-Porsche mal wieder ein Geheimfavorit sein: Für spezielle Bedingungen wie Regen und Stadtkurse scheint Falken ein gutes Händchen bei der Reifenentwicklung zu haben. Doch die Michelin-bereiften Platzhirsche, allen voran Corvette und BMW, werden es Henzler/Sellers im Porsche schwer machen. Inzwischen mischen aber auch die beiden SRT Vipers voll an der Spitze mit – der erste Sieg auf der Road America und die gute Performance auf dem Stadtkurs von Long Beach im Frühling lassen auf ein erfolgreiches Wochenende hoffen.

LMPC und GTC sind wie gewohnt auch dabei, ohne Überraschungen in den Fahrerpaarungen. Das Rennen findet am Samstag statt und startet um 21:45 deutscher Zeit und geht über zwei Stunden. Die Quali beginnt am Freitagabend um 22:30. Beides wird im Livestream übertragen, den es, wie gewohnt, zusammen mit allen anderen wichtigen Infos auf alms.com gibt.

Quelle: Eigene Fotos.

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