Dass Sebastian Vettel den Titel holen würde, daran gab es keinen Zweifel. Und wirklich gefährden konnte ihn auch in Indien niemand.
Vier WM-Titel in vier Jahren – das muss man erst einmal schaffen. Dazu kommen in diesem Jahr alleine zehn Siege aus 16 Rennen, sechs Siege davon in Folge. Vettel und Red Bull dominieren die F1 in diesem Jahr wie Schumacher mit Ferrari in seinen besten Jahren. In den ersten Stunden nach dem WM-Erfolg von Vettel gab es aber auch Stimmen, die meinten, Vettel müsse erst noch beweisen, dass er zu den Allerbesten gehört, indem er mal das Team wechselt. Ich halte das für Quatsch. Senna wurde nur mit McLaren Weltmeister, Häkkinen ebenso. Jim Clark nur mit Lotus. Alles Fahrer, die man zu den besten Piloten ihrer Zeit zählt. Natürlich – der Red Bull ist überlegen, aber man muss auch als Fahrer eine solche Serie hinbekommen. Vettel ist in der Qualifikation fast unschlagbar. Fehler in der Quali bedeuten bei ihm, dass er irgendwo zwei Zehntel liegen lässt. Vettel überfährt das Auto nicht. Ich kann mich nicht daran erinnern, dass er in den letzten Jahren irgendwann mal seinen Wagen im Training oder im Rennen in ein Kiesbett gesetzt hat. Im Rennen ist er fehlerlos, er kommt mit allen Reifen klar. Es gibt keine Klagen über Graining oder Grip. Er nimmt, was er bekommt und macht das Beste draus. Er leistet sich keine Flüchtigkeitsfehler und er verliert nicht den Biss. Nach seinem dritten WM-Titel war er genauso ehrgeizig wie vor seinem ersten Titel.
Aber kommen wir mal zum Rennen, das, mal abgesehen von der Spitze, gar nicht so uninteressant war, weil es die verschiedenen Strategien teilweise unmöglich machten, die spätere Reihenfolge zu erahnen. Etwas überrascht war man über den ultrakurzen Stint von Vettel mit den „Soft“. Da man die Soft, zumindest auf dem Red Bull, wohl nicht lange fahren konnte, entschloss man sich dazu, Vettel in den ersten Runden einfach volles Rohr fahren zu lassen. Man baute, nicht zu Unrecht, darauf, dass der Rest die „Soft“ etwas länger drauf lassen und dementsprechend vorsichtiger agieren würde. Die Strategie war aber nicht ungefährlich. Zum einen fiel Vettel damit ins Mittelfeld zurück, zum anderen gab es da noch Webber, der auf „Medium“ gestartet war und von dem man nicht wusste, wie lange und wie schnell er würde fahren können.
Webber hatte allerdings das Problem, dass er am Start aufgrund seiner Reifen einen Platz verlor und dann nicht überholen konnte, weil alle vor ihm auf „Soft“ waren. Er musste warten, bis die Herren Kollegen an die Box gingen. In der Zwischenzeit hatte sich Vettel durchs Feld gewühlt bzw. wurde nach vorne gespült, weil die anderen zum Reifenwechsel kamen. In dieser wichtigen Phase war Webber nicht in der Lage, den nötigen Vorsprung herauszufahren, mit dem er Vettel hätte unter Druck setzen können. Es fehlten ihm am Ende rund zehn Sekunden, was aber durch seinen Ausfall obsolet wurde. Danach cruiste Vettel ins Ziel, was für den Rest der F1 frustrierend zu sehen sein muss, denn der Deutsche hatte im Ziel 30 Sekunden Vorsprung.
Hinter den Red Bull war es sehr, sehr unübersichtlich. Ein schönes Beispiel sind Rosberg und Hamilton, die nach dem Start noch direkt hintereinander lagen. Im Ziel betrug der Vorsprung von Rosberg aber 22 Sekunden. Wie konnte das passieren? Den ersten Stopp erledigte Rosberg in Runde 7, Hamilton in Runde 8. Rosberg kam in Runde 27 wieder, Hamilton in Runde 30 und beide fuhren dann durch. Der Vorteil lag eigentlich bei Hamilton, weil er gegen Ende die frischeren Reifen hatte. Tatsächlich lagen beide bis zum letzten Stopp eng zusammen, doch Rosberg hatte nach seinem letzten Reifenwechsel das Glück, auf eine freie Strecke zu kommen, Hamilton hing dagegen erst kurz hinter Sutil und dann hinter Massa fest. Am Schluss verlor er noch einen Platz an Sergio Perez, der erstaunlich gut unterwegs war. Immerhin konnte Mercedes mit Rosberg den zweiten Platz sichern.
Der war aber gar nicht so sicher, denn da war der sehr gut aufgelegt Felippe Massa, der ihn immer wieder unter Druck setzen konnte. Noch mehr Ärger drohte aber von Romain Grosjean, der scheinbar aus dem Nichts auftauchte. Lotus hatte sich in der Quali vertan und Grosjean blieb in Q1 hängen. Von P17 gestartet lag er in Runde 5 schon auf P11. Dann profitierte er von den frühen Stopps der anderen und reihte sich auf P4 ein. Sein erster und letzter Stopp folgte dann in Runde 13, der ihn auf P15 zurückwarf. Grosjean fuhr dann ein sehr kluges Rennen. Er blieb geduldig hinter Fernando Alonso und auch Jenson Button und schonte seine Reifen, die immerhin 47 Runden durchhalten mussten. Als alle zum zweiten Stopp kamen, zog Grosjean das Tempo an und offenbar hatten seine Reifen noch genug Leben in sich, um vorne bleiben zu können. Das ist doppelt interessant, weil Räikkönen eine ähnliche Strategie hatte. Er war aber in Runde 7 schon drin und versuchte mit den „Medium“ 53 Runden durchzuhalten. Das gelang nicht, obwohl sich der Finne lange hinter dem Sauber von Hülkenberg anstellte. Als alle Zwei-Stopper an die Box kamen, zog er das Tempo deutlich an, was aber dann natürlich auf Kosten der Reifen ging. Und die brachen dann am Schluss so sehr ein, dass er der berühmte „Sitting Duck“ war. Er kam dann in Runde 58 noch mal rein. Das hatte aber keine weiteren Folgen für seine Position, da der Abstand zu di Resta groß genug war.
Aber warum gelang Grosjean das Kunststück, aufs Podium zu fahren, während Alonso nicht mal Punkte holen konnte? Zum einen lag das am frühen Zwangsstopp des Spaniers, der sich am Start unglücklich den Frontflügel beschädigt hatte, was ihn auf P19 zurückwarf. Dann klemmte er hinter Vergne und kämpfte mit einem Ferrari, der nach den diversen Berührungen nicht mehr komplett in Ordnung war. Erschwerend kam hinzu, dass er die Medium nicht so lange fahren konnte, wie die Lotus-Piloten. Wie schlecht sein Wagen war, sieht man allein daran, dass er in den letzten 20 Runden hinter Daniel Ricciardo steckte und nicht an ihm vorbei kam.
Interessant war auch die Strategie von Force India. Paul di Resta kam schon in der ersten Runde zu einen Stopp. Danach stoppte man noch einmal in Runde 26 und fuhr das Rennen dann zu Ende. Weil der Stopp des Schotten kürzer war als der von Alonso, landete er vor dem Spanier. Sutil startete mit den „Medium“ und kam erst in Runde 41 zu seinem einzigen Stopp. Ihm gelang dann das Kunststück, 19 Runden mit den „Soft“ zu fahren. Am Ende bedeutete dies, dass beide Force India bei ihrem Heim GP in die Punkte kamen, was für die Team-WM sehr wichtig war, da beide Sauber dieses Mal kein Glück hatten. Hülkenberg fiel mit einem Bremsdefekt aus, Guiterrez bremste eine Durchfahrtsstrafe.
Aber am Ende gab es die große Feier nur bei Red Bull und Vettel. Dessen hübsche Donuts vor der Haupttribüne kosteten den Weltmeister am Ende dann tatsächlich noch 25.000 Dollar Strafe. Das dürfte er angesichts seines Erfolges aber verschmerzen können.
Nächste Woche geht es in Abu Dhabi weiter, und in der Team-WM wird es richtig eng. Mehr dazu dann in der Vorschau am Donnerstag.
Mercedes 313
Ferrari 309
Lotus 285
3 Kommentare
Dieser hanebüchene Quatsch von wegen „muss sich noch beweisen“ oder „kann nicht überholen“ oder „ist ja nur das Auto“ ist schon seit geraumster Zeit nicht mehr ernst zu nehmen, und am ehesten als running gag aus der Abteilung „viel Feind, viel Ehr'“ zu bewerten. Die „Grösse“ von Fahrern aus einer anderen Ära ist jenseits von rein statistischen Zahlen natürlich schwer bis unmöglich zu vergleichen. Vettels Problem ist seine spitzbubenhaftige Jugendlichkeit, aufgrund der sich manche Leute dazu verleiten lassen, ihn tendentiell zu unterschätzen. Ich persönlich halte das eher für eines seiner Qualitätsmerkmale. Ob er der „Grösste“ ist (herrje…) weiss ich nicht, das weiss niemand. Aber wer ihm ernsthaft Können absprechen will, der hat meines Erachtens die letzten paar Jahre nicht wirklich aufgepasst, und auch wohl vergessen, was für eine Art Fahrer Vettel selbst in jungen und jüngsten Nachwuchsjahren schon war. Sein Erfolg ist offenkundig kein Zufall, sondern zu ganz beträchtlichen Teilen selbst aufgebaute Leistung aufgrund eigenen Könnens auf manigfaltigen Ebenen.
Re: Hamilton, ich denke der Abstand zu Rosberg kam eventuell durch seinen eher nicht so reifenflüsternden Fahrstil zustande. Er hatte sich ja schon recht bald über totgefahrene Reifen beschwert, da ging dann wohl hintenraus einfach nix mehr.
Re: sonstso, bemerkenswert dünnhäutige Team-interne Reibereien allenorten. Bei Lotus schreien sich Kimi und Team gegenseitig an, bei Ferrari schreien sich Alonso und Team gegenseitig an, Maldonado keinen Bock mehr auf Williams, Maldonados Sponsor keinen Bock mehr auf Maldonado, wackelige Stühle allenorten, usw.usf… mei mei. Silly Soap Opera Season.
Kleiner Hinweis am Rande: Kimi war eine sitzenden Ente, kein sitzender Hund…
Haha… danke, da ich gepennt. Korrigiert.
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