Zum Jahreswechsel schauen die Racingblog-Autoren auf das vergangene Jahr zurück und stellen ihre persönliche Highlights und Enttäuschungen zusammen.
Es war ein Motorsportjahr mit Höhen und Tiefen, in dem sich einige Serien sogar fast komplett aus meinem Blickfeld verabschiedet haben. Von der WTCC habe keine Minute gesehen und von der WEC auch nur ein paar Stunden Le Mans. Die BTCC ist aus Zeitgründen leider zu kurz gekommen und auf einige Rennen der Formel 1 und des Sprint Cups habe ich freiwillig verzichtet. Nur die IndyCar Series habe ich komplett gesehen und so beziehen sich viele Antworten halt auf diese Serie.
Bestes Rennen
Auch ohne das besondere Augenmerk auf die IndyCar kann die Antwort nur „Indianapolis 500“ lauten. Das Rennen stellte neue Rekorde in der Durchschnittsgeschwindigkeit (301,644 km/h) und bei den Führungswechseln (68) auf. Es gab mit Tony Kanaan einen würdigen Sieger, für den sich wirklich jeder gefreut hat, und keinen schweren Unfall. Nur das Finish unter Gelb trübte das sonst perfekte Bild.
Bestes Finish
Ich kann mich nur meinen Kollegen Thomas und Don anschließen. Ganz oben auf diese Liste gehören einfach das Finish der Indy Lights in Indianapolis und das der IndyCar Series in Sao Paulo.
Überholmanöver des Jahres
Ich habe mich nicht für ein einzelnes, sondern für eine Serie von sechs Übermanövern in drei Runden entschieden. Bei den Duals der IndyCar Series in Detroit war an beiden Tagen eigentlich Mike Conway der schnellste Fahrer. Nach einem Boxenstopp unter Gelb lag er beim Restart in Runde 37 nur auf Platz 8, in Runde 40 aber schon wieder an der Spitze des Feldes. Leider ist in den Highlights nur eines dieser Manöver zu finden.
Bester Fahrer
Als erste fielen mir natürlich die Meister der großen Serien ein und sicherlich hätten es Sebastian Vettel, Jimmy Johnson, Yvan Muller oder Scott Dixon verdient, hier alleine oben zu stehen. Ich bin aber eher Fan von Fahrern, die mit unterlegenem Material noch herausragende Ergebnisse erzielen können. In der Formel 1 war es Nico Hülkenberg, im Sprint Cup Kurt Busch und in der IndyCar Series Justin Wilson. Mit seinem kleinen Team von Dale Coyne und ständig wechselnder Teamkollegen konnte er in der Meisterschaft bis zum vorletzten Rennen mit den großen Teams von Ganassi, Penske oder Andretti mithalten. Deshalb ist Justin Wilson mein Fahrer des Jahres.
Bestes Team
Das Red Bull Racing bzw. Hendrick Motorsports der IndyCar Series war wieder einmal Chip Ganassi Racing. Die fünf Meisterschaften in den letzten sechs Jahren zeigen schon die Qualität des Teams. Besonders beeindruckt hat mich in diesem Jahr aber, dass sie nach einem schlechten Saisonstart zum dominierenden Team der zweiten Saisonhälfte wurden.
Feinde/Duell des Jahres
Die Rivalität von Chip Ganassi Racing und Penske Racing ist legendär. Scott Dixon und Will Power haben in diesem Jahr aber einen neuen Höhepunkt erreicht. Es fing in Sonoma an, als im Zweikampf um den Rennsieg Dixon beim Boxenstopp einen Mechaniker von Will Power umfuhr. Der Höhepunkt war der Unfall in Baltimore, als Power Dixon beim Restart in die Mauer drückte. Zum Glück hatte diese Fehde keinen Einfluss auf die Entscheidung in der Meisterschaft.
Szene des Jahres
Ich schließe mich hier Thomas an. Das lange Ausharren im Auto und der komplizierte Ausstieg nach einer guten Stunde von James Hinchcliffe im Baber Motorsport Park sind nicht toppen.
Kostenpunkt des Jahres
Der Kostenpunkt des Jahres ist für mich kein Punkt, sondern eine Gerade, genauer die Start-Ziel-Gerade in Baltimore. Beim Rennen der ALMS hatte sich fast das gesamte GTE-Feld schon beim Rennstart in der improvisierten Schikane verabschiedet. Die Fahrer der IndyCar Series wollten sich natürlich nicht lumpen lassen und produzierten bei fünf Restarts eine Menge Carbonschrott in und vor Kurve 1. Bei Dallara ist man sehr traurig darüber, dass Baltimore für 2014 aus dem Kalender gefallen ist.
Schönster Moment des Jahres
Ganz besonders habe ich mich über die Siege von Tony Kanaan in Indianapolis und der „Oldies“ in Le Mans gefreut. Noch emotionaler war aber der Sieg von Takuma Sato in Long Beach für mich. Ausgerechnet der kleine Japaner konnte dem Team von AJ Foyt, das in den letzten Jahren nur hinterher fuhr, einen Sieg schenken. Dass es der erste Sieg für einen Japaner überhaupt und dann auch noch bei einem der Saisonhöhepunkte war, setzte dem Ganzen nur noch das Sahnehhäubchen auf.
Überraschung des Jahres
Auch in dieser Kategorie hätte Takuma Sato gewinnen können. Ich entscheide mich aber für Dale Coyne Racing, die über die ganze Saison mit Justin Wilson überraschen konnten. Dazu kam dann noch ein sensationelles Wochenende von Mike Conway in Detroit mit Sieg und Platz 3.
Enttäuschung des Jahres
Besonders „meine“ Teams haben in diesem Jahr enttäuscht. Über McLaren brauche ich nichts mehr zu schreiben. Jeder weiß, wie schlecht die Saison war. Aber auch bei Penske Racing lief eine Menge schief. Im Sprint Cup waren Joey Loganos Leistungen in Ordnung, aber Brad Keselowski konnte sich als Meister nicht für den Chase qualifizieren und Sam Hornish jr. hat den Titel in der Nationwide Series verpasst. In der IndyCar Series fuhr Will Power lange hinterher und kam erst in der zweiten Saisonhälfte besser in Schwung und mit Helio Castroneves hat man schon wieder den Titel an den letzten beiden Wochenenden verspielt.
Langweiligstes Rennen
Stellvertretend für eine größere Zahl an langweiligen Rennen im Sprint Cup Jahr wähle ich das zweite Rennen in Talladega aus. Im Vergleich zu vielen anderen Rennen war es zwar in Ordnung, aber gerade bei Talladega im Chase erwartet man einfach mehr. Die letzten Runden im Single-File und das Finish unter Gelb waren nur noch der i-Punkt der Enttäuschung.
Spruch des Jahres
„Beaux needs to be fired. He was a complete idiot today.“
So fasste Scott Dixon seine Meinung zu Rennleiter Beaux Barfield nach dem Grand Prix of Baltimore zusammen. Ich hätte es verstanden, wenn sich die Aussage auf die improvisierte Schikane auf der Start-Ziel-Geraden bezogen hätte. Das Festhalten an den Double-File-Restart, trotz mehrfachen Unfällen in Kurve 1, hätte die Aussage verdient gehabt. Auch die Drive-Through-Penalty für Will Power, der schon einige Runden Rückstand nach dem Unfall hatte, war mehr als lächerlich. Scott Dixon war aber sauer darüber, dass sein beschädigter Dallara nicht wieder an die Box gebracht wurde. Dass ein Auto, das nicht aus eigener Kraft zur Box kommt, nicht dahin abgeschleppt wird, ist aber in fast allen Serien der Weld üblich und sicher nicht die Schuld der Rennleitung.
Racecontrol-Moment des Jahres
Und noch einmal kommt der Grand Prix of Baltimore zu seinem Recht. Eigentlich war es ja nicht ein Moment, sondern direkt ein komplettes Wochenende, das in den Sand gesetzt wurde.
Glückspilz des Jahres
Den Titel teilen sich für mich die beiden alten Schotten, die ihre Kariere kürzlich beenden konnten. Bei Dario Franchitti hört sich das etwas seltsam an, da er seine Kariere auf Rat der Ärzte beenden musste. Er hatte aber in seinen dreißig Rennsportjahren so viele schwere Unfälle, der in Baltimore war ja nur der letzte potentiell tödliche, den er überlebt hat, und auch ernsthafte Verletzungen, sodass ein fast gesundes Karierende ein kleines Wunder ist. Auch Allan McNish kann mindestens zweimal im Jahr Geburtstag feiern, wenn ich zum Beispiel nur an den Unfall 2011 in Le Mans denke. Umso schöner ist es, dass er als Le-Mans-Sieger und Weltmeister abtreten kann. Hoffentlich bleiben beide zum Beispiel am Mikrofon oder in Teams eingebunden dem Rennsport erhalten.
Wünsche für 2014
Ich kann mich nur den Wünschen meiner Kollegen anschließen: weniger Unfälle, weniger Verletzte, weniger Tote.
Ein kleiner Sonderwunsch wären mehr Zuschauer für die IndyCar Serie. Trotz guter Rennen und einer spannenden Saison befanden sich Quoten in de USA weiter auf Talfahrt.