Home NASCAR NASCAR: Saisonvorschau 2014 – Regeländerungen

NASCAR: Saisonvorschau 2014 – Regeländerungen

von KristianStooss
0 Kommentare

In der Nacht von Samstag auf Sonntag haben uns die V8-Motoren aus dem Winterschlaf gerissen und das irgendwie sehr plötzlich und völlig unerwartet. Daher haben wir beschlossen, euch mit ein wenig Verspätung auf den aktuellen Stand zu bringen und eine NASCAR-Saisonvorschau für 2014 zusammenzustellen, bevor es am kommenden Wochenende wirklich ernst wird.

2014_NASCARStateOfTheSport_013014_HeltonFrance1Der ein oder andere Leser wird sich vermutlich um 2 Uhr morgens beim Sprint Unlimited die müden Augen gerieben haben, als er die Startnummern #4 und #41 mit Kevin Harvick und Kurt Busch am Steuer im Feld sah. Als dann Ryan Newman und nicht Jeff Burton in der #31 von Richard Childress Racing saß, war die Verwirrung vermutlich komplett. Damit die Hardcore-Winterschläfer nun nicht beim Daytona 500 einen Herzinfarkt erleiden, wenn sie plötzlich die #3 auf historischem Boden rollen sehen, haben Steffen und Kristian sich entschlossen, die Wirren und Verknotungen der Silly-Season an dieser Stelle aufzulösen und pünktlich zum „Great American Race“ eine NASCAR-Saisonvorschau zu präsentieren.

2014 ist dabei definitiv das Jahr der Veränderungen, sowohl auf Seiten der Fahrer- und Teamkombinationen, als auch im Hinblick auf die zahlreichen neuen Regeln in der NASCAR. Den Anfang machte Steffen mit seiner Vorstellung der diesjährigen Garage. Im zweiten Teil nimmt Kristian sich die Regeländerungen vor, wobei der neue und nicht unumstrittene Chase sowie das überarbeitete Qualifikationsprocedere und der transparentere Strafenkatalog im Detail vorgestellt werden.

Der neue Chase oder auch: das Eliminationsmonster

Wer die Winterpause nicht komplett unter einem Stein verbracht hat, wird diesen Whopper hier schon kennen. Die NASCAR-Offiziellen haben sich in den letzten drei Jahren einige Gedanken zur Wichtigkeit von Rennsiegen sowie zur Meisterschaftsentscheidung gemacht und sind in Person von Brian France und Mike Helton anschließend mit dem folgenden Plan auf die Bühne getreten: Der Chase wird mehr oder weniger auf ein Eliminationsverfahren umgestellt, wie man es aus den traditionellen US-(Ball-)Sportarten kennt. Damit möchte man sicherstellen, dass der Meister in jeder Saison erst beim großen Finale in Homestead gekürt wird. Ob die NASCAR sich damit einen Gefallen getan hat, alle anderen 35 Punkterennen derart zu entwerten, wird noch immer heiß diskutiert.

Damit jeder sich ein eigenes Bild machen kann, schauen wir uns erstmal an, wie sich der neue Chase im Detail von seinem Vorgänger unterscheidet:

Getting in:
– Es qualifizieren sich nun 16 statt bisher 12 (oder auch mal 13) Fahrer.
– Die Tickets werden ab sofort nach der Anzahl der Rennsiege in der Regular-Season gelöst.
– Gibt es keine 16 unterschiedlichen Gewinner in einem Jahr, rücken die punktbesten sieglosen Piloten nach.
– Der Gesamtführende nach 26 Rennen ist auf jeden Fall in den Playoffs dabei, auch wenn er bis dato nicht gewonnen hat.

Getting through:
– Alle drei Rennen scheiden die vier schlechtplatziertesten Piloten aus dem Chase aus.
– Die verbliebenen Fahrer werden nach jeder Elimination wieder auf dieselbe Punktezahl gesetzt.
– Ein Rennsieg bedeutet die feste Qualifikation für die nächste Eliminationsrunde.
– Bonuspunkte für Rennsiege werden im Chase nicht für die nächste Stufe berücksichtigt.
– In Homestead kämpfen die vier verbleibenden Fahrer um die Meisterschaft.
– Es werden dabei keine Bonuspunkte für Führungsrunden vergeben, wer aus diesem Quartett nach 400 Meilen als Erster über die Linie fährt, ist daher der neue Champion.

Klar erkennbar ist der Versuch, Rennsiege noch mehr als bisher zu belohnen. Das Kuriosum dabei: 2013 hätte nach diesem Muster Dale Earnhardt Jr. die Meisterschaft gewonnen und das, obwohl er im letzten Jahr kein einziges Mal in die Victory-Lane fuhr! Für mich persönlich verkommt die Meisterschaft so zu einem Glücksspiel, das theoretisch ein Fahrer gewinnen kann, der sich über die Saison gesehen mehr oder weniger im Mittelfeld aufgehalten hat und sich im Finale plötzlich zum besten Freund von Fortuna aufschwingt. Ich weiß nicht, ob der NASCAR so ein Champion mit Restrictor-Plate-Charakter steht. Bei Ballsportarten mag das ja ankommen, doch im Motorsport ist die Titelvergabe historisch anders gewachsen. Man wird aber abwarten müssen, wie sich der erste neue Chase gestaltet, bevor man ihm von vornherein einen Todesstoß versetzt.

Wer sich die Änderungen noch einmal im Detail anschauen möchte, kann das anhand dieses FAQ-Sheets (PDF) der NASCAR tun. Außerdem hat Don direkt nach der Bekanntgabe einen schönen Artikel dazu geschrieben.

Der neue Qualifikationsmodus oder auch: Copy & Paste bei der Konkurrenz

Nicht nur im Chase soll mehr Spannung aufkommen, auch an den einzelnen Rennwochenenden möchte die NASCAR den bereits früh angereisten Fans deutlich mehr Action auf der Strecke bieten. Ab 2014 fällt in der Qualifikation – mit Ausnahme des Daytona 500 und des Truck-Events in Eldora – in allen drei nationalen Serien das Einzelzeitfahren weg und wird durch ein bereits aus der Formel 1 bzw. der IndyCar Series bekanntes Eliminationsverfahren ersetzt.

Die Regelungen hier sind relativ einfach gehalten und unterscheiden sich je nach Streckenlänge:

Strecken über 1,25 Meilen Länge (auch Superspeedways):

– drei Segmente mit 25, 10 & 5 Minuten Länge, dazwischen jeweils 5 Minuten Pause
– In Segment 2 treten die 24 schnellsten Piloten aus Segment 1 an.
– In Segment 3 fahren die 12 besten Fahrer aus Segment 2 die Pole-Position aus.

Strecken unter 1,25 Meilen Länge und Rundkurse:

– zwei Segmente mit 30 & 10 Minuten Länge, dazwischen 10 Minuten Pause
– In Segment 2 fahren die 12 besten Fahrer aus Segment 1 die Pole-Position aus.

Der große Vorteil, mal abgesehen von der zusätzlichen Spannung, ergibt sich durch die zeitliche Straffung des Qualifyings. Sollte es also nach dem ersten Segment zu einem Regenschauer kommen, hat man bereits nach 25 bzw. 30 Minuten eine verbindliche Startaufstellung im Gegensatz zu den Marathonveranstaltungen im Einzelzeitfahren, die gerne mal 1 bis 1,5 Stunden in Anspruch nehmen können. Dies ist also durchaus eine begrüßenswerte Regeländerung. Mal schauen, wer sich dann im Pulk auf dem Superspeedway bei einem Big-One den Einsatzwagen für das Rennen ruiniert.

Auch zum neuen Qualifikationsmodus hat die NASCAR ein FAQ-Sheet (PDF) herausgegeben, welches noch einmal kleinere Fragestellungen, wie z.B. die erlaubten Veränderungen an der Box beantwortet.

Der neue Strafenkatalog oder auch: Transparenz und Abschreckung für alle

Die dritte große Neuregelung betrifft den Strafenkatalog und den Berufungsprozess bei technischen Vergehen. Bisher kamen quasi alle Bestrafungen nach Beugen oder Brechen der Regeln für die Fans quasi aus dem Blauen. Natürlich hatte man Vergleichsfälle und wusste, was die Fahrer und Teams im Normalfall erwartete, doch das Regelbuch der NASCAR blieb und bleibt auch in Zukunft mehr oder weniger geheim. Ausgeklammert haben die Offiziellen nun das Vorgehen bei technischen Vergehen, welches nach einem 6+1 System geschieht und nun auch als „Abschreckungssystem“ bekannt ist:

Verwarnungen und Strafen der Kategorien 1 bis 3 (Punkte, Geld UND/ODER Sperren):
– Verwarnungen gibt es für kleinere, erstmalige Regelverstöße.
– Strafen der Kategorie 1 hagelt es, wenn ein Team zwei Verwarnungen über ein oder zwei aufeinanderfolgende Rennen ansammelt.
– Strafen der Kategorie 2 werden bei Verstößen wie hohlen Komponenten, abgelaufenen Sicherheitszertifikaten oder Fehlinstallationen von Sicherheitseinrichtungen oder sonstigen Befestigungen ausgesprochen.
– Strafen der Kategorie 3 verhängt die NASCAR bei nicht genehmigten Teilen, falschen Abmessungen und Teilen, die ihren vorgesehenen Einsatzzweck nicht erfüllen, oder illegalen Federn.

Strafen der Kategorien 4 bis 6 (Punkte, Geld UND Sperren):
– Strafen der Kategorie 4 gibt es, wenn die NASCAR-Templates und -Messeinrichtungen nicht angewendet werden können oder illegale Gewichte am Auto angebracht wurden.
– Strafen der Kategorie 5 werden verhängt, wenn der Tiger im Tank, Öl, Öl- oder Luftfilter usw. zu finden war oder illegale Vorrichtungen zur Verbesserung des Luftflusses über das Auto zum Einsatz kamen.
– Strafen der Kategorie 6 handelt man sich bei den richtig schweren Verstößen ein, bei denen die NASCAR absolut keinen Spaß versteht: Manipulationen am Motor oder bereits zertifizierten Chassis, Einsatz einer Traktionskontrolle oder Herumspielen mit der Benzineinspritzung bzw. der Motorsteuerung.

Einen guten Überblick zur Höhe (Punkte, Geld und/oder Sperren) der jeweiligen Strafenkategorien geben die Fact-Sheets (PDF) für alle drei nationalen Rennserien. Weiterhin nicht öffentlich sind die Strafen aufgrund von Fehlverhalten, da die NASCAR ihre Maulkörbe gerne möglichst diskret verteilt.

Weitere kleine Anpassungen gab es im Berufungsprozess, diese sind aber eher technische Natur und betreffen die Zusammensetzung der Instanzen. Interessant ist hier lediglich die Lage der Beweislast. Während NASCAR lediglich beim ersten Einspruch nachweisen muss, dass eine Regel gebrochen wurde, dreht sich die Beweislast bei einem weiteren Einspruch gegen die Entscheidung des Berufungsrates. Nun muss das Team beweisen, dass es die betreffenden Regeln eben nicht gebrochen hat. Sollte eine erste Berufung erfolgreich sein, hat NASCAR interessanterweise keine Möglichkeit zu einem weiteren Einspruch. Auch hier gibt es ein gutes Flow-Chart (PDF) – direkt von der NASCAR.

Wir denken, mit dieser Erklärung der neuen Regeln sowie der Fahrer- und Teamvorstellungen seid Ihr nun gut vorbereitet auf die anstehende Saison 2014. Sollte es zu einem Anwendungsfall einer konkreten Strafe kommen oder der Chase allmählich näher rücken, werden wir mit Sicherheit noch einmal ganz genau hinschauen. Die Leistungen der einzelnen Mannschaften und Piloten verfolgend wir ja ohnehin in unserer wöchentlichen Berichterstattung bestehend aus Vorschau und Analyse. Wir wünschen euch nun viel Spaß im neuen NASCAR-Jahr. Möge der Beste gewinnen!

Das könnte Dir auch gefallen