Erstes Rennen, erster kleiner Skandal, erster, nicht überraschender Sieger. Der Saisonauftakt war nicht schlecht, zeigte aber auch große Unterschiede zwischen den Teams.
Es war ein schwieriger Auftakt für die Formel Eins in Melbourne. Das Rennen war eher mau und bezog seine Spannung mehr oder weniger aus der Frage, welcher Wagen als nächster stehen bleiben würde und wer mit seiner Spritmenge klarkommt und wer nicht. Nach dem Rennen wurde dann auch noch Daniel Ricciardo disqualifiziert (Gründe erkläre ich in einem eigenen Artikel), was den holprigen Start der Formel Eins noch einmal unterstrich. Das Rennen machte auch klar, dass die Performance-Unterschiede zwischen McLaren, Ferrari und Force India teilweise nicht sehr groß sind. Nur Mercedes fährt in einer ganz anderen Liga, wie ein Blick auf die Rundenzeiten verrät.
Rosberg gelang es nach dem Start und der Safety-Car-Phase relativ schnell, einen bequemen Vorsprung herauszufahren. Am Ende lag er 26 Sekunden vor dem zweitplatzierten Magnussen. Aber wie schnell ist der Mercedes?
Der Deutsche fuhr die schnellste Runde im Rennen mit 1:32.478 min. Bottas war mit seinen 1:32.568 min nur minimal langsamer. Die Sache ist nur, dass Rosberg seine schnellste Zeit in Runde 19 fuhr, Bottas jedoch in Runde 56. Überhaupt fuhren alle ihre besten Rundenzeiten im letzten Drittel des Rennens, was auch Sinn macht. Denn dann sind die Tanks leerer und die Strecke hat mehr Reifenabrieb aufgebaut. 30 Runden Unterschied macht ca. 50 bis 60 kg Gewicht, pro 10 kg verliert man in Melbourne rund 0,2 Sekunden. Mercedes waren die einzigen, die in den freien Trainings unter 1:30min fahren konnten. Mit anderen Worten: Rosberg, der in den letzten 30 Runden meist Zeiten um die 1.33.0 min fuhr, hätte deutlich schneller fahren können. Im Grunde ist er am Ende zum Sieg gecruist, auch wenn das Graining an seinem linken Vorderreifen seinen Vortrieb eingebremst hat. 1:31er Zeiten wären vermutlich kein Problem gewesen. Macht im Schnitt einen Vorsprung von mehr als einer Sekunde, Tendenz eher 1,5 Sekunden pro Runde.
Tatsächlich scheinen die Williams in Australien das zweitschnellste Fahrzeug gehabt zu haben. Hätte Bottas seine Felge in Runde 10 nicht an einer Mauer zerstört, er wäre vermutlich in Richtung P3 unterwegs gewesen. Es war bemerkenswert anzusehen, wie schnell sich Bottas aus dem hinteren Mittelfeld durch das Feld kämpfen konnte. Am Ende kam P5 raus, was weit unter den Möglichkeiten des Williams war. Massa hatte einen schlechten Start und wurde dann von Kobayashi abgeschossen. Der konnte wiederum nichts dafür, wie eine Analyse der Daten nach dem Rennen ergab. Sein Bremssystem hatte versagt. Der Ausfall von Massa war ärgerlich, denn seine Fahrt wäre sicher sehr interessant zu verfolgen gewesen.
Bei Ferrari ist die Laune düster. Ja, der F14T geht einigermaßen und macht, zumindest bei Alonso, kaum Probleme. Aber man ist deutlich zu langsam. Die schnellste Runde von Alonso lag bei 1:32.616 min, aber das Problem ist nicht die eine schnelle Runde, wie schon die Daten vom Freitag gezeigt haben. Es sind die Longruns, auf denen Ferrari einfach zu langsam ist. Leider geben die Daten aus dem Rennen keinen genauen Aufschluss über den Ferrari, weil Alonso bis zu seinem zweiten Reifenwechsel hinter Hülkenberg steckte und dort Zeit verlor. Im letzten Drittel waren seine Rundenzeiten nicht schlecht und lagen auf dem Niveau von Ricciardo und Magnussen. Schneller war er aber in keinem Fall.
Räikkönen hatte dagegen das gesamte Wochenende massive Probleme. Er kommt mit dem Bremssystem nicht klar bzw. das Bremssystem ließ sich nicht so einstellen, wie er es gerne hätte. Eine Sache, die Ferrari komplett auf die eigene Kappe nahm. Daher ist sein eher maues Rennen auch mit Vorsicht zu genießen, das kann in Malaysia schon wieder anders aussehen.
McLaren gelang ein sehr sauberes Rennen. Button, der in der Qualifikation gepatzt hatte, schob sich mittels einer guten Strategie auf Rang vier (bzw. Rang drei, nach der Disqualifikation von Ricciardo). Fernando Alonso gelang es zu keiner Zeit, den Briten zu gefährden. Der Überraschungsmann war sicher Kevin Magnussen. Er war sehr schnell, fehlerlos und es gelangen ihm vor allem in der ersten Hälfte des Rennens einige sehr schöne Überholmanöver. Dass er soweit vorne landen würde, ist allerdings schon eine kleine Überraschung. Offenbar hat Ron Dennis bei dem Dänen den richtigen Riecher gehabt.
Und dann wäre da Red Bull. Das Auto funktioniert, so viel ist klar. Adrian Newey hat also nicht eine seiner berühmten „Gurken“ eingestreut. Tatsächlich konnte man sehen, das Ricciardo, wenn Magnussen mal Druck machte, dem Dänen immer ausgangs der Kurven wegfuhr, was darauf schließen lässt, dass der RB10 über viel mechanischen Abtrieb verfügt. Etwas eingeschränkt wird die positive Betrachtung durch den Umstand, dass Red Bull laut der FIA mit der Durchflussmenge des Sprits gespielt haben soll. Wenn man das Mapping so eingestellt hatte, dass der Motor beim Beschleunigen aus der Kurve mehr Sprit verbraucht, sind die guten Werte nicht weiter verwunderlich. Auf der Geraden fehlt es dem RB10 jedenfalls deutlich an Topspeed, wie folgende Liste zeigt (pdf). Die 316 km/h von Magnussen kann man vermutlich eher vergessen, die 304 km/h der anderen sind allerdings 12 km/h mehr, als der RB10 fahren konnte.
Bei den Mittelfeld-Teams gibt es wenig zu berichten. Hülkenberg hielt den Force India lange auf P4, fiel dann aber im Verlauf des Rennens zurück. Ausgehend von den Zeiten am Freitag hatte man sich mehr erwartet, aber offenbar war Force India mit deutlich weniger Sprit unterwegs als die Konkurrenz, was die guten Longruns erklärt. Im Rennen war man rund 0,8 Sekunden langsamer, was die Platzierung erklärt. Nicht ganz erklärlich sind die Performance-Unterschiede zwischen Hülkenberg und Perez im Rennen. Der Mexikaner blieb im Rennen außerhalb der Punkte und hatte auch keinen Kontakt zu den beiden Toro Rosso.
Die waren dagegen überraschend schnell. Vergne fiel gegen Ende etwas zurück, konnte im Rennen aber lange in der Gruppe Hülkenberg, Alonso usw. mithalten. Daniil Kywat lieferte ein sehr sauberes Rennen ab. Keine Fehler, in die Punkte gekommen – was will man mehr. Leider überhaupt nicht gut drauf waren die Sauber. Die Rundenzeiten waren wirklich schlecht und bestätigten den Eindruck aus Bahrain. Das neue Chassis liefert zu wenig Abtrieb, im Moment ist man viel zu langsam und ans Ende des Mittelfeldes gefallen.
Für Lotus sieht es dagegen schlecht aus. Beide Fahrzeuge fielen aus, und wenn sie fuhren, dann waren sie viel zu langsam. Grosjean konnte die Sauber zeitweise bedrängen, aber mehr war nicht drin. Das ist dann schon alarmierend. Mag ja sein, dass das Auto noch nicht so richtig fertig ist und deswegen technische Probleme hat. Aber es scheint zusätzlich auch noch langsam zu sein, was keine wünschenswerte Kombination ist.
Marussia und Caterham bilden weiter das Ende des Feldes. Peinlicherweise blieben beide Marussia am Start stehen. Chilton konnte aus der Box starten, Bianchi schickte man mit sechs Runden Rückstand ins Rennen. Beide kamen ins Ziel, Bianchi wurde wegen des Rückstandes aber nicht gewertet. Aber es gibt auch ein paar Lichtblicke. Die schnellste Rundenzeit von Bianchi lag bei 1:35.281 min. Sutil fuhr 1:34.564 min. Weit weg ist man also zumindest von der Sauber nicht. Um allerdings an die Punkte ranzukommen, hätte man konstant um die 1:34 min fahren müssen – da fehlt noch einiges.
Insgesamt sind sieben Fahrzeuge ausgefallen, das ist weniger, als man befürchtet hat. Hamilton und Vettel waren die prominentesten Opfer und gerade das Beispiel Hamilton zeigt, dass auch bei Mercedes nicht immer alles rund läuft. Von den acht Mercedes-Teams fiel aber nur Hamilton mit einem technischen Defekt aus. Ferrari brachte alle Motoren ins Ziel, Renault verlor vier der acht Fahrzeuge.
In 14 Tagen geht es in Malaysia weiter und dort wird das Rennen bedeutend schwieriger als in Australien. Hier wird sich dann auch zeigen, wie gut der Mercedes auf Strecken ist, die über viele schnelle Kurvenkombinationen verfügen. Es ist aber insgesamt davon auszugehen, dass es noch bis in den Frühsommer dauern wird, bis man eine echte Rangordnung erkennen kann.
Bilder: Red Bull/Getty Images, Daimler AG, Ferrari, Lotus, McLaren/hochzwei, Force India, SauberF1, Toro Rosso/Getty Images, Marussia, Caterham F1 (Mercedes hat bisher noch keine PR-Bilder online, liefere ich nach)
3 Kommentare
[…] um die Sachlage erklären zu können. Statt über das Rennen schreiben zu können (was einen eigenen Artikel bekommen […]
Kywat musste sich beim SC-Stop vermutlich hinter Vergne anstellen (war nicht im Bild) und hat so einige Plätze verloren.
Bo77as war paar in den ersten Runden mehrere Male sehr nahe an dieser Mauer und auch beim Start hatte er das nötige Glück. Seine Aufholjagd war bemerkenswert. Dennoch kann Williams am Ende mit P5 zufrieden sein.
Klar, mit P5 hat Williams mehr Punkte im ersten Rennen, als in der gesamten letzten Saison gesammelt :)
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