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Formel Eins: Warum wurde Ricciardo disqualifiziert?

von DonDahlmann
3 Kommentare

Erstes Rennen, erster kleiner Skandal. Red Bull sol ein wenig geschummelt haben, damit der Motor von Daniel Ricciardo mehr Leistung hatte.

Australian F1 Grand Prix - RaceDer beste Moment des gesamten Rennens war der Moment, als Daniel Ricciardo aus seinem Auto stieg und jeden umarmte, der ihm gerade über den Weg lief. Sein erstes Rennen für Red Bull und gleich ein zweiter Platz bei seinem Heimatrennen – besser konnte die Saison für ihn eigentlich nicht starten. Doch die Freude wurde schon kurz nach dem Rennen massiv eingetrübt. Daniel Ricciardo wurde disqualifiziert, weil die erlaubte Benzindurchflussmenge in seinem Motor überschritten wurde. Und schon hat die Formel Eins in ihrem ersten Rennen eine leidige Diskussion um die Technik am Hals. Also: Was genau ist bei Ricciardo passiert?

Die Regeln besagen, dass die Menge an Benzin, die pro Stunde verbraucht werden darf, auf 100 kg begrenzt ist. Es gibt aber auch eine Begrenzung pro Rennen, das ebenfalls 100 kg beträgt. Ein Rennen ist aber rund 90 Minuten lang, wie kann Ricciardo also die erlaubte Durchflussmenge überschritten haben, ohne dass er liegen bleibt? Der FIA geht es nicht nur um die absoluten 100 kg/h, sondern generell darum, dass ein Fahrzeug nicht plötzlich die Leistung des Motors kurzfristig beliebig erhöht, um zum Beispiel in der Qualifikation einen Vorteil zu haben. 100 kg/h sind das Maximum, normalerweise fährt man mit weniger Leistung. Wenn McLaren seinem Fahrer sagt „Use overtake button“, dann wird in diesem Moment die maximal erlaubte Durchflussmenge von 100 kg/h erreicht. (Wahrscheinlicher ist, dass es aus Sicherheitsgründen 99,5 kg/h sind.)

Die Durchflussmenge wird daher alle 100ms gemessen. Es ist durchaus erlaubt, dass dem Motor für einen winzigen Moment mehr als die erlaubte Menge Sprit zugeführt wird, allerdings muss die zu viel verbrauchte Menge in den nächsten Messzyklen wieder eingespart werden. Also einmal 110 im nächsten Zyklus dann 90. Insgesamt blieb Ricciardo innerhalb der 100 kg/Rennen, aber die Verbrauch-Peaks waren außerhalb der Toleranzwerte von 5%, die die FIA vorschreibt.

Gemessen wird die Sache von einem Sensor. Dieser Sensor kann entweder von der FIA direkt kommen oder man nimmt einen eigenen Sensor, den die FIA homologiert hat. Fast alle Teams nutzen mindestens zwei Sensoren. Einerseits um ein „Fall back System“ zu haben, falls einer der Sensoren ausfällt, zum anderen um einen Vergleich zu bekommen. Man kalibriert den Verbrauch dann um beide Messwerte herum. Die Teams hatten am Wochenende mit dem FIA-Sensor mehrfach Probleme, wie dieses Dokument zeigt (pdf). Und jetzt wird es kompliziert und es bleibt einem nichts anderes übrig, als das pdf zu verlinken, dass die Entscheidung der Kommissare in Sachen Disqualifikation dokumentiert.

Kurz zusammengefasst: Der FIA-Sensor (so sieht das Ding im übrigen aus) hat widersprüchliche Daten herausgegeben. Red Bull hat sich dazu entschlossen, ein eigenes, von der FIA homologiertes, System einzusetzen. Die FIA hat Red Bull mehrfach darauf aufmerksam gemacht, dass auch dieses System nicht korrekte Zahlen auswirft. Im Rennen hat die FIA dann ebenfalls mehrfach darauf hingewiesen, dass der Motor von Ricciardo die erlaubte Durchflussmenge überschreiten würde und man dies beenden möge (indem man die Leistung reduziert). Nach dem Rennen hat die FIA alle Daten untersucht und Red Bull halt bestraft. Ohne Vorwarnung kam die Sache jedenfalls nicht.

Red Bull wird gegen die Disqualifikation vorgehen, die Chancen, dass das Urteil in Paris kassiert wird, sind allerdings sehr gering. Das Argument, der eigene Sensor habe korrekte Daten ausgeliefert, der der FIA jedoch nicht, ist schwer zu belegen. Denn alle anderen Teams (auch die mit Renault-Motoren) hatten mit dem Sensor offenbar keine Probleme. Zum anderen gab es ja diverse Hinweise seitens der FIA in Richtung Red Bull. Schon am Freitag hat die FIA Red Bull auf die unterschiedlichen Messergebnisse hingewiesen, was auch der Grund ist, warum man bei Vettel eine neue Steuerungssoftware eingespielt hat. Die hat dann offensichtlich nicht funktioniert. Ricciardo scheint mit der alten Software unterwegs gewesen zu sein.

Nun gibt es Regeln in jedem Sport, aber je mehr es gibt, desto mehr wird „beschissen“, wie man so schön sagt. Luca di Montezemelo warnte vor ein paar Tagen schon vor einer Saison, in der viel getrickst wird. Offenbar geht es schon los und es ist zu befürchten, dass es nicht die letzte Geschichte dieser Art sein wird. Die ganze Nummer ist einerseits nachvollziehbar, andererseits habe ich gerade knapp 4.500 Zeichen darüber geschrieben und knapp 45 Minuten über den technischen Regeln und FIA-Bulletins gebrütet, um die Sachlage erklären zu können. Statt über das Rennen schreiben zu können (was einen eigenen Artikel bekommen hat).

Was ich damit sagen will: Es ist kompliziert und es wird vermutlich dieses Jahr des Öfteren derartig komplexe Diskussionen geben, bis man endlich alle Regellöcher usw. gestopft hat. Dem Sport tut das alles nicht gut. Die Veränderungen sind diesem Jahr besonders groß, die Fans müssen sich an neue Nasen, einen neuen Sound, an Verbrauchslimits und andere Dinge gewöhnen. Die Fahrer können die maximale Leistung des Fahrzeugs nur noch in den zwölf Minuten des dritten Teils der Qualifikation abrufen. Im Rennen müssen sie eine Art strikten Fahrplan einhalten, als ob man einer Zwangsdiät folgen muss. Aber vielleicht ändert sich das alles, wenn die Technik erst einmal ausgereift ist.

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3 Kommentare

Formel Eins: Analyse GP Australien 2014 - Ärger, Frust und Sieger | Racingblog 16 März, 2014 - 18:27

[…] Nach dem Rennen wurde dann auch noch Daniel Ricciardo disqualifiziert (Gründe erkläre ich in einem eigenen Artikel), was den holprigen Start der Formel Eins noch einmal unterstrich. Das Rennen machte auch klar, […]

Art Vandelay 16 März, 2014 - 22:11

Natürlich, Regel ist Regel und die Disqualifikation geht voll in Ordnung. Aber ganz verstehe ich den Sinn dieser Regel nicht. Was will man damit erreichen außer es noch komplizierter zu machen? Die Regel 100 l pro Rennen sollte meiner Meinung nach reichen. Würde man sich darauf beschränken gäbe es auch die Möglichkeit mit der Durchflussmenge strategischer zu arbeiten als das nun der Fall ist. Dadurch könnten die Rennen an Spannung gewinnen. Wenn dann würde so eine Regel nur für die Qualifikation Sinn machen, aber auch dort halte ich sie eher für überflüssig.

Hamilton 18 März, 2014 - 01:22

Die Regel ist eben für QUalify und Training gemacht, da es keine Begrenzung des Ladedrucks gibt. Ansonsten würden die Motoren ohne Ende in die Knie gehen, da jeder den Ladedruck hochdrehen würde.
und das ist wohl der Grund warum es auch im Rennen gilt.

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