Es war kein schlechter Auftakt für die DTM in Hockenheim. Zumindest für BMW und Audi. Die neuen Boxenstoppregeln sorgten allerdings für ein Rennen, dass den meisten Fahrern nicht gefallen haben dürfte.
Ein neuer Sieger, zufriedene Gesichter bei BMW und Audi und hängende Schultern bei Mercedes. Den Start in die Saison hatten sich die Stuttgarter deutlich anders vorgestellt. Pascal Wehrlein sagte noch vor ein paar Tagen, dass er für die Saison ein gutes Gefühl habe. Man habe die Probleme aus der letzten Saison beseitigt, das C-Klasse Coupé sei nun deutlich besser zu fahren. Aber schon in der Qualifikation war von der Zuversicht im Mercedes-Lager nicht viel übrig. Der beste Pilot mit dem Stern, Gary Paffett, landete nur auf P14 und es fehlten ihm rund 0,6 Sekunden auf die schnellste Zeit des Tages. In der DTM sind das schon kleine Welten und dementsprechend war die Stimmung bei Toto Wolff eher trübe. Das sollte sich im Rennen nur kurzzeitig ändern.
Die entscheidende Frage war, auf welchen Reifen man das Rennen starten würde. Die erste Reihe, Überraschungs-Pole-Mann Adrien Tambay und Marco Wittmann, hatte sich für die weichen Reifen entschieden, Spengler, Ekström und Mortara für die harte Variante. Die Regeln besagten, dass man die Option-Reifen 21 Runden fahren durfte, danach musste man auf die harte Variante wechseln. Der Unterschied zwischen beiden Mischungen ist in diesem Jahr etwas größer geworden (ca. 1,4 Sek.), die schwierige Frage für die Teams war nun, was die bessere Variante ist. Erst die „Soft“ und sein Heil in der Flucht suchen? Oder doch lieber die „Hard“-Variante und ein halbes Rennen Schadensbegrenzung betreiben? Theoretisch sollten sich die Unterschiede im Rennen ausgleichen, aber das Problem ist halt der Verkehr. Kann man wie Wittmann vorne in Ruhe seine Runden drehen, ist die Abfolge „Soft/Hard“ die bessere. Denn die Wagen, die in der ersten Hälfte des Rennens mit den „Hard“ fahren, fallen zurück, müssen sich gegen Piloten wehren, die weiter hinten auf den „Soft“ gestartet sind und verlieren so wertvolle Zeit. Anders herum ist es aber auch nicht besser. Die Verlockung ist groß, die „Soft“ zu nehmen, wenn man weit hinten steckt, weil man dann schnell und viele Positionen gewinnen kann. Doch nach dem Wechsel geht es nur noch rückwärts.
Sehr anschaulich wurde dieses Problem von Robert Wickens im Mercedes demonstriert. Von P20 ins Rennen gegangen, schob sich der Kanadier bis auf P7 vor und sorgte dabei für einige schöne Überholmanöver. Doch nach dem Wechsel ging es dann nur noch rückwärts. Wickens verlor elf Positionen, weil sein Wagen eher auf die weichen Reifen abgestimmt war. Genauso erging es Christian Vietoris, der immerhin auf P15 landete. Aber die starken Unterschiede zwischen den Reifenmischungen waren vor allem bei Mercedes zu sehen. Bei BMW und Audi waren die Unterschiede zwar auch deutlich sichtbar, aber beide Chassis schienen vor allem mit den harten Reifen etwas besser klarzukommen als die Mercedes.
Die unterschiedlichen Strategien führten zu sehr viel Bewegung im Feld. Fahrer, die man in der ersten Rennhälfte nicht gesehen hatte (Ekström, Rockenfeller, Tomczyk) tauchten gegen Ende plötzlich vorne auf. Für die Zuschauer war das sicher nicht schlecht, es gab viele Überholmanöver und enge Zweikämpfe. Die ARD hatte allerdings das Problem, dass man halt nicht immer alles zeigen kann und das Rennen deswegen teilweise etwas verwirrend zu verfolgen war, wenn man nicht nebenbei das Livetiming hatte. Dazu aber gleich noch etwas.
Das Rennen nahm also ab Runde 22 einen komplett anderen Verlauf. Der Stand nach den Stopps: Wittmann, Tambay, Scheider, Glock, Felix da Costa, Mortara, Ekström, Vietoris, Wickens, Rockenfeller. Die Mercedes-Piloten fielen wie erwähnt wehrlos zurück, während Mortara der erste war, der nun mit weichen Reifen ausgestattet war. Er pflügte relativ problemlos durchs Feld, doch dann stoppte ihn ein geplatzter Vorderreifen. Offenbar hatten die Audi schon bei den Tests Probleme mit den weichen Reifen, im Rennen war es aber nur der Wagen von Mortara, dem ein Reifen einging. Das Pech von Mortara war das Glück von Ekström, der sich auf die Jagd begab. Ob er am Ende Wittmann noch erreicht hätte, ist schwer zu sagen, aber der Schwede fuhr sich bei einem Überholmanöver an Tambay zwei der kleinen Flügel vorne rechts ab. Die Aerodynamik der DTM-Wagen ist mittlerweile wieder derartig empfindlich, dass allein dieser kleinen Schaden ausreichte, um den RS5 von Ekström einzubremsen. So konnte dann Wittmann relativ bequem das erste Rennen der Saison für sich entscheiden. Dafür dürfen die BMW dann beim nächsten Rennen in Oschersleben 5 Kilo Zusatzgewicht einladen, Mercedes darf 5 Kilo ausladen. Werden sie auch brauchen.
Haben die neuen Regeln nur für besseres Racing gesorgt? Es wurde mehr überholt, aber auf der anderen Seite wirkte das Rennen durch die unterschiedlichen Strategien etwas artifiziell. Die ARD hatte zudem das Problem, dass man halt die Kamera nicht überall haben konnte, sodass manchen Piloten scheinbar aus dem Nichts vorne auftauchten. Die neuen Grafiken der ARD halfen auch nicht weiter. Zwar liefen die Positionen am unteren Rand des Bildes immer durch, die alte Variante war aber übersichtlicher. Eine andere Frage ist, ob man bei derartig vielen Positionsveränderungen den Kommentator Philipp Sohmer wirklich alleine lassen sollte. Er hat durchaus gute Arbeit abgeliefert, aber ein Co-Kommentator, der nebenbei das Timing beobachtet und andere Fahrer im Blick behält, wäre sicherlich hilfreich. Zu Norbert Haug fällt mir ehrlich gesagt nicht viel ein, seine Beiträge hatten die Qualität von Aussagen wie „Im Rennen ist alles anders“.
Auffällig war auch, dass der DTM etliche Sponsoren abhanden gekommen sind. Erstaunlich viele Autos hatten nur die Herstellerwerbung auf dem Wagen, was für die „beste Tourenwagenserie der Welt“ schon etwas merkwürdig ist. Dafür sahen die Tribünen in Hockenheim relativ gut gefüllt aus. Ob die Fans das neue Reglement allerdings gut finden, ist dann wieder eine andere Frage.
Bilder: DTM