Denny Hamlin gewann ein trotz drei Big-Ones sehr übersichtliches Talladega-Rennen, in welchem wirklich zu keinem Zeitpunkt Langeweile aufkam. Einzig und allein das Finish enttäuschte schließlich etwas, doch die NASCAR-Offiziellen gaben sich alle Mühe, die Fahrer unter Grün zur schwarz-weiß-karierten Flagge zu schicken.
Der sehr gut gefüllte Talladega Superspeedway bot am Sonntag eine schöne und auch laute Kulisse für das zweite Restrictor-Plate-Rennen der Saison. Die Lautstärke entstammte dabei nicht ausnahmslos den V8-Boliden, sondern auch die Fans machten ordentlich Radau, wenn Piloten wie Dale Earnhardt Jr. oder Danica Patrick die Führung übernahmen. Dabei verwunderte es schon ein wenig, dass Danica gerade in Earnhardt-Country solche Reaktionen hervorrufen konnte. Den Zuschauern wurde aber auch einiges an Rennaction geboten, denn bis auf wenige Runden kurz vor dem Finale kam das Feld nie in weniger als zwei oder drei Reihen nebeneinander daher. Three-Wide bildete gefühlt sogar den Löwenanteil der Renndistanz, auch Four-Wide-Manöver sah man nicht selten. Trotzdem lief es sehr geordnet ab und die drei Big-Ones hatten eigentlich nichts mit aggressiver Fahrweise zu tun.
Das zeigte sich auch an den – vergleichsweise wenigen – acht Cautions, von denen die erste bereits in Runde 15 anstand, als Brad Keselowski vor der führenden Danica Patrick einzuscheren versuchte. Letztere beschäftigte sich laut eigener Aussage allerdings mehr mit dem Rückspiegel und fuhr gleichzeitig Keselowski in die Spur. Die #2 brach in einen Dreher aus, doch „Bad Brad“ konnte seinen Penske-Ford auf dem Apron mit einem wilden Save einfangen und kam erst wieder auf das Banking zurück, nachdem ein Großteil des Feldes die Unfallstelle bereits passiert hatte. Für Keselowski stand nun eine längere Reparaturphase an, bei der er fünf oder sechs Runden verlor, was später je nach Standpunkt noch mehr oder weniger wichtig werden sollte.
Das Rennen lief danach mit Ausnahme zweier Debris-Cautions bis Runde 138 weite Strecke unter grüner Flagge, wobei sich wie anfangs erwähnt niemand zurücklehnte. An der Spitze wurde fast konstant in drei Spuren nebeneinander gefahren, abwechselnd schoben sich unter anderem Paul Menard, Joey Logano, Carl Edwards, Jimmie Johnson und Greg Biffle nach vorne. Das dritte Rennviertel zwischen der zweiten Debris-Gelbphase und dem folgenden ersten Big-One bestimmte dann Dale Earnhardt Jr., was die Fans zu einer wilden Feier veranlasste. Vorne in der Spitzengruppe hatte sich derweil auch Brad Keselowski eingenistet, der versuchte, eine seiner verlorenen Runden auf eigene Faust wieder zurückzuholen. Dabei wurde er jedoch plötzlich und ohne fremdes Verschulden loose und räumte ein Viertel des Feldes ab.
Als Betroffene entpuppten sich unter anderem Tony Stewart, Matt Kenseth, Trevor Bayne, Jeff Gordon, Polesitter Brian Scott, Jimmie Johnson und auch Justin Allgaier. Schnell entbrannte eine Diskussion, ob Brad Keselowski sich mit dem gewaltigen Rückstand überhaupt vorne an der Spitze hätte aufhalten dürfen. Meiner Meinung nach wurde die ganze Suppe etwas zu heiß gekocht, immerhin konnte er im Draft gut mithalten und war mehrere Male kurz davor, zumindest eine Runde wieder zurückzuerobern. Auch wenn er mit Rückstand unterwegs war, fuhr er immerhin auch ein Rennen und behinderte dort wirklich niemanden – zumindest nicht bis zum Big-One. Interessant ist eher die Frage, warum Keselowski so plötzlich und ohne Fremdeinwirkung ins Übersteuern kam.
Ziemlich genau 40 Runden später passierte dies übrigens auch Jimmie Johnson, der mitten in der heißen Schlussphase seinen Hendrick-Chevrolet aus eigener Kraft verlor. Auch dieser Big-One erwischte einige namhafte Siegkandidaten in Person von Joey Logano, David Ragan und Michael McDowell. Wirklich schade für die (im Normalfall) Außenseiter Ragan und McDowell, denn beide Piloten waren für ihre kleineren Teams sehr gut unterwegs. Wo wir gerade bei Front Row Motorsports sind: Genau zwischen den beiden Massenkarambolagen verabschiedete sich der Ford-Motor von David Gilliland auf sehr spektakuläre Art und Weise in einer riesigen Rauchwolke. Kein guter Tag also für die beiden Talladega-Titelverteidiger.
Bis zu diesem zweiten Big-One konterten sich an der Spitze zunächst Greg Biffle sowie Dale Earnhardt Jr. und später Brian Vickers, Denny Hamlin sowie Kevin Harvick herzerfrischend aus. Super Voraussetzungen also für das Finale, welches nun über knapp zehn Runden auf dem Programm stand. Nach nur vier Umläufen platzte Carl Edwards mitten im Pulk ein Reifen, was er den nachfolgenden Fahrern noch wild gestikulierend per Handzeichen aus dem Fahrerfenster mitzuteilen versuchte. Immerhin nahm er nur Ricky Stenhouse Jr., Cole Whitt und Ryan Newman mit auf die Reise, welche aber zum Glück allesamt mit wenig Beschädigungen an ihren Fahrzeugen entkamen und schlussendlich sogar in der Führungsrunde über die Ziellinie fuhren.
Weil nach dem dritten, etwas kleineren Big-One, zu wenig Zeit für einen herkömmlichen Restart blieb, setzten die NASCAR-Offiziellen direkt die erste Green-White-Checkered-Verlängerung an und dabei wurde es plötzlich richtig hektisch. Schließlich verlor Justin Allgaier genau in dem Moment auf der Zielgeraden seinen Chevrolet aus der Kontrolle, als die weiße Flagge geschwenkt wurde. Die Rennleitung hatte jetzt nur noch die Möglichkeit abzuwarten, ob sich der Nebel rechtzeitig für die anpreschende Führungsgruppe wieder lichten würde. Im Gegensatz zum letzten Herbstrennen in Talladega reagierte dieses Mal auch niemand in der Umgebung des Caution-Knopfes zu hektisch. Weil allerdings eine Stoßstange genau auf der Ziellinie lag, musste NASCAR auf der Gegengeraden die Gelbphase ausrufen.
Zu diesem Zeitpunkt befand sich Denny Hamlin in Führung, der von Greg Biffle verfolgt wurde. Biffle hatte sich extra etwas zurückfallen lassen, um den Windschatten für einen Konter im Trioval nutzen zu können. Hamlin war somit zur richtigen Zeit am richtigen Ort und feierte am Sonntag seinen ersten Saisonerfolg und verbesserte damit auch seine Chancen auf ein Chase-Ticket. Wir sind damit übrigens beim achten Sieger im zehnten Rennen angekommen, weshalb schon die Hälfte der Playoff-Plätze einen erhöhten Ansturm vermelden können. Loben möchte ich neben dem verdienten Gewinner Hamlin aber auch die NASCAR-Offiziellen, die wirklich bis zum letzten Moment abgewartet haben, ob das Rennen nicht doch unter grüner Flagge beendet werden konnte.
Die Top 5 komplettierten Clint Bowyer, Brian Vickers und AJ Allmendinger, während sich Paul Menard, Kevin Harvick, Kasey Kahne, Kyle Larson und Ricky Stenhouse Jr. ein Top-10-Resultat sicherten. Enttäuschend verlief das Finale für Dale Earnhardt Jr. (26.), der zwischenzeitlich bei einem Boxenstopp zurückgefallen war und seine Aufholjagd zeitlich nicht sehr gut auf die späten Gelbphasen abpassen konnte. Er platzierte sich nur am Ende der Führungsrunde direkt hinter Michael Waltrip (25.), von dem man das Gefühl hatte, er würde die komplette Renndistanz als rote Laterne verbringen.
Die gesamten offiziellen Ergebnisse können hier inklusive weiterer Statistiken noch einmal bei Jayski.com nachgeschaut werden. Es folgt wie gewohnt die Übersicht zu den Punkteständen bei den Fahrern und in der Owner-Wertung (Achtung: Alles PDF-Dateien!).
3 Kommentare
Eine kleine Korrektur: In der letzten Runde hat sich Justin Allgaier und nicht Alex Bowman gedreht ;) .
Ich persönlich bin der Meinung, es hätte auch noch ein GWC geben müssen, es ist schade das ein so schönes Rennen kein schönes Ende gefungen hat…
Da hast du natürlich recht. Ist korrigiert. Danke fürs Aufpassen.
Und klar wäre ein Finnish unter Grün schöner gewesen, aber die Regeln sagen nun mal (leider), dass es keinen weiteren GWC-Versuch gibt, wenn die weiße Flagge geschafft wurde.
@ Inbekannt, Daniel: Danke für die Korrektur, ich habe es gerade erst gelesen! ;o)
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