Ein etwas träger GP von Spanien, dessen Spannung sich allein über die unterschiedlichen Reifenstrategien entwickelte. Mercedes ist weiter das Maß der Dinge.
Nico Rosberg dürfte nach diesem Wochenende frustriert sein. Eigentlich hat er alles richtig gemacht, aber in der Qualifikation fehlte ihm 0,1 Sekunde auf Hamilton und damit die Pole. Beide Mercedes-Piloten stehen sich in nichts nach und wer auf die Pole schafft beziehungsweise als erster in die erste Kurve einbiegt, scheint das Rennen schon gewonnen zu haben, wenn es keine technischen Probleme gibt. Dabei sah die Strategie von Rosberg im Rennen gar nicht so schlecht aus. Der Rest des Feldes hatte mit dem Ausgang des Rennens nichts zu tun. Am Ende fehlten Ricciardo 50 Sekunden auf Hamilton, der sechstplatzierte Alonso entging nur knapp einer Überrundung. Die Dominanz der Mercedes setzt sich also fort.
Hamilton gewann das Rennen durch zwei Umstände. Erstens seine Pole, zweitens seinen sehr bemerkenswerten Mittelstint. Bei Rosberg hatte man für den Fall, dass er als Zweiter die erste Runde beenden würde, eine Strategie parat. Leicht zurückfallen lassen und Reifen schonen. Der Deutsche probierte es erst gar nicht mit einem Angriff und blieb im üblichen 2-Sekunden-Abstand hinter dem Briten. Logischerweise wäre es Rosberg schwer gefallen, am gleichschnellen Hamilton vorbeizukommen, und bei Mercedes hatte man offenbar keine Lust auf die Wiederholung des Rennens von Bahrain, als die beiden es sich über die gesamte Distanz ordentlich gaben. Dann folgten zwei interessante Entscheidungen.
Man holte Hamilton, der noch gute Rundenzeiten fahren konnte, vor Rosberg rein und gab ihm erneut die „Medium“. Zuvor hatte man gesehen, dass ein Undercut, zumindest wenn man auf neue „Medium“ wechselte, nicht möglich war, also ließ man Rosberg länger draußen. Nach meinem Gefühl aber mindestens eine Runde zu lang. Der Deutsche verlor in seiner In-Lap in den Sektoren auf den alten Reifen vergleichsweise viel Zeit. Betrug der Abstand vor dem Stopp knapp 2 Sekunden, erhöhte er sich durch den späteren Stopp auf knapp 4 Sekunden. Die Idee dahinter war, dass die „Hard“ im Rennen nicht wesentlich langsamer sein würden und vor allem auch am Ende des Stint bessere Rundenzeiten als die „Medium“ abliefern sollten. Der zweite Wechsel würde Hamilton auf die „Hard“, aber Rosberg auf die „Medium“ bringen, mit denen der Deutsche aber weniger Runden würde fahren müssen.
Die „Hard“ lieferten gute Rundenzeiten ab, allerdings wurde man das Gefühl nicht los, dass Hamilton vorne auch nicht mehr tat als nötig. Sein Renningenieur hatte den Versuch des Rosberg-Teams erkannt und man ermahnte den Briten, die Reifen möglichst zu schonen, um eventuell ein paar Runden mehr aus ihnen rausholen zu können. So blieb der Abstand zwar bei 4 Sekunden, dafür konnte der Brite die Reifen aber 25 Runden fahren. Rosberg konnte den Abstand dennoch nicht unter 2 Sekunden bringen, sondern nur unter knapp 4 Sekunden. Im letzten Stint hatte Rosberg zwar die nominell besseren Reifen, aber schon vorher hatte man gesehen, dass die „Hard“ nicht zwingend langsamer waren. Zwar gingen Hamilton die Reifen gegen Ende des Rennens etwas ein, es reichte aber nicht, um Rosberg ran zu bringen. Wenn das Rennen fünf Runden länger gedauert hätte… aber so passte die Strategie von Hamilton perfekt.
Mann des Rennens war aber mit Sicherheit Sebastian Vettel, der mit einer etwas unorthodoxen 3-Stopp-Strategie von P15 auf P4 vorfahren konnte. Man kann in Spanien auf drei Stopps gehen, weil die gesamte Stoppzeit bei ca. 22 Sekunden liegt und Stintlänge für die 2-Stopper ziemlich lange ist. Auf dem Papier und die Tatsache eingerechnet, dass die harte Mischung im Rennen keine Zeitverluste einbrachte, brachte die 3-Stopp-Strategie leichte Vorteile. Das Risiko, dass bei einem zusätzlichen Stopp etwas schief geht oder dass man im Verkehr stecken bleibt, war allerdings groß.
Deutlich kann man das an einem Vergleich zwischen Massa und Vettel sehen. Massa stoppte wie folgt: Runde 12, 28, 46. Vettel kam in Runde 12, 33 und 52. Eigentlich hatte Massa also im ersten Stint einen Vorteil, er lag auch weiter vor dem amtierenden Weltmeister. Auch nach dem zweiten Stopp lag er zunächst vor Vettel, doch der hatte dann die besseren Reifen und konnte sich weiter nach vorne arbeiten. Massa lag bis Runde 43 hinter Vettel, doch dann kam sein früher dritter Stopp. Da der Rest vor ihm auf einer 2-Stopp-Strategie war und einen langen Mittelstint eingelegt hatte und Massa zusätzlich auf der harten Reifenvariante unterwegs war, ging es für ihn nicht mehr vorwärts.
Die Strategie von Vettel ging dagegen voll auf. Sein langer zweiter Stint brachte ihn in Reichweite der Top 8, die Entscheidung von Ferrari und Williams, Räikkönen und Bottas auf eine 2-Stopp-Strategie zu setzen, war dann hilfreich. Dass er allerdings den auf einer ähnlichen Strategie fahrenden Alonso bügeln konnte und ihm am Ende auch noch 11 Sekunden in knapp zwölf Runden abnahm, war dann schon eine schallende Ohrfeige für Ferrari.
Dort wird man sich fragen lassen müssen, ob es klug war, Alonso so lange hinter Räikkönen zu lassen. Der Spanier machte im Rennen einen schnelleren Eindruck, auch wenn der Abstand zwischen beiden zeitweilig etwas größer war. Der Finne profitierte zunächst von der 2-Stopp-Strategie und konnte im zweiten Stint etwas an Zeit gewinnen. Doch am Ende war er dann chancenlos gegen Alonso. Aber die Entscheidung von Ferrari, die Strategie zu splitten, war dennoch richtig, weil nicht vorherzusehen war, welche Variante am Ende klappen würde – siehe Massa. Dass Bottas allerdings vor beiden Ferrari lag, ist dann auch so eine Sache.
In der Hackordnung hat sich nicht viel getan. Red Bull hat einen Schritt gemacht, Mercedes aber auch. Im Schnitt sind die Silberpfeile 0,8 Sekunden pro Runde schneller. Auch wenn Hamilton und Rosberg am Ende eng zusammenlagen, die volle Leistung des Mercedes haben sie nicht gefahren. Sichtbar wird das bei einem Blick in die schnellsten Runden. Die schnellste Runde des Rennens fuhr mit 1:28.918min Vettel, aber eigentlich hätte sie bei Rosberg liegen müssen, als dieser seine Aufholjagd startete. Doch die schnellste Zeit von Rosberg ist drei Zehntel langsamer. Auch ein Blick auf die Grafik mit der Restspritmenge verriet, dass die Mercedes noch Reserven hatten. Wie groß die Reserve ist, kann man schwer sagen, aber angesichts der Zeiten aus der Quali tippen wir mal auf eine halbe Sekunde.
Das Rennen in Spanien ist normalerweise auch ein Gradmesser für die Sommersaison der F1. Wer hier gut unterwegs ist, sollte dies auch bis zur Sommerpause sein. Doch da die Entwicklungsgeschwindigkeit in diesem Jahr höher ist als in den anderen Jahren, lässt sich das für 2014 so pauschal nicht feststellen. Mit Monaco folgt nun ein Rennen, das wieder ganz anders ist, Kanada bietet normalerweise auch keine großen Anhaltspunkte. Auf dem einen Kurs geht es um mechanischen Grip, von dem im Moment vor allem Mercedes, Red Bull und Force India viel haben. Kanada ist wiederum eine Sache der aerodynamischen Effizienz, wo Mercedes, Red Bull, Williams und vielleicht Ferrari gut aussehen könnten.
Aber nach dem vierten Doppelsieg in Folge und einer überlegenen Führung in beiden WM-Wertungen glaubt sowieso keiner mehr, dass Mercedes den Titel wird nicht holen können. Die Frage ist nur, welcher der beiden Fahrer sich durchsetzen wird. Und da scheint Hamilton im Moment die besseren Karten zu haben.
Was sonst noch so war:
– Lotus lieferte ein Lebenszeichen ab. Das Rennen von Grosjean war gut, er hielt sich lange vor den Ferrari, ohne allerdings nach Vorne etwas ausrichten zu können. Er fiel dann am Ende auf P8 zurück, weil das Reifenmanagement des Lotus nicht das Beste ist. Durchaus denkbar, dass Lotus in diesem Jahr noch in Richtung Podium unterwegs sein wird. Es gibt allerdings Gerüchte, dass Lotus mit den Zahlungen für den Motor nicht ganz auf der Höhe ist. Was angesichts der Lage des Teams nicht überraschend wäre.
– Die Force India hatten ein schwieriges Wochenende, der Kurs passte dem Wagen einfach nicht. Immerhin kamen beide Wagen aber in die Punkte.
– McLaren ist weiter im Nirvana. Egal, welche Strategie man probiert, es geht nur rückwärts. Bedenklich ist, dass der Abstand der McLaren nach vorne trotz intensiver Entwicklung auch nicht kleiner wird. Das Traditionsteam steckt weiter in einer tiefen Krise.
– Das gilt auch für Sauber. Das neue, leichtere Chassis und die vielen Updates scheinen nichts gebracht zu haben. Die Schweizer sind das drittschlechteste Team im Feld.
– Geradezu peinlich wurde es für Marussia und Caterham. Die vier schnellsten der GP2 waren in ihrer Qualifikation schneller, als die vier Formel Eins. Und zwar deutlich. Elf GP2 konnten unter 1.30min fahren, das gelang nur Chilton in der F1. Zwar hätte man sich mit einem GP2 auch nicht für Q2 qualifiziert, aber man wäre halt schneller gewesen. Immerhin konnte man sich damit trösten, dass man im Rennen schneller als die GP2 war. Doch der Einsatz eines GP2 kostet pro Saison vielleicht 20 Millionen und nicht 40 wie in der F1.
In 14 Tagen geht es weiter, dann mit dem wunderbaren Irrsinn in Monaco.
Bilder: Red Bull/Getty, MercedesAMG F1, Daimler AG, Ferrari F1, Lotus F1, McLaren F1, Sahara Force India, Sauber Motorsport AG, Toro Rosso/Getty, Williams Racing, Marussia F1, Caterham F1
3 Kommentare
Bevor man von peinlich und was weiß ich nicht was redet, sollte man aber auch bedenken, dass die GP2 diese Zeiten auf der Soft Mischung fuhr und nicht auf der Medium.
Trotzdem traurig für die Formel 1. Die sollten locker 5 Sekunden schneller sein als GP2. Wofür sonst brauchts die Formel 1?
Grosjeans Leistung ist umso bemerkenswerter wenn man bedenkt dass er zu Beginn des Wochenendes schwerstens Magen-Darm hatte und die Nacht auf der Toilette anstatt im Bett verbracht hat. Otto Normalbürger ist nach so einer Tortur erstmal mindestens zwei Tage lang rekonvaleszent. Aber vielleicht haben die damit einhergehenden drei Kilo Gewichtsverlust ja den Ausschlag gebracht…
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