An diesem Wochenende erwacht der japanische Motorsport endlich wieder aus seiner frühsommerlichen Pause. Den Anfang macht die Super Formula, die zum dritten Saisonrennen auf den Fuji Speedway reist. Tabellenführer Loic Duval erhielt nach seinem schweren Unfall in Le Mans noch keine ärztliche Freigabe, weshalb er von Andrea Caldarelli ersetzt wird.
Die bisherige Super-Formula-Saison stach mit drei verschiedenen Siegern mit großer Abwechslung heraus. Den Auftakt in Suzuka entschied Loic Duval für sich, während beim Double-Header im Mai am Fuji Speedway – es wurden zwei Sprintrennen ausgetragen – Joao Paulo de Oliveira und André Lotterer die Mitte des Siegerpodests erklommen. Dieses Wochenende, beim zweiten und somit auch finalen Gastspiel am Fuße des japanischen Wahrzeichens, könnte sich somit der vierte Fahrer in der Siegerliste eintragen. Zu den Favoriten gehört unter anderem auch Gaststarter Andrea Caldarelli. Der Italiener wird den bei den 24 Stunden von Le Mans schwer verunfallten Loic Duval ersetzten, der von den Ärzten noch keine Freigabe erhielt. Es ist jedoch davon auszugehen, dass der Franzose kommenden Monat zum Rennen in Motegi wieder startbereit sein wird. Entsprechend auch die Hoffnung des Teams, das über der Box, wo normalerweise die Namen der Fahrer stehen, eine ermunternde „Loic wird für euch im August wieder da sein“-Botschaft für die Fans aufhängte. An dieser Stelle möchten wir Loic Duval einen weiteren schnellen Genesungsverlauf wünschen.
Die Wahl von Team LeMans (und wohl auch Toyota) auf Andrea Caldarelli dürfte einfach gefallen sein, schließlich ersetzte der Italiener bereits im vergangenen Jahr Duval, als dieser aufgrund zweier Terminüberschneidungen nicht in Japan fahren konnte. Den neuen SF14-Boliden kennt Caldarelli ebenfalls. Letzten Monat führten Toyota und Honda Entwicklungstest im Sportsland Sugo durch, bei denen jedoch keine Stammfahrer eingesetzt werden durften. Toyota packte deshalb seinen Super-GT-Mann Caldarelli ins Cockpit, während Honda die wichtigen Testkilometer mit Takuya Izawa abspulte. Letzterer fuhr bekanntlich bis vergangenes Jahr in Japan und ist heuer mit Unterstützung von Honda in der GP2 unterwegs.
Der Fuji Speedway ist durch die Formel 1 in den 70er Jahren, insbesondere aber durch die beiden Grand Prix in den Jahren 2007 und 2008 bekannt. Der Kurs wurde extra für die Rückkehr der Königsklasse von Herman Tielke umgebaut und an die Sicherheitsstandards angepasst. Im Gegensatz zu anderen Strecken hat er die Strecke mit der längsten Geraden im kompletten Super-Formula-Kalender aber nicht „vertielkt“, auch wenn die Abstinenz einiger Kiesbetten und die fast vollständige Eliminierung des „Bankings“ in einigen Bereichen der Strecke sehr bedauerlich sind. Der Kurs selbst liegt in der Shizuoka-Präfektur, nahe des kleinen Städtchens Oyama und nicht weit von der Großstadt Fuji-chi am Fuße des Fuji-san (so der japanische Name des heiligen Berges), sprich: Man hat nicht nur von der Rennstrecke einen malerischen Blick auf das bekannteste Naturwahrzeichen des Landes. Ebenfalls in der Nähe befindet sich der Fluss Fujikawa, der von der Präfektur Yamanashi bis nach Shizuoka fließt. Die Japaner lieben es, Wörter abzukürzen oder neue Komposita zu bilden, weshalb man oftmals einfach nur vom Rennen „in Fuji“ spricht.
Die Strecke hat nach der Neueröffnung im Jahr 2005 eine Gesamtlänge von 4,563 km und insgesamt 16 Kurven. Nicht alle dieser Kurven tragen hingegen einen Namen. Nicht nur aufgrund der langen Start- und Zielgerade (1,5km) gilt der Kurs als flink. Im letzten Abschnitt beinhaltet er allerdings auch einige mittelschnelle und langsame Kurven. Im folgendem eine Onboard-Runde mit André Lotterer vom zweiten Saisonlauf im Mai dieses Jahres, in der er mit 1:22.572 Minuten einen neuen Rundenrekord aufstellte.
Lotterer zählt zusammen mit Joao Paulo de Oliveira auch dieses Mal wieder zu den heißesten Siegesanwärtern, schließlich dominierten sie die beiden Läufe im Mai. Druck werden sie jedoch von unter anderem Kazuki Nakajima sowie dem vorhin erwähnten Andrea Caldarelli wie auch dessen Teamkollegen Ryo Hirakawa erhalten. Insbesondere letzterer hat noch eine Rechnung offen, nachdem er vergangenes Mal im ersten Lauf zunächst in eine Startkollision mit Hiroaki Ishiura verwickelt war und im zweiten Lauf mit Endposition acht letztlich nicht ganz auf den erhofften Speed kam. Dennoch zeigt die Formkurve des letztjährigen Rookie weiter nach oben. Das Talent ist vorhanden, es fehlt nur noch die Konstanz. Dies hat auch sein Förderer Toyota erkannt, als sie ihn in den letzten beiden Super-GT-Läufen als Ersatz für den WEC-verhinderten Kazuki Nakajima einsetzten. Auch im GT500-Boliden demonstrierte der erst 20-jährige Japaner einen beeindruckenden Grund-Speed, erlaubte sich hier und da aber noch kleinere (Anfänger-)Fehler. Eventuell schafft es der aus Hiroshima stammende Hirakawa diesen Sonntag endlich aufs Podium, nachdem er in Suzuka sowie vergangene Saison schon mehrmals daran kratzte.
Für viel Überholaction sorgte in den letzten beiden Rennen der von mir als „Dark-Horse“ titulierte James Rossiter. Auch mittlerweile als Raketenstarter bekannt – keiner startete bislang so gut wie der Brite – eroberte er beim Suzuka-Auftakt mit dem Silberrang die erste Podiumsplatzierung für Kondo Racing überhaupt. In Fuji hatte Rossiter hingegen mit Problemen in der Qualifikation zu kämpfen. Besonders bitter: Die tolle Aufholjagd in Lauf zwei blieb unbelohnt, nachdem der Brite aufgrund eines Boxenstopp-Problems auf die 17. und damit drittletzte Position zurückgeworfen wurde. Ein Fauxpas, der Kondo Racing dieses Mal nicht erneut passieren sollte. Generell könnte die Strategie am Sonntag eine entscheidende Rolle spielen. Aufgrund des vergleichsweise geringeren Benzinverbrauchs am Fuji Speedway erscheint eine Ein-Stopp-Strategie sinnig. Dennoch könnten es einige Teams mit einer Zwei-Stopp-Strategie probieren, um mit einem leichteren Fahrzeug dem aufgrund der hohen Außentemperaturen von über 30 Grad etwas stärker erwarteten Reifenverschleiß entgegenzutreten. Die Renndistanz beträgt dieses Mal wieder die gewohnten 250km, in diesem Falle also insgesamt 55 Runden. Etwaige Nachwirkungen des zu Beginn der Woche in Okinawa und Kyushu schwere wie leider auch tödliche Schäden anrichtenden Taifuns Neoguri gibt es übrigens keine zu befürchten, da er nicht Kurs auf die Shizuoka-Präfektur hielt.
Ein Regenrennen hätte den Honda-Teams entgegenkommen können, die bekanntlich seit Saisonbeginn mit einem etwas leistungsschwächeren Aggregat sowie Überhitzungsproblemen zu kämpfen haben. Honda hat die letzten Monate zur Weiterentwicklung genutzt und zumindest bei Testfahrten der Super GT in Suzuka bereits geprobt. Mit der insgesamt schnellsten Rundenzeit verbuchte man ein erstes Ausrufezeichen, zu dem aber auch die Balance of Performance-Änderungen des Honda NSX Concept-GT stark beigetragen haben sollten. Dennoch ließ sich aus den Aussagen der Fahrer und Teams heraushören, dass Honda einige Verbesserungen am Motor vornahm. Unter anderem wurde auch stark am Überhitzungsproblem, an dem insbesondere Daisuke Nakajima wie auch Takashi Kogure von Nakajima Racing in der Super Formula sowie alle GT500-NSX-Boliden in der Super GT in Fuji litten, gearbeitet. Allerdings ließen sich in diesem Punkt noch keine genauen Daten sammeln, da die Suzuka-Testfahrten bei kühlen Temperaturen stattfanden. Unklar ist auch, ob Honda den scheinbar verbesserten Motor bereits dieses Wochenende in der Super Formula verwenden wird. So oder so dürften die Honda-Mannschaften gegenüber der Toyota-Konkurrenz etwas im Nachteil sein, da diese bereits mit den alten Aggregaten sowie Autos einen kleinen Höchstgeschwindigkeitsvorteil hatten.
Die dieses Jahr knapp 10 km/h fehlende Leistung resultiert in mindestens rund 1 Sekunde langsameren Rundenzeiten. Entsprechend dominierten die Toyota-Teams das Klassement auf der Hausstrecke im Mai dieses Jahres. Für ein Stück Hoffnung sorgte allerdings Titelverteidiger Naoki Yamamoto, als er im zweiten Lauf auf einen, entsprechend dem Material, beeindruckenden fünften Platz fuhr. Honda und Team Mugen erprobten verschiedene Engine-Mapping-Einstellungen, die der Motorleistung zugutekamen. Mit Blick auf einen spannenden sowie ausgeglichenen Wettkampf bleibt zu hoffen, dass Honda dieses Momentum nutzen kann. Eventuell gelingt es sogar erneut Yamamoto oder einem der beiden Dandelion-Piloten die Top-5 zu sprengen. Dass Punkteplatzierungen auf jeden Fall möglich sind, bewiesen unter anderem auch die beiden Real-Racing-Kämpfer Vitantonio Liuzzi sowie Koudai Tsukakoshi. Letzter verpasste den letzten Punkterang in Lauf zwei am Fuji nur knapp, während Liuzzi im ersten Lauf zum bereits zweiten Mal den achten Rang eroberte. Der ehemalige Formel-1-Pilot ist übrigens von der Super Formula wie auch Super GT schwer begeistert.
TV-Zeiten Fuji
An der derzeitigen TV-Situation hat sich nichts geändert, weshalb erneut auf die mehr oder wenige beliebte Graualternative zurückgegriffen werden muss. Der japanische Sender J Sports 3 überträgt die Qualifikation am Samstag ab 7:45 Uhr. Am Sonntag beginnt J Sports 1 die Übertragung um 6:30 Uhr. Der Rennstart erfolgt eine halbe Stunde später um 7:00 Uhr deutscher Zeit.
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