Endspurt in der Super Formula: Noch zwei Saisonstationen stehen auf dem Plan. Den Anfang macht dieses Wochenende die wunderschöne Naturbahn des Sportsland Sugo, ehe es Anfang November zum großen Finale nach Suzuka geht. Neben der Zuspitzung des Meisterschaftskampfes feiert Takuya Izawa mit dem neuen Team Drago Corse sein Comeback in Japan.
Drago Corse wird vom dreimaligen GT500-Champion Ryo Michigami geleitet, der zusammen mit Mugen im vergangenen Jahr in der GT300-Klasse der Super GT den ersten Titelgewinn eines Hybrid-Fahrzeugs (Honda CR-Z GT) feiern konnte. Danach hängte er seinen Helm an den Nagel, um sich im Hintergrund um die Nachwuchsförderung zu kümmern. Zwar befand er sich für noch einen weiteren Einsatz auf der Entry-List für die 1000km von Suzuka, griff letztlich aber doch nicht ins Lenkrad. Mit Drago Corse verfolgt er das Ziel, eine Anlaufstelle für junge Piloten zu sein. Zum Aufbau dieser Basis holte er nicht nur die japanische „Maintenance-Werkstatt“ Servus, die auch für die Wartung der GT500- sowie GT300-Renner von ARTA verantwortlich sind sowie in der Vergangenheit auch den Formula-Nippon-Boliden von ARTA betreuten, mit an Bord, sondern verpflichtete zusätzlich Takuya Izawa als erfahrenen Piloten; der Motor kommt selbstredend von Honda. Takuya Izawa fuhr bis vergangenes Jahr in den beiden wichtigsten Rennserien Japans, Super GT sowie Super Formula, bevor er diese Saison die Möglichkeit erhielt, sich bei ART Grand Prix in der GP2 für ein mögliches Formel-1-Cockpit bei McLaren zu bewerben. Dass ausgerechnet der 30-jährige Japaner als Rookie nach Europa kam, war nicht nur für viele Insider überraschend. Selbstredend hätte Honda, die in der kommenden Saison bei McLaren als Motorenlieferant einsteigen, gerne einen einheimischen Fahrer am Steuer. Hierfür „reservierte“ man quasi einen Platz bei ART Grand Prix, die mittlerweile auch als Junioren-Team für den britischen Königsklassen-Rennstall fungieren. Ursprünglich war jedoch nicht Izawa, sondern sein ehemaliger Teamkollege Koudai Tsuakakoshi für dieses Cockpit vorgesehen. Hierfür ging der 27-Jährige einen zugegeben etwas merkwürdigen Deal ein, dass er sein Cockpit bei Dandelion Racing räumte, um zu seinem alten Rennstall Real Racing zurückzukehren, für den er auch in der Super GT unterwegs ist.
So galt Tsukakoshi als sicherer Kandidat für das GP2-Cockpit, bekam zum Ende des letzten Jahres jedoch Konkurrenz in Form von Naoki Yamamoto, der sich durch seinen Super-Formula-Titelgewinn ebenfalls für eine Chance in Europa bewarb. Weshalb Takuya Izawa, der 2012 nur knapp die Meisterschaft hinter Kazuki Nakajima verpasste, ebenfalls noch ins Boot geholt wurde, ist nicht bekannt. Doch als wäre die Entscheidung basierend auf dem alten Sprichwort „Wenn zwei sich streiten, freut sich der Dritte“ getroffen worden, bekam Izawa als ältester der drei Bewerber den Zuschlag. Eine überraschende Entscheidung, zumal Izawa mit seinen nunmehr 30 Jahren nicht mehr zu den jüngsten Piloten zählt. Zusätzlich besitzt er nur wenig Erfahrung mit europäischen Strecken oder gar Rennställen. So tat sich der Japaner in seiner Rookie-Saison bislang auch sehr schwer. Nach einem starken Auftakt in der Wüste von Bahrain folgte Nullrunde um Nullrunde, ehe er mit Platz drei im Hauptrennen in Ungarn sein bisher bestes Saisonergebnis feierte. Mit noch vier ausstehenden Saisonläufen in Russland sowie Abu Dhabi befindet sich Izawa derzeit auf dem 16. Tabellenrang. Eine zweite Saison nach seinem „Lehrjahr“ wäre wohl notwendig. Es ist allerdings fraglich, ob er diese auch bekommen wird, zumal er nach biologischer Rechnung auch nicht mehr jünger wird. Vor wenigen Wochen erklärten Koudai Tsukakoshi wie auch Naoki Yamamoto im japanischen Fernsehen, dass sie weiterhin auf ein etwaiges Formel-1-Cockpit hoffen. Sollte aber tatsächlich ein ranghoher Name wie Fernando Alonso zu McLaren wechseln, sehen die Chancen für die zwei „Daheimgebliebenen“ wohl eher schlecht aus, da Teambesitzer Ron Dennis wohl an Kevin Magnussen als zweitem Fahrer festhalten wird. Demzufolge würde Jenson Button ohne Job dastehen. Obgleich der Brite in Interviews mehrmals betonte, dass er auf jeden Fall in der Formel 1 bleiben möchte, könnte er sich auch einen Einstieg in Japan vorstellen. Seine Liebe zum Land ist nicht erst durch seine Verlobte Jessica Michibata bekannt, zusätzlich sprach er sehr positiv über die Super GT. Im Falle eines Wechsels nach Nippon könnte dies somit durchaus über Honda geschehen, die ihn dann wohl auch für das bekannte Doppelprogramm, bestehend aus Super GT sowie Super Formula, verpflichten würden.
Falls noch nicht bemerkt: Die „silly season“ befindet sich bereits im vollen Gange. Auch im Land der aufgehenden Sonne selbst scheint sich das Fahrerkarussell bereits in Bewegung gesetzt zu haben. So testete der letztjährige Kondo-Racing-Pilot Hironobu Yasuda vor rund zwei Wochen für Impul im Simulator und befand sich anschließend auf dem Weg nach Sendai. Es ist nicht bekannt, was er dort machte, aber natürlich sorgte dieser Umstand für einige Gerüchte, zumal Yasuda seit dieser Saison für Impul in der Super GT ins Lenkrad greift. Es ist kein Geheimnis, dass Narain Karthikeyan im zweiten Impul-Toyota nicht ganz den hohen Erwartungen entspricht, die man an einen ehemaligen Formel-1-Piloten haben könnte. In der Autopolis schied der Inder zum nunmehr dritten Mal in diesem Jahr aus, obgleich zwei dieser Ausfälle auf technische Defekte zurückzuführen sind. Die insbesondere im Vergleich zum Teamkollegen und derzeitigen Tabellenführer Joao Paulo de Oliveira deutlich langsameren Rundenzeiten sowie der nach einem Fahrfehler eigenverschuldete Unfall in der Autopolis-Qualifikation dürften die Gemütslage von Teamchef Kazuyoshi Hoshino nicht unbedingt gebessert haben. Karthikeyan, der nicht über Toyota, sondern über Impul selbst zum Cockpit kam, fuhr bereits 2001 für Impul in der damals noch Formula Nippon genannten Rennserie. Sein bestes Resultat waren auch damals zwei sechste Plätze in Suzuka. Die Saison beendete er mit lediglich zwei Punkten auf dem 14. Rang.
Ein weiteres Gerücht dreht sich um Tsugio Matsuda, dessen diesjährige Abstinenz sowie Auswechslung durch Narain Karthikeyan die wohl größte Überraschung darstellte. Der Champion von 2007 und 2008 beteuerte bereits zu Beginn der Saison, dass er unbedingt wieder in die höchste Formel-Serie Japans zurückkehren möchte. Warum Impul ihren erfahrenen Piloten vor die Tür setzte, ist nicht bekannt. Eventuell könnten die Leistungen der vergangenen zwei Jahre eine Rolle gespielt haben. 2012 kehrte Matsuda in die Super Formula zurück. Obwohl er auf Anhieb mit Joao Paulo de Oliveira mithalten konnte, blieben die großen Erfolge aufgrund einiger (technisch bedingter) Ausfälle aus. Fairerweise muss an dieser Stelle erwähnt werden, dass auch der Brasilianer seine Schwierigkeiten zu dieser Zeit hatte, was auf eine allgemein schlechtere Performance von Impul zurückführen ist. Nun wird Matsuda mit KCMG, dem einzigen nicht in Japan ansässigen Team, in Verbindung gebracht. Die Brücke zu der in Hong Kong stationierten Mannschaft erscheint sinnig, da dort Matsudas ehemaliger Ingenieur Akinori Kasai mittlerweile ansässig ist, mit dem er bereits zu seinen glorreichen Impul-Zeiten zusammenarbeitete. Matsuda macht kein Geheimnis daraus, dass er gerne wieder mit Kasai zusammenarbeiten möchte. Zusätzlich half er bereits mehrmals als dritter Fahrer im LMP2-Boliden von KCMG in der WEC aus. Zuletzt in Austin, wo die Hong Konger einen Premierensieg feierten. Zusammen mit Le Beausset Motorsports zählt KCMG in der Super Formula zu den gemeinerweise „Hinterbänkler“ genannten Teams. Eine etwaige Verpflichtung von Matusda könnte für den entsprechenden Durchbruch ins Mittelfeld oder gar die Spitze sorgen, zumal er als einer der Entwicklungsfahrer des SF14-Dallara fungierte. Matsuda im KCMG wäre übrigens kein ungewohnter Anblick: Bereits 2011 klettere er einmalig als Ersatz beim JAF Grand Prix Fuji Sprint Cup für das Team ins Cockpit.
Das Alles ist selbstredend natürlich noch Zukunftsmusik. Dieses Wochenende steht erst mal der sechste Saisonlauf auf einer der schönsten Strecken Japans an.
Das Sportsland Sugo liegt in einer sehr gebirgigen Gegend in der Miyagi-Präfektur, angrenzend an die Stadt Murata sowie keine 20 respektive 40 Kilometer von den Städten Natori und Sendai entfernt, jene Gegend, die im März 2011 vom schrecklichen Erdbeben am schwersten getroffen wurde. Neben viel hübscher, grüner Landschaften schwirren in der Gegend auch viele Käfer umher. Das Besondere am Standort ist allerdings, dass das Wetter binnen Sekunden umschlagen kann. Sonne, Regen, teilweise sogar Nebel, anschließend wieder Sonne und Regen sind selbst im Sommer möglich. Dies stellt die Teams und Fahrer selbstredend vor eine besondere Herausforderung. International eher unbekannt, obwohl zwischen 1988 und 2003 die Superbike-Weltmeisterschaft in Sugo fuhr, ist der 3,737 km lange Kurs eine kleine Achterbahnfahrt – im wahrsten Sinne des Wortes. So ist die Start- und Zielgerade nicht eben, sondern führt zunächst bergauf. Die Steigung wird dabei, anders als bei anderen Strecken, gut von den TV-Kameras eingefangen. Die Gegengerade führt hingegen wieder bergab. Die spannendste der insgesamt zwölf Kurven ist die langgezogene 110R, die direkt wieder auf Start/Ziel führt und gerne auch als Mutkurve bezeichnet werden darf. Side-by-Side-Duelle sind hier zwar möglich, erfordern aber höchste Konzentration beider Fahrer, damit der Wagen auf der äußeren Linie nicht in den Kies und die Reifenstapel rutscht. Die Charakteristik der Strecke gilt als besonders anspruchsvoll fürs Material, insbesondere der Motor sowie die Bremsen werden stark belastet. Das Sportsland Sugo lässt sich somit als eine „typisch japanische“ Rennstrecke bezeichnen. Wunderschön in die Natur eingebettet, mit vielen schwungvollen Kurven sowie Steigungen.
Aufgrund von fehlendem Onboard-Material der Super Formula im Folgenden eine Runde mit Juichi Wakisaka im neuen Lexus RC F aus der Super GT:
Mit einem ähnlich chaotischen Wetter wie die Super GT im Juli dieses Jahres muss die Super Formula dieses Wochenende nicht rechnen. Bei lediglich 20% Regenwahrscheinlichkeit soll es bei 25 Grad angenehm sonnig bleiben. Diese Bedingungen würden an letzte Saison erinnern, als im Sportsland Sugo eines der wildesten Super-Formula-Rennen aller Zeiten stattfand. Vier Safety-Car-Phasen, zahlreiche Positionsverschiebungen sowie ein Kampf um den Sieg zwischen Loic Duval und André Lotterer, den der Franzose mit lediglich 0,041 Sekunden gewann – das knappste Finish in der Geschichte der Super Formula. Einen ähnlichen Erfolg hat Loic Duval auch dieses Jahr bitter nötig. Denn nach der Nullrunde in der Autopolis büßte der Champion von 2009 einige wertvolle Punkte auf Tabellenführer Joao Paulo de Oliveira ein. Das Glück könnte auf der Seite des Franzosen sein, denn der Brasilianer bezeichnet das Sportsland Sugo selbst als seine persönliche Pechstrecke. Sugo und Joao Paulo de Oliveira, das will einfach nicht so recht passen. Zuletzt vergangenes Jahr, als der Impul-Pilot nach einer Berührung mit Ryo Hirakawa einen schweren Abflug erlebte, dabei glücklicherweise aber unverletzt blieb. Entsprechend wird der Brasilianer in Richtung „Lady Luck“ einige Stoßgebete ausgesprochen haben, denn ein Ausfall könnte fatale Folgen für die Meisterschaftsambitionen des derzeitigen Tabellenführers nach sich ziehen. So führt Joao Paulo de Olveira das Klassement derzeit mit 29 Punkten an. Dahinter befinden sich André Lotterer mit 26,5 Zählern sowie Kazuki Nakajima mit 25 Punkten. Wie bereits erwähnt büßte Loic Duval mit seiner Autopolis-Nullrunde einiges an Boden ein, weshalb er sich derzeit nur auf dem vierten Tabellenrang mit 20,5 Punkten befindet. Die Top-5 werden von Hiroaki Ishiura (20 Punkte) komplettiert. Oliveira muss somit nicht zwingend seinen dritten Saisonsieg einfahren, da eine Podiumsplatzierung ausreichen würde, um mit einem entsprechenden Polster zum Finale nach Suzuka zu reisen. Dort finden bekanntlich zwei unterschiedlich lange Sprintläufe statt, für die lediglich halbe Punkte vergeben werden. Als besonderen Bonus erhalten die jeweiligen Laufsieger jedoch jeweils drei Bonuspunkte, wodurch, zusammen mit den Bonuspunkten für die Pole-Position, insgesamt 18 Zähler in Suzuka zu holen sind. Entsprechend sind die Meisterschaftschancen für viele Fahrer noch intakt. Ein Fehler kann eine entscheidende Wendung bringen. Das weiß auch André Lotterer, der 2013 in Suzuka aufgrund seines WEC-Engagements bei Audi nicht teilnehmen konnte und so trotz eines entsprechenden Punktevorsprungs noch den Titel an Naoki Yamamoto verlor.
Auch von den Honda-befeuerten Teams darf im Sportsland Sugo wieder einiges erwartet werden. Naoki Yamamoto dürfte nach Motegi und insbesondere Autopolis, wo er von der Pole-Position ins Rennen ging, am Start aber aufgrund zu stark durchdrehender Hinterreifen auf den siebten Platz zurückgespült wurde, besonders motiviert sein, endlich das entsprechende Ergebnis einzufahren. Vor zwei Wochen vergaben er und Honda eine weitere Chance auf den möglichen Premierensieg in dieser Saison, auch wenn Koudai Tsukakoshi mit Rang vier das bis dato beste Resultat für die Marke feierte. Dennoch hat insbesondere die Performance in der Autopolis gezeigt, dass Honda nach dem dringend benötigten Motoren-Update nun wieder nahezu auf Augenhöhe mit der Konkurrenz von Toyota ist. Einzig an der Umsetzung im Rennen hapert es noch. Von Takuya Izawa und Drago Corse sollte beim Debüt hingegen nicht zu viel erwartet werden. Dessen sind sich auch alle Beteiligten bewusst. So sprach Izawa im Vorfeld darüber, dass es zwar sehr schwer werde, er sich aber über diese Herausforderung, beim Aufbau eines neuen Teams behilflich zu sein, freuen würde. Ähnlich kommentierte Teambesitzer Ryo Michigami die Situation. So sei es wichtig, zunächst eine Basis für Drago Corse aufzubauen. Vielleicht gelingt ihnen aber doch eine kleine Überraschung? Der SF14-Bolide ist für Takuya Izawa jedenfalls kein Neuland, schließlich fungierte er als offizieller Honda-Testfahrer.
Die Renndistanz beträgt 68 Runden (251,88km), wodurch die Super Formula nach dem statischen Rennen in der Autopolis wieder zur üblichen Länge zurückkehrt. Nachtanken sowie Reifenwechsel sind wie üblich auch wieder erlaubt.
TV-Zeiten Sugo
An der derzeitigen TV-Situation hat sich nichts geändert, weshalb erneut auf die mehr oder weniger beliebte Graualternative im Internet zurückgegriffen werden muss. Die Qualifikation wird am Samstag vom japanischen Sender J Sports 3 ab 6:00 Uhr live übertragen. Am Sonntag beginnt die Übertragung von J Sports 3 um 7:30 Uhr. Der Rennstart erfolgt eine halbe Stunde später um 8:00 Uhr deutscher Zeit.
1 Kommentare
[…] Fahrerkarussell verhält sich seit meiner Sugo-Vorschau ruhig. Mehr über den derzeitigen Stand der sogenannten „silly season“ könnt ihr dem soeben […]
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