Das Finale vor dem Finale erfüllte alle Erwartungen und sorgte für ein herzzerreißendes Finish. Doch die Art und Weise, wie dieses ablief und wie es ausging, wird noch einige Diskussionen in den kommenden Tagen hervorrufen.
Dass Kevin Harvick schon fast routinemäßig das Rennen in Phoenix für sich entscheiden konnte und sich damit den Einzug in das dieswöchige Finale sicherte, ging nach dem Rennen fast unter. Der neue Knockout-Modus im Chase ließ erneut die Emotionen hoch kochen, aber dieses Mal nicht unbedingt bei den Fahrern, sondern vielmehr bei den zahlreichen Fans. Aber dazu später mehr. Vorerst wollen wir die #4 ehren, denn Harvick schaffte es bereits in der Frühphase an die Spitze und danach war der Chevrolet, der nun vier der letzten sechs Phoenix-Rennen für sich entscheiden konnte, unantastbar. Teilweise konnte die #4 ganze drei Zehntel pro Runde (!) schneller fahren als die gesamte Konkurrenz. Dass ihm dadurch auch die zahlreichen Restarts nichts anhaben konnten, war da nur wenig verwunderlich. Oft war schon zwei Runden nach dem Restart der Abstand zu den Verfolgern gigantisch und somit verwundert es kaum, dass Harvick mit über 250 Führungsrunden das Rennen souverän für sich entscheiden konnte. Für die #4 war der Sieg von immenser Bedeutung, denn ein zweiter Platz hätte nicht für das Finale gereicht. Beim Rennen um alles oder nichts hat Harvick, wie schon Brad Keselowski vor wenigen Wochen in Talladega, kühlen Kopf bewahrt und darf nun auf die Jagd zu seinem ersten Sprint-Cup-Titel gehen.
Ebenfalls für das Finale konnten sich Joey Logano und Denny Hamlin qualifizieren, nachdem es im Rennen teilweise nicht danach aussah. Beide Piloten hatten zur Mitte des Events mit Problemen zu kämpfen und fielen teilweise gar über eine Runde zurück. Dank des Lucky Dogs konnten sich jedoch beide Fahrer wieder in die Führungsrunde fahren und durch Taktikspielchen in der Schlussphase schließlich den Finaleinzug sichern. Während man dies bei Joey Logano erwartet hatte, ist die Überraschung bei Denny Hamlin umso größer. Keiner hätte wohl nach einer eher durchwachsenen Saison, bei der sich die #11 nur durch einen Sieg im Frühjahrsrennen in Talladega überhaupt für den Chase qualifizieren konnte, mit dem Einzug in das Finale von Homestead und den damit möglichen Titel gerechnet.
Noch weniger wurde allerdings mit Ryan Newman kalkuliert, der es nun tatsächlich unter die letzten vier Finalisten geschafft hat. Doch der Weg dahin ist in den Medien und Social Networks aktuell stark umstritten, denn Newman schob in der letzten Kurve des Rennens Kyle Larson aus den Weg und in die Mauer, um sich doch noch den einen Platz zu holen, der ihn den entscheidenden Punkt Vorsprung vor Jeff Gordon brachte und mit dem er sich den Finaleinzug schließlich doch noch sichern konnte. Gordon war damit draußen und das sorgte anschließend für hitzige Diskussionen, denn die #24, die aktuell die meisten Punkte in der gesamten Saison gesammelt hat und als Titelfavorit galt, ist nun durch ein Rambo-Manöver der #31 in Homestead nur noch Statist.
Doch sind wir mal ganz ehrlich und nehmen die Fanbrille ab: Viele Fans amüsieren sich oft über weichgespülte Rundkursrennserien in Europa, aber wenn es dann mal in der NASCAR ruppiger zugeht, ist es auch nicht recht. Versuchen wir uns mal in Ryan Newman hineinzuversetzen. Er hatte die für ihn einzigartige Chance in das Finale um den Titelkampf einzuziehen und sich damit eventuell zum Champion zu krönen. Mich würde es wundern, wenn irgendjemand in der gleichen Situation tatsächlich gesagt hätte: „Ist doch nur der Sprint-Cup-Titel, lassen wir den Larson doch fahren und schauen wir in Homestead mal zu.“ Kein Racer, und besonders keiner vom Format eines Newmans, hätte diese Aussage akzeptiert, denn schließlich fahren alle Piloten nur für ein Ziel: Den Cup-Titel! Manchmal muss dafür zu fragwürdigen Manövern gegriffen werden und diese werden durch das neue Chase-Format quasi heraufbeschworen. Ryan Newman hat getan, was getan werden musste, und darf sich jetzt als potentieller Titelanwärter sehen, während Jeff Gordon nur zuschauen darf.
Jeff Gordon hat zudem das Finale nicht in Phoenix verspielt, denn mit einem zweiten Platz holte er für sich das bestmögliche Ergebnis raus, denn Harvick war an diesem Tag unschlagbar. Gordon hat das Finale durch seinen eigenen Fehler letzte Woche in Texas verloren und sich damit selbst ins Abseits gedrängt. Nun könnte man sich auch fragen: Was wäre, wenn Junior in Martinsville vom Gas gegangen wäre und den Sieg der #24 geschenkt hätte? Dann wäre Gordon im Finale, aber wäre es dann wirklich etwas, auf das man stolz sein könnte? Will man wirklich einen geschenkten Sieg? Wohl eher nicht. Jeder Rennfahrer ist sich selbst der nächste und wird alles unternehmen, um das eigene Ziel zu erreichen. Dass dies nicht immer nur mit fairen Mitteln geht, haben viele große Fahrer schon vor Jahren bewiesen. Daher sehe ich persönlich die Geschehnisse der letzten Wochen als völlig vertretbar an, denn jeder Pilot möchte schließlich in Homestead der neue Champion werden und nur wer dieses Ziel bedingungslos verfolgt, kann auch am Ende den Pokal in den Nachthimmel von Florida stemmen.
Dass wir solche Aktionen sehen, resultiert einzig und allein aus dem neuen Chase-Format, das aufgrund der knappen Punkteabstände für extrem enge Positionskämpfe sorgt und damit die Rennen anheizt. Dies hatte sich die NASCAR vom neuen Format erhofft und die verbesserten Zuschauerzahlen gegenüber dem Chase der letzten Saison geben Brian France und Co. zumindest in dieser Hinsicht recht. Ob dies allerdings auch ein Format ist, was aus motorsportlicher Sicht fair ist, sei mal dahin gestellt, denn viel hängt bei den zuletzt chaotischen und turbulenten Schlussphasen vom Glück ab und sorgt damit auch dafür, dass viele Favoriten strauchelen und nicht das Finale erreichen. Neben Gordon haben es auch Matt Kenseth, Carl Edwards und der die ganze Saison hoch gehandelte Brad Keselowski nicht geschafft. Damit steht ebenfalls fest: 2014 sehen wir einen neuen Sprint-Cup-Champion, denn keiner der vier Finalisten konnte zuvor den Titel gewinnen.
Das Ergebnis des „Quicken Loans Race for Heroes 500k“ weist viele der nun ausgeschiedenen Chaser in den Top Fünf auf, doch für diese sollte es trotz des guten Ergebnisses nicht mehr reichen. Die aktuellen Stände der Fahrer- und Ownerwertung sind zumindest für den Fahrertitel nicht mehr ganz interessant, denn da bei allen vier Finalisten die Punkte auf den gleichen Wert gesetzt werden, wird am kommenden Sonntag in Homestead derjenige den Titel gewinnen, der am Schluss die drei anderen Finalisten auf der Strecke hinter sich lassen kann. Eine genaue Vorschau liefert euch Kristian wie gewohnt am Freitag. Ich verabschiede mich für diese Saison.
4 Kommentare
Jetzt kann man NASCAR eigentlich nur noch wünschen, dass Newman Meister wird. Am besten noch mit einem Hamlin, der die meisten Runden führt und mit einem Motorschaden ausscheidet. Und Logano räumt Harvick beim Kampf um die Führung in der vorletzten Runde ab und macht sich das Auto dabei krumm, so dass beide nicht mehr weiterfahren können und Newman ein 14. Platz zum Titel reicht.
Vielleicht begreift man dann, dass man sich mt einem gekünstelten Titelrennen noch lange keinen wahren Champion backen kann, den man dann auch entsprechend präsentieren kann und der die Serie dann auch repräsentiert. Vielehr verspielt man so auch das letzte bischen an credibility, was man vielleicht in der untersten Schublade noch hat. Traurig. Einfach nur traurig.
Hat vielleicht einer eine Übersicht, wie es nach dem alten Punktesystem im Chase stehen würde?
@littleskill
Nach altem Chaseformat würde es so stehen.
1.Logano
2.Harvick -29
3.Keselowski -48
4.Gordon -56
5.Newman -57
@Monty: Danke für die Auflistung. Von daher ist Newman nicht ganz zu unrecht unter den letzten 4, auch wenn die Liste nicht zu 100% aussagekräftig ist, denn man fährt den Chase mit einer anderen Taktik.
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