Besser hätte die Saison für Mercedes nicht laufen können. Beide Titel gewonnen, alle Pole Positions für Mercedes-Motoren. Doch wie gelang es Hamilton, seinen zweiten WM-Titel zu holen, obwohl er nach Spa 30 Punkte zurücklag?
Ein schlappes Investment von 250 Millionen Euro, dazu vermutlich eine zweistellige Millionensumme für die Entwicklung des Motors, zwei der besten Fahrer im Feld – das braucht man, um Weltmeister zu werden. Naja, das haben sich Renault und Ferrari vor der Saison vermutlich auch gedacht, aber Mercedes hat mit vergleichbaren Einsatz einfach den besseren Weg gefunden. Der neue Motor spielt mit Sicherheit eine sehr große Rolle. Wie groß der Leistungsvorteil von Mercedes ist, weiß so richtig keiner. 75 PS, meinte Helmut Marko mal, aber da der Renault-Motor immer noch besser ist als der von Ferrari, müssten die dann mit knapp 100 PS weniger unterwegs sein. Auch wenn Ferrari (aus Gründen, siehe dann den Ferrari-Artikel) sich in Sachen Motorbau verzockt hat – so schlecht sind die Italiener in Sachen Motor dann doch nicht. Die Wahrheit dürfte schwer zu finden sein, aber vermutlich so bei rund 40 bis 50 PS liegen.
Tatsächlich ist es Mercedes gelungen, für 2014 den perfekten Motor zu bauen. Haltbar, hohe Leistung, wenig Verbrauch. Natürlich gab es technische Probleme. In Australien streikte ein Zylinder bei Hamilton, in Kanada stieg das ERS aus, in Silverstone das Getriebe von Rosberg, in Ungarn platzte eine Benzinleitung beim Hamilton, in Singapur legte ein gebrochenes Kabel die Elektronik bei Rosberg lahm und in Abu Dhabi gab das ERS erneut bei Rosberg auf. Bei Ferrari gab es derartige Probleme kaum. Aber die Dominanz von Mercedes reichte aus, um diese Ausfälle zu kompensieren. Mal abgesehen von Abu Dhabi kamen die Mercedes, wenn sie ins Ziel kamen, immer aufs Podium. Selbst als Hamilton in Ungarn als Letzter ins Rennen ging.
Doch der Motor alleine machte nicht den Unterschied aus, wie man am Beispiel von McLaren oder Force India sehen konnte. Auch das Chassis des W05 war in diesem Jahr unschlagbar. Vorbei die Zeiten, in denen der Mercedes die Hinterreifen nach wenigen Kilometern zerstörte. Vorbei auch die Zeit, wo man entweder einen guten Topspeed oder gute Abtriebswerte hatte. Die Entscheidung von Pirelli, dieses Jahr deutlich härtere Mischungen zu bringen, hat dem Mercedes sicher geholfen, aber auch mit den „Supersoft“ konnte Mercedes meist die längsten Stints fahren. Der W05 hatte die perfekte Mischung: viel mechanischer Grip, eine gute Aerodynamik, die auf allen Kursen passte, wenig Reifenverschleiß. Selbst das Verbot der „FRIC“-Aufhängung mitten in der Saison konnte Mercedes nicht stoppen. Was auch daran lag, dass Red Bull und Ferrari ebenfalls damit unterwegs waren und das Verbot alle betraf. Das Chassis hat zwar Aldo Costa zum größten Teil verantwortet, Ross Brawn war allerdings auch beteiligt, wie Mercedes am Saisonende nicht müde wurde zu betonen.
Bester Motor, bestes Chassis. Und mit Lewis Hamilton und Nico Rosberg zwei der besten Fahrer im Feld. Vor allem Rosberg überraschte. Hamilton gilt, ebenso wie Alonso und Vettel, als „der“ Mann für die Quali. Wenn einer eine Chaosrunde aus dem Ärmel zupfen kann, dann der Brite. Tatsächlich hat ihn Rosberg in Sachen Qualifikation sowohl 2013 als auch 2014 deutlich geschlagen. Begünstigt durch den Ausfall von Hamilton in Australien ging Rosberg auch schnell in der WM in Führung, aber die 25 Punkte Vorsprung schmolzen schnell dahin, da Hamilton gleich vier Mal in Folge siegen konnte. Malaysia, Bahrain, China und Spanien gingen an den Briten und schon im Mai war klar, dass Rosberg Monaco gewinnen muss, wenn ihn der Brite nicht demoralisieren soll.
Das gelang Rosberg auch, es folgte der Ausfall von Hamilton in Kanada, der sich mit dem von Rosberg in Silverstone aufhob. Rosberg gewann dafür deutlich das Rennen in Hockenheim und verlor gegen Ricciardo in Ungarn, weil Mercedes mit der Strategie völlig daneben lag. Damit war Halbzeit. Hamilton hatte fünf, Rosberg vier Siege auf dem Konto. Und dann kam Spa.
Spa war der Wendepunkt für Rosberg. Zwar führte er nach dem Rennen mit knapp 30 Punkten vor Hamilton, aber der Unfall ging klar auf seine Kappe. Und Mercedes reagierte auf den Fauxpas mit aller Härte. Rosberg musste sich beim Team, bei Hamilton und gegenüber der Weltöffentlichkeit entschuldigen. Dazu gab es eine interne Geldstrafe. Eine Demütigung. In Monza wollte Rosberg zurückschlagen, allen zeigen, dass er so oder so der schnellere Mann im Team ist. Und er lag auch vorne, obwohl Hamilton ausnahmsweise mal die Pole geholt hatte. Aber Lewis war im Rennen schneller, er holte auf, setzte Rosberg unter Druck. Der Deutsche versuchte zu reagieren, was dann im bekannten Fehler am Ende der Start/Zielgeraden resultierte. Hamilton hatte klar gestellt: Ich habe die besseren Nerven, ich bin der schnellere Mann auf der Strecke.
In Singapur konnte Rosberg nicht reagieren, beim Rennen Japan zockte ihn Hamilton erneut ab. In Russland bremste sich der Deutsche übermotiviert seine Reifen nach ein paar Hundert Metern eckig, in Austin verhedderte er sich nach eigener Aussage mit den Knöpfen und konnte das ERS nicht auslösen.
Überhaupt war Austin vielleicht das Rennen, dass die Unterschiede zwischen beiden Fahrern in dieser Saison am besten zeigte. Rosberg hatte die Pole, er ging in Führung, aber konnte sich von seinem Teamkollegen nicht entscheidend lösen. Lewis blieb auf Tuchfühlung und nutzte dann den zweiten Stint für seinen Angriff. Rosberg hätte kontern können, wollte das aber nicht, weil er Angst um seine Reifen hatte. Das Ergebnis sah dann wieder so aus, als habe der Briten den Deutschen deklassiert.
Tatsächlich ist das Rennen gerade aus strategischer Sicht und aufgrund der gewählten Setups spannend, denn es zeigte in der Nachschau, wo Hamilton dieses Jahr besser war. Beim ersten Stopp ließ Rosberg seinen Frontflügel unverändert, während Hamilton etwas mehr Abtrieb einstellen ließ. Das machte den Unterscheid in Sachen Reifenverschleiß auf der Vorderachse. Es machte auch klar, dass die beiden in den freien Trainings wohl unterschiedlich arbeiten. Während Rosberg die maximale Perfomance sucht, hatte Hamilton die Rennabstimmung mehr im Blick. In fast allen Rennen kam er mit den Reifen besser klar, hatte weniger Verschleiß oder Graining. Dazu kam, dass Hamilton die Rennen besser lesen konnte. Er wusste genau, wann er sich zurückhalten musste und wann er mit seinem Fahrstil und dem gewählten Setup angreifen konnte (Hammertime). Er hatte den W05 perfekt im Griff.
Rosberg schien manchmal verzweifelt und übermotiviert, manchmal fehlte ihm einfach die Antwort auf die Attacken von Hamilton. Erstaunlicherweise schien Hamilton der ruhigere, ausgeglichenere Fahrer zu sein. Vor drei oder vier Jahren war das noch nicht so, aber Hamilton ist gereift, hat klar erkannt, wo seine Fehler lagen und wie er mit ihnen umgeht. Rosberg wurde nicht geschlagen, weil er grundsätzlich langsamer als Hamilton ist, sondern weil der Brite ihn in Sachen „innerer Ausgeglichenheit“ schlagen konnte. Das war bei den Siegen zu Beginn der Saison zu sehen und bei den fünf Siegen von Lewis in der zweiten Saisonhälfte.
Interessant wird sein, wie sich Nico Rosberg für 2015 aufstellt. Er hat den Speed, um mal einen ehemaligen Teamchef zu zitieren, aber wird er nächstes Jahr auch die innere Ruhe haben, mit der Hamilton ihn dieses Jahr schlagen konnte.
Bilder: Daimler AG, Mercedes AMG F1
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