Die FIA WTCC hält dieses Wochenende in Marrakesch ihr einziges Gastspiel in Afrika ab, doch es wird wohl kaum Fernsehzuschauer geben.
Man darf sich fragen, wer den Kalender der FIA WTCC geplant hat. Denn dieses Wochenende werden die Rennen zur gleichen Uhrzeit stattfinden, zu der auch die Formel 1 in Bahrain fährt. Zusätzlich fährt auch noch die Moto3 gleichzeitig im Rahmen der MotoGP ihr Rennen in Argentinien und so dürfte die Zuschauerschaft am Sonntagabend bei den beiden FIA WTCC-Rennen nur noch sehr gering sein. Um die Chance auf Zuschauer noch weiter zu verringern, wird Eurosport Deutschland auch nur den zweiten Lauf übertragen – der erste Lauf wird auf Eurosport 2 nur einmal zu einer normalen Sendezeit am Montag wiederholt. Für alle, die das Rennen sehen wollen, bleiben dann der Eurosport Player oder Youtube am nächsten Tag. Doch weg von der Kalenderplanung der FIA WTCC, hin zu der eigentlichen Rennvorschau.
Die FIA WTCC tritt seit 2009 in Marrakesch an und die Rennen bieten immer ordentliche Unterhaltung, jedoch recht wenig Rennaction. Das liegt daran, dass es sich bei der Strecke um einen Stadtkurs in Marrakesch handelt und dieser recht eng ist, mit Streckenmauern als Außenbegrenzung. Falls es dann mal zu einem Fahrfehler oder einer Kollision kommt, landet man recht schnell in der Mauer und das Safety-Car muss auf die Strecke. Etwas problematisch sind dabei auch die Streckenposten, die nur zur FIA WTCC diese Funktion ausüben und daher nicht so routiniert sind wie Streckenposten an permanenten Rennstrecken. Da kann es passieren, dass mehr als die Hälfte des Rennens hinter dem Safety-Car stattfindet und die Rennaction ein bisschen leidet.
Das Streckenlayout bevorteilt vor allem Fahrzeuge mit starker Motorenleistung und viel Traktion, da auf langsame Kurven immer eine Gerade folgt, auf der man Überholen kann. So fährt man die Hälfte der eigentlichen Strecke auf der Gegengerade, die nur durch künstliche Schikanen unterbrochen wird. Auch fährt man auf dem Weg von der Gegengerade zu Start-Ziel durch eine extrem enge und langsame Haarnadelkurve, an der es die letzten Jahre einige Überholmanöver, aber auch einige Kollisionen gab.
Bei normalem Rennverlauf sollte eigentlich alles für das Citroen-Werksteam sprechen, da man immer noch am meisten Motorenleistung hat und wohl die Konkurrenz problemlos auf der Geraden überholen kann. Auch hat Jose-Maria Lopez beim Test in Marrakesch die Bestzeit gesetzt und der beste Nicht-Citroen lag knapp eine Sekunde hinter ihm. Wenn ich mich auf einen Favoriten festlegen müsste, wäre es wohl auch Jose-Maria Lopez, da er mir dieses Jahr einfach stärker erscheint als Yvan Muller. Für Mehdi Bennani ist es übrigens das Heimspiel und er hat die letzten Jahre sehr gute Leistungen auf der Strecke gezeigt und auch ihn sehe ich am Wochenende auf dem Podium. Insgesamt würde es mich überraschen, wenn es nicht ein reines Citroen-Podium am Wochenende gibt, wobei man gespannt sein darf, ob Ma Qing Hua mit seinen Teamkollegen mithalten kann.
Wesentlich enger wird es im Kampf hinter den Citroens. Denn wie schon in der letzten Saison sind Honda und die RML-Chevrolets auf Augenhöhe. Zusätzlich hat Lada ein starkes Debüt in Argentinien gezeigt und ohne die technischen Probleme wäre man wohl sogar in die Top 5 gefahren. Auch konnte man bei einem Test in Portimao das Fahrzeug mal wirklich ausprobieren, nachdem vor dem Saisonstart in Argentinien nur einen Rollout geschafft wurde. Bei Lada wird dieses Wochenende auch Michail Koslowskii wieder im Fahrzeug sitzen.
Aus dem Honda-Lager wird dieses Wochenende Rickard Rydell fehlen, da er an einer Viruserkrankung leidet. Auch Dušan Borkovic wird wohl wieder mit seiner Körpergröße kämpfen müssen in dem kleinen Honda Civic. Bisher hat man noch keine Lösung gefunden und das Fahrzeug wird wohl erst zum Rennen in Ungarn einen passenden Umbau erfahren. In den bisherigen Trainingssessions waren die Hondas und die Chevrolets auf Augenhöhe, aber konstant mehr als eine halbe Sekunde hinter den Citroens. Bei Honda lief es bisher für die beiden Werksfahrer Tiago Monteiro und Gabriele Tarquini am besten, während es im RML-Chevrolet-Lager für Tom Coronel und Tom Chilton besonders gut läuft. Mit Zusatzgewichten wird dieses Wochenende kein Hersteller/Team zu kämpfen haben, da diese erst wieder ab dem Rennen am Hungaroring verteilt werden.
Etwas überraschend hat die FIA WTCC bekanntgegeben, dass Sabine Schmitz beim Rennen auf der Nordschleife in einem Münnich-Motorsport-RML an den Start gehen wird. Für die FIA WTCC ist ein Local Hero extrem wichtig an der Nordschleife und eine bessere Person als Sabine Schmitz hätte man sich da gar nicht besorgen können. Man sollte jedoch nicht zu viel von ihr erwarten, da sie nur beim FIA-WTCC-Testtag auf der Nordschleife im RML-Chevrolet sitzen wird und sonst kaum Erfahrung mit frontangetrieben Rennwagen hat.
Die Auto-GP-Serie wird „aufgrund der politischen Situation“ nicht in Marrakesch starten, jedoch erschließt sich mir die Begründung nicht ganz. Vielleicht hat man auch einfach extrem wenige Fahrer oder man möchte Transportkosten sparen. Die genauen TV-Termine entnehmt ihr am besten aus unserer „TV Termine“-Sektion.