Auch wenn der GP von Bahrain nicht so sensationell war wie im letzten Jahr, so war doch der Kampf zwischen Mercedes und Ferrari sehr sehenswert. Entschieden wurde das Rennen an der Box.
Die Schweißperlen, die Toto Wolff nach dem Rennen auf der Stirn hatte, stammten nicht ausschließlich von der Hitze in Bahrain. Die letzten Runden waren für Mercedes eine einzige Zitterpartie, denn bei beiden Fahrzeugen hatten sich die hinteren Bremsen verabschiedet. Eine weitere Runde, so Wolff nach dem Rennen, und der Sieg wäre an Räikkönen gegangen. Der Finne zeigte sich nach einer interessanten Strategie seines Teams am Ende zwar zufrieden, war aber gleichzeitig ein wenig enttäuscht. Zwar hatte die Strategie Räikkönen auf P2 gebracht, unter Umständen wäre aber auch noch mehr drin gewesen.
Vom Start weg hatte Lewis Hamilton das Rennen angeführt, dieses Mal auch ohne die Beschwerde von Rosberg, der Brite sei zu langsam unterwegs gewesen. Auf den „Soft“ und mit einem schweren Auto mussten beide ihre Reifen ein wenig schonen, wollte man nicht zu früh an die Box kommen. Rosberg hatte zudem mit dem Problem zu kämpfen, dass er zunächst von Räikkönen am Start geschluckt wurde, aber er korrigierte dies mit einem sehenswerten Überholmanöver ein paar Runden später. Das machte auch deutlich, dass die Rennpace des Mercedes in Bahrain etwas besser war, als man vorher gedacht hatte. Rosberg gelang es nicht nur, den Finnen zu überholen, er setzte auch Sebastian Vettel unter Druck und passierte diesen in Runde 9 mit einem schönen Ausbremsmanöver. Für Ferrari war damit klar, dass man an diesem Tag nicht über den Speed an den Mercedes vorbei kommen würde.
Die Italiener beschlossen, die Strategie für Vettel ein wenig anzupassen. Statt mit den „Soft“ im ersten Stint länger draußen zu bleiben, was anhand der guten Rundenzeiten möglich gewesen wäre, probierte man den Undercut an Rosberg, was auch prompt funktionierte. Eine Entscheidung, die Vor- und Nachteile hatte. Die Idee war, dass Vettel die „Soft“ würde lange fahren können, während Rosberg hinter ihm steckte. Der Mercedes-Pilot war aber schon in Runde 16 wieder am Ferrari vorbei, sodass für Vettel klar war, dass es nur noch im P3 gehen konnte. Ein weiterer Nachteil: Vettel musste die „Soft“ und die „Medium“ nun über eine längere Strecke fahren, was sich am Ende rächen sollte.
Hamilton verlor bei seinem Stopp viel Zeit. Vor dem Reifenwechsel hatte er rund fünf Sekunden Vorsprung, danach war es gerade mal eine Sekunde. 1,5 Sekunden gingen bei dem langsameren Stopp verloren, den Rest holten Vettel und Rosberg auf, weil sie mit den neuen „Soft“ schneller waren. Hätte Mercedes auch nur eine Runde länger gewartet, Hamilton wäre auf P3 raus gekommen, was sicher auch eine interessante Konstellation gewesen wäre.
Das spannende im Rennen war aber die Strategie von Räikkönen. Den ließ man auf den „Soft“ bis in Runde 17 draußen, also fünf Runden länger als Vettel. Danach packte man die „Medium“ auf sein Auto, was eine gewagte Entscheidung. Normalerweise sind die weichen Reifen rund 1,5 Sekunden langsamer. Ferrari hatte aber zu Recht damit gerechnet, dass die Mercedes ihre „Soft“ schonen würden, was Räikkönen die Möglichkeit gab, die „Medium“ auszuquetschen. Er reduzierte den Abstand auf Vettel und Rosberg, aber nicht auf Hamilton. Im Gegenteil, gegen Ende seines Stints verlor er sogar wieder eine Sekunde auf den Briten.
Das Problem für Räikkönen war allerdings, dass er mit seiner versetzten Strategie immer wieder Opfer der drei führenden werden sollte, die ein paar Runden früher an die Box gingen und dann mit frischen Reifen rund 1,3 Sekunden schneller waren. Die „Medium“ haben ein breites Arbeitsfenster, weder Rosberg, noch Hamilton mussten sich um ihre Reifen Sorgen machen. So konnte Räikkönen seinen Vorsprung nicht ausbauen, sondern musste warten, bis er im Fenster für die „Soft“ war. Der Fehler, der Ferrari vielleicht den Sieg gekostet hat, lag aber nicht im zweiten, sondern im ersten Stint. Dort hat man den Finnen einfach zwei Runden zu lange draußen gelassen. Die Zeiten im zweiten Stint mit den Medium waren stabiler, eine weitere Runde hätte nicht viel ausgemacht. Das hätte bedeutet, dass Räikkönen zwar die „Soft“ am Ende eine Runde länger hätte fahren müssen, aber mit einem leichten Auto und einer aufgummierten Strecke war der Verschleiß überschaubar. Die Bremsprobleme von Hamilton hat man zwar nicht vorhersehen können, aber Räikkönen wäre zumindest näher am Briten dran gewesen.
Rosberg war ein wenig unglücklich auf P3. Einerseits fuhr er ein sehr gutes Rennen, machte Druck und nahm sich jede Chance zum Überholen, die sich ihm bot. Andererseits war er durch die Probleme mit den Bremsen über die meiste Zeit des Rennens etwas eingeschränkt. Sein Rennen hatte er in der Quali verschenkt, weil er wieder hinter Hamilton landete. Ob er allerdings im Rennen bei einer Führung diese hätte auch halten können, ist schwer zu sagen. Jedenfalls hat er sich in Bahrain von seiner besseren Seite gezeigt, auch wenn er am Schluss gegen Räikkönen nicht gut aussah.
Aber der Speed des Ferrari war am Wochenende nicht ganz auf dem Niveau von Mercedes, von daher hat Ferrari keinen Sieg verschenkt. Interessant wäre die Strategie von Räikkönen teamintern geworden, hätte Vettel nicht seinen Fahrfehler in der letzten Kurve gemacht, die seinen Frontflügel beschädigte. Dann hätte Vettel den Finnen durchlassen müssen. Aber der kleine Fehler sorgte dafür, dass Vettel hinter Bottas landete und interessanterweise nicht an diesem vorbei kam, obwohl die Reifen auf dem Ferrari frischer waren. Es zeigte sich zumindest in Bahrain, dass der Ferrari in Sachen „dirty air“ offenbar etwas anfällig ist. Wird man in Spanien sicher noch mal genauer sehen.
Hinter Mercedes und Ferrari klafft eine riesige Lücke, in der Williams mehr oder weniger alleine unterwegs ist. Rund 0,7 Sekunden fehlen dem Traditionsteam nach vorne und die werden sich vermutlich so schnell auch nicht schließen lassen, es sei denn Williams findet einen Weg, mehr Abtrieb zu generieren, ohne dabei weiter die Hinterreifen zu zerfetzen. Druck nach vorne kann Williams jedenfalls nicht ausüben.
Red Bull zeigte sich leicht erholt. Ricciardo fuhr ein einsames Rennen auf P6, aber Kvyat, den man im TV kaum sah, war recht gut unterwegs. Von P17 gestartet erreichte der Russe am Ende P9, was die Stärken des Red Bull durchaus aufzeigte. Zwar ist die Konkurrenz hinten auch nicht sonderlich stark, aber es ist durchaus beachtenswert. Für unfreiwillige Komik sorgte dann am Ende der Motor von Ricciardo. Frei nach dem Motto von Colin Chapman „Ein Auto muss nur bis zur Ziellinie halten und kann dann auseinderfallen“ verabschiedete sich der Renault-Motor mit einer hübschen Rauchwolken 200 Meter vor dem Ziel. Das war im übrigen Motor Nummero 3, der beim Australier hops ging. Nummer 4 kommt dann in Spanien zum Einsatz. Da noch 15 Grand Prix zu fahren sind, kann sich Red Bull schon ausrechnen, wie oft man von hinten starten wird. Drei Motoren wird er mindestens noch verbraten.
Auch beide Toro Rosso blieben stehen, wobei hier nicht klar war, aus welchen Gründen. „Elektronik“ wurde angegeben, Rauchwolken sah man bei beiden Autos keine. Die Analyse in der Werkstatt wird es dann zeigen. Bekannt ist, dass Renault Probleme mit den Laufbuchsen und den Kolben hat, eine Verbesserung scheint erst ab dem Rennen in Silverstone anzustehen.
Immerhin brachte der Ausfall der beiden Toro Rosso Force India ins Spiel. Die bessere Ausgangposition hatte eigentlich Nico Hülkenberg, der auch lange auf P3 lag. Den Unterschied machte auch hier die Strategie. Force India entschied sich beim Deutschen für eine etwas unorthodoxe Drei-Stopp-Strategie, wobei er ab Runde 25 auf den Medium unterwegs war. Perez stoppe in Runde 17 und in Runde 37, was am Ende die bessere Alternative war. Der Deutsche beklagte nach dem Rennen ein schwer zu fahrendes Auto, das die Reifen regelrecht aufgefressen habe.
Ähnliche Probleme gab es auch bei Sauber, die ebenfalls dreimal an die Box kamen. Zunächst sah es gar nicht so schlecht aus, im ersten Stint stimmte auch die Pace, danach brach die Performance aber ein, Ericsson musste zudem einmal unplanmäßig an die Box, was die Sauber weit nach hinter warf. Da wäre mehr drin gewesen. Grundsätzlich ist der Sauber besser als im letzten Jahr, es fehlt im Mittelfeld bei den engen Abständen auch nicht viel nach vorne. Allerdings muss Sauber dafür weiter nachrüsten, was angesichts der leeren Kassen sicher keine leichte Aufgabe werden wird.
Aufwärtstendenzen gibt es bei Lotus, zumindest bei Grosjean. Der zeigte hübsche Duelle, konnte das Tempo des Red Bull aber nicht mitgehen. Am Ende fehlten ihm 23 Sekunden auf Ricciardo, was dann schon recht viel ist. Von hinten drohte aber auch keine Gefahr, sodass er, wie Ricciardo, ein eher einsames Rennen fuhr. Maldonado hatte mal wieder Pech, sein Rennen war durch etliche Probleme schnell so zerstört, dass er weit zurück fiel.
Sorgenkind bleibt weiter McLaren. Button hatte ein rabenschwarzes Wochenende, er konnte fast überhaupt nicht fahren, weil es dauernd Probleme mit der Elektronik gab. Schon im Winter sorgte die Verkabelung immer wieder für lange Pausen und Stirnrunzeln bei Honda, weil man die Ursachen nicht lokalisieren konnte. Aber erstaunlich ist es schon, dass das Auto in China gut lief, verladen wurde und eine Woche später nicht vom Fleck kam. Dafür lief es bei Alonso etwas besser. In der Quali war er an den Sauber dran und wurde nur um ein paar Tausendstel geschlagen. Im Rennen war er vor allem auf den Geraden chancenlos, rettete sich aber, auch dank der Ausfälle der Toro Rosso, auf P11, was respektabel ist. Positiv ist auch zu vermerken, dass man mit dem Chassis eine Standard-Strategie fahren konnte, ohne dass es Probleme gab. Am Reifenverschleiß liegt es also schon mal nicht.
In Sachen Leistung will Honda in Spanien die nächste Ausbaustufe bringen. Vom reinen Augenschein her fehlen den Japanern gut 70 PS, was schon eine Menge ist. Dennoch ist ein Aufwärtstrend zu sehen und wir bleiben bei unserer Annahme, dass McLaren in der zweiten Saisonhälfte um Punkte wird fahren können.
Die ersten vier Rennen haben in Sachen Hackordnung ein klares Bild gezeigt. Mercedes und Ferrari werden um die Siege fahren, der Rest ist so weit weg, dass man nicht mit ihm rechnen muss. Eventuell bringen Monaco und Singapur leichte Verschiebungen, aber der Vorsprung der beiden Top-Teams ist so groß, dass es schwer werden wird, sie abzufangen.
Man konnte auch die Schwachstellen von Mercedes und Ferrari sehen. Beim W06 ist das Thema Reifenverschleiß groß und das wird sich wegen der gewählten Aufhängungsvariante in diesem Jahr vermutlich auch nicht groß ändern. Das setzt Mercedes vor allem auf Strecken unter Druck, auf denen es heiß ist oder die die Reifen sehr fordern. So hat man dort dann kaum noch Spielraum für die Strategie, was im letzten Jahr anders war. Ferrari ist dran, hat die besseren Verschleißwerte, aber es fehlt auf die Dauer (noch) etwas der Speed. Wenn Mercedes keine Fehler macht, wird es schwer, sie zu schlagen. Gleichzeitig leidet der Ferrari-Motor noch unter mangelnder Leistung, auch wenn nicht viel fehlt. Aber 15 PS oder 20 PS, die es vielleicht am Ende sein werden, reichen im Moment aus, damit Mercedes in Führung bleibt.
In der WM hat Hamilton schon knapp 30 Punkte Vorsprung auf Rosberg und Vettel. Aber wir wissen ja – ein Ausfall und die Sache wird wieder sehr eng.
Bilder: Daimler AG, Ferrari, Williams F1, Red Bull Mediahouse, Toro Rosso/Getty, Force India, Lotus F1, Sauber F1, McLaren F1