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Formula E: Vorschau Berlin ePrix

von StefanTegethoff
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Am Pfingstwochenende steht in Berlin das erste Deutschland-Gastspiel der Formula E an. Die Organisatoren scheinen in der Hauptstadt ein gutes Event auf die Beine gestellt zu haben – und der Sport war bisher auch sehenswert und spannend.

Die Location

C-47s_at_Tempelhof_Airport_Berlin_1948Als Location wurde mit dem Tempelhofer Flughafen ein geschichtsträchtiger Ort ausgewählt, der auch international bekannt ist: Tempelhof war der Dreh- und Angelpunkt der Luftbrücke, die die Westalliierten während der Berlin-Blockade 1948/49 einrichteten. Die „Rosinenbomber“ landeten im Drei-Minuten-Takt und versorgten die abgeschottete Stadt mit dem Nötigsten. Das Luftbrücken-Denkmal vor dem Haupteingang des Flughafens erinnert daran, außerdem wurde für das Event eines der alten Flugzeuge im Infield der Strecke platziert – vermutlich eine Douglas C-54 Skymaster, aber ich bin kein Flugzeug-Kenner.

Das vom Nazi-Regime Ende der 30er Jahre erbaute, monumentale Flughafengebäude im neoklassizistischen Stil war damals das größte Gebäude Europas. Heute steht es unter Denkmalschutz – ebenso die Rollfeld-Markierungen, was bei der Planung des Formula E-Events berücksichtigt werden musste. So wurde es mir auf einem Städtebau-Seminar in Berlin erklärt. Das Dach des 1200 m langen, bogenförmigen Baukörpers mit Flugsteighalle und Hangars war dereinst als große Tribüne für Flugschauen konzipiert worden – diese wird jedoch am kommenden Samstag nicht zum Einsatz kommen. Stattdessen haben die Organisatoren mehrere temporäre Tribünen um die Rennstrecke herum platziert; die Anzahl der Gold-Tribünen an der Start/Ziel-Gerade musste aufgestockt werden, da man zunächst den Vorverkauf abwartete, der jedoch anscheinend gut lief.

Die Strecke

Die Strecke selbst hebt sich von den anderen Kursen, die die Formula E bislang besucht hat, ab, da es sich eben nicht um einen Straßenkurs handelt, sondern um ein auf freier, ebener Fläche zurechtgelegtes Layout. Dieses wurde so geplant, dass es den Stärken der Spark-Renaults entgegen kommt und ihre Schwächen möglichst herunterspielt. So wurde auf lange Geraden möglichst verzichtet, denn es mangelt den Boliden an Topspeed, jedoch wurden mehrere Kehren und enge Kurven eingebaut, um ihre starke Beschleunigung in den Vordergrund zu stellen.

BERLIN_Original_Map_150220_ENEinige der Kehren sind enge Haarnadeln, die Überholmanöver ermöglichen sollten; andere sind weiter und haben einen variablen Radius, was die Fahrzeuge auf den Michelin-Profilreifen ins Rutschen bringen dürfte. Das enge Geschlängel am Ende der Runde führt sogar in den Hangar hinein – sollte jedoch besser fahrbar sein als die holprigen Schikanen auf manchen der vorangegangenen Kurse. Holprig dürfte allerdings der Streckenbelag sein: Das Vorfeld des Flughafens besteht aus großen Betonplatten – das dürfte es umso herausfordernder für die Fahrer und spektakulärer für die Zuschauer machen. Eine Runde auf dem mit Hütchen abgesteckten Kurs kann man hier ansehen:

Das Rennen

JL1_4315Der Berlin ePrix ist der achte von elf Läufen in der Debutsaison der Elektro-Rennserie – nach Berlin folgen noch Moskau und der Doubleheader im Battersea Park in London. So langsam spitzt sich der Meisterschaftskampf also zu, und dank dem Sieg von Sébastien Buemi in Monaco herrscht ein Vierkampf an der Tabellenspitze: Vorn liegt Lucas di Grassi mit 93 Zählern, mit 89 bzw. 83 Punkten folgen Nelson Piquet jr. und eben Buemi. Nicolas Prost ist durch zwei schwächere Rennen etwas zurückgefallen, hat jedoch mit 77 Punkten auch noch Chancen, um die Meisterschaft mitzufahren, wenn er seine Leistung wieder steigern kann.

Für Sam Bird auf Rang 5 (64 Punkte) und die danach folgenden Piloten dürfte es schwer bis unmöglich sein, noch einmal Anschluss an die Spitze zu finden. Mit einem sehr guten Ergebnis in Berlin kann sich Bird vielleicht noch einmal einmischen, jedoch müssten die anderen dafür kollektiv in Probleme geraten.

Unmöglich ist das natürlich nicht, denn auch auf dem weiten Tempelhofer Feld werden die Mauern wieder nah sein – außerdem sorgt die in Monaco begonnene Fehde zwischen den zwei top-platzierten Brasilianern, di Grassi und Piquet, neben dem ohnehin engen Punktestand für Zündstoff. Als Profis sollten beide zwar ihre Emotionen im Griff haben, doch Piquet jr. schien in Monaco reichlich sauer auf seinen Landsmann zu sein, nachdem dieser ihn in der Qualifikation vermeintlich behindert hatte.

_FER9111Im Fahrerfeld bleibt ansonsten alles beim Alten. Von den nun langsam etablierten Fahrern haben einige immer wieder Potential aufblitzen lassen, jedoch durch Pech oder Fahrfehler gute Ergebnisse ein ums andere Mal verspielt. Gerade die beiden deutschen Piloten Nick Heidfeld und Daniel Abt werden beim Heimspiel versuchen, ohne Unfälle und Strafen durch das Rennen zu kommen. Heidfeld, immerhin beinahe-Sieger des ersten Laufs in Peking, hat tatsächlich erst sechs Punkte sammeln können. Abt, der den Startcrash in Monaco auslöste, hat nur 22 Zähler vorzuweisen, von denen 15 aus einem dritten Rang in Miami stammen.

Auch Antonio Felix da Costa hat außer einem (etwas glücklichen) Rennsieg in Buenos Aires nur weniger Zählbares vorzuweisen, wie auch Jean-Eric Vergne, der erst beim dritten Lauf in Punta del Este einstieg und dort beim Kampf um den Sieg einen Aufhängungsbruch erlitt; ein zweiter Rang in Long Beach sowie zwei Poles und eine schnellste Runde zeigen, dass er weiter vorn stehen könnte und müsste.

Einige Fahrer werden also um die Meisterschaft kämpfen, während andere sich rehabilitieren wollen oder einfach nur ein gutes Einzelergebnis anstreben. 33 Runden werden auf der knapp 2,5 km langen Strecke gefahren, die Wettervorhersage steht aktuell bei 18 bis 20°C und einer geringen Regenwahrscheinlichkeit. Beste Bedingungen für ein tolles Rennen.

Das Programm

Das Formula E-Rennen startet (wie gewohnt) um 16 Uhr. Die halbstündigen Trainings beginnen um 08:15 Uhr und 10:30 Uhr, die Quali mit ihren vier Segmenten wird zwischen 12 und 13 Uhr absolviert. Auf Sky Sport 1 wird das Rennen ab 15:45 Uhr live übertragen, die Briten bekommen von ITV4 nicht nur mehr Vorberichte (ab 15 Uhr deutscher Zeit), sondern sogar die Quali live gezeigt.

Als „Rahmenrennserie“ ist zum vierten Mal die Formula E School Series dabei: Schüler lokaler Bildungseinrichtungen im Alter zwischen elf und 16 Jahren bekommen die Möglichkeit, ein gestelltes Elekto-„Kit Car“ zusammenzubauen und mit diesem dann in einem 20 Minuten-Rennen (+ Qualifikation) gegeneinander anzutreten. Die Idee, die Jugend einzubinden, ist schön und findet meine Zustimmung – allerdings wirken die E-Seifenkisten auf den „großen“ Strecken ziemlich verloren, sodass es zumindest am Bildschirm nicht sonderlich sehenswert ist; vielleicht kann man sich für das kommende Jahr eine Alternative überlegen.

Auch die Formula Student Electric ist dabei – allerdings nur mit einer Demo. Die kleinen Boliden sind allerdings sehr sehenswert, denn die von Studenten-Teams entwickelten und gebauten Fahrzeuge sind flotter und höher entwickelt, als man auf den ersten Blick meinen könnte. Neben diesen eher motorsportlichen Programmpunkten gibt es noch einen Weltrekordversuch – die längste Parade von Elektrofahrzeugen wird auf der Strecke angestrebt. Und nach dem Rennen ist da noch der Auftritt von DJ Felix Jaehn. Das mag nicht meine Schiene sein, aber ich werde trotzdem die Veranstaltung auf mich wirken lassen, um nächste Woche hier im Blog die Atmosphäre und das Rennerlebnis vor Ort zu schildern.

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