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IndyCar: Analyse MAVTV 500 – Zurück in die Vergangenheit

von Rainer
11 Kommentare

Am Samstag fand auf dem Fontana Auto Club Speedway das zweite 500-Meilen-Rennen der IndyCar-Saison statt. Will Power kommentierte es mit ungläubigen: „What are we doing? What are we doing?“

die gut gefüllte Haupttribüne am Samstag (c) Chris Jones/ IndyCar Media

die gut gefüllte Haupttribüne am Samstag (c) Chris Jones/ IndyCar Media

Nach der Katastrophe in Las Vegas 2011 schien die IndyCar Series auf einem guten Weg. Mit dem DW12 von Dallara hatte man ein sicheres und ausgereiftes Einheitschassis. Die Motoren von Honda und Chevrolet, Lotus mal ausgenommen, waren sehr ähnlich. Entsprechend gab es enge, spannende, aber sichere Rennen auf den Ovalen und den Stadt- und Straßenkursen. Die Sicherheit auf einigen Strecken war aber teilweise noch verheerend. Dario Franchittis Unfall in Houston ist nur ein Beispiel dafür. Auch die Zuschauerzahlen an der Strecke und vor den Fernsehern erholten sich langsam. Aber auch hier bestätigten Ausnahmen die Regel.

Mit Beaux Barfield als Renndirektor nahmen auch die WTF-Momente langsam ab. Es gab zwar immer noch Ausnahmen, wie zum Beispiel den Stadtkurs in Baltimore, aber insgesamt war die IndyCar Series auf dem Weg dazu, nicht mehr die lächerlichste Serie zu sein. Doch im Winter übernahm Brian Barnhart wieder den Posten. Und seitdem geht es steil bergab. An vielen Dingen trägt er keine Schuld, weil sie entweder schon vor seiner Amtszeit angestoßen wurden (Aero Kits) oder ganz außerhalb seines Einflusses lagen. Der Saisonauftakt in Brasilien wurde von der Lokalregierung Brasilias kurzfristig abgesagt und die IndyCar Series hatte darauf absolut keinen Einfluss. Trotzdem zauberte das bei den Fans das erste ungläubige Kopfschütteln hervor.

Punkt zwei waren die gewöhnungsbedürftigen Aero Kits, die sich direkt beim ersten Rennen reihenweise in ihre Bestandteile aufgelöst haben. Unglücklicherweise wurde eine Zuschauerin in St. Petersburg von einem Teil eines Frontflügels schwer am Kopf verletzt. Zu allem Überfluss waren die Wagen mit Honda Aero Kits auch noch denen von Chevrolet unterlegen. Das vorher doch recht enge Feld war in zwei Teile zerlegt. Besonders bei den Honda-Teams sank die Laune von Rennen zu Rennen. Und das wirkte sich negativ auf eine ganze Serie aus – ein gutes Beispiel dafür ist ja auch Red Bull in der Formel 1.

Alle Alarmsignale hätten aber spätestens im Mai klingeln müssen: Die Trainingswoche zum Indy 500 mit den abhebenden Chevrolets, dem schweren Unfall von James Hinchcliffe und den Entscheidungen Minuten vor der Qualifikation war ein Desaster. Ich verweise dabei auf meine Vorschau zum Indy 500. Beim Rennen im NOLA Motor Sports Park und in Detroit bewiesen dann Fahrer und Teams, dass Regen und der richtige Einsatz von Regenreifen ein schier unlösbares Problem darstellen. Als Fan wusste man nicht, ob man lachen oder doch lieber weinen sollte.

Der absolute Tiefpunkt wurde aber erst am Samstag in Fontana erreicht. Nach dem Rennen in Texas beschwerten sich wieder einige Fahrer, dass die Wagen in der Dirty Air zu schwer zu beherrschen wären. Dies lag unter anderem an der Tatsache, dass die IndyCar Series nach den Unfällen in Indianapolis eine Änderung der hinteren Verkleidungen (diese panels) festgesetzt hat, welche zum Teil das aerodynamische Konzept der Autos über den Haufen geworfen hat, gerade bei den Chevrolets. Im Allgemeinen waren die Autos schwerer zu fahren. Als Antwort beschloss die IndyCar, den Angriffswinkel des Heckflügels zu erhöhen. Da in Fontana mit heißen Temperaturen gerechnet wurde, wurde jener Winkel nochmals für mehr Anpressdruck erhöht, um es den Fahrer zu erleichtern.

Auf die Idee, dass die Fahrer dann wieder stumpf flat in die Kurven fahren können, kamen die „Experten“ um Brian Barnhart nicht. Auch hat man diverse Warnungen der Fahrer wie Will Power einfach ignoriert. Eine Möglichkeit, dies wieder zu entschärfen, wäre eine Erhöhung des Ladedruckes gewesen, denn mit mehr Leistung hat man mehr Geschwindigkeit auf den Geraden und muss entsprechend in den Kurven wieder vom Gas. Auch die Möglichkeit, dass man die Fahrer mehr fordern sollte, indem man durch einen festgeschriebenen, sehr geringen Anstellwinkel des Heckflügels das Abtriebsniveau, trotz der Aero Kits, von 2013 beibehält, sah niemand. Die Folge der ganzen Aktion war das gefürchteten Pack Racing, was nach Las Vegas keine Zukunft mehr in der IndyCar haben sollte.

Castroneves und Montoya führen das Pack an (c) Chris Owens/ IndyCar Media

Castroneves und Montoya führen das Pack an (c) Chris Owens/ IndyCar Media

Mit neuen Reifen bildete sich aber ein Pack aus zehn bis 15 Wagen in zwei bis vier Reihen. Darin wurde teilweise sehr wild gefahren. Fahrer wie Takuma Sato und Marco Andretti nutzten jede Lücke und fuhren insgesamt sehr aggressiv. Den Vogel schoss aber Graham Rahal ab. Er drängte mehrfach andere Fahrer ab, teilweise auch unter die weiße Linie, oder schnitt sehr knapp vor anderen Wagen in deren Linie. So ein Manöver gegen den Führenden Helio Castroneves sorgte in Runde 135 auch für die erste Caution des Rennens. Castroneves verlor Schwung und wurde zwischen Will Power und Ryan Briscoe eingeklemmt. Briscoe konnte den Kontakt nicht verhindern und schickte Castroneves innen ins Gras. Für Helio Castroneves war das Rennen beendet und Ryan Briscoe musste eine Drive-Through Penalty antreten. Der eigentlich Schuldige war aber Graham Rahal.

Insgesamt hatte Graham Rahal einen Freifahrtschein der Rennleitung. Für sein ganzes Blocking bekam er eine Verwarnung und keine Strafe. In Runde 187 gab es ein Missverständnis beim Boxenstopp und er riss beim Losfahren den Tankschlauch ab. Die Teile verteilte Rahal dann auf der Strecke. Auch dafür gab es keine Strafe, erst in dieser Woche soll über mögliche nachträgliche Sanktionen beraten werden. Damit, dass dabei noch viel herauskommt, wird nicht gerechnet. Normalerweise wird immer eine Drive-Through Penalty ausgesprochen, wenn ein Fahrer ein Teil der Boxenausrüstung aus seiner Box mitnimmt. Üblicherweise ist es aber ein Reifen oder der Druckschlauch der Schlagschrauber. Graham Rahal war aber wohl auf einer Mission für eine höhere Instanz.

Von 250 Runden wurden 46 unter Gelb absolviert. In den restlichen 204 Runden gab es 80 Führungswechsel, was einen neuen Rekord für die IndyCar Series bedeutete. Mit 62 und 43 Runden gelangen Will Power und Helio Castroneves die meisten Führungsrunden. Beide holten mit den Plätzen 19 und 23 aber kaum Punkte für die Meisterschaft.

Je länger das Rennen ging, auch bedingt durch die Cautions und die häufigen Reifenwechsel, wurde das Pack Racing zum Rennende hin immer wilder und es kam zu weiteren schweren Unfällen. In Runde 157 kollidierten, bei einer ganz üblichen Pack-Situation, Ed Carpenter und Josef Newgarden. Für beide CFH-Racing-Piloten war das Rennen beendet. In Runde 240 erwischte es Takuma Sato und Will Power. Wie Helio Castroneves verlor Sato Schwung und Power konnte den Kontakt nicht verhindern. Sato schlug dabei sehr hart in die Mauer. Mit weniger als zehn Runden auf der Uhr hätte man das Rennen unter Gelb beenden können. Es war klar, dass ein weiterer Restart die Gefahr eines schweren Unfalls noch einmal massiv erhöhen würde.

Unfall von Briscoe und Hunter-Reay (c) Chris Jones/ IndyCar Media

Unfall von Briscoe und Hunter-Reay (c) Chris Jones/ IndyCar Media

Natürlich unterbrach die Rennleitung das Rennen, um es dann mit noch drei zu absolvierenden Runden neu zu starten. Zu Beginn des letzten Umlaufes hatte Ryan Hunter-Reay keinen Platz mehr zwischen Sage Karam und Juan Pablo Montoya und musste zurückziehen. Er kollidierte dabei mit Ryan Briscoe, der sich im Gras überschlug. Mit diesem Crash war das Rennen dann auch endlich zu Ende. Keiner der Fahrer hat sich Verletzungen zugezogen. Das gilt leider nicht für einen Mechaniker bei Dale Coyne Racing, der schon etwa zu Mitte des Rennens von Tristan Vautier angefahren worden war.

Nach der Zielflagge gab es dann einige sehr kontroverse Aussagen zum Rennen. AJ Foyt und viele Fans in den sozialen Medien fanden es toll. Ryan Briscoe war auch begeistert, prangerte aber die Fahrweise einiger Kollegen an. Team Penske hingegen kritisierte in Form von Präsident Tim Cindric, Will Power und Juan Pablo Montoya massiv das Pack Racing in Gedenken an Las Vegas 2011. Dafür wurden sie dann mit Kritik überschüttet. Allen voran twitterte Ed Carpenter: „If you don’t want to do it, go somewhere else. There’s plenty of other guys who want to be here.“ Dann soll er doch mit seinem Schwiegervater und den „plenty of other guys“ wieder eine eigene Serie aufmachen. Die IRL hat ja so gut funktioniert, dass jeder Fahrer, der die Möglichkeit hatte, die Serie in Richtung NASCAR zu verlassen, dies auch gemacht hat, zum Beispiel Dario Franchitti, A.J Allmendinger, Sam Hornish jr., Danica Patrick.

In meinen Augen haben die Offiziellen der IndyCar Series drei massive Fehler begangen:

– Erhöhung des Abtriebes und damit das Pack Racing ermöglicht
– keine Strafe für Graham Rahal für seine Vielzahl an Vergehen
– Freigabe des Rennens für drei Runden

Diese Punkte dürfen und müssen auch die Fahrer und Teams ansprechen. Zu einer Rückkehr der Zustände vor 2012 darf es nicht kommen. Pack Racing ist zwar sehr spektakulär, aber auch enorm gefährlich, selbst in den Panzern der NASCAR (siehe Kyle Busch). Eine Serie, die fahrlässig mit der Gesundheit der Fahrer und der Zuschauer, wenn so ein Wagen in den Zaun fliegt, spielt, gehört von allen normal denkenden Menschen boykottiert.

Ein weiteres großes Problem waren die Zuschauer vor Ort. Nur etwa 3000 Personen haben sich Samstag am Auto Club Speedway verlaufen. Das ist kein Vergleich zu den Zuschauerzahlen der letzten Jahre, als das MAVTV 500 im August, September oder gar im Oktober ausgetragen wurde. Die Austragung am Tag, sowie das NASCAR Sprint Cup Rennen in Sonoma am gleichen Wochenende dürften weitere Zuschauer gekostet haben. Eigentlich gibt es für 2016 nur zwei Optionen: Entweder man streicht Fontana aus dem Kalender oder verlegt es wieder in den Herbst. Die zweite Option hätte dabei noch den großen Vorteil, dass die IndyCar Saison nicht schon Ende August/Anfang September endet. Auch viele Teamchefs und Sponsoren wünschen sich eine längere Saison beziehungsweise eine deutlich kürzere Winterpause. Für die nächsten Jahre ist aber schon das Rennen in Boston als neuer Saisonabschluss verkündet worden. Hinter Fontana steht also ein großes Fragezeichen.

Gewonnen hat übrigens Graham Rahal. Die Rennleitung war begeistert, die Kommentatoren bei NBC Sports auch. Das Ergebnis gibt es hier. Mit Platz 4 verteidigte Juan Pablo Montoya seine Führung in der Meisterschaftswertung. Scott Dixon auf Platz 6 verlor, im Gegensatz zu Will Power und Helio Castroneves, nur wenige Punkte auf Montoya.

Das nächste Rennen findet am 12. Juli auf der Milwaukee Mile in Wisconsin statt.

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11 Kommentare

floehde 30 Juni, 2015 - 19:21

Um es vorweg zu sagen: Ich brauche weder Tote noch Schwerverletzte bei Autorennen.
ABER: Open Wheeler im Oval sind gefährlich unterwegs und Unfälle sind nicht auszuschließen.
Pack Racing ist äußerst spektakulär und erfordert zweifelsfrei verantwortungsvolle Rennfahrer. Womit wir bei Graham Rahal wären. Der Mann braucht eine Denkpause.
Das Rennen für drei Runden freizugeben fand ich absolut ok. Rennen unter Gelb zu beenden ist für alle Beteiligten, außer dem Sieger, wirklich unbefriedigend. Insofern finde ich die GWC-Geschichte bei NASCAR richtig.
Man sollte die Sicherheit im Auge haben aber die Show nicht vergessen. Ein paar Hektar Asphalt mit ein paar aufgemalten Kurven und fertig ist die Langeweile. Dann können freilich auch Grünschnäbel mit sauschnellen Autos fahren und das bei geringsten Risiko. Gut für die Sicherheit aber wer will das dann noch sehen. Die F1 macht gerade eindrucksvoll vor wie es nicht geht.

Sven 30 Juni, 2015 - 19:45

Also meine Meinung dazu ich habe das Rennen Live gesehen und habe meistens den Racingblog Chat nebenbei an aber ich war nahe daran den Chat auszumachen wegen dem rumnörgeln das die Indycars Lebensmüde wären.

Was soll das Motorsport ist gefährlich und wer das nicht ab kann soll den Stream oder wie ich es mache Sport1 US ausmachen, meine güte.

Der Crash von Briscoe war natürlich nicht ohne aber wer schiss hat kann gerne aussteigen und gehen.
Ich habe bisher Brian Barnhardt hoffe mann schreibt ihn so auch oft belächelt aber as er in Fontana gemacht hat nach dem großen Crash Rot zu machen um noch etwas Green Flag Racing zu ermöglichen fand ich sehr gut.

Ok wie mein Vorredner Floehde gesagt hat braucht der Rahal wohl mal ne abkühlpause seine Aktionen waren sehr grenwertig in meinen Augen.

Aber das Packracing soll genau so bleiben wie es ist das macht die Indycars auf solchen großen Ovalen aus.

So das ist meine Meinung, die nicht jedem passen muss.

StefanTegethoff 30 Juni, 2015 - 21:00

Ich habe mir das Rennen auch angesehen und war – wie Rainer – sehr verwundert, dass plötzlich wieder im Pulk gefahren wird. Das mag für den Augenblick spektakulär sein, aber – abgesehen von der enormen Gefahr, auf die ich jetzt gar nicht nochmal eingehen will – finde ich es auf Dauer auch schrecklich öde. Es hat schlichtweg nicht viel mit Fahrtalent zu tun, wenn man die ganze Runde Vollgas fahren kann und man Kreise um jemand anderes fahren kann, wenn man nur den richtigen Windschatten erwischt. (Dass ein gewisses Talent von Nöten ist, die richtigen Lücken zu finden und präzise zu sein, will ich aber nicht verneinen.)

Die 80 Führungswechsel, der ach so tolle Rekord, sind das Symptom dieser – in meinen Augen – Langeweile. Es ist wie ein NASCAR-Superspeedway-Rennen: einige spektakuläre Momente, vielleicht ein spannendes Finish, aber im Grunde brauche ich mich dafür nicht 3-4 Stunden vors TV zu setzen, sondern kann mir das Highlight-Video hinterher ansehen.

In zwei Wochen wird auf der Milwaukee Mile gefahren. Darauf freue ich mich, das ist die Art Oval, auf die die IndyCars wirklich gehören. Dort ist fahrerisches Talent gefragt, denn man kann eben nicht einfach durchgehend mit Vollgas um die relativ flache Meile heizen, sondern muss mit Gas und Bremse arbeiten. Ich habe letztens erst irgendwo die Aussage von Mario Andretti gelesen, dass er und AJ Foyt Jim Clark für den Milwaukee-Sieg 1965 mehr bewunderten und akzeptierten als für den vorangegangenen Indy-Sieg – weil es eine Fahrerstrecke ist.

Darum würde ich mir wünschen, dass die IndyCars nicht nur in Milwaukee fahren, sondern auch auf den Ein-Meilen-Ovalen in New Hampshire (gab es ja vor einigen Jahren mal kurz wieder, fand das Rennen gut) und Phoenix, und dafür Texas und Fontana streichen. Aber leider wird mein Wunsch wohl nicht in Erfüllung gehen…

DonDahlmann 1 Juli, 2015 - 00:57

Pack Racing ist spektakulär, keine Frage. Und im Normalfall auch ok, siehe Indy. Problematisch wird es, wenn es so wie in Fontana Probleme mit den Fahrern gibt (Rahal) und die Rennleitung auf Biegen und Brechen am Ende eine Show haben will. Der Unfall von Briscoe war auch deswegen so haarsträubend, weil das Auto mal wieder aufgestiegen ist. Und hier liegt dann das Problem mit der IndyCar im Moment. Man hat das Gefühl, dass sie die Probleme nicht richtig angehen. So ein aufsteigender Wagen kann auch schnell mal in die Zuschauerränge fliegen und das will wohl keiner. Die IndyCar geht meiner Meinung nach da fahrlässig vor.

Es ist meiner Meinung nach etwas zu kurz gegriffen, wenn man sagt „Rennsport ist halt gefährlich“. Ja, ist er. Wird er immer sein. Und eine 100&ige Sicherheit wird es nie geben. Aber man kann alles dafür tun, dass die Sicherheit so gut wie es geht gewährleistet wird. Ein Restart unter diesen Voraussetzungen ist grenzwertig, ebenso die Art und Weise, wie die IndyCar mit dem Problem der Aero-Packs umgeht.

j82 1 Juli, 2015 - 07:33

Als einer der „Nörgler“ möchte ich mich nun auch zu Wort melden. Vorweg: Ich bin großer Fan der IndyCar und wünsche mir, dass die Serie an alte Erfolge anknüpfen kann. Die vergangenen Stadtrennen waren äußerst spektakulär und unterhaltsam, insbesondere von sportlicher Seite.

Motorsport ist gefährlich und Tragödien sind Bestandteil dieses Sports. Jedoch erwarte ich mir von allen Beteiligten ein gewisses Maß an Vernunft. Nach den Erfahrungen von 2011 und den aktuellen Problemen mit den AeroKits hat am Wochenende diese Vernunft einfach gefehlt. Hier wurden alle Beteiligten – insbesondere auch die Zuschauer – einem unnötigen Risiko ausgesetzt.
Was man im Motorsport nicht akzeptieren sollte sind Unfall(folgen) die hätten vermieden werden können oder durch Übermut entstehen.

Will Power war mal wieder einer der Leidtragenden. Er wurde 2011 in den schweren Unfall involviert und hatte Glück. Er ist in Loudon 2011 gecrasht, als die IndyCar versucht hatte ein Ovalrennen bei einsetzendem Regen erneut zu starten und er wurde dieses Wochenende wieder unsanft aus dem Rennen gerissen. Seine Reaktion kann ich verstehen, ebenso die Aussagen der Penske-Leute.

Eagel-F1 1 Juli, 2015 - 09:26

Auch ich gehörte am Samstag zur „Nörgler“-Fraktion und schließe mich zu 100% j82 und den anderen Kritikern an.

Ich stelle mir die Frage, was passiert wäre wenn es einen oder mehrer schwer Verletzte oder schlimmeres gegeben hätte? Hätten dann die „Jubeler“ auch gesagt, dass es ein super Rennen gewesen wäre und Packracing der heilige Grahl ist?
Zudem muss man ja auch sagen, dass die Oval-Rennen auch ohne Packracing guter Sport waren wie ich findet.
Ein 2. DW-Crash mit ähnlichen oder schlimmeren Folgen, den man mit den Autos ja verhindern könnte, dürfte meiner Meinung nach ziemlicher Totengräber für die Indycar sein.

Die Indycar hatte sich mit allen verantwortlich entschlossen dazu, dass sie kein Packracing in dieser Form auf diesen Ovalen haben will und nun ist es wieder soweit. Ich bin sehr gespannt ob und wie sie reagiert. Bisher habe ich eher das Gefühl, dass man gar nichts machen wird. Bei solch massiver Kritik muss man sich aber zumindes mal äussern und sagen in welche Richtung es gehen wird, damit sich alle Beteiligt darauf einstellen können. Dieses verhalten ist für mich ein ziemliches Kommunikationsdisaster und passt leider in des Bild welches sich die Indycar wieder „erarbeitet“ hat.

ethone 1 Juli, 2015 - 09:51

Die IndyCar hat sich aus meiner Sicht versucht auf das eigene Schwert zu stürzen, es aber knapp verfehlt.
Im Wissen um die Probleme des Packracings, vor dem Hintergrund des Todes von Dan Wheldon und nach den meines Wissens nach immer noch nicht geklärten Problemen mit den Aero-Kits in Indianapolis so ein Rennen zuzulassen halte ich für mindestens fahrlässig.

Es gibt bei alldem einen himmelweiten Unterschied zwischen der Minimierung des Risikos für Schwerverletzte oder Todesfälle und der kompletten Ausmerzung jeglichen Risikos. Letztes ist utopisch. Ersteres ist ein zwingendes Gebot für jeden, der eine Veranstaltung öfter als ein Mal durchführen möchte.

Ich bin ein absoluter Fan der IndyCar, aber ich kann mir diese Rennen nicht mehr anschauen. Wenn ich der Organisation nicht vertrauen kann, dass sie halbwegs sichere (was keinesfalls gleichbedeutend mit „langweilig“ ist) Rennen abliefert, dann investiere ich kein Geld in einen Streaming-Pass, und keine Zeit diese Serie zu verfolgen oder zu unterstützen.

Ich war im März am Nürburgring und habe am Rande bei der Organisation des VLN-Laufes geholfen. Wenn eine Person bei einer solchen Veranstaltung zu Tode kommt oder sehr schwer verletzte wird ist das der absolute worst case. Jede Rennaction steht da für mich hinten an, wenn am Ende des Tages dadurch ein Menschenleben ausgelöscht wird. Über Maßnahmen lässt sich streiten, die an der Nordschleife halte ich beispielsweise für größtenteils grundfalsch.
Dass man lebensgefährdende Situationen wie in der IndyCar nicht sehenden Auges provozieren darf ist aber eine Grundforderung, die ich an jede Serie stelle, die gerne ernst genommen werden möchte.

Crusher75 1 Juli, 2015 - 10:04

Rennsport ist gefährlich und die IndyCar Series gehört aber sowieso zu den gefährlichsten Serien, auch ohne Pack Racing. In den Jahren nach Las Vegas 2011 fallen mir spontan sechs schwer verletzte Fahrer ein:

– Dario Franchitti; Stadtkurs Houston
– Justin Wilson; Oval Fontana
– Josef Newgarden; Oval Pocono
– James Hinchcliffe, Straßenkurs Indianapolis
– Mikhail Aleshin, Oval Fontana
– James Hinchcliffe, Oval Indianapolis

Franchitti und Hinchcliffe hatten im Pech auch noch eine Menge Glück, den Unfall überhaupt überlebt zu haben. Dazu gab es noch eine Vielzahl an schweren Unfällen, die die Fahrer mehr oder weniger unverletzt überstanden haben. An Stelle noch mehr Risiko einzubringen, müsste die IndyCar Series eigentlich in die andere Richtung gehen.

Eine gute Show gehört zum Rennsport dazu und niemand findet ein Ende unter Gelb befriedigend. Ob man aber auf Biegen und Brechen ein Rennen unter Grün zu Ende bringen muss, ist wieder die andere Frage. Ein GWC führt in Daytona und Talladega zu 80% (?) zu einem weiteren Unfall. Das brauch ich. Genau an dem Punkt war die IndyCar Series auch am Samstag. In Texas hätte ich zum Beispiel bei einer Debris-Caution 10 Runden vor Ende, auch gerne ein Finish im Rennspeed gesehen. Es lag halt die ersten gut 230 Runden kein Unfall in der Luft. Es gab enges und spannendes Racing, zumindest im Mittelfeld. So stell ich mir (fast) perfektes Ovalracing vor.

Die Aerodynamik der Speedway-Kits ist dann wieder eine ganz andere Baustelle. Ich verstehe nicht, warum man nach dem Indy 500 nicht zurück zu den Dallara-Kits für Texas, Fontana und Pocono gegangen ist. Dann hätte man ein Jahr Zeit gehabt eine Lösung gegen das Abheben zu finden. Stattdessen doktert man mit mehr Engagement als Fachwissen an der Aerodynamik herum. Man muss sich mal vorstelle, dass die mit deutlich über 300 km/h durch das Oval fahren in Wagen, deren Aerodynamik nicht gründlich getestet worden ist. Für mich ist das ein untragbarer Zustand.

@Eagel-F1: Die offizielle Meinung zum Rennen ist:

„The MAVTV 500 at Auto Club Speedway was heralded by some as one of the most exciting races in the sport’s history, which was reflected by a more than 100 percent increase in overnight television ratings. The 250-lap event at Fontana, Calif., which featured an all-time Indy car-record 80 lead changes among 14 of the field’s 23 entries, drew a 0.37 overnight rating as reported by Nielsen – up from a 0.18 rating in 2014.“

Eagel-F1 1 Juli, 2015 - 17:12

@Crusher Danke für den Verweis auf die offizielle Meldung. Die kannte ich schon und es wurde genau gar nichts zu den durchaus breit verteilten Vorwürfen und Kritiken gesagt.
„The MAVTV 500 at Auto Club Speedway was heralded by some as one of the most exciting races in the sport’s history, which was reflected by a more than 100 percent increase in overnight television ratings.“ Ist mir einfach deutlich zu wenig, auch wenn es durchblicken lässt, dass man alles genau so lassen will und hoch zufrieden scheint.

Die Kritiken waren ja nun mal keine Einzelmeinungen von 1-2 Fahrern oder Teamchefs und es wurde sogar im vorraus von einigen Beteiligten gesagt, dass man auf dem falschen weg ist. Dieses Ignorieren seitens der Indycar ist kein gutes Zeichen. Zumal die Indycar noch immer in einer Phase ist, in der man bei grundsätzlichen Fragen vernünftige Diskussion führen und wenn möglich alle Beteiligten in ein Boot holen sollte!

Art Vandelay 2 Juli, 2015 - 09:42

Vorweg: Ich habe mir das Rennen nicht fertig angesehen, als ich gemerkt habe wie das ablaufen wird.

Ja, Motorsport ist gefährlich, aber es ist ein Unterschied ob man ein Restrisiko in Kauf nehmen muss oder sehenden Auges in die Katastrophe läuft. Sind wir uns ehrlich: Wenn die Indycar regelmäßig solche Rennen abliefert, dann es es nur eine Frage der Zeit bis die nächste große Katastrophe eintritt. Und dabei sind nicht nur die Fahrer gefährdet, sondern dank der Flugeigenschaften der Indycars und den Geschwindigkeiten, die bei Strecken wie Fontana erreicht werden, auch die Zuschauer an der Strecke. Es ist mir ein Rätsel wie man überhaupt jemanden finden kann, der bereit ist als Rennleiter dafür die Verantwortung zu übernehmen. Ich sehe, ganz wie Stefan, auch kaum sportlichen Wert in solchen Rennen. Die Zuschauer werden mit reiner Sensationsgier vor den Fernseher gelockt. Das kann nicht der Sinn einer Rennserie sein. Wenn die IndyCar meint solche Rennen veranstalten zu müssen, dann wird sie auf mich als Zuschauer jedenfalls verzichten müssen.

floehde 2 Juli, 2015 - 17:33

Ich möchte an dieser Stelle allen Kommentatoren danken. Ich finde es ok unterschiedlicher Meinung zu sein und es ist ja auch recht schwer in ein paar Zeilen alles Für und Wider zu kommentieren. Das das so respektvoll und trotzdem ehrlich geht – Hut ab. Weiter so.

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