Kyle Busch war zur richtigen Zeit am richtigen Ort, wie man so schön sagt, und sicherte sich einen weiteren Saisonsieg in seinem Kampf um die Chase-Teilnahme. Brad Keselowski und Kevin Harvick hatten dabei das Nachsehen, verkauften sich aber keineswegs unter Wert. Wenig Cautions sorgten für ein flüssiges Rennen in Loudon.
Mein Gott, was dreht der Kerl plötzlich auf: Nachdem Kyle Busch verständlicherweise etwas rostig aus seiner langen Verletzungspause zurückgekehrt ist, gewann er nun bereits das dritte der letzten vier Cup-Rennen und zeigt damit, zu welcher Leistung er auch bei nur 80% Gesundheit im Stande ist. Sonoma, Kentucky und New Hampshire sind dazu noch völlig unterschiedliche Streckentypen im NASCAR-Kalender, was die wahnsinnige Performance von Kyle ein weiteres Mal unterstreicht. Die letzte große Hürde stellt nun die Chase-Qualifikation dar, denn trotz dreier Saisonsiege muss er immer noch unter die Top-30 in der Fahrerwertung kommen, um an den Playoffs teilnehmen zu dürfen. Dabei steht die Statistik mittlerweile eindeutig auf seiner Seite.
In der Tabelle findet man Kyle Busch aktuell mit 247 Punkten auf Platz 33 wieder, also etwa am Ende der Schlange der Piloten, die alle 19 bisherigen Cup-Rennen bestreiten konnten. Die drei Fahrer vor ihm, die Busch bei seiner Aufholjagd im Wege stehen, sind Brett Moffitt (32. mit 256 Punkten), Cole Whitt (31. mit 303 Punkten) und David Gilliland (30. mit 305 Punkten). Der Rückstand beträgt also 58 Zähler bei noch sieben zu fahrenden Rennen bis zum Chase-Beginn, was also bedeutet, dass Kyle im Durchschnitt minimal 8,29 Positionen weiter vorne ins Ziel kommen muss als seine drei Mitstreiter. Die mittlere Endplatzierung dieser Piloten über alle 2015er-Rennen beträgt praktischerweise bei jedem exakt 28,1, während Busch mit einer 14,9 dagegenhalten kann. Im Normalfall wäre diese Zahl gut für eine Platzierung am Ende der Top-10 in der Meisterschaft.
Ich sehe zwar eigentlich kein Problem darin, dass Kyle Busch jedes Rennen so deutlich vor David Gilliland, Cole Whitt und Brett Moffitt ins Ziel fährt, zumal sich diese im Normalfall eher in den Top-30 des Leaderboards aufhalten. Solide Top-10-Resultate sollten das Mittel der Wahl für die Mannschaft der #18 sein, seine Bonuspunkte für eine eventuelle Chase-Teilnahme hat man sich ja bereits gesichert. Nur vorsichtig sollten die Herrschaften jetzt sein, denn bereits ein DNF kann den Rückstand wieder vergrößern und dafür sorgen, dass Busch kurz vor Schluss weiter und schwerer unter Zugzwang gerät. Die Amerikaner wollen ihre Cinderella-Story bekommen, aber ich würde auch nicht dagegen wetten, dass Kyle kurzfristig zum Playoff-Beginn mit seinen drei Saisonsiegen eine weitere Ausnahmegenehmigung bekäme und ich befürworte das sogar.
Jetzt bin ich irgendwie etwas vom Rennen in New Hampshire abgedriftet und habe mich mal wieder meiner Statistikverliebtheit ergeben. Denjenigen, denen der Kopf nach dieser Mathestunde noch nicht dröhnt und die bis hier hin weitergelesen haben, sei gesagt, dass ich die 301 Runden auf dem von mir ungeliebten 1-Meilen-Oval als doch recht kurzweilig und unterhaltsam empfand. Da es nur sieben Cautions gab, kam das Rennen in einen guten Rhythmus. Es war eigentlich immer Bewegung im Feld und es ließen sich durchweg schöne Zweikämpfe beobachten. Manch einer (Jimmie Johnson oder auch der inoffizielle NASCAR-Driftkönig Kyle Larson) kam mit dem Setup überhaupt nicht zurecht, während sich an der Spitze – auch durch viele Green-Flag-Pitstops – das Podest-Trio Kyle Busch, Brad Keselowski und Kevin Harvick etablierte.
Die drei Favoriten teilten sich die Lead-Laps relativ gerecht untereinander auf und waren boxenstopp-bereinigt eigentlich immer ganz vorne zu finden, was die insgesamt nur neun Führungswechsel unter sieben Fahrern noch unterstrichen. Die entscheidende Phase begann um Runde 250 herum, als wahrscheinlich jeder Kevin Harvick in der Victory-Lane erwartete, der Brad Keselowski nach den beiden Cautions zuvor stehen ließ. Kyle Busch hatte zu diesem Zeitpunkt viel Boden verloren, weil er mit einem vermutlich losen Rad zwar verfrüht, aber immerhin im finalen Benzinfenster seine Boxencrew aufsuchen musste. Die Gelbphase in Umlauf 252 kam dann für Busch extrem gelegen, da er sich auf den frischen Reifen gerade in einem waghalsigen Manöver aus eigener Kraft zurückgerundet hatte.
Weil die Konkurrenz nun geschlossen zum finalen Stopp ansetzen musste, um das Fuel-Window ebenfalls zu schließen, ging Kyle Busch in Führung, die er bis zur Zielflagge trotz etwas älterer Reifen nicht mehr aufgab. Eine finale Caution fiel in der letzten Runde, ausgelöst durch Pechvogel Alex Bowman, der schon früher im Rennen mit einem spektakulären Feuerstrahl aus dem rechten vorderen Radkasten seinen „Bowman, the Showman“-Ruf verteidigte. Dass dann auch noch ein Streckenposten mit Feuerlöscher auf dem Weg zum Auto stürzte, sorgte für einige Lacher und einen irrwitzig genervt abwinkenden Bowman. Wäre diese Gelbphase etwas früher gekommen, wäre es für Busch vermutlich noch einmal eng geworden. Dahinter wäre eine mordsmäßige Taktiererei mit neuen Reifen losgebrochen. Aber hier springt die berühmte Fahrradkette nun rechtzeitig ein.
Das gesamte Rennergebnis kann bei Jayski inklusive weiterer Statistiken noch einmal nachgeschaut werden. Es folgen wie gewohnt die Fahrerwertung und die Owner-Punkte.