Der GP von Ungarn unterbricht die lange Sommerpause der Formel Eins. Auf der engen Strecke in der Nähe von Budapest wird es am Wochenende aber wieder richtig heiss.
Die Wetterprognosen für das Rennen sind noch nicht ganz sicher, aber allein für Samstag werden satte 37 Grad vorhergesagt. Das könnte etwas Bewegung in das ja sonst eher etwas statische Feld bringen. Das gilt vor allem für den Kampf an der Spitze. Bekanntermaßen mag der Ferrari hohe Temperaturen, während der Mercedes diesen nicht so zugeneigt ist. Sollte das Wetter also Bestand haben, dann könnte sich das Rennen mal anders entwickeln, als das sonst der Fall ist. Denn Pirelli hat am Wochenende die „Medium/Soft“ Varianten am Start. Zwar kommt der Mercedes auch mit beiden Mischungen gut klar, der Vorteil bei heissen Asphalttemperaturen liegt aber bei Ferrari. Zumindest ein bisschen.
Denn der Abstand von Mercedes auf die Verfolger aus Italien war in den letzten Rennen so groß, dass es fast unwahrscheinlich erscheint, dass Ferrari die Lücke selbst mit einem Reifenvorteil zufahren kann. Im Rennen wird aber das Reifenmanagement eine größere Rolle spielen, sollte es denn auch am Sonntag so heiß bleiben. Aber dazu später noch etwas mehr, wenn wir die Strategie analysieren.
Das Interesse an Ferrari wird am Wochenende aber nicht nur groß sein, weil die Roten um den Sieg mitfahren können. Seit dem GP von England halten sich hartnäckig Gerüchte, dass Ferrari Valteri Bottas aus seinem Williams-Vertrag ausgekauft hat. Die Rede ist von 12 Millionen Dollar, die Maurizio Arrivabene nach England überwiesen haben soll, damit der Finne im nächsten Jahr neben Vettel fahren kann. Ungewöhnlich wäre der Vorgang nicht. Zum einen hat Ferrari das Geld, zum anderen ist aus der Vergangenheit hinlänglich bekannt, dass Frank Williams Fahrer zu gewissen Konditionen frei gibt. Die 12 Millionen könnten die Bilanz des börsennotierten Unternehmens auffrischen. Die Sache hat aber zwei Haken.
Zum einen gibt aus finnischen Medien die Meldung, dass Räikkönen bei Ferrari um ein weiteres verlängert hat. Zum anderen hat Bottas in diesem Jahr durchaus Probleme mit Felipe Massa. Jenen Piloten, den Ferrari mangels Speed entlassen hat. Dazu passend hat sich James Allison geäußert, der meinte, dass Räikkönen in Sachen Speed auf Augenhöhe mit Vettel sei, aber halt mehr Fehler machen würde. Ich bin skeptisch, was die Verpflichtung von Bottas angeht. Für Ferrari bieten sich Ende 2016 weitere Chancen, zum Beispiel wenn der Vertrag von Daniel Ricciardo ausläuft, den ich persönlich stärker als Bottas einschätze.
Jedenfalls haben die Gerüchte die „Silly Season“ schön in Schwung gebracht. Denn sollte Bottas gehen, muss Williams gleichwertigen Ersatz finden. Der könnte Nico Hülkenberg zurück zu Williams befördern, seinen Platz bei Force India könnte eventuell Pascal Wehrlein einnehmen, allerdings bin ich mir nicht sicher, ob der schon die nötige Superlizenz hat. Er ist zwar offizieller Testfahrer bei Mercedes (seit Oktober 2014) hatte aber bisher keine Freitagseinsätze. Eine weitere Variante könnte sein, dass McLaren Stoffel Vandoorne beim indischen Team parkt, denn es sieht ganz so aus, als ob Button noch eine weitere Saison dranhängt.
Zurück zum Rennen: Mit Williams sollte man in Ungarn nicht rechnen. Das Auto hat Probleme mit langsamen Kursen, wie man in Monaco sehen konnte. Zwar hat das britische Traditionsteam nachgerüstet, aber man gibt auch zu, dass man keine endgültige Lösung gefunden hat. Was die Chancen für Force India erhöht, ein wenig nach vorne zu rücken. Die B-Variante des 2015er Chassis hat sich in Silverstone als sehr stark erwiesen, da könnte in Ungarn also was gehen. Für Hülkenberg wäre es gerade bei den laufenden Vertragspokerspielen nicht unwichtig, wenn ihm ein richtig gutes Rennen gelingen könnte.
Lotus wird man vermutlich nicht weiter vorn sehen, der E23 ging schon in Monaco nicht sonderlich gut. Deutlich stärker einzuschätzen sind dagegen die Red Bull, die beim Rennen in Monte Carlo immerhin die Plätze 4 und 5 belegten. Auch in Ungarn steht die Motorleistung nicht so im Vordergrund, weil es nicht um den Topspeed geht. Dazu hat sich der RB 11 als ein Chassis gezeigt, dass durchaus gut mit den Reifen umgeht. Man hat Luft mit der Strategie, kann also was riskieren. Stark abhängig wird die Performance aber von den Startpositionen sein, denn in Ungarn kann man bekanntermaßen nicht sonderlich gut überholen.
Gespannt darf man auf die Performance von Toro Rosso und Sauber sein. Wenn man die Erwartungen nicht zu hoch hängt. Toro Rosso wäre mit mindestens einem Fahrzeug für Punkte gut, aber es dürfte ein enger Kampf werden. Sauber wird darauf hoffen, dass die Ausfallrate bei den Temperaturen hoch ist, damit man eine Chance hat.
Und McLaren? Schwer zu sagen. In Monaco holte man die ersten Punkte, aber ob die erwartete Hitze dem Honda-Motor zuträglich ist? Die Probleme bei den Japaner sind bei weitem nicht behoben, man eher den Eindruck, dass sich Honda im Kreis bewegt. In dem Moment, wo man Leistung frei gibt, wird der Motor anfällig, also steckt man zurück, kommt dann aber nicht voran. Immerhin gilt auch für Honda, dass man in Ungarn mit der Leistung sparsam sein kann. Und Button liegt der Hungaroring bekanntermaßen richtig gut.
Ein schweres Wochenende wird es für Manor-Marussia. Nicht, weil man wie gewohnt hinterher fahren wird. Der Tod von Jules Bianchi hängt schwer über den Team. Ohne die zwei Punkte, die Bianchi im letzten Jahr in Monaco holen konnte, wäre das Team über den Winter wie Caterham verschwunden. Die zwei Zähler waren es, die die Investoren wegen der zu erwartenden Garantiezahlungen der FOM überhaupt dazu gebracht haben, Geld in das Team zu stecken.
Für Jules Bianchi wird es um 13.45 Uhr am Sonntag eine Schweigeminute geben.
Strategie:
Normalerweise wäre bei der eher konservativen Reifenwahl „Medium/Soft“ eine Ein-Stopp-Strategie angesagt. Die Soft kann man auf der nur 4.3 Kilometer langen Strecke gut bis Runde 25 oder 30 schleppen, danach dann die „Medium“, die lange durchhalten. Sollte es aber am Sonntag so heiss sein, wie es im Moment aussieht, dann sieht die Sache anders aus. Ferrari hat durchaus die Möglichkeit auch bei 50 Grad Asphalttemperatur die „Soft“ lange fahren zu können, aber so ganz sicher bin ich mir da nicht. Eine Zwei-Stopp-Strategie macht wegen der engen Boxengasse in Ungarn und der dadurch reduzierten Boxengeschwindigkeit eigentlich wenig Sinn, aber wenn der Verschleiss zu hoch ist, wird man nicht drum herum kommen.
Sollten die Temperaturen am Renntag unter 30 Grad liegen, dürfte einen ein Rennen mit wenig Stopps erwarten. Was wiederum auch dies strategischen Möglichkeiten einschränkt. Ein Undercut ist so nur bedingt möglich, weil man dann die „Medium“ zu lang auf dem Auto hat und nach hinten raus dann Probleme bekommen kann.
Ungarn bietet aber auch gute Chancen für die Teams außerhalb der Top Ten. Wenn man mit den „Medium“ los fährt, muss man zwar schauen, dass man die Meute hinter sich in Schach hält, dafür kann man aber dann einen sehr langen ersten Stint fahren um dann am Ende mit frischen „Soft“ und einem leeren Auto einen massiven Vorteil zu haben. Eine Strategie, die man vor allem von Force India und eventuell Sauber sehen könnte.