Eines der langweiligsten Rennen des Jahres ging am vergangen Sonntag über die Bühne und doch gibt es einiges zu bereden. Angefangen beim dominierenden Sieger Matt Kenseth bis hin zu den Auswirkungen des Aeropaketes.
Es war schon eine beeindruckende Show, die uns Matt Kenseth am Sonntagabend bot. Mit nahezu 150 Führungsrunden dominierte er das Pure Michigan 400 vom Start bis ins Ziel. Von Pole gestartet konnte die #20 die freie Fahrt perfekt umsetzen und fuhr teilweise Abstände von über zehn Sekunden auf die Verfolger heraus. Ganz in der Manier von Jimmie Johnson oder Kevin Harvick stellte sich damit erneut ein Toyota von Joe Gibbs in die Victory Lane. Dies passierte nun bereits zum sechsten Mal in den letzten acht Saisonrennen. Joe Gibbs Racing ist augenscheinlich das Team der Stunde und wird mit einer breiten Brust in den bald startenden Chase gehen.
Um Rennsieger Matt Kenseth gab es jedoch nach dem Rennen noch etwas Trubel. Grund war eine ausgebogene Seitenschürze auf der rechten Seite. Letztes Jahr hatten die Teams diese kurz vor dem rechten Hinterrad während der Boxenstopps ausgebogen, um mehr Abtrieb und so höhere Kurvengeschwindigkeiten zu generieren. Aufgrund vieler Reifenaufschlitzer wurde dies zur neuen Saison glücklicherweise verboten. Bei Kenseth war nun wieder Ähnliches zu sehen, wenn auch nicht direkt vor dem Hinterrad und damit auch nicht ganz so effizient. Die Ursache war banal, denn bei einem Boxenstopp wurde der Wagenheber nicht präzise platziert und hob statt dem Fahrzeug nur die Seitenschürze an. Ein Video zur Situation kann hier abgerufen werden: https://www.youtube.com/watch?v=eLZu_t2WfxE
Rekapitulieren wir mal das Aerodynamik-Paket. Das Rennen war langweilig und der Grund dafür war simpel. Durch die hohen Luftverwirbelungen wurde es den hinterherfahrenden Piloten unnötig schwer gemacht, den Kontakt zum Vordermann in den Kurven zu halten. Der hoffnungsvolle große Windschatten verlor in einer Reihe von mehreren Fahrzeugen ebenfalls seinen Effekt, denn jeder bewegte sich mit etwa gleicher Geschwindigkeit und damit war ein Überholen quasi ausgeschlossen. Dies brachte nicht nur überholarme Renn-”Action” sondern auch schnell ein auseinandergezogenes Feld.
Überholen wurde also zur Kunst und wie man es richtig macht, konnte Martin Truex Jr. ab und zu eindrucksvoll zur Schau stellen. Anfangs schob er sich mit Kurt Busch in einem “Mini-Tandem” an seine Gegner heran und als diese ihm einen doppelten Windschatten gaben, kam der verstärkte Windschatteneffekt imposant zum Tragen und katapultierte die #78 an den Kontrahenten vorbei. Dies war allerdings eher ein Glücksfall statt die Regel. Meistens versauerten die Fahrer in der Dirty Air des Vordermannes, und wenn dann doch ein Angriff gestartet wurde und dieser nicht von Erfolg gekrönt war, ging es aufgrund des verlorenen Momentums gnadenlos nach hinten. Für mich ist und bleibt dieses Aerodynamik-Paket ein glatter Reinfall. Glücklicherweise werden diese Experimente für den Chase eingestellt. Nächstes Jahr zieht man dann hoffentlich die richtigen Lehren und setzt auf weniger Aerodynamik.
Kommen wir zurück zum Rennen und Joe Gibbs Racing. Nicht nur Matt Kenseth drückte mit seinem dritten Saisonsieg und zweiten Rennerfolg in den letzten drei Events dem Wochenende seinen Stempel auf, auch der Rest der JGR-Armada wusste zu überzeugen. Seit einigen Wochen trumpft der mit Fahrtalent gespickte Kader auf und so verwundert es nicht, dass auch in Michigan alle vier Fahrzeuge die Zielflagge unter den ersten elf Plätzen sahen. Um präzise zu sein: Denny Hamlin passierte die karierte Flagge als Fünfter, direkt gefolgt von seinem Teamkollegen Carl Edwards. Kyle Busch spielte es mit Blick auf die Punkte sicher und kam auf einer soliden elften Position an.
Wer allerdings ein dickes Ausrufezeichen setzte, war Austin Dillon. In der Anfangsphase steckte er im Verkehr fest und kam nicht von der Stelle. Bei der Competition Caution in Runde 20 entschied man sich als einziges Team, der Boxengasse fern zu bleiben und ergatterte damit die Führung. Die Wenigsten hätten wohl daran geglaubt, dass Dillon danach die Show bis zu seinem nächsten Boxenstopp dirigierte. Ihm kam das an diesem Tag sehr geringe Absinken der Rundenzeiten zugute, die sich über den gesamten Fuel Run auf eine Differenz von einer bis anderthalb Sekunde(n) beschränkten. Zudem konnte er als Führender von der freien Fahrt Gebrauch machen, während der Rest hinter ihm zu kämpfen hatte. In meinen Aufzeichnungen vom Sonntag konnte ich Unterschiede von bis zu einer halben Sekunde zwischen freier Fahrt und Dirty Air feststellen. Das ist im Oval enorm und beantwortet auch die Frage nach den wenigen Überholmanövern.
Für Austin Dillon wurde es letztendlich nichts mit dem erhofften Sieg und dem folgerichtigen Chase-Einzug. Das wäre auch etwas viel unverhofftes Glück gewesen. Trotzdem konnte man sich mit einer mutigen Boxenstrategie und optimaler Ausnutzung des angepassten Aerodynamik-Paketes einen Vorteil verschaffen, welcher der #3 auf einen überragenden vierten Platz verhalf. Dies stellt zugleich Dillons bestes Karriereergebnis dar und bewies abermals, dass die Dillon-Brüder durchaus Talent besitzen, auch wenn ihnen dieses gerne abgesprochen wird. Zum Fan der beiden Kumpane werde ich zumindest trotzdem nicht.
Mit Hinblick auf die Punktejagd für die letzten Chase-Plätze kam an diesem Wochenende auch wieder Bewegung rein, denn Clint Bowyer musste einen schweren Rückschlag verkraften. Nach einem außerordentlich guten Auftritt verabschiedete er sich nach einem Techtelmechtel mit Ryan Newman in die Begrenzung und musste als 41. aus Michigan abreisen. Dadurch schmilzt sein Vorsprung auf die direkten Verfolger Aric Almirola und Kasey Kahne enorm, denn diese konnten gut Punkte einfahren. Einen genaueren Blick auf die neusortierte Ausgangslage werfen wir am Freitag in der Vorschau zu Bristol. Für heute bleibt noch der Link zum Endresultat, sowie den aktuellen Ständen der Fahrer- und Ownerwertung.