Der GP von Belgien überraschte mit keinem Regen und gepflegter Langeweile an der Spitze. Dabei hatte das Rennen richtig gut angefangen.
Die neuen Regeln am Start führten zu viel Diskussionen, aber am Ende passierte natürlich wieder kaum was. Nur Rosberg rutschte die Kupplung minimal durch, was dann zu durchdrehenden Reifen und dem Verlust von drei Plätzen führte. Aber der Deutsche stellte die Hackordnung schnell wieder her, indem einfach länger draußen blieb und die freie Bahn dazu nutzte, den nötigen Vorsprung herauszufahren. Gute Strategie von Mercedes, gute Fahrt von Rosberg, der dann aber hinter dem souverän führenden Hamilton stecken blieb.
Der Brite hatte einen langweiligen Nachmittag. Er führte 41 von 43 Runden, sein Vorsprung bewegte sich meist im Bereich von sechs Sekunden und wirklich hart arbeiten musste nur einmal, als ihm Rosberg nach der VSC etwas auf die Pelle rückte. Aber eine Chance hatte Rosberg nie. Ein besserer Start hätte daran vermutlich auch nichts geändert.
Die Überraschung im Rennen war aber Ferrari. Vettel kam in der Quali nicht über P9 hinaus, was allgemein für Stirnrunzeln sorgte. Bottas gelang eine 1:48.537min, Vettel kam nicht unter 1:48.825min. Tatsächlich war das offenbar alles, was der Ferrari konnte, auch wenn Vettel in Q2 1:48.761min fahren konnte. Bei den Italienern rätselte man, warum der SF-15T am Wochenende nicht in Gang kam. Wie alle Teams hatte auch Ferrari neue Teile am Auto, die man testete. Im Rennen verzichtete man weitgehend auf die neuen Anbauten, aber das brachte auch nichts.
Am Topspeed lag es nicht. Nach der Mercedes-Phalanx hatte Ferrari das schnellste Auto auf der Strecke, was zumindest für Monza schon mal ein guter Hinweis ist. Es ist auch nicht so richtig sichtbar, wo Ferrari die Zeit verliert. Man war einfach in allen Sektoren einen Tick langsamer. Mit einer Regenabstimmung wird man angesichts des Wetters nicht gespielt haben, also bleibt die Frage, warum es nicht laufen wollte.
Ferrari sah die einzige Chance in einer Ein-Stopp-Strategie für Vettel. Man stoppte in Runde 14, was im Zeitplan für eine Zwei-Stopp-Stratgie lag. Dann folgte aber die VSC-Phase wegen des Red Bulls von Ricciardo. Das halbe Feld nutzte den Moment für den letzten Stopp und setzte auf die „Medium“, die Vettel aber schon drauf hatte. Ferrari reagierte überhaupt nicht. Bei Räikkönen machte es wenig Sinn, er war erst in Runde 18 an der Box. Vettel hätte man reinholen können, aber viel Sinn macht es aus Ferrari-Sicht nicht. Vor allem, wenn man sich die Rundenzeiten von Vettel anschaut, der von Runde 22 bis Runde 41 wie ein Uhrwerk 1.55.5min-Zeiten abspulte. Bis halt der Reifen platzte.
Pirelli war der Reifenschaden sichtbar peinlich, da man sich vor dem Rennen aus dem Fenster gelehnt hatte und den Teams vermeldete, dass der „Medium“ 40 Runden durchhalten würde. Mit 27 Runden war man also noch weit vom Maximum entfernt. Man wird sehen, ob Vettel nicht doch irgendwo ein Carbon-Teil aufgesammelt hat. Aber der Reifen delaminierte an der äußeren Flanke und das nach Eau Rouge, wo die Belastung auf dem rechten Hinterreifen besonders hoch ist. Die Vermutung liegt dann schon nah, dass der Reifen einfach nachgegeben hat.
Den dritten Platz erbte dann gerechterweise Romain Grosjean. Der Franzose lieferte ein starkes Rennen, wobei Lotus halt auch von der Mercedes-Power profitierte. Aber auch auf der Strecke lieferte Grosjean sehr gute Überholmanöver ab und blieb vor allem fehlerfrei. Für Lotus kam die Podiumsplatzierung gerade richtig. Das Team hat mal wieder Geldsorgen, weil Ex-Testfahrer Charles Pic klagt, da er im letzten Jahr seine versprochenen Einsätze nicht bekommen haben soll. Dazu kommen genervte Zulieferer, die in England schon vor Gericht gezogen sind. Allerdings scheint Rettung in Sicht, da Renault überlegt, sein ehemaliges Team wieder zurückzukaufen. Red Bull hat Renault wohl um eine Auflösung des bis 2016 laufenden Vertrages gebeten, Renault will aber nicht aus der F1 raus. Also steht Lotus auf der Einkaufsliste.
Ein ebenfalls bemerkenswertes Rennen fuhr Sergio Perez, dem Spa offenbar sehr gut liegt. P4 in der Quali war schon eine kleine Sensation, nach dem Start lag dann lange auf P2 und das, ohne wirklich unter Druck zu kommen. Aber es war schon klar, dass Perez die Position nicht würde halten können. Der umgebaute Force India ist weiterhin nicht sonderlich nett zu den Reifen und muss daher früher an die Box als die Konkurrenz. Force India holte Perez in Runde 8 und in Runde 21 an die Box. Danach musste er dann mit den „Medium“ durchs Rennen kommen, was keine einfache Sache war. Die Rundenzeiten waren am Schluss nicht mehr konkurrenzfähig, aber irgendwie schaffte er es, Massa, Räikkönen und Verstappen hinter sich zu halten. Einzig der verbliebene Red Bull schnappte ihm P4 weg. Natürlich war man bei Force India zufrieden, leider konnte Hülkenberg das Rennen aber wegen eines Turboladerschadens nicht starten.
Die Toro Rosso liefen am Wochenende auch erwartungsgemäß gut. Sainz hatte technische Probleme, aber bei Verstappen ging es dafür umso besser. Sein Überholmanöver, als er außen in Blanchiment Nasr stehen ließ, war schon sehr beeindruckend. Mit seinen 17 Jahren überrascht der Niederländer immer mehr. Fast kein Rennen, in dem er nicht sehr gute Leistungen zeigt, gleichzeitig macht er nichts kaputt und behält den Überblick auf der Strecke.
Dafür lief es überhaupt nicht bei Williams, die sich sehr unorganisiert zeigten. Man war, wie bei Ferrari, überrascht, dass man nicht näher an der Spitze dran war. Bottas hatte eine Chance aufs Podium, dann vertauschte man aber während des Stopps den rechten Hinterreifen. Statt einem „Soft“ bekam Bottas einen „Medium“ und durfte eine Durchfahrtsstrafe absitzen. Massa hielt sich im Mittefeld auf, kam aber nicht an Perez vorbei, der auf der Geraden einfach zu schnell war. Warum der Williams in Spa nicht funktionierte, war Rob Smedley auch nicht so recht klar. In Monza erwartet man aber, wieder weiter vorne zu sein.
Da Sauber, dank des Ausfalls von Vettel, auch noch einen Punkt holen konnte, waren am Ende also fast alle zufrieden. Aber halt nur fast. Bei McLaren sah man viele geschockte Gesichter.
Honda hatte einen komplett neu aufgebauten Motor mit nach Spa gebracht, inklusive einer neuen Verbrennungskammer, neuer Ventile, neue Krümmer und andere Teile. Das Ergebnis glich einer Katastrophe. In der Quali fehlten McLaren 1,1 Sekunden auf P15. Auf P10 fehlen knapp zwei, auf die Mercedes knapp vier Sekunden. Das klingt schon schlimm genug. Noch peinlicher wird es, wenn man nach hinten schaut. Der Manor, der praktisch ein 2014er Auto mit einer nicht so richtig passenden 2015er Nase ist und der im Heck den bekanntermaßen schwachbrüstigen 2014er Ferrari-Motor hat, war in der Quali nur 1,5 Sekunden langsamer. Auf der Geraden erreicht der McLaren 318 km/h. Das sind 22 km/h weniger als die Force India. Und immerhin fehlen selbst auf die notorisch langsamen Red Bull noch 12 km/h.
Einen winzigen Lichtblick gab es bei McLaren, denn Alonso haute plötzlich im Rennen eine 1.53er Zeit raus, was schneller war als die Williams, Ferrari und Lotus. Die Zeit kam nach einem Boxenstopp mit frischen „Soft“ in Runde 34, also mit einem leichten Auto. Allerdings fuhr er danach wieder zwei bis drei Sekunden langsamer.
Normalerweise sollte McLaren zu Beginn der zweiten Saisonhälfte zumindest in Reichweite der Punkte sein, aber davon können Alonso und Button nur träumen. Wenn der überarbeitete Motor ein Schlag ins Wasser ist, dann wird es traurig für McLaren. Denn mit Monza, Suzuka, Russland, Mexiko, USA und Abu Dhabi stehen vor allem schnelle Strecken auf dem Programm. Nur Singapur kommt dem bisher schwachen Honda-Motor entgegen. Es ist schleierhaft, wie Honda den Rückstand aufholen will. Bisher konnte man hoffen, dass sie, wie Ferrari im letzten Jahr, wussten, wo die Probleme liegen. Aber der nun erfolgte Umbau des Motors und die schwachen Ergebnisse zeigen, dass Honda trotz zwei Jahren Entwicklung nicht vorankommt.
Das nächste Rennen beendet dann die Europa-Tournee der Formel Eins. In Monza dürfte es richtig spannend werden – Ferrari wird nach dem schlechten Rennen in Belgien den Sieg beim Heimrennen anpeilen.
Bilder: Daimler AG, Ferrari, Sauber F1, Lotus, Williams F1, McLaren, Red Bull Mediahouse, Force India
1 Kommentare
Verstappen macht nichts kaputt? Gut, wenn man die erwartbaren Anfängerfehler rausrechnet, bei denen er anderen Leuten in die Karre fährt, stimmt das.
Verstappen fährt mit der sorglosen Unbekümmertheit und unerfahrenen Naivität eines 17jährigen. Das kann man toll finden, das kann man auch höchst fragwürdig finden.
Wenigstens gibt es durch ihn jetzt eine explizite Altersregel, die verhindert, dass noch mehr Kinder in die Königsklasse gehievt werden.
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