Das 6-Stunden-Rennen am Nürburgring war eine sehr einseitige Angelegenheit. Porsche dominierte nach Belieben. Nur ein seltsamer technischer Defekt brachte Audi eine Chance.
Schon das Ergebnis aus der Qualifikation ließ bei Porsche die Korken knallen, während man bei Audi etwas überrascht war. Gleiche eine Sekunde nahmen die 918 dem Wagen aus Ingolstadt ab. Und auf knapp fünf Kilometern Strecke ist eine Sekunde gleich eine ganze Welt. Ein Blick in die Sektorenzeiten verriet auch erstaunliches. Porsche gewann zwar wie erwartet viel Zeit im dritten Sektor, wo man die 8 MJ Hybrid-Energie schön einsetzen kann. Aber überraschenderweise nahm Porsche dem Audi auch viel Zeit im ersten, sehr engen Sektor ab. Da hatte man die Audi zumindest auf Augenhöhe erwartet. Tatsächlich konnte der R18 aber nur im mittleren Sektor einigermaßen mithalten.
Porsche hatte allerdings auch eine kleine Überraschung mit an den Ring gebracht: eine neue Aero-Variante, die mehr Abtrieb liefert. Bisher war man die Rennen in Silverstone, Spa und in Le Mans mit einem Low-Downforce-Chassis gefahren und auch beim Test Ende Juli nutzte man dieses Chassis. Zwar hatte auch Audi einen überarbeiteten R18 dabei, der ein Mischung aus der Silverstone- und Le Mans-Variante darstellt, aber die Änderungen waren eher im Frontbereich zu finden. Bei Porsche hat man wohl einiges mehr umgebaut.
Die Dominanz der Porsche aus der Qualifikation war eine Sache, man hoffte, dass Audi im Rennen würde zurückschlagen können. Tatsächlich sah es nach dem Start auch etwas besser aus. Zwar konnte sich die #18 vorne schnell absetzen, aber beide Audi blieben im Heck der #17 hängen, die scheinbar Probleme hatte. So richtig ersichtlich war es nicht, warum der Wagen von Bernhard, Webber und Hartley das Tempo der Teamkollegen nicht gehen konnte, aber beim ersten Stopp wechselte Porsche die Fronthaube des Wagens. Fortan lief die #17 dann wie ein Uhrwerk und distanzierte beide Audi relativ flott.
Nach nicht mal 90 Minuten lagen die Porsche mit knapp 40 Sekunden vorne. Es war schon bemerkenswert, wie schnell der Vorsprung auf die Audi wuchs. Aber genau in diesem Moment geriet die #18 in Probleme. Quasi aus dem Nichts erschien die Meldung, dass der Porsche zu einer fünfsekündigen Stop and Go an die Box müsse. Der Grund: Der Wagen hatte zu viel Energie verbraucht.
Alle Fahrzeuge haben einen maximale Energiemenge, die ihnen pro Runde zur Verfügung steht. Reguliert wird diese Energiemenge durch das auch aus der Formel Eins bekannte Flowmeter und gemessen wird ein Schnitt aus drei Runden. Offenbar hatte Porsche in der #18 ein Problem mit dem Flowmeter, denn es sollte nicht bei dieser einen Strafe bleiben. Innerhalb von nicht mal einer Stunde musste der Wagen dreimal zur Strafe an die Box. Beim zweiten Mal gab es eine 30-Sekunden-Strafe, beim dritten Mal musste der Wagen gleich eine Minute an der Box stehen. Da waren dann noch drei Stunden und 30 Minuten zu fahren und der Porsche hatte auf die Audi eine ganze Runde verloren.
Interessant ist das Problem mit dem Flowmeter schon. Bisher hat man in der WEC ein anderes Fabrikat genutzt als in der Formel Eins. Letzteres ist erst seit diesem Jahr zugelassen. Welches von Porsche eingesetzt wird, ist nicht bekannt. Allerdings halten sich seit längerem Gerüchte, dass sich die Flowmeter manipulieren lassen. Eine Variante ist bekannt: Auch wenn man nicht Vollgas gibt, läuft mehr Sprit durch das Flowmeter, der dann zwischen dem Messgerät und dem Motor in einem kleinen Extrabehälter zwischengelagert wird. Wird die volle Leistung abgerufen, holt man sich den angesammelten Sprit ab und hat so bis zu fünf Prozent mehr Leistung. Die FIA hat derartigen Tricks aber schon im Mai einen Riegel vorgeschoben. Damit soll nicht unterstellt werden, dass Porsche in dem Bereich schummelt.
Vorne rollten Bernhard, Webber und Hartley ihr Programm runter. Ohne unter Druck zu sein, fuhr man schnellere Runden als beide Audi und bestrafte die Mannschaft aus Stuttgart sogar mit einer Überrundung. Aber die größere Ohrfeige kam dann noch von der #18. Die holten sich nicht nur die eine Runde auf die Audi wieder. Es gelang vor allem Neel Jani mit einem irrsinnigen 3-Stunden-Stint, die #18 wieder in Reichweite des Podiums zu bringen. Knapp 45 Minuten vor Schluss hatte sich die #18 auf P2 festgesetzt. Und das, obwohl man knapp drei Minuten an der Box verlor.
Bei Audi dürfte es lange Meetings geben, denn im Grunde hat man im Rennen nichts falsch gemacht. Es gab keine Probleme mit dem Auto, die Boxenstopps liefen wie ein Uhrwerk und die Fahrer machen keine Fehler. Es gab keine Dreher, keine Reifenschäden, keine Kollisionen. Der R18 fuhr so schnell, wie es eben ging. Und wurde vom Porsche überrundet.
Das Problem für Audi: Nach dem Rennen auf dem Ring kommen mit COTA, Fuji, Shanghai und Bahrain Strecken, die man eher dem Porsche zuspricht. Aber es gibt zumindest einen kleinen Lichtblick, wenn man sich den zweiten, mittelschnellen Sektor anschaut. Denn dort war der Porsche nur um ein paar Hundertstel schneller. Wobei die Frage ist, ob Porsche mit den High-Downforce-Kit auf Strecken wie in Fuji unterwegs sein wird.
Völlig raus aus allem sind die Toyota. Drei Runden Rückstand nach dem Rennen, und das, obwohl die Wagen wie ein Uhrwerk liefen, sagt schon alles. Toyota hat die Entwicklung des TS040 komplett eingestellt. Ein in der Sommerpause geplanter Test wurde abgesagt. Stattdessen entwickelt man nun ein neues Chassis. Der neue Motor soll eher Richtung zwei Liter als drei Liter Hubraum gehen, dazu 8 MJ Hybrid-Energie. Man wird diese Saison nur noch zu Ende fahren.
LMP2
Wie schon in der Vorschau angekündigt, war es der Oreca 05 von KCMG, der das Rennen für sich entscheiden konnte. Allerdings lief es nicht ganz so rund, wie man es gerne gehabt hätte. Zum einen war der Ligier von G-Drive mit Bird, Rusinov, Canal dann doch schneller, als es KCMG gefiel. Ein weiterer Grund war ein völlig versauter erster Boxenstopp. Man hatte die Box hinter dem byKolles und der stand nicht richtig in seiner Position. Also musste die KCMG-Mannschaft das Auto zurückschieben und konnte dann erst loslegen. Das kostete den Oreca rund 25 Sekunden und die holt man auch nicht mal so nebenbei auf. Die G-Drive-Mannschaft freute sich und man hatte beide Wagen an der Spitze.
Aber auch da blieb es eng. Die Strakka-Mannschaft mit dem Ex-Greaves Gibson-Chassis war erstaunlich schnell unterwegs, allerdings auch öfters neben der Strecke. Man merkte, dass die Abstimmung noch nicht so richtig passte, aber selbst damit war der „alte“ Gibson nicht langsamer als der Ligier von G-Drive. Nicht in Schwung kamen der Signatech und der Morand. Bei letzteren gab es am Freitag Aufregung, weil das Auto plötzlich weg war. Gepfändet, weil es wohl Ärger mit den Rechnungen gab. Immerhin ließ sich das schnell klären. Bei ESM gab sich Scott Sharp enttäuscht. Man hatte bei den Tests am Ring wirklich gut ausgesehen, aber man bekam bei der Hitze kein Bein auf den Boden. Es war schon bemerkenswert, wie langsam die Truppe war. Am Chassis kann es nicht liegen.
Im Verlauf des Rennens schob sich der KCMG dann langsam wieder nach vorne. Die Rundenzeiten, die Hawson, Bradley und der von Porsche ausgeliehene Nick Tandy hinknallten, waren schon sensationell. Da konnte sich G-Drive noch so strecken – man hatte keine Chance.
GTE-Pro
In der Quali sah es für Ferrari noch gut aus, denn beide AF Corse standen in der ersten Reihe. Der Abstand war natürlich knapp, aber vier bzw. fünf Zehntel vor den Porsche und das auf der Hausstrecke von Manthey war dann schon ein gutes Zeichen für die Italiener. Der Spaß setzte sich auch nach dem Start fort, war dann aber nach ein paar Minuten schon zu Ende. Das Weltmeister-Auto von Vilander/Bruni stand plötzlich auf der Strecke und bewegte sich keinen Millimeter mehr. Zwar bekam man die #51 wieder in Gang, aber da war das Rennen schon durch. Die Aston Martin taten sich dagegen auf dem Nürburgring schwer. Irgendwas passte nicht, sowohl in der Pro, als auch in der Am-Klasse. Vielleicht braucht der Aston einfach längere Geraden.
Im Verlauf des Rennens setzten sich beide Porsche an die Spitze, allerdings immer noch gejagt vom zweiten AF Corse, der nicht locker lassen wollte. James Calado und Davide Rigon ließen sich nicht abschütteln. Aber dann dengelte der zweite Porsche dem Ferrari das Heck ein und das ausgerechnet unter Gelb. Die Folge war dann, dass der Ferrari an die Box musste und damit auch aus dem Rennen war. Zwar bekam der Übeltäter, die #92 mit Pilet/Makowiecki, knapp drei Stunden (!) nach dem Vorfall eine Durchfahrtsstrafe, aber selbst das langte nicht, um den Doppelsieg in der Klasse zu gefährden.
GTE-Am
Die wohl spannendste Klasse an diesem Wochenende. Wie erwartet war die gesamte Klasse siegfähig, wenn man mal von der Labre-Corvette absieht, die nicht richtig in Schwung kam. Aber über die gesamte Dauer des Rennen lieferte sich der Dempsey-Porsche mit dem Aston Martin, auf dem Lauda, Lamy und Dalla Lana saßen, ein packendes Duell. Durch leicht verschobene Boxensequenzen blieb das Rennen oft ein Fernduell, was aber nichts von der Spannung nahm. Auch der zweite Proton-Porsche hielt sich in der Spitzengruppe, fiel aber im Verlauf des Rennens dann doch zurück.
Nie weit weg von allem blieb der SMP-Ferrari, den wir ja auch in unserem Podcast noch mal ausdrücklich als Favorit benannt haben. Die russische Mannschaft (der Wagen wird von AF Corse betreut) blieb im Rennen ruhig und ließ Porsche und Aston vorn um die Plätze kämpfen. Erst im letzten Drittel des Rennens meldete sich der SMP und zog das Tempo an. Das erste Opfer war der Dempsey-Porsche, später hatte der Aston dann plötzlich Schluckauf und rollte auf der Hatzenbachgeraden langsam aus – um dann wieder zum Leben zu erwachen.
SMP nutzte die Chance und setzte sich vorne ein wenig ab. Genug, um vor dem starken Aston Martin zu gewinnen. Dritter wurde der AF Corse.
Das Gesamtergebnis gibt es hier.
In der WM wird es interessant. In der LMP1 dürfte Porsche der WM-Titel nicht zu nehmen sein. Aber in der Fahrer-WM ist es enger. Da führen die Audi-Piloten Lotterer, Fässler, Treluyer mit 95 Punkten. Hartley, Webber, Bernhard haben 78 Punkte, Lieb, Jani und Dumas haben 76 Punkte. Angesichts der Dominanz von Porsche wird es schwierig für Audi, den Fahrertitel zu holen.
Das nächste Rennen der WEC ist in knapp drei Wochen in den USA.
Bilder: FIA WEC
1 Kommentare
Ich war das Wochenende am Ring und muss sagen, es war wirklich super. Die WEC hat sich echt gut verkauft. Das Rennen war toll anzusehen bot reichlich Action. Besonders gefreut hat mich, dass es richtig gut besucht war, das sollte ein gutes Argument sein, dass das Deutschlandrennen keine Eintagsfliege bleibt. Allerdings war der Pit-Walk zumindest am Sonntag so voll, dass man kaum was zu sehen bekam….
Auch das Rahmenprogramm war sehenswert, obwohl es auf den ersten Blick etwas schwach erschien. Die Legends waren ein toller Kontrast zur modernen WEC, aber ebenso spektakulär und vor allem genauso laut :D
Letztendlich wurde aber so Vieles geboten, dass man gar nicht alles sehen konnte…
Zum Camping am Nürburgring muss man sowieso nicht viel sagen, das macht einfach Spaß, vor allem bei so tollem Wetter.
An einer Sache sollte aber dringend gearbeitet werden: Die Streckenlautsprecher waren selbst während der FCY-Phasen kaum zu verstehen, unter grün quasi gar nicht. Besonderer Dank an die Corvette ;)
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