Die Highspeed-Orgie in Monza steht mal wieder auf dem Programm. Und es ist gar nicht so klar, wer in Italien die Nase vorne haben wird.
Normalerweise würde man davon ausgehen, dass Mercedes auch in Monza das schnellste Auto haben sollte. Aber ganz so leicht wird es nicht. Ein Blick in den ersten Sektor aus Spa verrät, dass es durchaus andere Kandidaten für den Sieg geben könnte. Ferrari ist so ein Team, das selbstverständlich in Monza für einen Sieg in Frage kommt. Der letzte Sieg der Scuderia stammt aus dem Jahr 2010, als Fernando Alonso im F10 gewinnen konnte – und die WM gegen Vettel und Webber damit offen hielt.
(Nachtrag: 03.09.2015: Mercedes hat bekannt gegeben, dass man die restlichen sieben Entwicklungstoken für einen überarbeiteten Motor genutzt hat. Der soll die restliche Saison genutzt werden und als Basis für das 2016er Aggregat dienen. Die Überarbeitung betrifft, laut Mercedes, nur den Bereich Effizienz und Verbrauch. Angesicht der ersten Trainingszeiten, bedeutet dies aber wohl auch, dass man mehr Leistung freigeben kann. )
Durchaus Außenseiterchancen hat Force India, die in Spa erstaunlich schnell waren. Gut – die Chancen sind wirklich minimal, dafür müsst das Rennen schon sehr absurd laufen, aber zumindest im ersten und zweiten Sektor haben Perez und Hülkenberg ein Auto, dass nur schwer zu überholen sein wird. Ebenfalls nicht langsam: Die Red Bull, die aber wie die Force India im zweiten Sektor Zeit einbüßen werden.
Mercedes oder Ferrari? Für Rosberg, der diese Woche Vater geworden ist, dürfte die Frage eher lauten: Wie schlage ich Hamilton? Ausgerechnet in Monza hat er schlechte Erinnerungen an das letzte Jahr. Dort hatte er nach dem Rennen in Spa einen Punktevorsprung und mit einem Sieg hätte er weiter Distanz zwischen sich und den Briten legen können. Aber dann verpasste er zweimal den Bremspunkt am Ende der Start/Zielgeraden und musste den Sieg Hamilton überlassen.
Auch in diesem Jahr sieht es nicht so aus, als könne sich der Deutsch Hoffnungen auf den WM-Titel machen. Hamilton scheint weiterhin die Kontrolle zu haben und dies vor allem ohne jede Probleme. Ihm unterlaufen keine Fehler und er ist jederzeit schneller als Rosberg. Vor allem in der so wichtigen Qualifikation.
Für Ferrari spricht der Heim-Bonus. Monza. Das allein dürfte den Wagen schon schneller machen. In Spa landete man in der Quali erstaunlich weit hinten, eine Erklärung lieferte das Team dafür nicht, zumal es im Rennen deutlich besser lief. Vettel und Räikkönen werden alles daran setzen, dass sie den Tifosi zumindest ein spannendes Rennen liefern werden.
Wer sich dahinter einreihen wird? Neben den erwähnten Red Bull und Force India sollte man ein Auge auf Lotus haben. Die waren in Spa immerhin für P3 gut und die Top 5 sind auch in Monza nicht außerhalb der Reichweite. Es täte dem Team gut, wenn sie erneut viele Punkte sammeln könnten. Die finanziellen Probleme von Lotus sind nach dem Rennen in Spa nicht von der Hand zu weisen. Nach dem Rennen durften die Transporter die Strecke nicht verlassen, weil der Ex-Ersatzfahrer Charles Pic erfolgreich ausstehenden Lohn eingeklagt hatte.
So wie es im Moment aussieht, wird aber Renault sein ehemaliges Team wieder zurückkaufen. GenII und Gerad Lopez sollen nach dem Verkauf noch 35% der Anteile behalten, aber kein Mitspracherecht haben. Die Frage ist, was Renault dann mit Lotus 2016 macht. Immerhin hat das Team einen Vertrag mit Mercedes für die nächsten zwei Saisons und aus dem Vertrag muss man erst einmal raus. Was wieder Geld kostet. Es gibt wohl Überlegungen, dass Renault erst 2017 offiziell als Werksteam auftritt, aber Sinn macht die Investition dann nicht. Dann könnte man Lotus auch pleite gehen lassen, um dann die Reste günstig aufzukaufen. Aber das scheint nicht im Interesse der Franzosen zu sein.
Es ist auf jeden Fall schön, die „alten“ gelb/schwarzen Farben von Renault wieder in der F1 zu sehen, wenn sie sich denn für eine solche Lackierung entscheiden. Als Fahrer ist Romain Grosjean gesetzt, Pastor Maldonado ist unsicher, aber bei weitem noch nicht aus dem Team.
Um die Plätze 8 bis 10 werden sich Toro Rosso, Williams und Sauber schlagen, wobei Williams hier klar die Nase vorne haben sollte. Aber in Spa lief es nicht gut für das britische Traditionsteam. Das Chassis mag keine engen, aber auch keine Höchstgeschwindigkeitskurse. Es sind eher die Tielke-Strecken, die dem Wagen liegen, aber davon kommen dieses Jahr noch ein paar Stück.
Ganz hinten darf man dann McLaren erwarten. Angeblich hat der Motor nun mehr Leistung als der von Renault, aber es gibt wohl ein Problem mit den Hybrid-System. Das liefert einfach nicht genug Leistung, was den enorm schlechten Topspeed in Spa erklärt. Da war man 20 bis 25 km/h langsamer als der Rest der Welt, in Monza dürfte der Abstand nicht kleiner werden. Da könnten sogar die Marussia…
Strategie
Pirelli bringt „Soft/Medium“ mit, also die übliche Mischung. Die ist aber tatsächlich eine Nummer weicher als im letzten Jahr. Nach den Reifenschäden in Spa gibt es gewisse Sorgen. Pirelli hat alle Reifen aus Spa untersucht und über 60 tiefe Einschnitte in den genutzten Pneus gefunden. Schuld daran werden die Curbs, vor allen in Eau Rouge sein, wie wir im letzten Podcast schon gemutmaßt haben. Die Curbs in Monza sind komplett anders, also sollte es hier keine Sorgen geben.
Im letzten Jahr reichte ein Boxenstopp, aber wie das mit dem „Medium“ in Monza sein wird, ist eine andere Sache. Da wird man die Ergebnisse am Freitag abwarten müssen, bis man eine Entscheidung treffen wird. Sollte es bei einem Ein-Stopp-Rennen bleiben, wovon auszugehen ist, dann wird es ein eher statisches Rennen, bei dem das DRS eine größere Rolle spielen wird.