Am Wochenende werden in Richmond die fehlenden fünf Teilnehmer für den NASCAR-Chase ermittelt, also steht uns vermutlich eine weitere turbulente Nacht ins Haus. Sieben Piloten machen sich berechtigte Hoffnung, über die Punktewertung einzuziehen, doch dahinter lauern noch ein paar Alles-oder-Nichts-Kandidaten.
Es ist schon fast eine kleine Tradition, dass Anfang September in einer lauen Spätsommernacht auf dem Richmond International Raceway das Feld der Chase-Teilnehmer vervollständigt wird. Dabei kam es fast immer zu dramatischen Last-Minute-Wendungen, nicht zu vergessen der Skandal bei Michael Waltrip Racing aus dem Jahr 2013. Damals drehte sich Clint Bowyer absichtlich, um eine Gelbphase auszulösen, die seinem damaligen Teamkollegen Martin Truex Jr. auf dem Weg in die Playoffs helfen sollte. Der Ausgang ist bekannt: Erstmals in der NASCAR-Geschichte wurde ein zusätzlicher Platz für die Meisterschaftsentscheidung vergeben, um den direkt benachteiligten Jeff Gordon nicht im Regen stehen zu lassen. Über MWR kann man nach den News der letzten Wochen und Monate mit Sicherheit sagen, dass diese Aktion den Anfang vom Ende für das Team darstellte.
Ich persönlich mag den etwas ungewöhnlichen Shorttrack in Richmond sehr. Mit einer Länge von 0,75 Meilen und seiner D-Form präsentiert sich die Strecke optisch wie ein 1,5-Meilen-Cookie-Cutter, von der Action auf der nur halb so langen Bahn jedoch eher wie eine Mischung aus Bristol und Martinsville. 14 Grad Banking in den Turns, 8 Grad im D-Bogen und immerhin noch 2 Grad auf der Gegengerade lassen auch die Fans der gepflegten Kurvenüberhöhung noch auf ihre Kosten kommen. Ich kann jedem geneigten Sim-Racer nur empfehlen, das Oval einmal selbst auszuprobieren. Es ist fahrerisch anspruchsvoll, weil alle Turns unterschiedlich angefahren und verlassen werden müssen. Man sollte jederzeit wissen, wo man sich auf der Strecke befindet.
Dies liegt sowohl am unterschiedlichen Banking als auch an der D-Form: Kommt man aus Turn 2 heraus, lässt die Überhöhung fast schlagartig nach und die Außenmauer rückt bedrohlich nahe. Mit abgefahrenen Reifen und nur noch wenig Grip wird es dann schwer, spät in einem Fuelrun noch genügend Geschwindigkeit mit auf die Gegengerade zu nehmen. Die Ausfahrt aus Turn 4 ist dagegen eher angenehm, weil das Banking nur leicht abnimmt und die Strecke sich extrem öffnet. Die Einfahrt in Turn 1 mag ich persönlich am liebsten, weil Kurvenüberhöhung dazu kommt und man schön mit dem Bremsfuß auf den Scheitelpunkt zusteuern kann. Eingangs Turn 3 wird es auf der Bremse etwas ruppig, da die Kurve sehr abrupt beginnt. Hier gilt es, früh vom Gas zu gehen, um die Beläge nicht schon in den ersten 250 Runden durchzuheizen.
Wir dürfen uns dann in der Nacht von Samstag auf Sonntag anschauen, wie die 43 Piloten diese Aufgabe meistern. Für einige von ihnen geht es dabei um den sprichwörtlichen letzten Strohhalm, um in der Entscheidung der Meisterschaft noch eine Rolle zu spielen. Wir schauen uns im Folgenden ein paar Rechenbeispiele an, wer neben den elf Saisonsiegern Jimmie Johnson, Kyle Busch (je 4), Joey Logano, Matt Kenseth (je 3), Kevin Harvick, Dale Earnhardt Jr., Kurt Busch, Carl Edwards (je 2), Brad Keselowski, Martin Truex Jr. und Denny Hamlin (je 1) die besten Chancen auf eine Teilnahme an den NASCAR-Playoffs besitzt.
Für die direkten Kandidaten mit einem möglichen Einzug über die Punkte berechne ich die Punktedifferenz auf Platz 15, weil ja immer noch ein zwölfter Rennsieger möglich ist und Kyle Busch von ganz hinten in der Tabelle nachrutscht. In diese Kategorie fallen Jamie McMurray (+44), Ryan Newman (+32), Jeff Gordon (+18), Paul Menard (+10), Clint Bowyer (+/- 0), Aric Almirola (-29) und Kasey Kahne (-31). Wir sehen, dass Bowyer direkt auf der roten Laterne sitzt und seinen Platz sofort verliert, wenn jemand hinter ihm innerhalb der Top-30 in die Victory-Lane fährt. Gewinnt ein Pilot aus den Top-15, dann muss Bowyer schauen, dass er möglichst nicht mehr als 29 Plätze hinter Almirola und 31 Ränge hinter Kahne ins Ziel kommt.
Für alle Fahrer zwischen den Rängen 18 und 30 ist ein Rennsieg die letzte verbliebene Hoffnung. Hier sollte man zusätzlich besonders Greg Biffle, Kyle Larson, Austin Dillon, AJ Allmendinger und Tony Stewart auf der Rechnung haben. Für Casey Mears, Danica Patrick, David Ragan, Sam Hornish Jr., Trevor Bayne, Ricky Stenhouse Jr. und Justin Allgaier ist der Zug aber wohl schon abgefahren, wenn nicht plötzlich ein Regenschauer das Rennen beendet und sie zuvor ein brutal gutes Strategiespiel aufs Parkett gezaubert haben. Die Regenwahrscheinlichkeit liegt Stand Mittwochabend aber immerhin bei 50 bis 60 %, insofern ist hier alles möglich. Cole Whitt und David Gilliland auf den Plätzen 31 und 32 in der Meisterschaft brauchen dann sogar noch weitergehende Hilfe von der Konkurrenz.
Zusätzlich möchte ich die übersetzten Rechenspiele der offiziellen NASCAR-Kollegen anbieten, die sich noch weitergehende Gedanken gemacht haben:
Egal, wer in Richmond gewinnt:
#1-Jamie McMurray zieht ein, sobald er das Rennen startet.
#31-Ryan Newman zieht ein, wenn er als 31. oder besser, als 32. mit mindestens einer Führungsrunde oder als 33. mit den meisten Führungsrunden ankommt.
#24-Jeff Gordon zieht ein, wenn er als 17. oder besser, als 18. mit mindestens einer Führungsrunde oder als 19. mit den meisten Führungsrunden ankommt.
#27-Paul Menard zieht ein, wenn er als 9. oder besser, als 10. mit mindestens einer Führungsrunde oder als 11. mit den meisten Führungsrunden ankommt.Falls einer der elf Saisonsieger erneut gewinnt:
#1-Jamie McMurray, #31-Ryan Newman und #24-Jeff Gordon ziehen auf jeden Fall ein.
#27- Paul Menard zieht ein, wenn er als 38. oder besser, als 39. mit mindestens einer Führungsrunde oder als 40. mit den meisten Führungsrunden ankommt.
#15-Clint Bowyer zieht ein, wenn er als 28. oder besser, als 29. mit mindestens einer Führungsrunde oder als 30. mit den meisten Führungsrunden ankommt.
Zum Abschluss folgen an dieser Stelle wie gewohnt noch die Links (PDF) zu den aktuellen Ständen in der Fahrer- und Owner-Wertung sowie die die Entry-List und ein Zeitplan für das TV-Programm am Wochenende.
Freitag, 11.09.
16:00 Uhr, Sprint Cup Series Practice, NBCSN
19:00 Uhr, Sprint Cup Series Final Practice, NBCSN
21:30 Uhr, XFINITY Series Qualifying, NBCSN
23:30 Uhr, Sprint Cup Series Qualifying, NBCSN
01:30 Uhr, XFINITY Series Rennen (Virginia529 College Savings 250), NBCSN ab 1 Uhr
Samstag, 12.09.
01:30 Uhr, Sprint Cup Series Rennen (Federated Auto Parts 400), NBCSN & Motorvision TV ab 1 Uhr
1 Kommentare
Das Leben ist kein Wunschkonzert und Rennsport erst recht nicht. Trotzdem würde ich Jamie Mc gerne im Chase sehen.
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