Einen Tag später als geplant konnte die Eröffnung der zweiten Chase-Runde in Charlotte über die Bühne gehen und die Mitteleuropäer dürfte es auch nicht sonderlich gestört haben, dass das letzte Nachtrennen des Jahres dem Dauerregen zum Opfer gefallen ist. Zu sehen gab es unterdessen einen dominanten Sieger und einige Pechvögel.
Unter strahlendem Sonnenschein am Tag statt Flutlicht bei Nacht gab es in Charlotte eigentlich nur zwei Phasen im ersten Rennen der zweiten Chase-Runde: Matt Kenseth dominierte das erste Rennviertel klar, leistete sich dann aber einen taktischen Fehlgriff in der Boxengasse. Es übernahm Joey Logano und fuhr sagenhafte 227 von 334 möglichen Führungsrunden ein, nur ernsthaft unterbrochen durch Sam Hornish Jr., der auf einer anderen Strategie unterwegs war. Kevin Harvick kam der #22 gegen Rennende noch einmal ziemlich nah, doch er konnte nichts mehr ausrichten. In Clean-Air zog Logano auf und davon und ausgerechnet die finale Caution wegen Mystery-Debris für ein bisschen mehr Spannung fiel dann aus, vielen Dank liebe NASCAR! Logano konnte aber nicht zuletzt auch deswegen gewinnen, weil viele Playoff-Teilnehmer üble Rückschläge einstecken mussten.
Bei Matt Kenseth entschied man sich während der Caution in Runde 76 (die Dale Earnhardt Jr. nach einem Mauerkuss auslöste) nur gut 20 Umläufe nach der letzten Gelbphase für vier neue Reifen, während ein Großteil des Feldes mit zwei frischen Pneus pokerte. Kenseth wurde so ins Mittelfeld zurückgeworfen und erholte sich davon nicht mehr. Mehrere Feindkontakte im Mittelfeld sorgten für Reifenplatzer, langwierige Reparaturen und schließlich einen kapitalen Einschlag in die Außenmauer, der das Rennen der #20 auf Platz 42 endgültig beendete. Für einen der Meisterschaftsfavoriten ist das natürlich ein herber Rückschlag, doch Kenseth muss sich nicht zu sehr grämen, denn es erwischte auch andere Kollegen. Der erwähnte Junior sollte später auf einer Ölspur von Justin Allgaier seine #88 nachhaltig ondulieren und nur Rang 28 nach Hause tragen.
Die Teamkollegen bei Hendrick Motorsports erwischte es nicht besser, auch wenn Jimmie Johnson und Kasey Kahne nicht bzw. nicht mehr im Chase vertreten sind. Im Grunde genommen ist meine Wut über das bekloppt-reformierte Playoff-System jetzt komplett umsonst gewesen, denn nach seinem Motorproblem in Charlotte und damit einem neuerlichen Ausfall wäre auch im alten Chase der Titel mehr oder weniger Flöten gegangen. Kahne schied bereits früh im Rennen mit einem Reifenschaden samt Mauerkuss aus und wird 2015 auch nicht unbedingt als sein Lieblingsjahr in der NASCAR in Erinnerung behalten. Jeff Gordon behielt mit Platz 8 unterdessen als letzter Hendrick-Mohikaner in den Playoffs den Anschluss an die nächste Chase-Runde.
Doch auch im Favoriten-Team Joe Gibbs Racing musste sich außer Kenseth noch jemand geschlagen geben, denn Kyle Busch wurde Opfer derselben Ölspur wie Junior und kollidierte außerdem noch mit Kyle Larson in einem ziemlich kuriosen Wirrwarr am Eingang der Boxengasse. Der eine wollte stoppen und entschied sich spontan dagegen, während der andere erst nicht zum Nachfassen kommen wollte und plötzlich die Commitment-Cone ansteuerte. Das Resultat waren Blechschäden und Positionen knapp am Ende der Top-20. Ob da die Spotter gepennt haben, wurde leider nicht mehr aufgelöst, aber wenigstens Busch versuchte noch, einer Kollision aus dem Weg zu gehen. Sowas habe ich in vielen Jahren der NASCAR bisher auch noch nicht gesehen.
Auch wenn Joey Logano doch ziemlich ungefährdet seinen vierten Saisonsieg sowie die Qualifikation für die nächste Chase-Runde ansteuerte, musste man auch immer ein Auge auf Sam Hornish Jr. haben, der mit einer interessanten Strategie in der zweiten Rennhälfte „out of sequence“ ging und so immerhin 22 Führungsrunden einstreichen konnte. Wären die Gelbphasen nicht so knapp gewesen und besser gefallen, hätte Hornish sicher mehr als nur Platz 17 herausholen können. Die Plätze an der Sonne blieben somit anderen Fahrern vorbehalten: Die Top-5 komplettierten hinter Logano und Harvick dann Martin Truex Jr., Denny Hamlin und Kurt Busch, während Carl Edwards, Austin Dillon, Jeff Gordon, Brad Keselowski und Aric Almirola die Top-10 abrundeten.
In der Meisterschaftswertung sieht es für Ryan Newman, Kyle Busch, Dale Earnhardt Jr. und Matt Kenseth relativ düster aus und es zeigte sich, dass bei so vielen Rückschlägen im Moment ein konstantes Top-10-Resultat das Mittel der Wahl zur Qualifikation für die nächste Chase-Runde sein dürfte. Junior und Kenseth dürfen sich dann unterdessen schon mal darauf einstellen, in Kansas und Talladega zwingend die Victory-Lane besuchen zu müssen, um noch eine Chance auf den Titel zu behalten.
Das gesamte Rennergebnis kann bei Jayski inklusive weiterer Statistiken noch einmal nachgeschaut werden. Es folgen wie gewohnt die Fahrerwertung und die Owner-Punkte.