Home Formel EinsF1 Formel Eins: Analyse GP der USA – Die Krönung des Königs

Formel Eins: Analyse GP der USA – Die Krönung des Königs

von DonDahlmann
4 Kommentare

Und wieder hat Lewis Hamilton alles richtig gemacht. Es war in diesem Jahr quasi egal, wer gegen ihn angetreten ist – am Ende hat er er meist gewonnen. Der Titel ist mehr als verdient.

F1_Race_USA_Austin_2015_11Wenn man neun von 16 Rennen gewinnt, dann muss man einfach Weltmeister werden. Hat sich Lewis Hamilton gestern auch gedacht und mit Sieg Nummer 10 das ganze dann auch noch untermauert. Da konnte Rosberg noch so gut unterwegs sein, er konnte noch sensationelle Restarts hinlegen – am Ende scheiterte der Deutsche mal wieder an einem schon aufreizend lässigen Briten, den im Moment einfach nichts aus der Ruhe bringt. Hamilton hat dieses Jahr die Formel Eins dominiert. Dank des wieder mal besten Motors, sicher. Aber auch dank seiner gewachsenen Reife. Mit 30 Jahren ist Hamilton an einem Punkt, wo er nur schwer zu schlagen ist. Er gehört zusammen mit Vettel und Rosberg zu den drei schnellsten Fahrern im Feld, er fährt klug, kann sich ein Rennen einteilen, aber er kann auf die mittlerweile schon berühmte „Hammertime“ zurückgreifen, wenn es mal nicht so gut läuft. Das einzige, das ihn in diesem Jahr stoppen konnte, waren technische Probleme.

Dementsprechend kleinlich kam nach dem Rennen auch Nico Rosberg rüber, als er sich über das Manöver von Hamilton am Start beschwerte. Ja, das war hart, Teamkollegen sollten sich nicht berühren. Aber es war jetzt auch nicht so hart, dass man sich darüber aufregen musste. Hamilton war innen, er hatte die bessere Linie, weil er beim Start besser beschleunigt hatte. Und er hat sich halt mal wieder durchgesetzt. Was in der Mercedes-Box auch mit dem üblichen Lächeln wahrgenommen wurde.

F1_Race_USA_Austin_2015_19Der Frust von Rosberg nach dem Rennen war verständlich, aber irgendwie auch symptomatisch für die unterschiedlichen Charaktere der beiden. Während Rosberg über den Analysen grübelt und privat zurückgezogen mit Frau und Kind lebt, hat sich Hamilton zu einem echten Popstar entwickelt. Im Sommer sah man Bilder von Rosberg, schwitzend auf dem Fahrrad, während Hamilton mit einer Horde Freunde durch die Karibik jettete, Bier trank und Zigarren rauchte. Hauptsache Spaß. Einen so feierwütigen Rennfahrer hat man seit Kimi Räikkönen nicht mehr gesehen. Und das tut der Formel Eins gut – besser als die Sportfanatiker vom Schlage Schumacher, Alonso oder eben Rosberg.

Tatsächlich war Hamilton in Austin aber nur zweitbester Fahrer. Mal abgesehen vom Start und vom Fehler gegen Ende war Rosberg bei den gemischten Bedingungen ein gutes Stück schneller unterwegs. Das war in der abgesoffenen Quali so, das war im Rennen so. Rosberg fuhr sichtbar mit Wut im Bauch, sein Manöver gegen Ricciardo, als er diesen am Ende einer VSC einfach stehen ließ, war von ungewohnter Schlitzohrigkeit. Ob seine 2-Stopp-Strategie am Ende die bessere gewesen wäre, sei mal dahin gestellt. Hamilton machte in den letzten Runden auf frischen „Soft“ mächtig Druck und da die Pirelli die Eigenschaft haben, am Ende ihrer Laufzeit massiv einzubrechen, wäre es Rosberg vermutlich schwer gefallen, den Briten hinter sich zu halten. Sein Fahrfehler sorgte dann für klare Verhältnisse, denn ran kam der Deutsche danach auch nicht mehr.

F1_Race_USA_Austin_2015_09Das Rennen war angenehm turbulent, was natürlich an den Witterungsbedingungen lag. Red Bull hatte alles auf eine Karte, besser gesagt, alles auf eine Voll-Regen-Abstimmung gesetzt. Und damit war man in der Anfangsphase extrem gut unterwegs. Als das Wasser noch auf der Strecke stand, konnten die Red Bull richtig Druck machen. Doch da es nicht mehr regnete, setzte das Elend für sie dann schnell ein. Lag man in den ersten Runden mit beiden Fahrzeugen auf dem Podium, reichte es am Ende nur noch für einen einzigen Punkt, den Ricciardo holen konnte. Das muss schon schmerzhaft für die Österreicher gewesen sein, die weiterhin nach einem Motorenlieferanten für 2016 suchen.

Das Rennen entwickelte sich zu einer Ausfallorgie. Stevens, Bottas und Grosjean kamen nicht sonderlich weit. Danach erwischte es Massa, es folgten Räikkönen, Ericsson, Hülkenberg und dann auch noch Kyvat, der den Red Bull kräftig in den Leitplanken versenkte. Derartige viele Ausfälle sind natürlich die Chance für andere Teams: So schob sich der Sauber mit Felipe Nasr ziemlich unbemerkt auf P9.

Fernando Alonso on track.Deutlicher zu sehen waren die beiden McLaren, die in Austin erstaunlich gut gingen. Mag daran gelegen haben, dass es nass war, mag auch daran gelegen haben, dass dem McLaren die abwechslungsreiche Strecke liegt. Honda hatte zudem eine neue Entwicklungsstufe gezündet, die bei Alonso am Ende allerdings einging. Da lagen beide McLaren aber bequem in den Punkten und sie kämpften mit den Toro Rosso und Red Bull. Ein ungewohntes Bild in diesem Jahr, das allerdings die Hoffnung nährt, dass McLaren mit Honda ein Schritt nach vorne gelungen ist. Zeit wäre es ja.

Loben muss man auch (mal wieder) Max Verstappen. Trotz des Wetters ließ der 18-Jährige sein Auto ganz und holte am Ende auch noch P4 raus. Besser kann es nicht laufen. Der Niederländer beeindruckt im Verlauf der Saison immer mehr. Ebenfalls sehr gut unterwegs war Sebastian Vettel, dessen Ferrari gar nicht so viel langsamer als der Mercedes war. Vettel musste aber mit dem Handicap leben, wegen eines Motorwechsels von P13 gestartet zu sein. Er wühlte sich durchs Feld – ein Sieg wäre vermutlich schwer gewesen, aber nicht unmöglich, je nachdem wie die Strategie ausgefallen wäre.

Übertragung:

Ich habe gestern das Rennen auf RTL gesehen. Was ein schwerer Fehler war. Es ist schon nicht leicht, ein Rennen zu übertragen, in dem es wegen der diversen Unterbrechungen viele Strategiewechsel gibt. Aber das, was RTL da gestern abgeliefert hat, grenzte schon an Sabotage. Die Werbeeinblendungen waren lang. Sehr lang. Teilweise bis zu fünf Runden lang. So versäumte der Sender nicht nur einen Restart nach einem VSC, sondern auch noch den Einsatz des Safety Cars nebst allen Boxenstopps. Während es im Mittelfeld gegen Ende des Rennens hoch her ging, machte man auch lieber eine Pause. Völlig überfordert waren dann auch Heiko Wasser und Christian Danner, die gar nicht mehr wussten, was denn nun zuerst „nacherzählen“ sollten, wobei Danner sich immerhin noch bemühte, das durch RTL zerstörte Rennen einigermaßen zusammenzuhalten, während Wasser offenbar aufgegeben hatte und sich aufs aktuelle Geschehen konzentrierte. So gut er das halt kann. Man bemüht sich halt, und für mehr als für die deutschen Piloten reicht es halt nicht.

RTL wundert sich seit Jahren über nachlassendes Interesse an der Formel Eins. Aber den Grund dafür konnte man gestern sehen. Warum soll man sich so einen zerstückelten Mist anschauen? Warum soll man sich die ewig gleichen Phrasen und Fragen der Moderatoren anhören, die von sich selbst schon so gelangweilt sind, dass sie bei ihren eigenen Sätzen einschlafen? Die „Nachberichterstattung“ bei RTL bestand gestern aus den üblichen Fragen an Niki Lauda und Toto Wolff, plus drei Sätze auf Deutsch von Rosberg aus der PK. Ein Wort von Vettel? Nix. Oder vielleicht mal Verstappen mit seinem vierten Platz? Nö. Ach ja, es gab einen neuen Weltmeister. Warum soll man den auch zeigen, die überaus aktuelle Sendung Spiegel TV wartete ja.

Das, was RTL da gestern abgeliefert hat, kann man nur unter dem Begriff „Arbeitsverweigerung“ zusammenfassen. Es macht den Sport kaputt, vor allem für jene, die tatsächlich mal an einem Sonntagabend zu besten Sendezeit einschalten wollen. Selbst die Berichterstattung von NBC in den USA, die ja nun auch nicht gerade im Ruf stehen, Werbeunterbrechungen zu vermeiden, ist an Inhalt und Emotion der von RTL um Welten überlegen.

So ist es kein Wunder, wenn die Zuschauer abwandern. Sie schauen das Rennen vielleicht bei Sky Sport, vermutlich suchen sie sich aber eher im Netz einen der vielen Streams der englischen Sender oder versuchen, ORF zu schauen. Denn da bekommt man wenigstens noch ein Rennen geliefert.

Bilder: Daimler AG, Ferrari, Red Bull Mediahouse/Getty, Force India, McLaren, Sauber F1, Lotus F1, Williams F1

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4 Kommentare

Ralf G. 26 Oktober, 2015 - 17:07

Ja, die „Übertragungen“ von RTL sind absolut großartig. ;-) Wenn man das mal schauen musste weiß man Sky erst richtig zu würdigen.

DK 26 Oktober, 2015 - 18:23

Das Problem der gestrigen F1-Übertragung bezüglich der Werbung war, dass RTL hier aufgrund der feuchten Anfangsphase die Werbung nach hinten verschoben hat. Die Werbefreuqnz war zum Ende hin wesentlich höher und die EInschnitte kamen ziemlich spontan. Da das Rennen ja nach Abtrocknung durchaus langweilig hätte werden können, war dies eine logisch nachvollziehbare Sache. Bei einem „normalen“ F1-Rennen empfinde ich die Werbung bei RTL auch nicht als besonders störend, da der Rennverlauf oftmals trotzdem nachvollziehbar bleibt. Bei den zwei oder drei chaotischen Rennen im Jahr ist das dann natürlich anders, wenn dieser durch die Kommentatoren wie im Artikel beschrieben nicht ordentlich „vermittelt“ wird.

Art Vandelay 26 Oktober, 2015 - 21:24

Natürlich kann man die Hamilton – Rosberg Sache so sehen wie hier beschrieben. Aber ganz ehrlich: Muss das wirklich sein? Wenn ich in der WM derart überlegen bin, muss ich dann in Kurve 1 gegen den Teamkollegen so ein Manöver bringen? Klar, daran war nach den Buchstaben des Reglements nichts verkehrt und wenn es in der WM knapp zwischen den beiden wäre, wäre auch unter Temakollegen nichts daran auszusetzen. Aber unter den Rahmenbedingungen, kann ich den Ärger von Rosberg doch verstehen. Dann noch die Aktion mit der Kappe nach dem Rennen. Also Sympathiepunkte hat Hamilton an diesem Wochen bei mir nicht gerade gewonnen. Ich möchte ja nicht wissen wie groß der „Shitstorm“ wäre, wenn sich Vettel in einer ähnlichen Situation so verhalten hätte…

jonas 28 Oktober, 2015 - 15:00

Ich kapier immer noch nicht, warum Hamilton mit dem Manöver davonkommt. Er hat Rosberg ja nicht „nur“ abgedrängt. In der Cockpit-Kamera konnte man sehen, wie er – als die Vorderräder beider Wagen nebeneinander waren – noch einen schnellen Schlenker nach rechts gemacht hat, um Rosberg komplett auf die Wiese zu stoßen.

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