Es war kein wahnsinnig spannendes Rennen, aber es hatte doch einige interessante Details, die man genauer beleuchten kann. Darunter auch die Frage, warum Rosberg plötzlich so stark ist.
Fünf Poles und zwei Siege hintereinander. Ein bisschen zu spät, aber es läuft für Nico Rosberg. Wenn man die Rennen in Russland und den USA mit einrechnet, wo er eigentlich hätte gewinnen müssen, wären es vier Siege. Warum läuft es plötzlich für Rosberg? Vielleicht liegt es daran, dass Hamilton nach dem Sieg in der WM etwas die Lust verloren hat. Vielleicht aber auch daran, dass Rosberg halt auch nichts mehr zu verlieren hat. Hamilton war nach dem Rennen und vor allem nach der Quali richtiggehend überrascht. Die Zeit, die Rosberg am Samstag hinknallte, war außerordentlich gut und der Brite nicht in der Lage, sie zu schlagen – wenn auch auch knapp. Man konnte aber sehen, dass er irritiert war, dass Rosberg erneut die schnellste Runde hingelegt hatte.
Vermutlich ist es eine Mischung aus verschiedenen Dingen. Hamilton hat sicher nicht mehr das Messer zwischen den Zähnen, Rosberg nichts mehr zu gewinnen oder zu verlieren. Angeblich hat Mercedes seit Singapur, also seitdem die Reifendrücke strenger gemessen werden, die Abstimmungsvarianten des Autos etwas verändert. Die neuen Möglichkeiten sollen Rosberg etwas entgegenkommen. Aber dieses Gerücht macht wenig Sinn, Hamilton hat in den letzten Jahren immer wieder gezeigt, dass er mit Handicaps besser klar kommt als jeder andere Fahrer, da er Veränderungen schnell adaptieren kann.
Und langsam war in er in Brasilien ja auch nicht. Er konnte die Lücke zu Rosberg immer wieder zufahren, kam aber nicht am Deutschen vorbei. Wie immer ist es schwierig, hinter jemanden herzufahren, der genauso schnell ist und das gleiche Material besitzt. Zwar kam Hamilton auf der Bremse näher, aber nie nahe genug, um ein echtes Manöver zu starten. Rosberg leistete sich dazu keine Fehler, sodass der Brite die Verfolgung zehn Runden vor Schluss entnervt einstellte. Was auch zeigte, dass Hamilton es entspannter angehen lässt. Zu Beginn der Saison hätte er bis zur Ziellinie im Getriebe seines Teamkollegen gehangen.
Dahinter gab es bis P6 wenig zu sehen. Ferrari fuhr ein eigenes Rennen, aber immerhin fehlten Vettel, der permanent drückte, am Ende „nur“ 15 Sekunden. Das sind so um die drei Zehntel pro Runde und damit war man näher dran als noch zu Beginn der Saison. Ein Hoffnungsschimmer? Nicht unbedingt. In den letzten zehn Runden fuhr Rosberg relativ entspannt, weil sich Hamilton verabschiedet hatte. Es hätten auch gut 20 Sekunden sein können, wenn man sich die Rundenzeiten so anschaut. Zu keiner Zeit war Vettel in der Lage, wirklich Druck auszuüben. Und da Räikkönen auf einer ungewöhnlichen Zwei-Stopp-Strategie war, ging beim Finnen auch nichts. Er fuhr die meiste Zeit alleine und gab nach dem Rennen zu, dass er schwer gelangweilt gewesen sei.
Immerhin wurde es ab P6 interessant. Nico Hülkenberg ist traditionell stark in Sao Paulo und überraschte schon in der Quali. Im Rennen musste er Bottas ziehen lassen, was keine Überraschung war. Während des Rennen hatte er es dann mit Daniil Kvyat zu tun, der mit seinem Red Bull zwar schnell war, aber auf der langen Geraden hinter dem Force India immer wieder verhungerte. Hülkenberg leistete sich keine Fehler und der Russe hatte keine Möglichkeiten, sich vorbeizubremsen.
Wenn vorne schon wenig los war, so ging es weiter hinten wenigstens gut zur Sache. Beide Lotus, Verstappen, Nasr, Perez und Massa lieferten sich sehenswerte Zweikämpfe. Vor allem Verstappen setzte sich mal wieder Szene, als er Perez im Senna-S schlecht aussehen ließ, in dem er außen vorbeifuhr. Ein Manöver, das an der Stelle geht, aber die tätige Mithilfe des Kollegen benötigt. Dennoch – mal wieder ein gutes Rennen des Niederländers, der dafür sorgte, dass Toro Rosso Punkte sammeln konnte, obwohl Sainz gleich zu Beginn mit einem technischen Problem ausfiel.
Besonders loben muss man aber die Lotus. Am Mittwoch durften sie wegen einer unbezahlten Rechnung nicht in die eigene Box (Bernie soll es bezahlt haben), am Samstag lief die Quali miserabel (Grosjean P14, Maldonado P15), dafür im Rennen um so besser. Interessanterweise lagen die beiden meist eng zusammen, obwohl man unterschiedliche Strategien fuhr. Die Zwei-Stopp-Strategie von Maldonado war interessant, aber die falsche Entscheidung. Maldonado konnte am Ende Verstappen nicht halten, weil seine Reifen zu alt waren. Er rutschte in die Punkte, weil man Massa disqualifizierte. Grosjean biss sich durch das Feld und landete am Ende auf einem sehr guten achten Platz.
Loben muss man Lotus aber auch, weil es dem Team gelingt, mit einem Auto in die Punkte zu fahren, das im Grunde genommen seit dem Frühsommer kaum verändert wurde. Lotus fehlt das Geld für aerodynamische Weiterentwicklungen, aber die Basis des Autos stimmt so gut, dass man sich damit durch das Jahr retten konnte. Spannend wird dann in Abu Dhabi, ob Lotus die sieben Punkte Vorsprung in der Team-WM verteidigen kann. Geht immerhin um zehn bis zwölf Millionen Dollar.
Bei Williams lief am Wochenende erstaunlich wenig zusammen. Bottas holte mit P5 das, was man gerade kann. Aber Massa hatte massive Probleme. Laut eigener Aussage hatte er das gesamte Wochenende Balanceprobleme mit seinem Wagen. Es ging erstaunlich wenig zusammen, man konnte seine Probleme, vor allem in Sachen Übersteuern, bei den Onboard-Aufnahmen gut sehen. Richtig ärgerlich wurde es dann nach dem Rennen. Massa wurde disqualifiziert, weil beim Start die Temperatur eines Reifens 27 Grad höher als erlaubt war. Dazu kam, dass der Reifendruck ebenfalls knapp über der Grenze lag, und so beschloss die Rennleitung, Massa aus der Wertung zu nehmen. Dagegen hat Williams allerdings Protest eingelegt. Es ist nicht so recht klar, wie das passieren konnte und ob die Messungen richtig sind. Daher sucht Williams hier die Klärung.
Von McLaren gab es am Wochenende nur wenig zu sehen. Was daran lag, dass Alonso in der Quali keine Runde weit kam und sich dann in die Sonne setzte. Beide McLaren haben mittlerweile Motor Nummer 12 im Heck (vier sind erlaubt, nur zu Erinnerung). Gut, kann passieren. Aber dass der Motor weiterhin zu wenig Leistung bringt, ist, man kann es nicht anders sagen, erbärmlich. Zwar hat man Fortschritte gemacht, aber Button sprach in Brasilien davon, dass es „beängstigend“ sei, wie schnell die anderen auf der Geraden sind. Das wird in Abu Dhabi nicht anders aussehen. Immerhin freuten sich Alonso und Button darüber, dass man in den schnellen bis mittelschnellen Kurven mit der Konkurrenz mithalten konnte. Das Chassis, so Alonso, sei wirklich gut.
In 14 Tagen gibt es dann das Saisonfinale in Abu Dhabi. Was durchaus interessant wird, denn Pirelli hat dort die „Supersoft“ im Programm.
Bilder: Daimler AG, Ferrari, Williams F1, Force India, Lotus F1, Red Bull/Getty, Toro Rosso/Getty, Sauber, McLaren F1