Es war kein spannendes letztes Rennen der Saison 2015. Wie üblich dominierten die Mercedes vor den Ferrari, während der Rest des Feldes in immerhin teilweise sehenswerten Zweikämpfen um die Plätze kämpfte.
Sechs Pole Positions, drei Siege hintereinander – besser hätte die verkorkste Saison für Nico Rosberg nicht enden können. Im Rennen in Abu Dhabi ließ er seinem Teamkollegen Hamilton am Ende keine Chance. Wie verzweifelt Hamilton am Ende war, zeigte sich an den langen Diskussionen in Sachen Strategie für den zweiten Boxenstopp. Rosberg hatte sich an das Drehbuch gehalten. Ein Stopp in Runde 10, ein weiterer in Runde 31. Damit lag man voll im Fahrplan, auch wenn der zweite Stopp vielleicht ein paar Runden zu früh kam.
Aber offensichtlich hatte Rosberg seine „Soft“ zu Beginn des zweiten Stints etwas stärker belastet, als der Brite dies getan hatte. Der Vorsprung schmolz von knapp sieben auf fast ein Sekunde und es sah so aus, als würde Hamilton in DRS-Reichweite kommen. Rosberg musste reagieren und wechselte die Reifen, was wiederum seinen Teamkollegen unter Druck setzte. Was sollte man machen?
Die Option war, ebenfalls zu stoppen, um dann zu versuchen, gegen Ende des Rennens genau das zu machen, was Hamilton im zweiten Stint gelungen war – den Abstand verkürzen, Druck ausüben und auf einen Fehler von Rosberg hoffen. Die andere Option: Mit den „Soft“ bis zu Ende fahren. Dafür hätten die Reifen aber 44 Runden durchhalten müssen, was utopisch erschien. Rosberg fuhr die Lücke zu Hamilton schon zu diesem Zeitpunkt um bis eine Sekunde pro Runde zu und verkürzte den Rückstand schnell. Die andere Variante wäre ein Wechsel auf die „Supersoft“ gewesen, aber der Brite hatte keine frischen Reifen mehr. Der einzige brauchbare Satz hatte schon acht Runden auf dem Buckel, stammte aus Q3 und war damit ziemlich runter. Die Diskussionen dauerten lange, das Team überließ Hamilton lange die Entscheidung, aber der kam zu keinem Ergebnis. Je länger man aber wartete, desto mehr sanken die Siegchancen und man musste aufpassen, dass Räikkönen von hinten nicht ranrückte. Das Team entschied sich dann für die „Soft“, aber da war der Abstand zu Rosberg so groß, dass Hamilton nichts mehr ausrichten konnte.
Das interessante an der Situation war weniger die ellenlange Diskussion und die Unentschlossenheit von Team und Fahrer, sondern mehr die Tatsache, dass es Rosberg gelungen war, den Druck komplett auf Hamilton abzuwälzen, der auf der Strecke an diesem Wochenende, wie schon in den Rennen zuvor, chancenlos war. Es war genau die gegenteilige Position, die Hamilton im Rest des Jahres inne hatte. Wäre die WM nicht schon gelaufen, der Ärger bei Hamilton wäre groß.
Es gibt eine Menge Gerüchte, warum Rosberg in den letzten Rennen so stark geworden ist. Eines davon bezieht sich auf die neuen Regeln mit dem Reifendruck. Hamilton bestätigte, dass die letzten Änderungen am Auto ihm nicht entgegenkommen würden. Mercedes musste auf die neuen Regeln mit Änderungen am Setup reagieren und es kann gut sein, dass die den Briten nun etwas einbremsen. Auf der anderen Seite weiß man, dass der Weltmeister um solche Probleme „herum“ fahren kann. Er braucht kein absolut perfektes Auto. Realistischer scheint da eher die Aussage von Toto Wolff zu sein, der auch meinte, dass Hamilton nach dem Gewinn der WM vielleicht etwas entspannter unterwegs sei.
Hinter den Mercedes hatte es sich Kimi Räikkönen gemütlich gemacht, der ein mehr oder weniger einsames Rennen fuhr. Nach vorne ging nichts, von hinten drohte keine Gefahr. Am Ende fehlten Ferrari 20 Sekunden auf Rosberg – also alles beim alten. Vielleicht hätte Vettel etwas mehr Druck machen können, aber Ferrari hatte sich, mal wieder, in Q1 verhauen. Statt Räikkönen traf es dieses Mal den Deutschen. Warum Ferrari sich diese Fehler in der Quali immer wieder erlaubt, ist rätselhaft. Vettel musste mit den „Soft“ starten, was auch bedeutete, dass er in den ersten Runden kaum Plätze gutmachen konnte. Da der Rest vor ihm allerdings früh an die Box kam, verlor er nicht viel Zeit. Mit konstant schnellen Runden sorgte er in seinem ersten Stint dafür, dass er sich in die Top 5 fahren konnte. Die Entscheidung von Ferrari, die „Supersoft“ 15 Runden vor Schluss aufzuziehen, war dann auch die einzig richtige. So konnte er Perez hinter sich lassen und P4 sichern. Eine durchaus gute Fahrt des Deutschen.
Force India hatte in Abu Dhabi einen Galaauftritt. Dank des Fehlers von Ferrari erreichte Perez P4 in der Quali, aber im Rennen hatte man gegen die Pace von Ferrari keine Chance. P5 war das Maximum, was man erreichen konnte. Perez fuhr ein gutes und ruhiges Rennen und ließ sich von den Red Bull nicht aus der Ruhe bringen. Die Frage war aber, warum Nico Hülkenberg nicht auf P6 landete. Genau dort befand er sich vor den ersten Stopps. Force India entschloss sich, den Deutschen schon in Runde 7 reinzuholen, um den Stopp von Ricciardo eine Runde zuvor abzudecken. Der zweite Stopp fand in Runde 24 statt, was etwas zu früh war, da Hülkenberg seine Reifen dann mit halbvollem Tank 31 Runden fahren musste. Perez holte man drei Runden später rein, was die bessere Option war. Hülkenberg blieb mit den alten Reifen am Ende chancenlos und verlor viel Zeit auf Ricciardo.
Und wo waren eigentlich in dem ganzen Spiel die Williams? Das Traditionsteam hatte am gesamten Wochenende mit der Balance zu kämpfen. Man war schnell auf der Geraden, aber langsam im letzten Sektor. Eine echte Erklärung hatte man bei Williams nicht parat, außer dass das Auto im gesamten Jahr je nach Strecke und Reifen immer wieder Performanceprobleme hatte. In Abu Dhabi war mal wieder hinten dran. Dazu kam wieder ein Fehler beim Boxenstopp, als man Bottas zu früh losfahren ließ und der sich, warum auch immer, den Frontflügel bei Button abrasierte, statt vom Gas zu gehen. Massa kämpfte mit stumpfen Waffen und mehr als P8 hinter dem zweiten Force India war nicht drin.
Ein ebenfalls gutes Rennen wie Vettel lieferte Romain Grosjean ab. Von P18 gestartet verließ man sich bei Lotus auf die Strategie, die man auch bei Ferrari gewählt hatte. „Soft“ zum Start, langer erster Stint, „Supersoft“ am Ende. Nach seinem letzten Stopp kam Grosjean auf P12 raus, weit ab der Punkte, fuhr die Lücke aber schnell zu. Er schnappte sich nacheinander Sainz und Kvyat und hätte um ein Haar auch noch Massa auf P8 geschnappt. Das Team Lotus konnte, nachdem man in Abu Dhabi mal wieder wegen nicht bezahlter Rechnungen Probleme hatte, vielleicht seine letzten zwei WM-Punkte holen. 2016 ist man entweder nicht mehr dabei, weil pleite, oder Renault entscheidet sich endlich zum Kauf des Teams. Ob der nun stattfindet ist weiter völlig unklar.
Von McLaren gab es in Abu Dhabi ein überraschendes Lebenszeichen. In der Quali scheiterte Button um nur zwei Zehntel am Einzug in Q3, der Abstand auf Mercedes betrug „nur“ knapp zwei Sekunden. Interessanter ist allerdings der Vergleich der Bestzeiten von Räikkönen, Perez, Ricciardo und Button:
Räikkönen: 1:41.051 min
Perez: 1:41.184 min
Ricciardo: 1:41.444 min
Button: 1:42.570 min
Die 1,5 Sekunden auf Räikkönen, die eine Sekunde auf die Red Bull – das klingt zumindest nach einem Rückstand, den man aufholen kann. Was vor allem aber an Honda und deren Hybridsystem liegt. Im Rennen konnte man sehen, wie Button und Alonso im letzten Drittel der langen Geraden einfach verhungerten. Wo andere noch Hybridenergie hatten, war bei Honda schon lange Schluss. Allerdings: Alonso fuhr im Rennen die drittschnellste Runde. Honda hatte nach eigenen Angaben den Powerregler des Motors auf „Volle Kraft“ gestellt. Und der Motor ist nicht explodiert. Erstaunlich. Aber man hat ja nun drei Monate Zeit bis zum nächsten Rennen. Realistisch scheint zumindest ein Sprung in den Bereich um P8 zu Beginn der nächsten Saison.
Für Sauber lief das Rennen wie in den letzten Monaten eher mau. Dem Team ging zum Ende der Saison das Geld für die Weiterentwicklung aus, vor allem weil man ja schon parallel für 2016 entwickeln musste. Man sammelte in diesem Jahr 27 Punkte, wobei zehn Punkte aus dem ersten Rennen in Australien stammten, weitere acht kamen in Russland dazu. Beides Mal durch Nasr.
Das war es dann mit der Saison 2015. Wir werden in den nächsten Wochen bis Ende Dezember die Teams und Fahrer noch mal einzeln analysieren.
Bilder: Daimler AG, Ferrari, Sauber F1, Lotus F1, Red Bull/Getty, Toro Rosso/Getty, Force India, Williams F1